Inklusion an Schulen

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Rabaukenmama
Dauergast
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Inklusion an Schulen

Beitrag von Rabaukenmama »

Wieder mal eröffne ich einen neuen Thread damit der "alte" mit dem Titel "Diskussionsthema Schule" nicht ganz aus den Fugen gerät :) .

Ausgangspunkt sind diese Aussage von mir und die Antwort von Bliss:
Rabaukenmama hat geschrieben: Eine Klasse, wo Kinder unterschiedlichster Behinderungen und Verhaltensauffälligkeiten gemeinsam mit gesunden Kindern unterrichtet werden, kenne ich nicht und ist in der Praxis auch schwer vorstellbar. Eine Klasse mit einem blinden, einem gehörlosen, einem Asperger- und einem Down-Syndrom-Kind neben 20 gesunden Kindern wird es kaum geben, also ist auch nicht notwendig, Lehrer zu verteidigen die in so einer fiktiven Klasse nicht ausreichend differenzieren können.
Bliss hat geschrieben: Also für Deutschland gibt es das schon länger, bislang allerdings meist noch auf freiwilliger Basis.

Kannst ja mal nach dem Fall Henri googeln, da geht es um einen Jungen mit Down Syndrom, der mit zwei Körperbehinderten Kindern (eins davon war glaub ich hörbehindert, das andere feinmotorisch stark eingeschränkt) von der Grundschule aufs Gymnasium wechseln wollte. In der Grundschule waren sie also bereits zusammen so als Gruppe. Das Gymnasium hat abgelehnt und ist damit erst mal durchgekommen, aber in der Diskussion dazu ist schon rausgekommen, dass das prinzipiell schon möglich werden soll.
Den Fall Henry brauche ich nicht googeln weil ich das Buch dazu gelesen habe. Es ging darum drei behinderten Kindern einer Klasse, Henry mit Down-Syndrom, Selma mit einer fortschreitenden körperlichen Einschränkung und Robert, dessen Behinderung nicht weiter erwähnt wird weil dessen Eltern das nicht wollen. Jedenfalls haben die Kinder (im Fall von Henry nach einem erhelblichen Kampf durch seine Eltern) in einer Klasse gemeinsam mit 13 gesunden Kindern die Grundschule besucht, wobei Henry an denselben Themen gearbeitet hat wie die anderen Kinder, jedoch nach seinen Möglichkeiten. Innerhalb der Klasse hatte eine angenehme, freundschaftliche Atmosphäre geherrscht und die behinderten Kinder waren allesamt voll integriert.

Als ein Großteil dieser Kinder (inkl. der beiden körperlich behinderten) aufs Gymnasium gewechselt ist wollten die Eltern von Henry ihrem Sohn das auch ermöglichen. In der Grundschulklasse hatte es mit dem differenzieren ja super geklapp. Hernys Eltern war sehr wohl bewusst dass ihr Sohn nie das Abitur machen würde. Aber sie wußten auch dass er durch mit- und nachmachen im Kreis seiner Freunde mehr lernen würde als an jeder Sonder- oder Förderschule und dass diejenigen Kinder, die ihn schon von klein auf kannten und schätzten, ihm auch weiter gute Freunde sein würden.

Was ich im Buch unter anderem gelesen habe ist, dass sich die Mutter von Henry bereit erklärt hat, alle Klassenarbeiten ihres Sohnes und im Vergleich dazu die Klassenarbeiten der anderen Kinder zu kopieren und dem Gymnasium zur Verfügung zu stellen damit die daran sehen können, wie in der Grundschule differenziert wurde. Angefordert wurden die Arbeiten nie, keiner aht sich dafür interessiert. Außerdem hatten die Lehrer des Gymnasiums die Chance, sich anzusehen, wie in der Grundschule differenziert unterrichtet wurde. Doch die Reaktion war nur "Das können wir nicht" was eigentlich auf ein "Das wollen wir nicht machen" hinauslief.

