Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

mein "kluges Kind" macht mich fertig: negative Erfahrungen und Erlebnisse
Neckri
Moderator
Beiträge: 463
Registriert: Di 14. Feb 2006, 11:51

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von Neckri »

Hallo alibaba,

um eines deiner Beispiele aufzugreifen: es ist durchaus ein Unterschied, ob ein Kind am Straßenrand deswegen an der Hand bleibt, weil es die Gefahren des Straßenverkehrs verstanden hat - oder deswegen, weil ansonsten eine Sanktion droht... Im letzteren Fall lernt die kindliche Emotionsregulation aus solchen Erfahrungen, dass das Leben in der Familie ein permanenter Machtkampf ist... Im ersteren Fall lernt das Kind die gemeinschaftliche Fürsorge um die körperliche Unversehrtheit, wenn auch das Kind auf das Elternteil aufpassen darf... ;)

Wenn ich deine Andeutungen richtig verstanden habe, bist du öfters mit der Niederschlagung von Zwergenaufständen beschäftigt, als es dir lieb wäre. Möglicherweise gleicht inwischen für deine Kinder das Leben einem "Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel", bei dem Mama immer gewinnt... Und wenn sich das Kind naturgegeben dennoch ärgert, droht die nächste Runde dieses Spiels, bei dem Mama immer gewinnt...

Wahrscheinlich kann man als Elternteil nicht immer so ein Spielchen um das Verlieren oder Gewinnen in einer konfrontativen Situation vermeiden, aber gerade dann sollte man auf das Kind zugehen - und nicht Strafen androhen. Es taugen dann vielmehr solche Verhaltensweisen, die man auch bei Brettspielen üben und beherzigen sollte. Wichtig ist das Besprechen von Gefühlen, die auf beiden Seiten durch eine echte oder spielerische Konfrontation erzeugt werden. Dies übt die Empathie, die nun mal zum Verständnis der sozialen Wechselwirkungen nötig ist. Dieses Verständnis ist wiederum das Fundament eines einvernehmlichen Erziehungsstils. Wenn du immer nur die Rolle des "dominanten Chefs" mimst, verbirgst du deine Gefühle ja eher, so dass sich ein einvernehmlicher Erziehungsstil nicht ausbilden kann. Zudem schmälert dies die Kompetenz der kindlichen Emotiotionsregulation, so dass du vermehrt jene unkontrollierbaren Gefühlsäußerungen beobachtest, die du wiederum als Fehlverhalten verbuchst... Jene emotionalen Lernprozesse, die nachher den Erziehungsstil prägen, finden im zweiten und dritten Lebensjahr statt - bei fixen Kindern womöglich auch früher. Danach wird es zunehmend schwieriger, den Stil und die eigene Rolle in der Erziehung zu verändern. Es ist einfach wichtig zu wissen, "dass gerade die Fähigkeit zur Emotionsregulation eng mit den sozialen Beziehungen außerhalb und innerhalb der Familie zusammenhängt. Gerade im Hinblick auf unangenehme Gefühle wie Wut, Traurigkeit und Enttäuschung stellt das Repertoire an Regulationsstrategien eine wichtige Ressource im Umgang mit belastenden Situationen und Konflikten dar." (Link)

Viele Grüße von Neckri
heinerprahm
Dauergast
Beiträge: 536
Registriert: Di 17. Mär 2009, 23:19

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

@ alibaba

Angst als Methode in der Erziehung ist völlig unnötig und obendrein noch höchst schädlich (das haben selbst Hundetrainer bereits begriffen)

Die pädagogische Ambition

Liebe Grüße

Heiner
srndm
Beiträge: 37
Registriert: Di 8. Mai 2007, 15:57

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von srndm »

Also diese Diskussion führt doch deutlich am wahren Leben vorbei!
Bei unserem ersten Kind,das sehr ruhig und vernünftig ist,hätte ich vermutlich Neckri noch zugestimmt...Aber ich habe dazu gelernt.
Kind 2 war auch noch recht pflegeleicht,aber nur freundlich reden kam da auch nicht immer sofort an.
Kind 3 muß viel enger geführt werden,das hat mich total verunsichert und wir haben sehr früh Kontakt zur Erziehungsberatung aufgenommen.Dort wurde uns sogar empfohlen,nicht immer nur zu reden,sondern das Kind bei Bedarf so wie Alibaba das schildert auch "auszugrenzen".
Kind 4 ist wieder anders,eine gelungene Mischung aud Kind 1 und Kind 3....
Also ich würde niemels den einen Erziehungsstil als "falsch" und einen anderen als"richtig" bezeichnen.Das ist von Kind zu Kind und von Familie zu Familie unterschiedlich.


