Hallo aus Wien

Einfach nur über sich und seine Kinder erzählen
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bgl
Beiträge: 3
Registriert: Di 8. Mär 2011, 23:55

Hallo aus Wien

Beitrag von bgl »

Hallo,
ich lese schon seit einiger Zeit Eure Beiträge und muss gestehen, daß sie mich schon des öfteren aufgebaut haben :D
Ich bin 34 und habe einen 5 jährigen Sohn, Benedikt. Er ist ein sehr fröhlicher, irrsinnig aktiver kleiner Kerl, mit großem Gerechtigkeitssinn, und sehr viel Individualität und mir manchmal schon ein bißchen zu selbständig.
Begonnen haben unsere Probleme eigentlich erst im Kindergarten, der rückblickend wahrscheinlich nicht die ideale Wahl für ihn war- er war damals noch nicht trocken und hat auch noch kaum gesprochen- lt. Erzieherinnen im KIga kein Problem, werden sie hinbekommn- dem war nicht so (haben den starken Willen meines Sohnes unterschätzt) und ich mußte mir schon nach kurzer Zeit anhören daß er sozial auffällig ist und sie in 20 Jahren noch nie so ein Kind hatten (Folge war daß ich jedesmal beim Betreten schon Magenkrämpfe bekommen habe, was mich wieder erwartet). Im Laufe seiner Kigazeit haben sich 2 Probleme entwickelt mit denen wir bis jetzt zu kämpfen haben, er hat nach einer Trockenperiode von ca. 1/2 Jahr wieder begonnen einzunässen, mit steigender Häufigkeit und derzeit halten wir bei täglich am Tag und in der Nacht (und zwar nicht nur ein paar Tröpfchen sondern voll...)- eine Situation die uns alle sehr belastet. Das zweite ist, daß er sich bewußt dumm stellt und sein Potential nicht sehr oft zeigt ( dies scheint auch mit einem extremen Perfektionismus vergesellschaftet zu sein)- wir haben uns versucht aufgrund dieser Probleme an eine Psychologin und einen Kindercoach zu wenden, aber irgendwie noch ohne konkrete Lösung.
Was kann ich noch zu Beni sagen- was mir auffällt ist, daß er in seiner Ausdrucksweise und in seinen Interessen und Gedanken seinem Alter voraus ist, er beobachet irrsinnig genau, hat er immer schon, alles wird hinterfragt und analysiert, erinnert sich an Situationen od. was auf irgendeinem Schild abgebildet war noch nach 1 Jahr oder länger, merkt sich die Dinge extrem schnell, ist eigentlich nur wirklich er und entspannt wenn er mit Erwachsenen oder älteren Kindern zusammen ist, bei Gleichaltrigen mutiert er zum kasperlnden Dödel, auch in Ausdrucksweise etc. (wie ein Schauspieler).
Ich stelle auch fest, daß hier in Wien Begabtenförderung nur ein Schlagwort ist, man aber im Grunde allein gelassen ist und laufend von Überforderung, aber nie v. Unterforderung gesprochen wird.
So, jetzt habe ich leider viel zu lange geschrieben, aber das tat mal wirklich gut,
Lg, Birgit.
PippiL.
Dauergast
Beiträge: 172
Registriert: Sa 4. Sep 2010, 20:53

Re: Hallo aus Wien

Beitrag von PippiL. »

Herzlich Willkommen!

Vielleicht hast Du ja auch mein Posting über meine Tochter (wird im Sommer 5) gelesen. Sie ist Nachts nicht trocken - in den Ferien allerdings schon. Wie verhält es sich denn bei Euch in den Ferien?

Meiner Tochter geht es sonst zur Zeit gut - sie ist mit ihren Nachmittagsaktivitäten gut beschäftigt. Da wurde mir dann auch schon Überforderung an den Kopf geworfen. Meine Maus möchte aber all das machen - und ist seitdem viel zufriedener.

Das Thema Kindergarten ist einfach schwierig... Ich hoffe, Ihr bekommt hier noch viele Tipps und Anregungen.