Dass in der Diskussion rausgekommen wäre, es würde "grundsätzlich schon mal möglich werden " (dass Kinder mit Down Syndrom aufs Gymnasium gehen) habe ich nicht so gesehen. Für mich war die Aussage der Gegner sinngemäß eher "Irgendwann werden wir nicht darum herumkommen, aber solange es geht wollen wir es verhindern."

Aber abgesehen davon wäre es eine seltene Häufung von Zufällen wenn wirklich Kinder mit unterschiedlichsten Handycaps gemeinsam mit gesunden Kindern in einer Klasse sitzen würden. Daher erwarte ich von den heutigen Lehrern nicht, sich darauf einstellen zu müssen mal ein blindes, ein gehörloses, ein Down-syndrom, ein ADHS und ein Asperger-Kind gemeinsam mit gesunden Kindern in einer Klasse unterrichten zu können.

Wichtig ist vielmehr grundsätzliche Offenheit gegenüber den Einschränkungen, Schwächen und Gaben der Kinder, welche tatsächlich in den Klassen sitzen. Ein Junglehrer muss nicht über die speziellen Erfordernisse aller möglichen Behinderungen Bescheid wissen, aber er sollte Infos und Unterstützung zu den besonderen Bedürfnissen bekommen, welche die ihm anvertrauten Kinder mitbringen.

Lese- und Rechenschwäche sowie Legsathenie, Teilleistungsschwächen- und Stärken, Minder- und auch Hochbegabung sowie unterschiedliche Verarbeitungsgeschwindigkeiten sind hingegen relativ häufig. Auch ein Grunschullehrer, welcher 4 Jahre hindurch dieselbe Klasse unterrichtet, wird mit all diesen Voraussetzungen im Laufe seines Lehrer-Daseins mehrfach konfrontiert sein. Daher sind DAS die Dinge, die ihm beim Eintritt in den Beruf schon geläufig sein sollten.

Gehörlose Kinder sind z.B. ziemlich selten. Wenn es hoch kommt gibt es in Wien pro Jahrgang maximal 30 gehörlose Kinder. Würde jedes diese Kinder im Zuge der Inklusion in einer "normale" Volksschule eingeschult müssten 30 Lehrer - jeder für sich - erst mal lernen, wie auf die besondern Bedürfnisse eines gehörlosen Kindes eingegangen wird. Bauliche und technische Maßnahmen wie z.B. für FM-Anlagen würden ein Vermögen verschlingen und spätestens nach Ende der Grundschulzeit des jeweiligen Kindes wären die Anschaffungen wertlos.

Auf was würde so eine Entwicklung hinauslaufen? Doch darauf, dass alles viel zu aufwändig und teuer ist, die Lehrer überfordert sind und man gleich zum alten Sonderschul-Konzept zurückkehren kann!

Wenn statt dessen 2 oder 3 Schulen sich schwerpunktmäßig auf hörgeschädigte Kinder konzentrieren, ist das wesentlich effektiver. Davon würden nicht nur gehörlose, sondern auch mittel- oder hochgradig schwerhörige Kinder profitieren. Die Schulen sollten ganz normale Schulen bleiben (mit großteils gesunden Kindern), nur eben mit Schwerpunkt auf eine Behinderung, für welche die Lehrer besonders sensibiliert sind bzw. wo sie durch speziell ausgebildete Förderlehrkräfte Unterstützung bekommen.

Je nach individueller Möglichkeit könnten in manchen Klassen gebärdensprachkompetente Lehrer im Team mit lautsprachlichen Lehrern den Unterricht vermitteln. Das hätte für die gesunden Kinder noch den Nebeneffekt, gleich eine neue Sprache zu erlernen. Und Gebärdensprache ist nicht etwa unnötig oder unwichtig, Dolmetscher sind hoch anerkannt und gut bezahlt, weil Kompetenz gerade in Nicht-Lautsprachen nicht so häufig ist.

Dasselbe gilt auch für andere Behindungen wie z.B. Blindheit oder Taubblindheit. Wichtig ist vor allem, dass die behinderten Schüler tatsächlich dieselben Chancen und Rechte haben wie die gesunden Kinder, dass vor allem nach demselben Lehrplan unterrichtet wird und dass auch die Benotung nach denselben Standards erfolgt.