Aber um nochmal auf den Eingangsthread zurückzukommen:KEINES meiner Kinder darf beim Kinderarzt oder sonstwo mit Spielsachen werfen.Und wenn sie ausräumen,dann helfen sie zumindest auch wieder beim Einräumen-je nach Alter und motorischen Fähigkeiten.

Und zum Thema Asperger und Hb: Der Große ist inzwischen 3 mal getestet,jedesmal Hb und er ist auch in der Kinder und Jugendpsychatrie getestet worden,weil er immer wieder von anderen Kindern mißhandelt wurde.Dabei wurde Asperger Autismus diagnostiziert. Und Die Kombination von Hb und Asperger ist laut Kinder und Jugendpsych gar nicht so selten-auch dort wurde uns gesagt,dass die Grenzen oft fließend sind,weil gerade Hochbegabte Asperger sich sehr schnell anpassen können-bis zu einem gewissen Grad.
alibaba

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von alibaba »

Neckri hat geschrieben: Wenn ich deine Andeutungen richtig verstanden habe, bist du öfters mit der Niederschlagung von Zwergenaufständen beschäftigt, als es dir lieb wäre. Möglicherweise gleicht inwischen für deine Kinder das Leben einem "Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel", bei dem Mama immer gewinnt... Und wenn sich das Kind naturgegeben dennoch ärgert, droht die nächste Runde dieses Spiels, bei dem Mama immer gewinnt...
Nein, es hört sich wohl schlimmer an, als es ist. Wir setzen Grenzen gemeinsam, am Abendbrottisch. Was nicht bedeutet, das diese nicht ausgetestet werden. Ich habe zwei vollkommen unterschiedliche Kinder. Eine Kleine voll gespickt mit Empathie und einen Großen der davon genauso wenig besitzt, wie die Kleine zuviel. Diese Genkonstruktion kann ich nicht manipulieren. Das reicht auch kein Brettspiel, wo man Verlieren lernen kann. Wir üben damit bereits seit 4 Jahren und auch hier lernt die Kleine wesentlich schneller als der Große. Ich habe extra sehr zeitig mit einem Musikinstrument beim Großen angefangen. Brettspiele sowie das Musikinstrument und alle anderen schönen Dinge die man da benutzen kann, fliegen mit einem hohen Bogen, bei nicht Sofortkönnen, in die Ecke. Tochter, zwei Jahre jünger, versucht erneut, geht konstruktiv an die Sache heran, akzeptiert die Regeln und kommt bei Änderungswünschen fragend auf mich zu. Mann beachte, sie ist 4. Sohn ist das genaue Gegenteil. Ich komme hier also leider mit einem Wischiwaschi-Erziehungsstiel beim Sohn nicht weiter. Eine klare Ansage mit einer sofortigen Konsequenz, das hilft. Und Sohn ist 6, da darf er auch mal alleine im Auto sitzen. In wie weit hier also Ängste eine Rolle spielen, die Kind psychisch belasten, ist noch so eine Frage.

