Bliss hat geschrieben:Rabaukenmama hat geschrieben:
Was soll ich auf so eine Frage antworten?
Ich habe diese deshalb Frage gestellt:
Rabaukenmama hat geschrieben:
Die Angst "Mein Kind könnte ausbaden müssen wenn ich in der Schule unbequem bin und Forderungen stelle" kann ich nicht nachvollziehen.
Wenn man unbequem ist und Forderungen stellt muss man einfach auch damit rechnen, dass man das Klima so vergiftet, dass nur der Rückzug bleibt. Und da es eben nicht ich bin, die direkt betroffen ist, sondern mein Kind finde ich es deutlich schwieriger, als wenn ich für mich selber etwas durchkämpfe. Und da ich weiss, dass meinem Kind andere DInge wichtiger sind als mir überlege ich eben vorher, wie weit ich gehe. Denn mein Kind lehnt einen Schulwechsel kategorisch ab, ihm ist es wichtiger mit seinen Freunden zusammen zur Schule zu gehen. Ab einem gewissen Alter räum ich meinen Kindern da Mitspracherechte ein.
Auch das kenne ich aus eigener Erfahrung. Ich habe ja jahrelang geschwiegen, niemanden davon erzählt wie es mir in der Schule geht. Das Mobbing wurde in der Zeit immer schlimmer, die körperlichen Übergriffe immer brutaler und rücksichtsloser. Die wenigen Mitschülerinnen, mit denen ich befreundet war, bröckelten nach und nach ab. Ein Mädchen, mit dem ich ein bißchen befreundet war und das ebenfalls gemobbt wurde, hat die Schule gewechselt. Ein anderes Mädchen, mit dem sich eine echt gute Freundschaft hätte entwickeln können, ist weggezogen.
Die paar anderen Kinder, die mich in Schutz genommen haben, wurden immer stiller. Statt dessen kamen zwei Buben von einer anderen Schule (wie ich später erfahren habe sind sie dort wegen ihres Benehmens rausgeworfen worden), die binnen kurzer Zeit die Rädelsführer der Mobbing-Attaken waren. Statt nur hin und wieder ein Schimpfwort eine ausgeleerte Schultasche oder ein Tritt im vorbeitgehen wurde ich jetzt mit dem Kopf voran in den Mistkübel gestoßen und auch während der Unterrichtsstunden mit Metall-U-Haken beschossen. In der Phase habe ich mich meinem Klassenvorstand anvertraut der mit den Eltern der Rädelsführer gesprochen hat. Doch das war ein Schuss nach hinten, denn ab da war ich die "Petze" und das auflauern auf dem Heimweg und die Drohungen begannen. Ich wußte vor lauter Angst nicht mehr was ich machen sollte.
Und dann erzählte ich zum ersten Mal zu Hause davon. Das war für mich noch schrecklicher als ich es mir je hätte vorstellen können. Mein an sich sehr ruhiger Vater war sichtlich aufgewühlt und sehr laut und so aggressiv wie ich ihn bis dahin noch nie erlebt hatte. Rückblickend weiß ich dass ihm das, was ich erzählt habe, schlichtweg total überfordert hat und sich seine Aggressionen gegen meine Peiniger gerichtet haben. Aber ich konnte mit meinem derart veränderten Vater nicht umgehen. Ständig fragte er nach, ließ sich etliche Male ins Detail beschreiben was mir die anderen angetan hatten und das obwohl ich schon vor Verzweiflung nur noch weinte und einfach meine Ruhe haben wollte. Vor allem wollte mein Vater Namen wissen und ich war so ängstlich dass ich absolut nicht bereit war die Namen der 3 Buben zu sagen, die mich permanent quälten. Ich sehe noch das hochrote Gesicht meines Vaters vor mir, der mich anschrie "WIE SIND DIE NAMEN????" und ich konnte keine Antwort geben.