Inklusion kann nicht bedeuten dass man ein Kind mit Handycap in einer "normalen" Schulklasse sich selbst überlässt. Unterschiedliche Einschränkungen erfordern auch unterschiedliche Herangehensweisen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
basket
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von basket »

Dein Gefühl täuscht dich nicht! Ich arbeite an einer Förderschule, bin aber kein Inklusionsgegner. Es gibt viele Kinder die bestimmt gut inklusiv beschult werden können und damit meine ich nicht nur Kinder, die "zielgleich" unterrichtet werden. Das sind oft Kinder mit Sinnesschädigungen oder körperlichen Einschränkungen.

Kinder mit Förderunterstützung im Bereich Sprache sind oft besser am Anfang im Förderschulbereich aufgehoben, da die Grundschule auf die Besonderheiten oft nicht richtig eingehen kann. Diese Kinder schulen wir oft nach 2 oder 4 Schuljahren zurück.

Auch Kinder mit dem Förderschwerpunkt "Lernen" können inklusiv beschult werden. Optimal ist es natürlich, wenn sie schon sehr früh gefördert werden und die Eltern die Schwierigkeiten ihrer Kinder realistisch einschätzen und eng mit der Schule zusammenarbeiten. Leider ist meine Erfahrung, dass der Förderschwerpunkt "Lernen" oft auch mit sozialschwachen Familien zusammenhängt, die ihren Kindern die nötige Unterstützung nicht geben können und oft auch die Probleme nicht sehen wollen. Dieses Kinder scheitern in der Inklusion und kommen dann irgendwann zu Förderschule und sind oft deutlich schwächer als die Schüler, die in der Förderschule gestartet sind.
Schwierig ist es auch, wenn erst nach 3 Jahren ein Gutachten eingeleitet werden darf, um den Unterstützungsbedarf festzustellen. Kommen die Kinder dann zu uns (Förderschule) sind sie oft "so sehr am Boden" (emotional) und haben so große Lücken, da Grundlagen der ersten Klasse nicht vorhanden sind, dass es sehr schwer ist diese Kinder aufzufangen (meine tägliche Arbeit).

Schüler mit dem Schwerpunkt "Emotionale Entwicklung" sind schon sehr oft in den Klassen (ohne Gutachten). "Schwere Fälle" sind in der Regelschule nicht tragbar. In der Klasse meines kleinen Sohnes war ein Kind mit schwersten Auffälligkeiten. Dieses Kind ist nun in der Förderschule und auch hier in einer Kleingruppe kaum zu unterrichten. Das erste Schuljahr war sehr schwer. Die Klassenlehrerin total überfordert (was auch absolut verständlich ist, wenn selbst die Sonderpädagogen an ihre Grenzen kommen)!

Die Erfahrung an unserer Schule nach einem Jahr politisch gewollter Inklusion (NRW): Wir hatten noch nie zwei erste Klassen. Wir sind größer geworden, anstatt zu schrumpfen (wie es Politik wünscht). Wir haben jetzt schon wieder sehr viele Eltern, die sich unsere Schule anschauen, da sie Inklusion nicht wollen (weil es nur suboptimal läuft).

Inklusion würde funktionieren, wenn man viel Geld anfassen würde. Das bedeutet, dass Klassen eine Doppelbesetzung haben (Lehrer+ Sonderpädagoge) und nicht mehr als 20 Schüler. Aber wer soll das bezahlen? Deutschland ist halt nicht bereit in die Bildung zu investieren (im Gegensatz zu Länder die in Vergleichstudien immer vorne liegen)
und so lange niemand bereit ist Geld zu investieren bleiben viele Kinder auf der Strecke, auch oder besonders unsere klugen Kinder.

