Diskussionsthema Schule

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Maca
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Maca »

Momo,
auf Deine skizzierte Schule würde ich meine Kinder sofort schicken, :)
allerdings denke ich ,daß solche Konzepte sofort in der ersten Klasse beginnen müßten und eigentlich Lehrkräfte bräuchten ,die schon selber keine Prägung mehr in den klassischen Lehranstalten bekommen haben.
Außerdem sollten die Elternhäuser schon darauf vorbereiten,z.B. indem sie mit diesen ständigen Vergleichen zwischen Kindern aufhören.
Diese Bedürfnis resultiert ja ,soweit ich weiß,noch aus der Steinzeit.
Da es meist viele Kinder und weniger jagende Väter gab,versuchten alle Mütter ihre Kinder besonders ' hervorzuheben',damit sie als stark und lebenswürdig erachtet wurden,und somit genügend von der Beute abbekamen.

Ich denke das haben wir heute,wenn ich mir den Bestand in den Supermärkten so anschaue,eigentlich nicht mehr nötig ;)
Jetzt vergleichen Eltern,weil sie Angst haben,ihr Kind könnte durch Defizite Wettbewerbsnachteile haben.
(Ich bin da keineswegs frei von :mrgreen: )

In Deiner Schule wäre das kein Thema! :P
Rabaukenmama
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Rabaukenmama »

Was mir zu dem Thema noch eingefallen ist: wenn ich mir schon eine Schule nach meinen Wünschen vorstellen soll dann sollte es in dieser Schule keine Tabu-Themen geben. Egal was die Schüler bewegt, unabhängig von ihrem Alter, sollte alles besprochen werden dürfen. Dabei setzte ich aber voraus dass gerade bei besonders heiklen Themen (die von den Schülern selbst aufgeworfen wurden) auf das jeweilige Altersniveau Rücksicht genommen wird. So wird z.B. eine Diskussion um Inzest in einer Klasse 8-jähriger anders ablaufen als bei 16-jährigen Schülern. Aber dieses "dafür bist du noch zu klein" soll endlich Geschichte werden!

Generell wünsche ich mir viel mehr Diskussionen und Meinungsaustausch in der Schule. Jeder Schüler soll merken dass alles, was er bisher (großteils im Elternhaus) zu bestimmten Themen gehört bzw. aufgeschnappt hat, nur EINE mögliche Meinung zu einem Thema darstellt und dass er das Recht hat, sich seine eigene (vielleicht von der daheim vorherschenden Ansicht abweichende) Meinung zu bilden.

Dabei soll es nicht darum gehen, verschiedene Meinungen als "richtig" oder "falsch" hinzustellen sondern darum, wie man sich eine eigene Meinung bilden und diese auch behaupten kann. Dazu ist viel "learning by doing" nötig und es ist sehr unterschiedlich, wie viel die Schüler davon im Elternhaus mitbekommen. Aber es ist eine so wichtige Sache dass jeder die Chance dazu bekommen sollte.

Dazu fällt mir eine Strophe aus einem Lied von Udo Jürgens ein (Titel: "Ich bin dafür"), wo es heißt:

ICH BIN DAFÜR, DASS WIDERSPRUCH ERLAUBT IST
ICH HALTE IHN SOGAR FÜR EINE PFLICHT
UND DASS DIE JUNGEN EIGNE WEGE GEHEN
OB DAS DEN ALTEN RECHT IST ODER NICHT...
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Bliss
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Bliss »

Die ideals Schule meiner Kinder (und ich würde mich da anschließen) hätte vormittags geschlossen. Ich merke das jetzt in den Ferien, da steht keiner vor 9 Uhr auf und alle geniessen es nicht vor MItternacht ins Bett zu müssen.

So individuell kann Schule leider gar nicht sein, um für alle die idealen Lernbedingungen zu schaffen, nicht alles läßt sich unter einen Hut bringen.

