Verweigerung? Null Bock? Oder was sonst?

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
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Nadine Kastner
Beiträge: 22
Registriert: Fr 2. Feb 2007, 01:43

Verweigerung? Null Bock? Oder was sonst?

Beitrag von Nadine Kastner »

Der Wechsel aufs Gymnasium war eigentlich eine tolle Sache. Jason fand sofort Anschluss, geht freudig zur Schule, ist in einer Clique integriert. Alles in allem sehr schön. Der Stoff bereitet keinerlei Probleme, Jason liegt im oberen Drittel. Wäre da nicht Englisch....
Können KANN Jason Englisch, aber wollen will er nicht. Er hat es in den wenigen Wochen schon soweit gebracht, dass ich bald eine Standleitung zum Lehrer beantragen kann!
Jason verweigert die Hausaufgaben. Und das so geschickt und pfiffig- sowohl sein Lehrer als auch ich sind baff.
Mir sagt Jason "hab nichts auf". Dem Lehrer "war soooo lang beim Arzt, konnte ich nicht machen". Beim Arzt????
Oder zum Lehrer: "Habe mein Heft zu Hause vergessen, weil ich noch gelernt habe". Zu mir: "das Heft durfte in der Schule bleiben, da wir nichts aufhaben".
Letzte Woche bekam ich einen bitterbösen Anruf. "Frau K. wo bleiben Sie? Wir hatten vor 15 Minuten einen Termin!"
Ich wusste von nichts, das hat Jason mir verschwiegen.
Aber dem Lehrer hat er gesagt ich könne nicht kommen, da ich sooo lange arbeiten sei. Glatte Lüge.
Ich habe es mit schimpfen versucht- ohne Erfolg.
Ich habe Jason die Folgen erklärt- interessieren ihn nicht.
Ich habe Jason unter Druck gesetzt- ist ihm total egal, ob es Weihnachtsgeschenke gibt.
Ich habe Jason die Verantwortung für die Geschenke überlassen: pro Woche ohne Theater gibt es 1 Geschenk, sonst nichts.
Aber irgendwie scheint das abzuprallen. Mit absoluter Coolness macht er weiter mit seinem Verhalten.
WARUM???
Nun hat mir der Lehrer gestern eine Klassenkonferenz angedroht- ich kann es sogar verstehen.
Jasons Psychologin hält das für eine Testphase. Gut, aber das Resultat ist nunmal gravierend, da kann ich Jason so weiter machen lassen!
Ich erziehe absolut konsequent, was ich sage wird auch 100% eingehalten. Das weiß Jason auch, hat er oft genug erlebt.
Schlechte Zensuren durch "nicht- können" fände ich vollkommen okay, vorrausgesetzt Jason hat gelernt. Aber alle Arbeiten 1- 2 schreiben und sich dann eine 6 als Zeugnisnote "erarbeiten" durch Verweigerung?
Habt ihr eine Idee, warum er das macht?
Nadine Kastner
Beiträge: 22
Registriert: Fr 2. Feb 2007, 01:43

Re: Verweigerung? Null Bock? Oder was sonst?

Beitrag von Nadine Kastner »

Edit:
Jasons Psychologin hält das für eine Testphase. Gut, aber das Resultat ist nunmal gravierend, da kann ich Jason so NICHT weiter machen lassen!
Sabine G.
Dauergast
Beiträge: 76
Registriert: Di 23. Okt 2007, 13:28

Re: Verweigerung? Null Bock? Oder was sonst?

Beitrag von Sabine G. »

Bei meiner war es mal wieder Langeweile. Die ist aber von der Realitaet ueberholt worden und gibt inzwischen wieder Vollgas.

Langeweile ist extrem schwierig von uns Eltern aus zu bekaempfen.

Folgen einschaetzen allerdings - hat meine durch eine ungewoehnliche Maßnahme begriffen. Wir haben seinerzeit auf einem riiiiiesigen Blatt aufgeschrieben, was sie will. Und was sie braucht um das zu erreichen. Das fuehrte ueber Recherchen im Internet ( was verdient der Ausbildungsberuf XY, was kostet eine Wohnung kalt und warm, was kostet ein Auto in der Anschaffung und im Unterhalt ect) bis zu Ueberlegungen, wie denn die persoenlichen Lebensziele so aussehen koennten. Und auch... wie spannend es wohl sein mag, eine wenig spannende Taetigkeit Tag ein Tag aus zu machen

Ich kann das nur empfehlen.

