Hilfe für uns und meine Tochter

ganz allgemein zu Kleinkindern, ob nun aufgeweckt, klug oder hochbegabt
Gast_(Ralph)

Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von Gast_(Ralph) »

Guten Morgen, das wird jetzt was länger. Ich hoffe, Hilfe zu bekommen bei der Frage, ob unsere Tochter hochbegat sein könnte.

Unsere Tochter ist 3 1/2, sie wird an Weihnachten 4. Sie ist seit September im Kindergarten, davor war sie ca. 2 Jahre in der Krabbelgruppe. In beiden Einrichtungen gab und gibt es Probleme mit dem Sozialverhalten. Sobald es etwas mehr Kinder werden bzw. der räumliche Abstand zu anderen Kindern klein wird, wird meine Tochter agressiv, Kratz, Tritt und beist bei den kleinsten "Ungerechtigkeiten". Mit größeren Kindern kommt sie sehr viel besser zurecht, ist aber stets sehr fordernd, auch zu Hause. Meine Frau und ich sind richtig verzweifelt, weil sich die anderen Kindern von ihr zurück ziehen. Zu Hause gibt es oft Streit deswegen. Wir versuchen ihr, den Sinn von Regeln beizubringen, ich habe dabei den Eindruck, dass sie es intelektuell zwar begriffen hat, emotional aber nicht umsetzen kann. Wenn es mal wieder Ärger gab, sagt sie dann so Sachen wie "Die Regeln sind gut, aber sooo schwer". Einmal hat sie mir erklärt, dass sie keine Freunde mehr haben will, weil es dann nicht immer Streit gibt. Mit 3 1/2!!!
Weiterhin reagiert sie oft nicht auf Aufforderungen oder Bitten. Wir hatten schon mal gedacht, sie sei schwerhörig, aber wenn es sie interessiert, hat sie ein sehr gutes Gehör. Wenn sie zB mit Ihren Happy People Figuren spielt, habe ich den Eindruck, dass sie mich wirklich nicht hört, weil sie so vertieft ins Spielen ist.
Sie konnte früh sprechen, ich glaube so mit 2, 2 1/4 Jahren haben wir "Ich sehe was ,was du nicht siehst" gespielt. Sie interessiert sich für Naturwissenschaften, schon ab 1 1/2 habe ich mit Ihr im Sprektrum der Wissenschaften zum Einschlafen geblättert. Ich glaube zwar, eher wegen der bunten Bilder, aber sie wollten dann doch immer mal wissen, was ein Protein ist, oder eine Galaxie. Sie hat Spaß an Zahlen und Buchstaben, kann aber nicht schreiben oder rechnen. Wobei sie sich mit 2 oder so dafür interessiert hat, wie ihr Name, Mama, Papa, Oma, Opa etc. geschrieben wird und sie damals auch angefangen hat, das Schreiben ihres Namens zu üben. Das hat sich aber wieder gegeben. Zählen kann sie jetzt so bis 20, das Alphabet kennt sie, zumindest singt sie gerne und richtig das Sesamstrassen-Alphabet-Lied. Farben kennt sie auch gut, unterscheidet auch zB zwischen Rosa, Hell-Rot, Lila, Himmelblau etc. In der Krabbelgruppe hat sie angefangen, sich für Fortpflanzung zu interessieren, und hat sich sehr gerne aus einem Buch "Mama, wo kommen die Kinder her" vorlesen lassen. Hat in der Krabbelgruppe für etwas Unruhe gesorgt, weil sie den anderen Kindern erklären wollte, wie das geht, und dann so Sachen kamen wie "Ich bin ein Mädchen, weil ich eine Gebärmutter habe, und du bist ein Junge, weil du einen Piepmann hast." Und dann hat sie die entsprechenden Körperteil herzeigen wollen.
Sie hatte schon immer Angst vor lauten Geräuschen (nicht Musik). Das geht jetzt so weit, dass sie im Kindergarten die Toilette nicht mehr abspült, weil ihr das zu laut ist. Wenn wir ins Restaurant gehen, will sie gleich nach der Bestellung auf Toilette, um die Spülung zu begutachten. Wenn ihr das dann nicht geheuer ist, geht sie nicht auf's Klo, selbst wenn sie muss.
Zum Abendritual gehört fest, ein Buch zu lesen. Ihre Lieblingsbücher sind Pareys Buch zur Insektenbestimmung, ein Biologielehrbuch für die Gymnasiale Oberstufe und ein Buch über Dinosaurier. Alles mit vielen bunten Bildern. Ich bin aber immer wieder verblüfft, was sie mit dem Vorgelesenen so Anfangen kann. Sie kann uns die Schmetterlingsraupen im Garten mit den richtigen Namen benennen, hat mir erklärt, welche Insekten die verschiedenen Reinheitsstufen von Gewässern anzeigen. Überhaupt finde ich es erstaunlich, wie sie Beziehungen herstellt. Sie postuliert Verwandschaftsbeziehungen zwischen verschiedenen Tieren und Dinos wegen deren ähnlichem Aussehen. Alle ausgestorbenen Tiere sind Dinos; Männer sind hässlich, weil sie keine Röcke tragen, mit Ausnahme der Schotten. Sie versteht logische Gleichunge, etwa alle Fleischfresser sind Tiere, aber nicht alle Tiere sind Fleischfresser. Sie interessiert sich für andere Sprachen, ich soll immer mal wieder ihr deutsche Worte übersetzen, ins Englische, ins Französische etc..

