Karen hat geschrieben:Ich finde es ist eine spannende Thema. Ich muss sagen dass in unsere Familie vieles auch über Beziehung lauft da meine Tochter einfach "Erziehungsresistänt" ist - also die alle grundsätze der "standarter erziehung" mit konsequent sein, klare regeln, schlafenzeiten, essenzeiten usw. funktionieren bei uns nicht- oder führen zu einer mittleren Katastrophe. Meine Tochter kooperiert nur wenn sie selber entschlossen hat zu kooperieren und nicht weil ich so will, oder irgendwelche Konsequenzen folgen werden. Konsequenzen und Strafen sind für sie eher Auslöser eine Tieferen Kriese (zum Beispiel, wenn ich sie ins Zimmer bringe weil ich ihr Geschrei nicht mehr aushalten kann, rennt sie sofort wieder raus und ich kann es 100 mal wiederholen und sie klebt noch mehr an mir; danach hat sie so ein Angst von ihrem Zimmer dass sie in der Nacht wieder 5 mal aufwacht und schreit und zu uns kommt und ihres Zimmer über Wochen meidet. Sie ist so durch, dass wenn sie endlich nicht mehr schreit, sie danach sogar an der Auslöser nicht mehr erinnern kann, und dann bringt es recht nichts. Und das ist so bei allem). Ich staune immer mal wieder wie folgsam manche andere Kinder sind, oder wenn was verboten ist, bekommen sie ein Schreianfall und 5 min später ist der Thema vorbei, oder schreien halt 15 min im zimmer, kommen wieder zurück, sagen Entschuldigung und der Thema erledigt.
Das, was du da beschreibst, ist 1:1 mein jüngerer Sohn! Schlafen im eigenen Zimmer haben wir längst aufgegeben. Einer von uns schläft beim Großen, der andere beim Kleinen. Mein älterer Sohn ist so ein Kind, wo der Schreianfall nach kurzer Zeit vorbei war (und ist). Als der zweite noch nicht da bzw. noch ein Baby war dachte ich, das läge an meiner Gelassenheit, damit umzugehen
.
Karen hat geschrieben:
Mir haben recht viel Bücher von Juul, Renz-Polster geholfen das Beziehungsorientierte Erziehung richtig zu verstehen und ich habe gemerkt dass es für mich, mein Mann und unsere Tochter der richtigeren weg ist (nur für uns, für andere muss es nicht sein).
Geht mir wie Dir.
Karen hat geschrieben:
Es geht vieles bei uns durch Diskussionen, reflektieren und sie fragen was sie selber für Lösungen hat. Manchmal war ich recht verunsichert ob es richtigen weg ist, da nach aussen hat es auch manchmal so ausgesehen dass die Tochter uns schön "im griff hat".
Leider klappt das mit dem diskutieren und reflektieren bei meinem jüngeren Sohn noch nicht so recht. Und wie es "nach außen" aussieht, darum kümmere ich mich einfach nicht. Völlig sinnlos dem alten Mann in der Straßenbahn zu erklären dass mein Sohn einfach nicht bereit ist, still auf seinem Platz zu sitzen, und dass zwingen, drohen, festhalten usw. einen Riesenkampf unter lautem Gebrüll (bis hin zum erbrechen) nach sich ziehen würde! Da muss ich eben damit leben dass er als "ungezogen" dasteht und ich als "unfähig".
Karen hat geschrieben:
Meine 7-jährige Patentochter hat bei uns jetzt 6 Monate lang gewohnt (Eltern sind in Trennung, haus umgebaut und sonst andere Probleme in Familie), und sie ist recht kluges und fröhliches aber auch ein anstrengendes Kind, die zu wenig bis gar keine grenzen kennt und gerne manipuliert. Trotzdem habe ich gesehen wie regeln, grenzen usw auf sie wirken und Reaktionen sind wirklich nicht vergleichbar mit meiner. Ich weiss nicht wie ich es erklären kann, aber bei meiner Tochter kommt wie ein tiefes angst hoch die sie wirklich in Verzweiflung bringt wenn ich sie mal wegen einem Vorfall ablehne, anschreie oder kurz ignoriere.
So, wie du deine Patentochter beschreibst, ist mein älterer Sohn. Auch wenn er gerne manipuliert, manchmal auch lügt (um selbst besser dazustehen) und oft "überdreht" ist, akzeptiert er grundsätzlich Regeln und Grenzen. Sie müssen halt immer wieder neu ausverhandelt werden, was ja machbar ist.