Vor einigen Jahren habe ich schon mal in der damals genannten "Integration" gearbeitet. Dort habe ich mit einem geistigbehinderten Kind gearbeitet. Das Kind war toll integriert und hat in den vier Jahren sehr viel gelernt. Nach den vier Jahren ging sie zur Förderschule, da es Integration in der weiterführenden Schule eigentlich kaum gab.
Es war die beste Entscheidung und ich bekomme seit Jahren immer noch Weihnachtskarten von dieser Schülerin :)

Ich finde es auch schwer, wenn Regelschullehrer eine Weiterbildung machen und dann auch sonderpädagogische Kompetenzen haben. Sonderpädagogik ist ein sehr weites Feld. Es gibt sehr viele Fachrichtungen (damals als ich studiert haben waren es neun!). Ich haben 9 Semester studiert zwei Fachrichtungen und 2 Jahre Referendariat in meiner ersten Fachrichtung gemacht. In einem Jahr kann man bestimmt keine umfassende Kompetenz in allen sonderpädagogischen Bereichen entwickeln. Ich fühle mit jetzt (durch meine Arbeit an verschiedenen Schulen) in drei Fachbereich fit und in einem Bereich haben ich ein paar wenige Kompetenzen entwickelt. Ein blindes oder gehörloses Kind könnte ich nicht unterrichten.

Nun habe ich wieder einiges geschrieben, weil ich bei diesem Thema immer sehr emotional werde!
LG Basket
Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit! (Sören Aabye Kierkegaard)
elboku
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von elboku »

Wenn ich Baskets Schilderungen richtig verstehe, dann haben die Förderschulen einen sehr positiven Effekt auf die Kinder mit unterschiedlichen Defiziten.

Wenn ich nun der Staat wäre, so würd ich mir dann folgendes dazu denken:

- Warum viel Geld in die Hand nehmen, damit diese Kinder optimal inklusiv beschult werden können, wenn die herkömmlichen Förderschulen ihre Arbeit gut machen. Was ist der verwertbare Mehrwert für den Staat oder für das Kind?
- Warum viel Geld in die Hand nehmen, für einen relativ geringen Prozentsatz an Kindern?
- Warum viel Geld verwenden, wenn der Output für die Gesellschaft recht gering ist (für das individuelle Kind zwar groß).

Ich glaub darin liegt das Problem. Unser Bildungssystem kann schon keine optimale Beschulung für die durchschnittlichen SchülerInnen gewährleisten, somit wird das Thema Inklusion leider noch länger an 2. Stelle stehen.

In vielen Ländern werden eigene Schulen oder Schulzweige für Hochbegabte SchülerInnen errichtet, weil hier die Förderung optimal ist. Ein Freundin, die HB ist, würde auf jeden Fall wieder in eine HB-Schule gehen, weil sie hier Möglichkeiten bekam, die sie in der "normalen" AHS nicht hatte.

So ähnlich würde ich es auch für Kinder mit Einschränkungen sehen. Mir wäre es lieber, ich gebe mein Kind in eine Schule, die alle Mittel hat, um mein Kind optimal zu fördern, als ich gebe es in eine normale Schule, die die Inklusion nur halb betreiben kann, da die finanziellen Mittel fehlen.
Und man kann nicht erwarten, dass jede öffentliche Schule für jede Art der Beeinträchtigung ausreichend ausgestattet ist.
Weiters muss man genau schaun, bei welchem Kind Inklusion Sinn macht, und ob sofort oder auch etwas später, wenn die Basis in der Förderschule optimal entwickelt wurde (siehe Baskets Post).

LG, Lisa
Maca
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Maca »

Vielleicht bin ich ja naiv,nein ich bin es definitiv :) ,aber ich gebe den Traum nicht auf ,von einem Bildungssystem ,in dem

1. die Korrelation zwischen Bildung im Elternhaus und Schulerfolg vernachlässigbar wird
2. Inklusion tatsächlich klappt,weil nur im KONKRETEN Erleben Kinder und Jugendliche Toleranz ,Verständnis und eine Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Bandbreite menschlicher Möglichkeiten/ Fähigkeiten erlangen
3. Separierung und Elitenbildung nicht angestrebt wird ABER
4. das Fordern der Leistungsstarken auch im Hinblick auf eine gesellschaftliche Verantwortung selbstverständlich wird

