Erleichterung und das grosse Aber...

Probleme und Lösungen für den Schulalltag
Sabine G.
Dauergast
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Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Sabine G. »

Hallo allerseits,

viele von Euch werden diese Tage in D die ersten Elternsprechtage durchleben. Da zeigt sich dann zumindest die grobe Richtung des Schuelerhalbjahrs mal schwarz auf weiss.
Eigentlich darf ich mich zu denjenigen zaehlen, die danach einmal tiiiief durchatmen duerfen und einen dicken Stein vom Herzen pfluecken und am Wegesrand hinter sich lassen duerfen.
Notentechnisch ist meine Tochter rundum im gruenen Bereich.
Uffz.

Dennoch darf ich in 2 Wochen zum Eltergespraech auflaufen - wegen der sozialen Probleme. Sollte ich einen Tipp abgeben, dann vermute ich nicht grundlos, dass Lena an diesem Gespraech zwar koerperlich teilnehmen wird... aber vermutlich wird sie den leichten Silberblick aufsetzen, der Unerreichbarkeit signalisiert.
Meine Tochter wird gemobbt. Ja glaube bloss keiner, dass sie davon hier zu Hause erzaehlen wuerde, noe. Das scheint ihr zwar im Unterricht unangenehm zu sein - aber sobald sie in den Bus steigt, ist sie wiedervereint mit ihrer Freundin ( noch eine Klasse ueber ihr) und kommt pfeifend hier zu Hause an.

Nun vermute ich unschwer, dass es hier bestimmt aehnlich Betroffene gibt. Ich halte es fuer von uns aus ziemlich schwer da irgendwie einzugreifen?! Ich bin mir auch nicht sicher, ob Lena das in dem Maße wichtig ist, wie es den Lehrern wichtig ist. Was ja freut, aber eben...
Ich kann mein Kind kein Kopf groesser machen. Es ist ja nicht gerade so, dass es ihr an Selbstbewusstsein fehlen wuerde. Eher im Gegenteil. Sie hat ja die Gewissheit, dass 2 Psychologen sie da sahen, wo sie heute ist. Sie hat Eltern, die ihr in einer Tour sagen, dass sie dahin gehoert. Und sie hat Lehrer, die alle in das gleiche Horn blasen: Sie ist dort auf dem Gymmi richtig. Was die Noten auch eindeutig zeigen.
Und dennoch zieht`s ihr die Fuesse weg, wenn ein anderes Maedel zu ihr sagt: Du bis nicht gymnasialgeeignet.
Mund zu, dekorative Traenen und uebrig bleibt ein verschlossenes Maedel, das auch im Unterricht keine Silbe spricht. Um es am nachmittag zu vergessen und am naechsten Morgen wieder voller Elan zur Schule zu ziehen.

Nachdem ich die Schulsituation nicht aendern kann, frage ich mich, ob ihr mehr damit gedient sei anderswo Freunde zu finden. Sprich doch auch Kontakt zu anderen besonders intelligenten Kindern in leidlich erfahrbarem Rahmen zu suchen.

Was mein Ihr?

Viele Gruesse
Sabine
Gela
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Re: Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Gela »

Noch mal, Sabine, wie alt ist deine Tochter eigentlich?

Lg Gela
Sabine G.
Dauergast
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Re: Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Sabine G. »

Sie ist 9 - aber meine Toechter sind beide eher zierlich und klein.
Gela
Dauergast
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Re: Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Gela »

Naja, der Entwicklungsunterschied (allgemein) zwischen 9- und 10-Jährigen ist oft ziemlich enorm, weil genau in dem Alter ein markanter Entwicklungsschub passiert, oft Vorpubertät genannt. Den hat deine Kleine in Gegensatz zu den meisten ihrer Schulkolleginnen noch nicht durch, was sich in einem deutlich kindlicheren Verhalten wahrscheinlich zeigt. Und ihre Klassenkameradin sagt: "Du bist nicht gymnasialgeeeignt!" Was nichts anderes heißt, als "du passt (noch)nicht zu uns!"
Was tun? Vorschlag:"Täuschen und Tarnen!" Größe und Erwachsensein durch Kleidung, interessante neue Schulsachen, neue Frisur, durchsickern lassen, wie cool doch die große Schwester ist, und der süße Junge vom Nachbarn geht doch bei auch bei Euch aus und ein,....
Mit der guten Freundin eine Klasse höher mal ins Einkaufzentrum, ein Glas (Cola) trinken, strategisch optimal, wenn sich die andren dort treffen, die neuesten Filme anschauen, mal auf ein hippes Konzert gehen....

Deine Kleine ist noch zu jung dafür? Die ist auf jeden Fall alt genug, um intellektuell mit ihren Klassenkameradinnen mithalten zu können. Jetzt muss sie zeigen, dass sie auch sonst dazugehören kann.

Mir stellen sich auch die Nackenhaare auf, aber ein wenig mitspielen im gesellschaftlichen Chor muss einfach sein.

Vielleicht ein wenig überspitzt, aber zum Nachdenken.

