sinus hat geschrieben:
Der Wille ist ihrerseits scheint mir jedenfalls durchaus da, keine 3en auf dem Zeugnis war auf ihr Selbstbewusstsein formuliertes Ziel am Schuljahresanfang und sie ist unzufrieden, dass es nicht klappen wird.
Sie will selbst also schon gute Zensuren haben, aber sie weiß nicht wie und was sie dafür tun muss bzw. verschiebt alles bis spät in den Abend, wenn ich Zeit habe, dass ich ihr ggf helfen kann.
Den Nachmittag ohne mich verbummelt sie komplett. Das war schon in Klasse 3/4 so (wo sie nicht mehr in den Hort wollte und ging), aber da machte sich das eben schulisch nicht bemerkbar.
So funktioniert das derzeit jedenfalls für uns beide nicht.
Sie müsste an sich ihr Schulzeug und Instrument nachmittags erledigen, dass der Abend hier entspannt laufen kann.
Ich hoffe momentan, dass sie irgendwann bald mit meiner Begleitung momentan dann evtl. selbst bald weiß, wie es geht, aber erstmal braucht sie da ganz klar Unterstützung.
Jemanden, der ihr sagt: so, und jetzt setzt du dich hin und machst erstmal Schulaufgaben, wenn du was nicht verstehst machst du XYZ oder recherchierst daunda noch mal nach; dann Ranzen packen, ggf ausmisten; Instrument üben... DANN kannst du bummeln und evtl. können wir dann ja sogar noch zusammen einen Film schauen...
(bisher hab ich diesen Arbeitsplan immer nur "aufgegeben", und wenn ich heim kam, 18 Uhr oft erst, hungrig, Essen und Instrument mit der Kleinen musste auch noch sein, hatte sie mit dem Schuhkram noch nicht mal angefangen: "Ups, der Nachmittag war so schnell vorbei. Aber Mama, ich krieg das allein eh nicht hin, das in Mathe musst du mir bitte nochmal erklären..."
Ich denke mal ein 11jähriges Kind kann seinen Tagesplan schon selbst einteilen. Und es kann ja auch sein, dass deine Tochter den Nachmittag "verbummelt" weil sie es einfach als Regenerationszeit nach einem anstrengenden Schul-Vormittag braucht. Deine Tochter ist selbst einsichtig, dass es klüger wäre, den Schulkram am Nachmittag zu erledigen. Wenn sie es trotzdem nicht tut weist das für mich darauf hin, dass sie es eben zu dem Zeitpunkt nicht schafft.
sinus hat geschrieben:
Alles in allem - sie ist willig, aber es fehlt ein bisschen "Aufsicht" und Lenkung. Mit 11 ist es wohl auch tatsächlich noch zu viel verlangt, dass sie sich völlig allein organisiert.
Das ist mir inzwischen klar geworden. Da es in der Grundschule alles auch so ging, hab ich einfach nicht damit gerechnet, dass ich da jetzt plötzlich gefragt sein könnte bzw ich dachte, es habe daran gelegen, dass sie das alles allein klarkriegt.
Aber sie hatte damals eben auch nicht die selben Herausforderungen zu meistern. Schulisch GAB es einfach keine Herausforderungen, nicht im Schulalltag und erst recht nicht in der Freizeit. (Ihre Grundschule ist hier dafür bekannt, dass es kaum Hausaufgaben gibt).
Ich sehe es konträr: es ist doch toll, wenn deine Tochter selbst Verantwortung für ihre schulischen Aufgaben trägt. Das, was sie WIRKLICH stört, wird sie ändern. Das, was ihr zwar nicht ganz recht ist, aber doch nicht wert, sich für eine Änderung sehr anzustrengen (subjektiv gesehen), wird sie laufen lassen. Da werden ihre und deine Prioritäten vermutlich unterschiedlich sein. Ein bisschen Aufsicht und Lenkung kann da durchaus hilfreich sein, solange es deiner Tochter auch so recht ist.