Liebe Grüße
PippiL.
bgl
Beiträge: 3
Registriert: Di 8. Mär 2011, 23:55

Re: Hallo aus Wien

Beitrag von bgl »

Hallo PippiL,
danke für den netten Willkommensgruß, nein, Deinen Beitrag habe ich leider nicht gelesen, aber es hat mich schon sehr beruhigt zu sehen, daß hier viele mit einnässen kämpfen. Bei Beni haben wir schon einiges an Tricks probiert und ich habe mir auch schon den Kopf zerbrochen über mögliche logische Erklärungen, es hat sich bisher bei ihm kein signifikanter Unterschied zwischen Ferien oder Kiga feststellen lassen noch sonst auf irgendwas. Mittlerweile bin ich der Meinung, nachdem er bis zu einem gewissen Grad bewußt steuert ob er nachts einnäßt, soll heißen wenn er meint er tuts nicht, dann passierts auch nichts, daß der Wille zwar da ist und in einem gewissen Umfang auch umgesetzt werden kann, allerdings in ihm aufgrund einer gewissen problematischen Grundsituation ein Druck drin ist der nur so entweichen kann- versuche nun, hier das Problem an der Wurzel zu packen. Wir beschäftigen ihn im Freizeitbereich wo es geht (Eishockey, turnen, Geige, Englisch, etc.), aber irgendwie hab ich das Gefühl, das läuft so nebenher und er sucht sich immer noch was. Es war bei uns jetzt auch so, daß wir Anfang Januar den Schulreifetest hatten, wo er sich diesmal durch eine motivierende Direktorin nicht dumm gestellt hatte (mein geflügeltes Wort war immer: Er kanns eh, er zeigts und machts nur nicht immer- da bin ich mir eh schon oft blöd dabei vorgekommen...)- das hatten wir bei dem ersten Test 2 Monate davor sodaß wir uns rasch nach einer anderen Schule umsehen mussten-jedenfalls meinte die Direktorin der jetzigen VS er ist im Kiga unterfordert und sollte unbedingt in die Vorschule wechseln, das haben wir mit Februar auch getan und es war eine Freude zu sehen, mit welcher Motivation er die ersten Tage hinging. Hat sich zu Hause gleich über seine Mathe/ Deutschbücher 1. Klasse, die wir schon früher besorgt hatten gestürzt und ich musste echt bremsen- nur hatte er bald raus, daß Vorschule nicht Schule ist und nichts mit lesen/ rechnen und schreiben. Meine Theorie ist nun daß er diesen zusätzlichen Frust jetzt vielleicht auch durch das plötzliche Einnässen am Tag rausläßt? Natürlich möchten wir, daß er auch schulisch entsprechend gefördert wird, aber nur weil ich das als Mama sage würde ich nichts als schiefe Blicke ernten- austesten ist bei seiner Macke mit dem dumm stellen nicht so einfach, also hat man nicht viel in der Hand zum argumentieren um ihn aus dem Zustand rauszuholen. Die erste Psychologin im KIga hat uns unterstellt daß wir ihm zuviel Leistungsdruck machen, die jetzige, die auch Begabung/ Hochbegabung als Spezialgebiet hat (habe aber hier nur die 2 aktuellen Probleme zur Thematik gemacht)
hat nach glaube Hawik IV gemeint sie sieht auch, daß er sein Potential nicht zeigt, Test nicht aussagekräftig, sehr hohe Merkfähigkeit und er denkt zu kompliziert... Werde sie bei unserem nächsten Gespräch mal darauf ansprechen, bisher hat es nur geheißen sozial/ emotionale Teilleistungsstörung.
Lg, Birgit
alibaba

Re: Hallo aus Wien

Beitrag von alibaba »

Hallo Birgit,

was macht denn dein Son zu Hause? Stellt er sich da auch dumm?

Ich kann Dir nur berichten, das mein Großer, 6 1/2 1.Klasse, sehr motiviert in die Schule gegangen ist. Nach 3 Wochen konnte er lesen, Mathe ist eh kein Thema und in die Schreibschrift kniet er sich jetzt rein. Das er sich da grundsätzlich verweigert hätte, so nach dem Motto, ist ja nichts, lern ich nichts - das macht mich bei deinem Sohn etwas stutzig. Eigentlich stürzen sich kluge Köpfe auf solche Angebote.