Meine Erfahrung nach das wichtigste: der Lehrer und die Chemie zwischen allen beteiligten. Das tollste Lernkonzept und die anregendste Lernumgebung bringt nichts, wenn der Lehrer die Klasse nicht im Griff hat.
Momo hat geschrieben: Stellt Euch vor, es gibt eine Schule mit verschiedenen Räumen, in denen verschiedenste Themen vorbereitet sind wie z.B.:
- Naturwissenschaften / Experimente
- Bewegung / Sport / Rollenspiel
- Werken
- Bauen / Konstruieren
- Gesellschaftsspiele
- Kreativität / Malen / Basteln
- Mathematik / Montessorimaterial
- Mathematik / Schreiben / Sprachen
- Musik
- Lesen
- Garten
Die Kinder dürften morgens entscheiden, welches Thema sie interessiert und ganz frei an diesen Themen arbeiten. Vielleicht finden sich mehrere Kinder zu einem Team zusammen, es wird geredet, diskutiert, gemeinsam ausprobiert, nach Lösungen gesucht. Die Erwachsenen stehen den Kindern bei Fragen zur Seite, lassen die Kinder aber eigenständig arbeiten. Die Lehrer und die Eltern vertrauen den Kindern, dass sie lernen wollen und dass man sie dazu nicht zwingen muss. Die Arbeit der Kinder wird jedoch nicht als gut oder schlecht bewertet, sondern auf Nachfrage gibt es ein Feedback oder eine Hilfestellung.
Ich glaube ich wüßte, wie das aussehen würde: ein nicht gerade kleiner Teil der Kinder würde einmal durch alles durchstürmen, ein paar Dinge anfassen (nicht gerade sanft) und eventuell Dinge, die sich auf den ersten Blick erschließen lassen kurz ausprobieren, um dann vielleicht doch lieber die paar MItschüler zu ärgern, die sich genauer mit etwas beschäftigen wollen.

Kennst du das Erfahrungsfeld der Sinne in Nürnberg? Der Aufbau dort käme dem was du beschreibst sehr nahe. Mein Sohn hat mir etwa 8 Jahren einen Ausflug mit seiner Schulklasse dorthin gemacht und in etwa das obige ist passiert. Er hat mich jedenfalls gebeten, ob wir da mal in Ruhe hinfahren können, das sei eigentlich sehr interessant, nur hätte er fast nichts machen können, aufgrund der Unruhe und des Durcheinanders.

Außerdem: mit Lehrenden, die nur bei Bedarf als Ansprechpartner zur Verfügung stehen wird kaum ein Kind seine Wohlfühlzone verlassen. Jedenfalls nicht im Klassenverband.

Vielleicht würde es funktionieren, wenn Kinder von klein auf so aufwachsen. Aber nachdem, was meine Kinder mir von der Schule erzählen glaube ich eher, dass Frontalunterricht (oder zumindest Anleitung und Motivation durch einen engagierten Lehrer) doch noch die beste Methode (im Sinne von Lernerfolg im Verhältnis zu aufgewandter Zeit) ist.
Bliss
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Bliss »

Rabaukenmama hat geschrieben: In der Schule ist es ganz genau dasselbe. Wer hat als Erwachsener schon sein Wissen über sinus, cosinus und tangens irgendwo anwenden müssen? Wer hatte konkret einen Vorteil davon, zu wissen, wann die Schlacht am Teutoburger Wald war und wer gekämpft bzw. gesiegt hat? Wer musste schon mal in der Praxis ausrechnen weviel kinetische Energie frei wird wenn eine 1kg schwere Kugel einen Meter tief auf die Erde fällt?

Wohl nur jemand, bei dem das zufällig ins Berufsbild gehört oder jemand, der bei "Wer wird Millionär?" gewinnen will ;) .
Das Problem ist, dass viel gelerntes so isoliert betrachtet wurde, dass man damit tatsächlich wenig anfangen kann, wenn man nicht gerade auch so isoliert danach gefragt wird (und dann hat man es wahrscheinlich vergessen, weil ohne Zusammenhang wird es von Gedächtnis schnell aussortiert).