Inklusion ist teuer,aber machbar,das scheint hier ja hier fast allgemeiner Konsens zu sein.
In Hamburg scheitert sie zur Zeit leider total.
Das liegt aber,denke ich ,lediglich an den knappen Mitteln die der Senat für eine SO WICHTIGE Aufgabe bereitstellt und an der fehlenden Bereitschaft gerade der engagierten Eltern sich darauf einzulassen .Aus Angst das eigenen Kind könnte,wenn man zu viel Unterrichtszeit auf Lernschwache,emotional Auffällige,Hör- und Seheingeschränkte u.a. aufwendet,Wettbewerbsnachteile bekommen und Kinder von ' besseren ' Schulen gelangen wohlmöglich zu einem erfolgreicheren Abi und sind später gefährliche Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt.Also finden alle die Inklusion zwar theoretisch gut,aber wenn es um das eigene Kind geht.......
Ich frag mich oft,wo bleibt die Solidarität innerhalb der Eltern ?
Wir haben doch eigentlich alle die gleichen Interessen,alle Eltern wollen,daß ihre Kinder einmal in einer Gesellschaft leben ,in der man sich wohlfühlen kann.
Ich glaube einfach nicht,daß Ausgrenzung dazu führt.


Ausserdem ist die didaktische Ausbildung deutscher Lehrer ,soweit ich weiß ,im internationalen Vergleich nicht gut.

Manchmal fürchte ich,daß diejenigen in Entscheidungsfunktionen immer wieder etwas kreieren werden,um
Chancengleichheit zu verhindern. :roll:
alibaba

Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben:ich habe das Gefühl, dass man die Inklusion durchsetzt um Geld zu sparen. Sonderpädagoik ist ein sehr umfassendes Feld, und bei einer schweren Beeinträchtigung reicht es nicht, ein wenig langsamer zu unterrichten, da muss schon mehr Aufwand betrieben werden, um Wissen effizient und nachhaltig zu vermitteln.
Das sehe ich auch so.

Mittlerweile wird ja alles inkludiert in eine Klasse schön gemischt. Da soll eine Lehrerin diese Kinder unterrichten: Flüchtlinge - ohne ein wort Deutsch, Kinder die mehrmals zurück gestellt wurden, Kinder mit ADS, Kinder mit HB, normale Kinder, langsame Kinder, nein Gott sei Dank ist da kein körperbehindertes Kind noch dabei. Wird man da noch dem Kind gerecht?

Eltern die ich gesprochen habe, nein, ich bin nicht repräsentativ, geben ihre Kinder sehr wohl bewusst an eine Förderschule. So lange bis sie die Inklusion ins normale Schulleben verstehen können.

Aktuell kenne ich eine Mutter mit einem entwicklungsverzögertem Kind. Einschulung in die Förderschule. Dort war es das erste Mal nicht alleine und bei weitem wog da diese Auffälligkeit nicht mehr so massiv wie an einer normalen Schule. Nach einem Jahr konnte/wurde das Kind umgeschult (werden). Wie es jetzt weiter läuft wird erst die Zukunft zeigen.

Bei Inklusion muss man genau hinschauen. Oft bleibt es bei den schönen Worten. Und da wären wir wieder beim Zusammenhang mit dem anderen Thread. Schöne Worte - die Realität sieht oft anders aus.

VG
alibaba

Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von alibaba »

Koschka hat geschrieben:... und das funktioniert in der Leistungsgesellschaft nicht. Unsere Dorfkinder wussten schon in der 3. Klasse - wer keine 1 oder 2 schreibt ist ein Looser. Wer zu lange lernt ist ein Streber.
Genau das kann ich so auch beobachten.

VG
Maca
Dauergast
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Maca »

In Hamburg galten 2009 über 65% der Hauptschulen als nicht beschulbar,in Bremen waren es sogar über 90%.
Stadtstaaten haben ganz andere Probleme als Flächenstaaten und sind kaum miteinander vergleichbar.
Soziale Brennpunkte fallen verhältnismäßig viel stärker in die Statistik als in Flächenstaaten.
Inklusion ist ein Weg,gerade für Großstädte,aber nur wenn genügend qualifiziertes Personal bereitgestellt wird.