Ihr hattet schon einen Test? Schreib mal mehr darüber. Wie äußern sich die sozial/emotionalen Defizite?

Begabtenförderung? Wie stellst Du die Dir denn vor? Und, wenn sich dein Sohn wie ein Kasper benimmt, wird er es schwer haben. Meiner kaspert nur im Unterricht, sobald es interessant wird, hört das auf. Was sagt denn die Lehrerin? Wie zeigt dein Sohn denn sein Potential? Ich habe erst einmla viele Fragen.

Und verwende Bitte Umbrüche und Leerzeilen. Das macht das lesen einfacher. ;)

VG
bgl
Beiträge: 3
Registriert: Di 8. Mär 2011, 23:55

Re: Hallo aus Wien

Beitrag von bgl »

Hallo Alibaba,

freu mich immer über Fragen!

Also zuhause stellt er sich natürlich nur teilweise dumm, er verfolgt schon konsequent seine Interessen und sucht sich die Inputs, oft aber, wenn Du als aufmerksame Mama dann versuchst, ihn dabei zu unterstützen oder zu fördern, scheint er manchmal dann mit Dir zu spielen bzw. mit den Antworten, die Du von ihm erwartest (tw. wie ein Art Machtspielchen- weiß genau, dass Du das jetzt von mit hören willst, ich will aber nicht und stell mich schauspielerisch in allen auf dumm, weiß ich nicht, kann ich nicht).
Als er noch klein war, hat er glaub ich noch eher unbewußt sein Potential mehr hergezeigt, vielleicht durch negative Kommentare v. außen od. Erlebnisse fällt mir jetzt auf, dass er sehr genau abwägt wann er sein ,Fensterchen öffnet’.
Das kann aber im täglichen Bereich sehr oft seeeeeeeehr anstrengend und hemmend sein, wenn er so blockiert.
Das sind z.B. ganz harmlose Sachen, wo er so tut, als ob er plötzlich nicht mehr ,weiß’ wie man einen Buchstaben schreibt oder ein Wort (Groß u. Kleinbuchstaben konnte er mit 3-4 Jahren ohne Mühe, eher so nebenher) nur um am nächsten Tag dann wieder mit Eifer und ohne Probleme ein Kreuzworträtsel zu lösen.
Man kommt sich da sehr veräppelt vor und muß dann immer sagen: ,Er weiß es eigentlich, er machts halt im Moment nicht’- komme mir dabei regelmäßig blöd vor, so wie früher Eltern meiner Klassenkollegen, die schlechte Noten nur damit entschuldigt habe, dass das Kind halt am Fach nicht interessiert ist, sonst könnte es eh alles!
Hatte gestern ein längeres Gespräch mit der Psychologin, wo seine Teilleistungsstörung behandelt wird (sozial/ emotional bedeutet bei ihm, dass er Gefühle nicht immer richtig erkennen und auf sich übertragen kann, sie macht da mit ihm viele Spielchen mit div. Gesichtsausdrücken und daraus dann weiterführende Gespräche), und sie hat mir auch bestätigt, dass auch er sie anfangs ziemlich genarrt hat und dass es eher selten vorkommt, dass diese Kinder in Tests nicht ihr Potential zeigen- bei ihm scheints neben anderen Aspekten eben auch an seinem extremen Perfektionismus gelegen zu sein, wo er sich selber unter Druck setzt.

Bezüglich Testungen hatten wir zuerst nur 2 Entwicklungsdiagnostiktests (einer mit 3,4, der andere mit 4,10)- der zweite war sehr inhomogen v. 0-100 alles drin und die damalige Kigapsychologin hat ihn erstmal ratlos zur Ergo überwiesen- die hatte er im Rahmen der Diagnostik auch wieder genarrt und Dinge die er konnte nicht gemacht- musste dann wieder das alte Spiel beim Elterngespräch spielen- er kanns und zeigts nur nicht- die Gute war etwas von den Socken.
Der letzte Test bei der Psychologin wo wir jetzt sind war ein HAWIK (IV glaub ich)- wie schon beschrieben hat sie gemeint er zeigt nicht sein Potential (als Beispiel hat sie eine Aufgabe mit Kuben erwähnt wo er eine logische Fortsetzung bilden sollte, er hatte zuerst nur 4 Aufgaben richtig, dann hat sie ihn nochmals ermuntert und es wurden 10).