Gela
Sabine G.
Dauergast
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Re: Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Sabine G. »

Hallo Gela,

das hast Du sehr anschaulich erklaert. Das wird sicher noch erschwert durch diejenigen, die da schon 11 sind - es ist ja in D nicht gaenzlich unmodern die Einschulung hinaus zu zoegern, weil Kind ja noch Kind sein duerfe ect.
Lena selbst ist bei der Umfrage in der Klasse ( mit Altersangabe, Danke) selbst aufgefallen, wie jung sie ist. Das wird den anderen auch nicht verborgen geblieben sein.
Etwas weiteres bringt uns aber bei Deinen sehr guten Vorschlaegen ins Trudeln.... wir sind eben vom Land. Lena faehrt weiiiiiit bis zum Gymmi. Und sie ist auch die einzige ihrer Klasse, die dort ist - sie zehrt also nicht von bereits bekannten Gesichtern. Dass ausgerechnet ihre Freundin von schraeg gegenueber dorthin faehrt - liegt wohl wieder mit an meiner grossen Tochter, die seinerzeit den Reigen der Fahrschueler dorthin anfuehrte. Und wir konnten auch wirklich nicht klagen, es ist eine gute Schule. Voellig aufgeschmissen sind wir indes, wo sich jene Kinder wohl nachmittags treffen. Und die grosse Tochter ist bereits im Studium in Muenchen - das ist auch nur noch von der Ferne aus cool. Und einen hiesigen hat die Grosse auch nicht zum Freund ;-)
Voellig identisch zu Deinen Vorschlaegen habe ich schon gehandelt, als ich sie einschulte. Den ersten Tag haben wir einen dezenten schwarzen Rucksack genommen und kritisch den Blick in die Runde geworfen... wie sehen die Mode und die Schulsachen dort aus?! Es scheint ein enormes Modebewusstsein zu herrschen. Welcher 4 you Rucksack cooler ist als der andere ect.
Harrschniit - da wird Lena blocken. Sie hat sich extra die Haare lang wachsen lassen wollen. Mich nerven die zwar tierisch - weil sie alle naslang dran rumspielt. Da ich aber selber als Kind keine langen Haare haben durfte, moechte ich nicht ebenso regide reagieren - mit ungewissem Erfolg. Zumal ihre Frisur eh nie sitzt wie man sich das denkt oder erhofft. Schaut immer aus, als sei sie durch den Sturm gegangen. Ich vermute, ein Vorfahr von uns wird nicht ohne Grund "Krus" geheissen haben ( norddeutsch fuer kraus).
Aufs hippe Konzert waeren wir gerne gegangen. Aber das geht aus der Erfahrung nur, wenn bestuhlt ist. Sonst wird so ein kleiner Stoepsel schlicht ueberrannt. Das war zuletzt leider nicht Fall.
Ich werde Ihr das mit dem "Taeuschen und Tarnen" nochmal erklaeren. Vielleicht versteht sie das besser als meine Erklaerung ;-)

Ich danke Dir! Es ist wirklich hilfreich, wenn man mal sein Herz ausschuetten kann!

Viele Gruesse
Sabine
Gela
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Re: Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Gela »

Also du hast ja deine Hausaufgaben mehr als erfüllt, weitere Soforthilfe, wie sie bei uns geholfen haben - Playstation, 3 neue Spiele und die wichtigsten Klassenkameraden einladen - hilft dann auch nicht weiter.
Was fällt eigentlich deiner Kleinen zu dem Thema ein?
Ich musste ja zähneknirschend akzeptieren, dass meinem Großen völlig egal ist, ob er akzeptiert wird oder nicht. Er hat sich ja mit der Zeit eine sehr solide Position in der Klasse geschaffen....

Lg Grüße Gela
Sabine G.
Dauergast
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Re: Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Sabine G. »

Genau so vermute ich es auch - der Zug ist meines Erachtens schon abgefahren und es bleibt nur den Zustand zu akzeptieren. Auf die Frage, was sie in der Pause macht, wenn die anderen kein Wort mit ihr reden, sagte sie prompt: Sie streiche durch die Gaenge. Was sie am meisten stoert ist wohl, dass bei jeder Wortmeldung in der Klasse von ihr prompt ein abfaelliger Kommentar jenes "harten Kerns" kommt, der sich wohl vorgenommen hat sie von der Schule zu mobben. Mit einem schiefen Grinsen meinte sie aber prompt, dass jene noch nie eine Note besser gehabt hatte ( selbst die 6 in Deutsch war immerhin gleich) als sie. Das unterstuetzt meine Theorie, dass da der blanke Neid hinter steht.
Ebenso hat Lena mit einem leichten Laecheln bestaetigt, dass ihr das Zusammensein mit ihrer Freundin SEHR wichtig ist. Und dass diese Freundschaft ihr im Grunde genuegt.

Mich dagegen.... belastet es sehr.