Und die Transferleistung Gerntes von einem Gebiet auf ein anderes zu übertragen oder einfache Denkmodelle zu erweiteren oder im Komplizierten das Einfache gelingt vielen nicht.
Momo
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Momo »

Bliss hat geschrieben:
Ich glaube ich wüßte, wie das aussehen würde: ein nicht gerade kleiner Teil der Kinder würde einmal durch alles durchstürmen, ein paar Dinge anfassen (nicht gerade sanft) und eventuell Dinge, die sich auf den ersten Blick erschließen lassen kurz ausprobieren, um dann vielleicht doch lieber die paar MItschüler zu ärgern, die sich genauer mit etwas beschäftigen wollen (...) Vielleicht würde es funktionieren, wenn Kinder von klein auf so aufwachsen.
Hallo Bliss,
ich glaube auch, das ist ein wichtiger Punkt. Wenn Kinder nicht gelernt haben, eigenständig zu arbeiten, achtsam mit Dingen umzugehen oder auch die Grenzen der Mitschüler zu wahren, wird dies nicht funktionieren. Bzw. wird es nicht plötzlich an einem Tag eines Schullebens funktionieren. Wenn die Kinder aber ähnlich zu Hause aufwachsen und von Anfang an Schule mit diesen Erfahrungen verknüpfen, kann es sehr gut funktionieren, das denke ich schon. Doch bei den unterschiedlichen Schulformen wird sich ein Gehirn völlig unterschiedlich entwickeln und vernetzen. Sich jeweils auf die andere Lernform einzulassen wird dann sicherlich einen Entwicklungsprozess bedeuten.

In unserer Großstadt gibt es tatsächlich einige Schulen, die so arbeiten, wie ich es beschrieben habe. Ich bin dort gewesen, habe mit den Lernbegleitern und den Schülern gesprochen und habe erstmal gestaunt ;) Ich glaube das Hauptproblem liegt darin, dass wir Eltern ein solches Lernen nicht erlebt haben (obwohl ich selbst auf einer freien reformpädagogischen Schule war, gab es dort dennoch feste Klassen und Frontalunterricht und einen strukturierten Lernplan) und weil wir uns es einfach nicht VORSTELLEN können, dass es funktionieren könnte. Doch was wir erleben können, sind die Schüler dieser Schulen und die Art, wie sie in die Welt gehen. Das hat mich sehr beeindruckt. Sie müssen nachmittags nach Hause geschickt werden, weil sie freiwillig kaum gehen wollen und sie können gleichaltrige Jugendliche überhaupt nicht verstehen, was sie für ein Problem mit Lehrern oder Schule haben. Diese Schüler sind unglaublich eigenverantwortlich und selbstständig, sie wissen, was sie wollen und haben ihre Freude am Lernen nicht verloren.

Momo
Zuletzt geändert von Momo am So 6. Sep 2015, 16:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Momo »

Bliss hat geschrieben:
Aber nachdem, was meine Kinder mir von der Schule erzählen glaube ich eher, dass Frontalunterricht (oder zumindest Anleitung und Motivation durch einen engagierten Lehrer) doch noch die beste Methode (im Sinne von Lernerfolg im Verhältnis zu aufgewandter Zeit) ist.
Da sind wir wieder bei den Fragen : Was ist das Ziel einer Schule? Was ist wichtig für die Kinder zu lernen? Was ist Lernerfolg? Hat Lernerfolg etwas mit aufgewandter Zeit zu tun?

Momo
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Momo »

Ein schönes Zitat, gerade beim Lesen entdeckt:

"When I was 5 years old, my mother always told me that happiness was the key to life.
When I went to school, they asked me what I wanted to be when I grew up. I wrote down "happy".
They told me I didn`t understand the assignment, and I told them they didn`t understand life."