Und es muß für Eltern mit betroffenen Kindern eine Wahl geben.
Wenn ein Kind lernbehindert,nicht lerngeschwächt,ist ,werden Eltern abwägen müssen,ob es dem Selbstkonzept des Kindes zuträglich ist mit 'normalen' Kindern zu lernen.Aber eine moderne ,offene Gesellschaft muß diese Optionen anbieten und bewältigen können.
Nur weil die Theorie bis jetzt schlecht umgesetzt wurde ist sie nicht per se schlecht. :(

Klar, unser leistungsorientiertes Bildungssystem wird sich natürlicherweise immer gegen Inklusion wehren,
Zeiten ändern sich :mrgreen: .

Wir hatten die Möglichkeit unseren Sohn auf Das humanistische Gymnasium unserer Stadt ,mit einem über die Ländergrenzen hinaus ,sehr traditionellen ,guten Ruf zu geben.
Die hätten ihn auch gerne genommen :D .
Jedoch las ich zufällig die Abschlußrede der Abiturienten des letzten Jahres und dort stand folgender Satz:
'Elite braucht kein Motto',
ha nach eigener Einschätzung sollte das provokativ ,ironisch gemeint sein,umso schlimmer!
Diese Elite braucht kein Mensch!
basket
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von basket »

@Maca
Das Problem ist ja, dass Förderschulen zu teuer sind, da mehr Lehrer weniger Kinder unterrichten.
Maca hat geschrieben:Inklusion ist ein Weg,gerade für Großstädte,aber nur wenn genügend qualifiziertes Personal bereitgestellt wird.
Genau das ist das Problem. Es gibt zu wenig qualifizierte Menschen. Wir brauch viel mehr Sonderpädagogen, aber an der Uni, an der ich studiert habe ist der NC zur Zeit bei 1,4!( Wenn es damals so gewesen wäre, hätte ich bis heuten keinen Studienpatz :lol: ). Auch der Markt (ich kann nur für NRW sprechen) ist leer und Schulen finden kaum noch Sonderpädagogen. Viele neue Sonderpädagogen möchten auch erstmal gar nicht in die Inklusion, da sie noch zu wenig Erfahrungen haben.
LG Basket
Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit! (Sören Aabye Kierkegaard)
Maca
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Maca »

@basket
Würde es dich denn nicht reizen in einem hochqualifizierten Team an einer Regelschule mit inkludierten Kindern zu arbeiten und zu sehen mit welcher Selbstverständlichkeit Kinder das annehmen ,was sie ERLEBEN?

Ich weiß ja das die Vorraussetzungen momentan noch nicht optimal passen,aber wenn ich von einem NC von 1,4 im Fach Sonderschulpädagogik höre,denk ich wieder,das ist systemimnanent so gewollt und DAS ist meiner bescheidenen Meinung nach einfach falsch!

@Rabaukenmama
An dem Gymnasium meiner Tochter gibt es seit ca. 5 Jahren den Inklusionsschwerpunkt 'Höreinschränkung'.
Ich glaube viel Erfahrung haben die nicht,jedoch gibt es in der Parallelklasse meiner Tochter ein Mädchen ,welches nach einer schweren OP sehr stark höreingeschränkt ist.
Diese bekommt wohl zur Zeit drei mal die Woche für fünf Stunden eine dolmetschenden Schulbegleiterin,ansonsten bekommt sie 'extra aufbereitetes Lernmatrial' und die Eltern sind in enger Zusammenarbeit mit dem Klasenlehrerteam.

Die Kleine war letztes Jahr Preisträgrin beim Mathekänguru,ist super integriert und offizielle Streitschlichterin. :D
Bliss
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Re: Inklusion an Schulen

Beitrag von Bliss »

Maca hat geschrieben: Inklusion ist teuer,aber machbar,das scheint hier ja hier fast allgemeiner Konsens zu sein.
Das Problem ist halt, dass überhaupt nicht geplant ist, dafür Geld in die Hand zu nehmen. Stattdessen wird über das Einsparpotential nachgedacht, wenn man Förderschulen schließen kann.
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