Ich frage mich nun, ob meine Tochter hochbegabt ist, und ob das. evtl. die Erklörung für ihr auffälliges Sozialverhalten ist? Die Kindergartenleiterin will es nicht ausschliessen.

Sorry, dass es ein wenig viel und unstrukturiert geworden ist.


Ralph
aenneli
Dauergast
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Registriert: Mo 1. Dez 2003, 01:00

Re: Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von aenneli »

Hallo,
sicher ist deine Tochter etwas weiter als andere.
Ich habe aber Mühe damit, dass Auffälligkeiten mit einer möglichen HB in Verbindung gebracht wird.
Für mich tönt es so, als brauche deine Tochter mehr und klare Grenzen.
HB ist nicht (immer) gleich Verhaltensauffällig im negativen Sinn.
Grüsse aus der Schweiz
sylvia
Moderator
Beiträge: 181
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Re: Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von sylvia »

Hallo Ralph,
im Gegensatz zu Klaudia halte ich eine HB fuer ziemlich wahrscheinlich. Kann es sein, dass die Kratzerei/Beisserei an einer Furcht vor Kontakt liegen - oder dass ihr der Kontakt einfach zuviel wird, wenn es eng wird? Und wenn sie auf diese Art zu viel Sinnes-"input" hat, ist es fuer sie vielleicht schwer, damit umzugehen.
Koennte das sein? Also genauso, wie zuviel Laerm ein Kind verschrecken kann und zum Ausflipen bringen kann, kann das eben auch Kontakt.
Wie sieht es mit stueckigem Essen aus, Etiketten an der Kleidung, verchieden langen Socken oder asymmetrisch geflochtenen Haaren (wennse denn lang sind...)
Wie gut kannst Du englisch lesen? Wenn gut, koennte ich Dir das Buch "the spirited child" von Kurzinka empfehlen, in dem es nicht um HB geht, aber um Wege und mittel mit starker Sensitivitaet umzugehen. Ein anderes Buch, was ich persoenlich nicht gelesen habe, ist "the out of synch child".

Liebe Gresse von Sylvia
Gast_(Ralph)

Re: Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von Gast_(Ralph) »

Hallo,

nur zwei Antworten, aber genau die, die uns auch von den Erzieherinnen im KiGa gegeben wurden. Klarere Regeln, evtl. HB.