John Lennon
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Bliss »

Was ist Lernerfolg? Hat Lernerfolg etwas mit aufgewandter Zeit zu tun?
Nachdem man bei uns ja in der Schule anwesend sein muss, finde ich schon, dass es wichtig wäre, dass die Zeit auch irgendwie sinnvoll genutzt wird. Und nachdem man ja nicht wirklich das machen kann, was man will (also jedenfalls nicht sowas wie z.B schlafen, sich über Privatkram unterhalten, Fußball spielen) ist es für ein lernbereites Kind doch frustrierend, wenn der Wissens- und Fähigkeitenzuwachs überschaubar bleibt.

Mein Sohn ist jedenfalls von fast allem, was bislang im Vergleich zu meiner Schulzeit so an Änderungen ins Regelschulssystem eingeflossen ist enttäuscht und hat für sich Frontalunterricht als das kleinere Übel ausgemacht.

Aber er kennt natürlich nur das, was es bei uns gibt. Wenn es bei euch anders ist habt ihr echt Glück gehabt.

Seine ideale Schule wäre übrigens eine, die gar nicht existiert. Er würde lieber alles in Eigenregie lernen mit geeigneten Ansprechpartnern (nicht nur Lehrer, auch Uniprofessoren und Leute aus der Praxis (z.B hätte er Alexander Gerst gerne ein paar Fragen gestellt)) und geeigneten Räumlichkeiten (Labore etc). Kontakte mit anderen Kinder hätte er zwar auch gern, aber eher so wie im Hort oder halt nach gemeinsamen Interessen, wie im Sportverein.
Momo
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Momo »

Bliss hat geschrieben:
Seine ideale Schule wäre übrigens eine, die gar nicht existiert. Er würde lieber alles in Eigenregie lernen mit geeigneten Ansprechpartnern (nicht nur Lehrer, auch Uniprofessoren und Leute aus der Praxis (z.B hätte er Alexander Gerst gerne ein paar Fragen gestellt)) und geeigneten Räumlichkeiten (Labore etc). Kontakte mit anderen Kinder hätte er zwar auch gern, aber eher so wie im Hort oder halt nach gemeinsamen Interessen, wie im Sportverein.
Das ist ja super interessant, hat er das so gesagt? Genau so sind diese freien Schulen aufgebaut. Die Kinder können in Eigenregie lernen, freiwillig in Gruppen oder auch alleine und sie dürfen auch entscheiden, ob und welchen Ansprechpartner sie für sich wählen. Sie dürfen wenn sie wollen auch den ganzen Tag Fußball spielen... Die Lernbegleiter vertrauen darauf, dass Kinder lernen wollen und dass sie sich das Wissen, welches sie brauchen, aus eigener Motivation aneignen. Und es scheint zu funktionieren, das ist für mich das Erstaunliche.

Liebe Grüße von Momo
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Re: Diskussionsthema Schule

Beitrag von Bliss »

Momo hat geschrieben: Das ist ja super interessant, hat er das so gesagt? Genau so sind diese freien Schulen aufgebaut. Die Kinder können in Eigenregie lernen, freiwillig in Gruppen oder auch alleine und sie dürfen auch entscheiden, ob und welchen Ansprechpartner sie für sich wählen. Sie dürfen wenn sie wollen auch den ganzen Tag Fußball spielen... Die Lernbegleiter vertrauen darauf, dass Kinder lernen wollen und dass sie sich das Wissen, welches sie brauchen, aus eigener Motivation aneignen. Und es scheint zu funktionieren, das ist für mich das Erstaunliche.

Liebe Grüße von Momo
Mein Sohn würde gerne wissen, ob es an diesen Schulen eine vorgeschriebene Zeit gibt, wo man anwesend sein muss. Das wäre nämlich sein Hauptwunsch: Schulbeginn frühestens um 10, eher noch später. Und er lernt und liest am liebsten im Bett bei absoluter Ruhe. Wenn das da auch möglich ist, würde er einen Umzug in Betracht ziehen :lol:
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