Und am nächsten Tag ging mein Vater in die Schule und drehte bei der Direktorin auf dass seine Tochter in dieser Schule gefährlich bedroht und sadistisch gequält werde und er das nicht mehr zulassen würde. Ich stand daneben und in meinen Augen erschien das plötzlich maßlos übertrieben und hätte ich vorher nur annähernd gewusst auf was meine Erzählungen zu Hause hinauslaufen würden - ich hätte garantiert kein Wort gesagt!
Nach einem Gespräch zwischen meinem Vater, der Direktorin und meinem Klassenvorstand, dem ich mich ja einige Wochen zuvor anvertraut hatte, waren auch die Namen da und die Schüler mussten einzeln zur Moralpredigt zur Direktorin. Natürlich wurden auch deren Eltern vorgeladen. Ich fühlte mich so schlecht wie noch nie in meinem Leben. Und in der großen Pause hörte ich einen der Buben zu den anderen beiden sagen "Heute kommt sie nicht mehr lebend heim, heute bringe ich sie um!".
Da war es bei mir aus. Rückblickend wurde das, was dann kam als "Nervenzusammenbruch" beschrieben. Ich habe mich in der Schultoilette eingeschlossen, mich auch vom Schulwart mit Gewalt nicht rausziehen lassen und nur noch gebrüllt "Ich gehe NIE WIEDER in diese Schule! NIE WIEDER! Hier bringt mich keiner mehr rein! Wenn mich wer zwingen will, wieder hier reinzugehen, bringe ich mich um!!!"
Genau genommen hat mein Vater mit seinem aufbrausenden Gespräch in der Schule diese Folgen ausgelöst. Hätten die beteiligten Erwachsenen nur etwas feinfühlender (auch den 3 Buben gegenüber) reagiert wäre es vielleicht anders gekommen. Aber zwei der drei Buben waren aus Familien wo jegliches Fehlverhalten mit Schlägen bestraft wurde und hatten dieses Verhalten einfach ihrerseits an Schwächeren (in dem Fall mir) ausgelebt. Jedes Gespräch mit deren Eltern brachte den Kindern Schläge und Beschimpfungen mit denen sie nicht anders umgehen konnten als ihren Frust darüber wieder an mir auszulassen.
Heute, als Erwachsene, weiß ich, dass ich in dieser Schule auch nicht hätte bleiben dürfen wenn ich NICHTS gesagt hätte. So gesehen war der Schulwechsel unvermeidlich gewesen, auch wenn das Verhalten von meinem Vater und der (sehr autoritären) Direktorin das Ganze dermaßen verschlimmert hat dass es zu einer Hau-Ruck-Aktion geworden ist. Das hätte nicht sein müssen.
DAS meine ich mit unterträgliche Zuständen. Wenn ich jemals mitbekommen muß dass einem meiner Kinder ähnliches widerfährt würde ich auch gegen deren Willen einen Schulwechsel durchsetzen. Wenn es jetzt "nur" um ungerechte oder selbstgerechte Lehrer und ein unverhältnismäßig großes Arbeitspensum gehen würde, würde ich aber sehr wohl versuchen, im Gespräch Lösungen zu suchen. Wie oft und intensiv hängt von verschiedenen Dingen ab, einerseits vom Alter meiner Kinder (wenn sie 8 sind werde ich mich eher einschalten als mit 15) und andererseits davon, wie schlimm meine Kinder die Sachen empfinden.
Von Lehrern erwarte ich mir jedenfalls mehr Gerechtigkeit als von Kindern aus gewalttätigen Familien. Damit, dass ich zum Feindbild werde, kann ich mittlerweile leben. Und das, was mir meine Mitschüler angetan haben, wird ein Lehrer meinem Kindern mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht antun (können).
Wenn es trotz Gesprächen und gutem Willen meinerseits keinen Konsens geben sollte und meine Kinder "nur "ungerecht behandelt werden, würde es sehr wahrscheinlich auch auf keinen Schulwechsel hinauslaufen, sofern sie das nicht selbst wollen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)