Wie gesagt, viel Gewusel verträgt sich nicht. In kleineren Gruppen geht es besser, aber auch hier wird sie hin und wieder Rabiat, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlt.

In Sachen Essen kann ich derzeit nicht sagen, dass sie irgendwie auffällig wäre. Als Kleinkind hat sie nur das fein pürierte gegessen (wie ihr Bruder jetzt übrigens auch), aber da haben wir uns nix bei gedacht. Gegen Etikette in Kleidern hat sie, soweit ich das sehen kann, auch nichts. Manche Sachen (zB Spitzen am Unterhemd) mag sie nicht, kann ich aber verstehen und finde das nicht auffällig. Und wenn ich mich morgens nicht rasiere, will sie nicht mir mir kuscheln. Auch die Haare an meinen Armen stören sie.

Englisch ist für mich keine Problem, daher Danke für die Buchtips.

Eine Frage hätt' ich noch: ist Begabung/HB eigentlich vererbbar?

Grüße


Ralph
sylvia
Moderator
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Re: Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von sylvia »

Ja!. Ist vererbbar. Nach Deiner Beschreibung koennte es sein, dass die Luette tatsaechlich schwierigkeiten mit der Reizverarbeitung hat - es gibt Kinder, die fast keinerlei Sinnes-Input vertragen koennen. Normale Dinge wie Koerperkontakt oder eben Armhaare sind ihr dann vielleicht zuviel - und eben in einer Gruppe, in der sie nicht entkommen kann, ist Beissen usw dann ihre Flucht - weil der "offender" dann sicher ganz schnell verschwindet.
Der Klassiker fuer sowas (wenn es sich nicht selbstaendig legt) ist Ergotherapie.

Uebrigens findest Du solche intensive Wahrnehmung sehr sehr oft bei HBs.

Liebe Gruesse von Sylvia
Gast_(Ralph)

Re: Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von Gast_(Ralph) »

Ich habe wegen der Vererbarkeit gefragt, weil ich bei IQ Test regelmäßig recht gut abschneide. Je nach Anbieter zwischen 120 (schriftlicher Einstellungstest bei einem Arbeitgeber) und 150 (Internet).
Gast_(Conny)

Re: Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von Gast_(Conny) »

Hallo Ralf,

bin zwar neu hier, muss aber trotzdem meinen Senf dazugeben.
Die Probleme, die Du schilderst kenne ich auch zur genüge. Miene Große 11 Jahre -HB, war zwar mit der Entwicklung nicht ganz so früh dran, aber Ähnlichkeiten sind durchaus erkennbar. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass HB- Kinder noch schärfer und inbrünster die Grenzen austesten als Nicht-HBs (Ich habe noch einen Stöpsel 4 Jahre wa. HB und ein Mittelchen definitiv nicht HB).

Mit dem Kleinen war es die "helle Freude" als er mit zwei Jahren permanent und ständig sämtliche Grenzen ausgetestet hat. Es war schier zum Verzweifeln. Inzwischen ist er ein bißchen gewiefter und macht es versteckter. So machte ich ihm heute seine Bundhose zu, da ich dachte, dass er den schwergängigen Knopf nicht einfädeln konnte. Darauf erkläre er seiner Schwester, die ihn als "Baby" bezeichnete, dass er das sehr wohl alleine könne und im Kindergarten auch tue, aber zu Hause sei er zu faul!!

Diese intensive Wahrnehmung kenne ich auch von allen drei Kindern. Mein mittlerer zieht sich oft zurück, wenn wir Besuch haben und hält sich wie der Kleine übrigens auch oft die Ohren zu. Auch werde ich angemeckert, wenn meine Beinhaare beim kuscheln wieder stacheln.
Das geht sogar so weit, dass der Kleine erklärte, dass er kein Mann werden will, da er diese Haare am Körper nicht haben will.....