Mein jüngerer Sohn VERSTEHT zwar, wenn ich ihm was verbiete oder was von ihm verlange, aber er ist wirklich nur dann bereit, danach zu handeln, wenn es auch in seinem Sinn oder wenn es ihm egal ist. Ist er selbst z.B. der Meinung, dass er jetzt NICHT Zähne putzen will, beiße ich auf Granit. Klar kann ich ihn gegen seinen Willen ins Badezimmer schleifen und ihm die Zähne putzen. Mache ich auch manchmal, wenn´s anders absolut nicht klappt.
Bei anderen Dingen habe ich längst aufgegeben. Zum Beispiel will mein Sohn auch bei Minusgraden weder Haube noch Handschuhe tragen. Ziehe ich ihm was davon gegen seinen Willen an wird es in der nächsten Sekunde in weitem Bogen weggeschleudert. Genau so war es über 2 Jahre lang mit seinen "Horchis". Dass er sie aktzeptiert hat musste er entweder extrem gut drauf sein oder man musste ihn mit Schokolade o.ä. bestechen, was aber nur so lange angehalten hat, bis das Bestechungsmittel verspeist war
. Gut, mittlerweile habe ich seinen sehr vehementen Widerstand anerkannt und wir verzichten zu Hause komplett auf die Horchis. Haube und Handschuhe nehme ich mit, wenn wir unterwegs sind. Ich frage dann ab und zu ob er sie nicht doch anziehen will, was er bisher immer verneint hat. Schaut dann halt komisch aus wenn ich mit Handschuhen, Schal und Haube unterwegs bin und mein Kind rennt bei Minusgraden und eisigem Wind ohne rum. Aber - wie gesagt - mittlerweile ist mir meistens schon egal, was andere von mir denken
. Krank geworden ist er bisher trotzdem (noch) nicht, also ist es vielleicht doch die Wahrheit, wenn er die Frage "Ist Dir kalt?" verneint.
Die Angst vor dem verlassen-werden kenne ich von meinem älteren Sohn. Sobald ich mich nur kurzfristig genervt von ihm abwende bekommt er eine Stimme wie ein kleines Piepse-Vögelchen, mit der er ziemlich hysterisch "Mama, bleib hier! Mama, geh nicht weg!" kreischt. Warum er so extrem reagiert weiß ich nicht. Für Außenstehende mag es so wirken, als würde ich bei jeder Gelegenheit davonlaufen.
Mit Ablehnung kann er gar nicht umgehen. Er erkennt vermutlich nicht einmal, dass die Ablehnung auf eine Situation oder ein Verhalten bezogen ist und nicht auf seine Person. Obwohl wir schon oft darüber gesprochen haben, dass ich ihn wegen einer nassen Unterhose oder eines Vorfalls im Hort sicher nicht allein lasse, sind diese Ängst einfach da.
Bei meinem jüngeren Sohn ist das ganz anders. Wenn der in seiner Extrem-Trotz-Phase steckt dann würde er mich wohl am liebsten auf den Mond schießen. Vor einiger Zeit war er beim einschlafen extrem ekelhaft, hat im Übermut nach mir geschlagen und mich getreten und ist mir absichtlich mit den Fingern in die Augen gefahren. Seit ich wegen seinem Finger in meinem Auge mit einer großflächigen, sehr schmerzahften Hornhautabschürfung ins Krankenhaus musste, werde ich da ziemlich agressiv
.
Jedenfalls war ich total wütend und nahe dran, ihn zu schlagen, was ich aber nicht wollte. Daher bin ich aus dem Schlafzimmer raus und habe erst mal die Tür von außen zugesperrt. Er wollte nach, konnte aber nicht. Lautes Wutgebrüll! Nachdem ich zwei Minuten ziemlich krampfhaft versucht hatte, mich selbst "runterzuholen" sperrte ich die Tür wieder auf. Und da stand mein Sohn, wie ein zorniger, kleiner Racheengel und gebärdete mir wütend "Du hast mich eingesperrt! Du kannst gleich wieder zusperren! Gehr raus aus dem Zimmer! Sperr zu!"
Vermutlich hat er es im innersten nicht so gemeint, aber genau dieses Verhalten entspricht seiner Persönlichkeit. Er ist nicht der Typ, der (wie der Bruder) weinend um meine Gunst buhlt, und will, dass wir uns wieder vertragen und ICH nicht mehr böse bin. Sondern er zeigt unmißverständlich, dass er nicht auf mich oder sonst wen angewiesen ist. Das "Du kannst gleich wieder zusperren!" hat im Klartext geheißen "Was auch immer du tust, du kannst mich nicht brechen! Versuch es gar nicht erst!"
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)