Viel Kraft wuenscht
Sabine
keshali
Dauergast
Beiträge: 417
Registriert: Do 12. Apr 2007, 21:41

Re: Verweigerung? Null Bock? Oder was sonst?

Beitrag von keshali »

Hallo Nadine Kastner

Ich antworte jetzt doch darauf.


Kann dir nur die Frage aus der Perspektive meiner Schulzeit beantworten, ob das für deinen Sohn zutreffend ist mußt du entscheiden.

Ich habe das noch viel extremer gemacht und habe als Erwachsener lange darüber nachgedacht warum.

Meine Gründe warum ich das gemacht habe:


1. Weil es möglich war!

Der wichtigste und einfachste Grund, es gibt ein gewisses Machtgefühl den "doofen" Erwachsenen immer um eine Nasenlänge voraus zu sein.
Es ist ein bischen ein Adrenalinkitzel, der sich auf längere Zeit gesehen verselbstständigt...irgendwann ist es Gewohnheit und man weiß gar nicht mehr warum man damit angefangen hat.

2. Ja, Testphase
...aber wenn eine Psychologin das einfach nur in den Raum wirft, ohne analysieren zu wollen was eigentlich getestet wird, dann ist es traurig von dieser Psychologin.

Ich habe eigentlich "nur" gestestet wie wichtig ich den Leuten wirklich bin.
Gesagt haben sie es ständig, aber gemacht haben sie nichts.

So war für mich dann die Botschaft,...wenn ich damit durchkomme euch alle gegeneinander auszuspielen, und wenn es noch dazu so unheimlich einfach ist, dann bin ich euch im Grunde (hinter allen Fassaden), "EGAL".



Das war mein Ergebniss von dieser meiner Testphase.

Also, dass ihr baff seid von diesen bischen hin- und herlügen wundert mich sehr,....es ist doch eigentlich ganz einfach.
Ich habe als 12jährige einen Telefonanruf meines Lehrers angenommen, (der sagte mir "dummerweise" vorher das er anrufen wird, und ich war vorbereitet) obwohl meine Mutter danebenstand, ihm gesagt dass meine Mutter nicht zuhause ist (Personenbezeichnungen halt vermieden).
Und meiner Mutter habe ich dann gesagt, das es ein Anruf für meine Schwester war (die nicht zuhause war).


Es hilft kein Schimpfen.

Ich denke dein Sohn prüft auch noch die "Autorität" der beteiligten Personen, und die Prüfung könnt ihr nur bestehen indem ihr das Netz so engmaschig macht, dass er keine Chance hat euch gegeneinander auszuspielen.
Und der Vorschlag von Sabine dazu, dass er sieht es kümmert sich auch jemand um die Zukunft und hilft einem die Perspektiven sich zu erarbeiten.

Meine Mutter hat nämlich auch immer (es ist komisch wie Erwachsene das oft neben den Kindern sagen, als würden diese nicht hören können) zu ihren Freunden gesagt: "Sie ist schwierig in der Schule, aber sie ist stark sie wird ihren Weg schon gehen".

Damit war mir klar, meine Mutter putzt sich ab und mein Verhalten ist in Ordnung, ich muß nichts ändern.

Das mein Verhalten nicht in Ordnung war hätte sie mir am besten klarmachen können, indem sie mir sehr genau aufzeigt, was ich mir an meiner Zukunft verbaue, mit meinem Verhalten.


Also, mach dir mit dem Lehrer aus, dass ihr per Handy konferiert (gab es damals noch nicht), schaltet den Weg aus, wo dein Sohn der Überbringer der Nachrichten ist.

Und plane mit ihm so wie Sabine geschrieben hat.


Viel Glück
Keshali
Nadine Kastner
Beiträge: 22
Registriert: Fr 2. Feb 2007, 01:43

Re: Verweigerung? Null Bock? Oder was sonst?

Beitrag von Nadine Kastner »

Gut, teilweise habe ich Sabines Überlegungen auch schon probiert. Aber wenn ein Kind mit 8 Jahren sagt "jemand muss auch zum Strassenfegen da sein"- wie will man ihm dann mit dem Ansporn der Berufswahl kommen? Er sieht einfach nicht den Unterschied, hat auch -noch- keine Ansprüche an die Zukunft.
Die Psychologin meinte übrigens die Testung der Autorität des Lehrers- wie weit kann/ darf er/ also Jason gehen. Hatte ich vergessen zu schreiben.
Die Idee mit dem Machtgefühl.....da denke ich mal drüber nach. Könnte was dran sein.
Sabine G.
Dauergast
Beiträge: 76
Registriert: Di 23. Okt 2007, 13:28

Re: Verweigerung? Null Bock? Oder was sonst?