Auch kann ich nur bestätigen, dass HB vererbbar ist. (Die Intelligenz ist in einer Familie annähernd gleich verteilt.) Allerdings nur von der mütterlichen Seite (nachzulesen im "Labyrinth"Nr 83-glaub ich).- Also wie siehts mit deiner Frau aus? Denn intelligente Frauen heiraten auch intelligente Männer!

So liebe Grüße aus Mecklenburg
Gast_(Ralph)

Re: Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von Gast_(Ralph) »

Naja, dass unsere Tochter im Kindergarten Dinge kann, die sie zu Hause angeblich nicht kann, weiss ich schon lange. Aufräumen zB, oder am Tisch sitzen bleiben, bis alle mit dem Essen fertig sind.

Wieso soll Begabung nur mütterlicherseits vererbbar sein? Kann ich mir nicht vorstellen, dafür scheint mir der Genotyp dafür zu komplex.
Naja, wie auch immer. Ich habe keine Ahnung, ob meine Frau eine besondere Begabung hat. Für IQ Tests und so Sachen hat sie kein Interesse. Wir passen gut zusammen, hat mich fest im Griff und zieht unsere Kinder großartig auf. ;)

Wir haben einen Termin beim Kinderpsychologen wegen unserer Erziehungsprobleme vereinbart, bei dem ich auch das Thema HB ansprechen will. Ich frage mich blos, was ich mit dem Wissen ob oder ob nicht praktisch anfangen kann. Mit einem "Sie ist halt hochbegabt" helfen wir unserem Kind überhaupt nicht. Irgendwie müssen wir es hinkriegen, dass sie besser mit anderen Kindern auskommt, und sich an die Regeln hält.
sylvia
Moderator
Beiträge: 181
Registriert: Do 1. Mai 2003, 00:00

Re: Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von sylvia »

"Sie ist halt H.B." darf nicht auf die Dauer zur Ausrede werden, wenn irgendwas schieflaeuft. Wenn was schieflaeuft liegt es daran, dass das Kind nicht zur Umgebung/die Umgebng niht zum Kind passt und die Anpassungsfaehigkeit ueberfordert ist.
Das mit muetterlicherseits habe ich auch schonmal gehoert (waere dann X-Chromosom-gebunden/rezessiv bzw auf dem Mitochondrialen Chromosomen) - glaube ich aber nicht. Eher denke ich, dass eine Mutter in der Regel sehr viel mehr Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes hat als der Vater (eben traditionelle Rollenverteilung).
Aber die Forschung ist sich nicht im Klaren wieviel Vererbung (nature) und wieviel Foerderung (nurture) ist - nur, dass beides eine Rolle spielt.

Ich wuerde es schon ansprechen - die meisten Eltern, die testen lassen sind nachher schlauer - vor allem, wenn sich der Tester auskennt (was leider oft nicht der Fall ist) - und koennen besser mit der Situation umgehen (und das heisst eben nicht, Missverhalten mit HB zu entschuldigen, sondern zu verstehen warum und in welchen Situationen das passiert und entsprechend zu agieren)

Gruesse von Sylvia
Rosa
Beiträge: 13
Registriert: Mi 27. Jul 2005, 15:41

Re: Hilfe für uns und meine Tochter

Beitrag von Rosa »

Hallo,

Deine Tochter ist eindeutig HB. Ich finde es zu vorsichtig zu sagen, dass sie "nur evtl." hb ist. Welches "normale" Kind interessiert sich für solche Themen? Und so intensiv?

HB-Kinder sind weiter und die Regel, die für ihr Alter entsprechen, gelten leider nicht für sie. Sie brauchen KLARE GRENZEN und LOGIK in der Erziehung. Ich habe 2, die mich auf die Palme bringen, aber wunderbar sind. :)

Ich gehe regelmässig zur Erziehungsberatung, entweder für normale Kinder oder zur speziellen Beratung für HB-Kinder. Das brauche ich auch für mich selber. Wenn ich die Geschichten höre, dann lerne ich daraus und bin auch froh, dass wir viele sind, die den gleichen Weg machen.
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