Aber ich glaube, dass Druck deinerseits langfristig was bringt. Natürlich ist es mal einen Versuch wert. Aber so, wie du die Situation beschreibst, wird es vermutlich nicht funktionieren. Und was wäre der "Erfolg" wenn ein Kind, welches eigentlich gewohnt ist, selbst für die schulischen Dinge verantwortlich zu sein, diese Verantwortung wieder an die Mutter abgibt? Mir kommt das ein wenig so vor, als würde man einem Kind, welches stilistisch etwas falsch, aber trotzdem gut schwimmt, wieder Schwimmflügerl anziehen, damit es seinen Stil verbessert...
sinus hat geschrieben:
Anfang des Schuljahres, als ich ihr sagte, sie muss hinfort ggf jeden Tag eine halbe bis Stunde am Tag für Schulaufgaben und Hefter durchgehen etc einplanen, war sie völlig konsterniert: "IN MEINER FREIZEIT ETWAS FÜR DIE SCHULE TUN? Wieso DAS denn??? Und das jetzt die ganzen kommenden Jahre? WIRKLICH?" fragte sie mich ganz ernsthaft erschrocken.
Das hätte von meinem Sohn sein können

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sinus hat geschrieben:Auch darum denke ich, dass diese Grundschule für meine Kleine wohl nicht die beste Wahl ist. Sie hat die Große nicht nur die Motivation gekostet, sondern sie auch null vorbereitet.
Ach sinus, ich weiß wirklich nicht ob das an der Grundschule liegt. Aber ich muss auch zugehen, kein richtiges "Problemverständnis" zu haben, wenn eine Kind beim Übertritt ins Gymnasium vereinzelt mal eine 4 als Formnote hat und 2 "befriedigend" im Halbjahreszeugnis bekommen wird.
Ich wäre sehr, sehr froh und dankbar, wenn ich von meinem Sohn in einem Jahr ähnliches berichten könnte, und das meine ich komplett ernst

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Mit mir ging ein ähnlich kluges und ähnlich faules Mädchen in die Grundschule mit ähnlichem Zeugnis in der 4. Klasse (lauter Einser und 3 Zweier). Sie kam ins Gymnasium, ich in die Hauptschule. Mit ihrer laschen Arbeitshaltung hatte sie in den ersten beiden Gym-Jahren massive Schwierigkeiten. Und damit meine ich etliche 4er und 5er auf Arbeiten und auch 4er im Zeugnis. Dann hat sie eigenständig lernen "gelernt". Statt Oberstufe hat ist sie auf eine andere höhere Schule gegangen. Da war sie schon wieder Vorzugsschülerin. Maturiert hat sie mit Notendurchschnitt 1,3.
An anderer Stelle habe ich es bereits geschrieben: man weiß immer nur wie das ausgegangen ist, was man ausprobiert hat. Die meisten Grundschulen, die ich kenne, machen nicht viel Druck und kluge Kinder sind dort eher unterfordert. Da muss man schon bewusst eine Schule mit aussuchen, die sich "Zucht und Ordnung" auf die Fahnen schreibt, wenn man was anderes will. Und ob das dem Kind gut tut, weiß man auch wieder nicht.
sinus hat geschrieben:
In den letzten großen Ferien hatte ich ihr übrigens öfter mal einen Pflichtenzettel zum Abarbeiten geschrieben. Sowas wie Aufwasch machen, Müll rausbringen, Tiere füttern/ausmisten, Blumen gießen etc. – Kleinigkeiten, die sie gut in einer halben bis Stunde erledigen kann.
Sie ist dann immer direkt wenn ich zur Arbeit bin aufgestanden und hat zügig und ordentlich alles abgearbeitet, damit sie danach Freizeit hat.
Das hat echt gut geklappt. (Und ich hatte den Eindruck, dass es ihr sogar gefiel "was geschafft" zu haben)
So habe ich es jetzt auch schon mal probiert. Sie erledigt dann auch die aufgeschriebenen Aufgaben, aber alles Schulische lässt sie bis zum Schluss.
Das zeigt mMn sehr deutlich, dass es nicht an der Arbeitshaltung an sich liegt, sondern dass sie Erholungsphasen dazwischen braucht (und ich rede von Stunden, nicht von Minuten), um sich für Schulkram aufraffen zu können.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)