Beitrag von Sabine G. »

Hast Du es mal praktisch probiert? Natuerlich braucht`s jemanden, der die Strasse kehrt. Denen sind wir ja auch sehr dankbar. Wenn er das toll findet - ist`s ja prima. Aber kann er das wirklich abschaetzen? In der Vorweihnachtszeit koennt man sich z.B. aeltere Mitmenschen aussuchen, deren Buergersteig gekehrt werden muesste, weil sie`s selber nicht mehr koennen. Taeglich 1 Stunde und das eine ganze zeitlang ( bis Weihnachten) bei Wind und Wetter ( auch wenn man zum Fussball oder was auch immer moechte) duerfte realitaetsnah sein. Dazu die Erklaerung, dass die wirklichen Strassenkehrer das nicht 1 Stunde - sondern 8 Stunden täglich machen. Das Ganze bitte auch ohne Gesellschaft mit Unterhaltungswert- sondern allein, wie das ein echter Strassenkehrer mit seinem Waegelchen auch macht. Dazu dann parallel im Internet nachschauen, was ein Strassenkehrer verdient ( es gibt da richtige Tabellen, was die einzelnen Berufe verdienen). Davon die Steuern und Co abziehen. Dann in die Zeitung nach Wohnung schauen ect. Mit dem was unterm Strich uebrig bleibt, koennt Ihr gemeinsam "shoppen" gehen. Wobei der Rest eben nicht fuer Suessigkeiten zu verwenden ist - sondern fuer Banalitaeten wie Brot und Co. Findet er das immer noch toll - ist`s ja prima. Das Ganze mit guter Laune garniert! Nicht hinschubsen - sondern sich freuen: Mein Kind hat einen Berufswunsch! Ich werde Dich bei der Umsetzung bestmoeglich unterstuetzen!

Reden tun wir Eltern immer viel. Meine Worte waren zum Teil echt inflationaer. Zudem fuer ein Kind schwer nachzuvollziehen. Die Wirkung war null.

Ein hiesiger Junge wollte das Gymmi schmeissen. Mit dem Wert des Hauptschulabschlusses in die Lehre gehen - als KFZ Mechatroniker ( was a) an den vorhandenen Begabungen nicht zu erkennen war und b) das wesentlich Qualifiziertere werden wollen). Die Mutter "buchte" ein Tagespraktikum bei ihrer KFZ Werkstatt und suchte sich genau die Zeit aus, als der Winterreifenwechsel anstand.

Er hatte Muehe den Tag durchzuhalten und hat seinen Plan nie wieder erwaehnt!

Solche Maßnahmen sind schlicht fuer die Kids viel anschaulicher als tausend Worte.

HB`s sind gerne 100% konsequent. Das kann sich verschieden aeussern. Meine Toechter sind sozial sehr empfindlich. Das Gerechtigkeitsempfinden ist teilweise extrem. Inkonsequenz - deckt meine Kleine zielsicher auf. Die Grosse buchte gleich die Schulpsycholgin um mit einmal entgleisten Lehrkraeften zu diskutieren. Anstrengend!

Meine Gedanken dazu sind sicher unbequem. Sie waeren ja auch nur EIN denkbarer Loesungsansatz. Sicher wirst Du die Moeglichkeiten, die der Psychologe und die Lehrer nennen, versuchen umzusetzen und dann auf ihr Ergebnis ueberpruefen.


Einfach ist diese Phase sicher nicht. Ich wuensche Dir ein glueckliches Haendchen und eine friedliche Weihnachtszeit.

Viele Gruesse
Sabine
Nadine Kastner
Beiträge: 22
Registriert: Fr 2. Feb 2007, 01:43

Re: Verweigerung? Null Bock? Oder was sonst?

Beitrag von Nadine Kastner »

Lach, so hat meine Planung auch ausgesehen. Das mit der Gehaltstabelle hat Zwergi wenig beeindruckt. Als er dann aber verstanden hat, was eine Wohnung, Strom, Lebensmittel etc kosten hat er doch heimlich geschluckt (ich habs gesehen!).
Um es kurz zu machen- seit knapp 2 Wochen geht es aufwärts. Zwar ohne Spass dabei, aber das Leben ist nunmal kein Ponyhof.
Zumindest ist der Lehrer vorerst besänftigt und Jason kann seine 2. Chance nutzen.
Euch auch schöne Feiertage!
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