Viele Gruesse
Sabine
Gela
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Re: Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Gela »

Hallo Sabine,

Ich weiß ja sehr genau, was es heißt Aussenseiter zu sein, und wie mir scheint, weißt du das auch, sonst könntest du die Situation sicher leichter nehmen.

Zum Thema vorrausschickend: Ich bin ja selbst getestet, zum ersten mal mit 17, zufällig im Rahmen einer Berufsorientierung, die flächendeckend in Form eines IQ-Tests stattgefunden hat. Sage ich nur, um vielleicht zu erklären, was in einem HB-Kind vorgehen KANN(!).

Soweit ich mich einnern kann, war ich schon immer einen Tick zu schnell, beim Spielen, beim diskutieren, in der Schule .... . Das kommt zum Teil so rüber, als wolle man immer die Führung übernehmen, oder man macht nicht überschaubare Gedankensprünge, oder hat überhaupt kein Interesse an anderen.
Keine der Erklärungsmöglichkeiten macht besonders sympatisch.

Auf der anderen Seite ist es irrsinnig mühsam, das eigene Tempo zu bremsen, Dinge , die im Kopf so selbstverständlich ablaufen, immer wieder zu artikulieren und zu erklären, verleidet einem selbst den Spass an der Auseinandersetzung und der andere merkt das auch.

Und wenn man so schnell, häufig oberflächlich und unreflektiert Schlüsse zieht, macht man Fehler und weil man in Gedanken ja schon drei Schritte vorne ist, ist es auch sehr schwer auf Gegenargumente einzugehen, weil einen das ja im "vollen Lauf" stoppt.

Dazu kommt der Neid, weil alles scheinbar so leicht geht und man sich im Vergleich zu den anderen nicht bemühen muss, und wenn dann wie bei mir eine strikte Verweigerungshaltung herrauskommt, (kein offensichtliches Mitmachen in der Schule, keine Hausaufgaben, kein Lernen,...) und trotzdem die Zensuren zumindest immer ausreichend sind und man zudem noch bei den wirklich schwierigen Aufgaben glänzen kann, weil´s einmal interessant wird....

Auf der anderen Seite ist es irrsinnig schwierig, wenn man ein Gehirn hat, das darauf programmiert ist ständig möglichst viele Einflüsse in Verbindung zu bringen, sich auf einen klaren, schon bekannten Lerninhalt zu beschränken und vielleicht noch auswendig zu lernen.

Das ist in der Schule so, aber auch in der Auseinandersetzung mit anderen. Eine Zeitlang kann man das umgehen, indem man sich mit Älteren auseinandesetzt. Das funktioniert aber nur zum Teil, weil die einfach in ihrer Gesamtentwicklung schon weiter sind und Neurotransmitter das eine und Hormone was ganz anderes sind.

Und dann gibt´s auf einmal die Freundin, mit der es funktioniert, die es hinnimmt, dass man sich gedanklich mal versteigt, die kein Problem damit hat, mal zu sagen, "he , da komm ich nicht mit". Oder einen mal ganz selbstverständlich auf den Boden der Realität zurückholt und , was wohl auch ganz wichtig ist, immer mal Paroli bieten kann.
Dann werden die anderen ziemlich egal, dabeisein wäre wohl ganz nett, aber im Grunde wirklich wichtig ist es nicht.

Viele HB-Kinder schaffen es über lange Zeit, sich aus gängigen Wertsystemen zu lösen, in denen der eigene Wert über an der Akzeptanz der anderen abgelesen wird, nur wir als Eltern schaffen es oft nicht und belasten die Kinder und uns oft unnötig.

Hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen
Lg Gela
Gela
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Re: Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Gela »

Ach ja und noch was - weil ich denke, dass sich Kinder Ehrlichkeit verdient haben - du kannst deiner Tochter ruhig sagen, dass sie nach allgmeinen Richtlinien nicht ins Gymmi gehört, aber auch, dass das für sie nicht gilt, weil sie was ganz besonderes ist.

Lg Gela
Sabine G.
Dauergast
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Re: Erleichterung und das grosse Aber...

Beitrag von Sabine G. »

Hallo Gela,

das hast Du sehr schoen erklaert ;-)
Mir tut es zwar einerseits weh - andererseits habe ich auch schon einen "Haken dahinter" gesetzt, schlicht auch, weil ich nichts tun kann. Aber das Elterngespraech wurde sozusagen von der Schule einberufen und so werde ich mich damit wohl noch auseinander setzen muessen. Mich stoert aber ehrlich gesagt, dass Lena dabei sein soll. Ob das so taktisch klug ist... da habe ich gewisse Zweifel. Mich wuerde nicht wundern, wenn sie messerscharf daraus schliesst, dass sie das Problem ist. Wobei - vielleicht ist es ja auch Zeit fuer diese Erkenntnis. Und ich habe vermutlich so ein schlechtes Gewissen, weil ich ihr - naiv wie ich war - vor der Einschulung dort noch den Mund waessrig gemacht habe. Dort findest Du bestimmt Maedchen, die aehnlich ticken wie Du. Mensch, war ich bloed!

seufzend
Sabine
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