Im Moment scheint eben auch Vorschule ein Problem weil er leider davon enttäuscht ist (habs im obigen Beitrag näher ausgeführt)- er findet nicht wirklich Freunde in der Gruppe, und beginnt jetzt die Vorschullehrerin auszureizen indem er immer wieder Spielsachen der Gruppe in seine Tasche steckt, wir hatten diesbezüglich mit ihr schon Gespräche und auch mit Beni gesprochen, aber reizt weiter und weiter- scheint es darauf anzulegen, dass wir auch hier schnell wieder einen negativ- Status bekommen…
Dort wird er sicher sein Potential noch weniger zeigen, weil er sich unterfordert fühlt; ich trau mich aber diese heikle Thematik vorerst nicht anzusprechen, weil ich mir denke, dass man da leider als Mutter sehr oft gleich falsch abgestempelt wird.

Ja, Potential zeigen, für mich war eigentlich das frühe Lesen oder schreiben oder Mathe Interesse nicht so sehr ausschlaggebend, eher Dinge die mich im Alltag in Erstaunen versetzt haben wie
1. Skikurs: Im Kurs hat er sich geweigert beim Schlepplifthang im Pflug runterzufahren und ist somit die ganze Woche am Babyhang geblieben (coole Lehrerin und coole Musik )- zum Abschluß meinte die Lehrerin sie glaubt schon, dass ers kann, aber er machts nicht, vielleicht haben wir mehr Glück… nach anfänglichen Schwierigkeiten und nachdem ich ihm versucht hab Pflug damit zu erklären, dass Skispitzen vorne zusammen und Enden auseinander ist er mit uns mit Tempo, ohne anhalten und hinfallen hinuntergefahren als ob er schon lange fährt. Ging nicht in meinen Kopf wie ich etwas, das ich motorisch nicht über plötzlich kann.
Auch beim Eislaufen war es so- dachte, ich wird mit ihm mal langsam mit den Lernpinguinen anfangen zum Gefühl kriegen, plötzlich läuft er mir am Eis davon, hab ihm noch nie so laufen sehen, Rad fahren gleiche Geschichte.
Oder wir sind auf Straße gegangen und er deutet auf einem mit knapp 3 nach rechts und sagt: Da ist der Arzt drin (gemeint hat er unseren Hautarzt bei dem er einmal als Baby und einmal vielleicht mit 20 Monaten war und dessen Eingang in einer Passage liegt, die ich immer regelmäßig übersehe); er scheint sich alles sofort zu merken (vorausgesetzt er ist aufmerksam) hatte eine Schreibtischunterlage f. ihn gekauft mit Weltkugel und Fahnen (dachte ist f. Geographie mal nützlich)- er wollte mit 4 alle Fahnen wissen und Monate später hat er mir dann sämtliche Länder v. China über Brasilien bis Schweden gezeigt.
Liebt Beni Blu Bücher und auch komplexe Inhalte wie Photosynthese haben ihn nicht abgeschreckt, bei einem Spaziergang im Sommer darauf hab ich ihm das Blattgrün gezeigt und er meinte ja, das Chlorophyll.
Im Moment ist er auch von der Schreibschrift fasziniert und liest gerne meine alten Schulaufgaben aus der 2. Klasse, auch das 1x1 hats ihm angetan- ist halt immer phasenweise, dann sucht er sich wieder was neues...


Begabtenförderung sollte mal nicht nur ein leeres Schlagwort sein (zumindest hier in Wien hab ich manchmal den Eindruck)- Pädagogen sollten viel mehr geschult werden um begabte Kinder als solche zu erkennen und um nicht nur überforderte Kinder entsprechend zu fördern, sondern eben auch unterforderte. Würde mir Lehrer wünschen die den Mut haben auf diese Kinder zuzugehen, um mit und von ihnen etwas zu lernen, um sich so selber weiterzuentwickeln und nicht müde werden immer aufs neue Anreize und Lernmotivation zu schaffen, damit auch die Begabten genauso Teil des ganzen sind wie die Schwachen.

So, damit beende ich mal mein langes Geschreibsel,

liebe Grüße aus Wien,
Birgit.
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