LG
alibaba

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von alibaba »

heinerprahm hat geschrieben:…"Das gehört nicht UNS"… und es ist wirklich kein Problem, alles wandert in das Regal zurück, vielleicht mit Bedauern, aber ohne Druck und ohne jeden Protest. Wir haben mit diesem kooperativem "Wir Gefühl" von Anfang an "gearbeitet", also ich kann deshalb nicht sagen, ob so eine "Strategie" (eigentlich ist es ein Lebensüberzeugung) auch später noch angewandt werden kann, aber wir gehen völlig stressfrei durch die Welt ohne Zwang und ohne Drohungen, auch wenn es vielleicht mal 2 Minuten (aber auch wirklich nicht mehr) länger dauert und dadurch kennt sie auch sonst im Leben "ihre" Grenzen genau, weil wir diese auch nicht übertreten.
Heiner, wie alt ist deine Tochter? 18 Monate? Da war meine Erziehungswelt auch noch so rosa wie Deine und meine Gedanken voll mit Vorurteilen über die Erziehungskompetenz anderer. ;)

VLG
Neckri
Moderator
Beiträge: 463
Registriert: Di 14. Feb 2006, 11:51

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von Neckri »

srndm hat geschrieben:wir haben sehr früh Kontakt zur Erziehungsberatung aufgenommen.Dort wurde uns sogar empfohlen,nicht immer nur zu reden,sondern das Kind bei Bedarf so wie Alibaba das schildert auch "auszugrenzen".
So, so... Mobbing und Bossing als Erziehungsstil... Komische Erziehungsberatung! :gruebel:

Nummer drei als "Sandwich-Kind" hat möglicherweise bemerkt, dass die Elternreaktionen anders ausfielen als bei Nummer eins und bei Nummer vier. Nummer drei musste auch wegen des jüngeren Alters zurückstecken gegenüber Nummer zwei. Wahrscheinlich hatte sich Nummer drei (natürlich zu Unrecht) ohnehin ausgegrenzt gefühlt...

Zum Glück sind wir alle auch ohne Neurowissenschaften erwachsen geworden. Das wird auch mit einiger Wahrscheinlichkeit unseren Kindern gelingen... :?

Viele Grüße von Neckri
srndm
Beiträge: 37
Registriert: Di 8. Mai 2007, 15:57

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von srndm »

Na klar,jetzt kommt wieder die Nr mir dem Sandwichkind...ich hab's geahnt..Nur,dass er noch kein Sandwich kind war,als wir uns fragend an die Erziehungsberatung gewandt haben.Er war der Jüngste von 3 en,das geht vielen Kindern so,führt nicht zwangsläufig zu Schäden ;-)
Und ganz klar,man kann nicht jedes Kind gleich behandeln,ein 6 jähriges darf alleine mit dem Fahrrad zu Oma fahren,während ein 3 jähriges eben nicht ohne Aufsicht auf der Straße spielt,sondern dann eben im Garten spielen muß und sich gedulden muß bis Mama oder Papa Zeit haben es auf der Straße zu beaufsichtigen...Hoffentlich bekommt das 3 jährige dann keinen bleibenden Schaden,weil es so zurückstecken muß *kopfschüttel*

Ich denke,Alibaba hat recht:man kann Familien mit mehreren Kindern nicht mit der Ein-Kind -Familie vergleichen.
Übrigens bin ich selbst als Einzelkind aufgewachsen,ich habe also keine Vorurteile ;-)
Viele Grüße
Steff
Neckri
Moderator
Beiträge: 463
Registriert: Di 14. Feb 2006, 11:51

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von Neckri »

srndm hat geschrieben:man kann Familien mit mehreren Kindern nicht mit der Ein-Kind -Familie vergleichen.
Da hast du ganz sicher recht! - Die Frage, die sich dann aufdrängt, geht dann natürlich dahin, ob der Erziehungsstil bei deiner Nummer drei deswegen vergleichsweise "ruppig" ausfiel, weil er Nummer drei war - oder deswegen, weil sein Charakter "schwieriger" war - oder deswegen, weil die Eltern anders eingebunden waren - oder deswegen, weil da noch Nummer eins und Nummer zwei einen sozio-emotionalen Einfluss ausgeübt hatten... Ich könnte mir auch vorstellen, dass du mit der Vorerfahrung durch Nummer eins den Kontrast zu Nummer drei anders erlebt haben solltest, im Vergleich zum hypothetischen Szenario, dass Nummer drei zuerst da gewesen wäre...

Geschwisterkinder verlangen stets nach einer Rollensymmetrie in der Beziehung zu den Eltern. Jüngere Kinder haben mit einer asymmetrischen Geschwisterrolle eher ein Problem als ältere Geschwister, profitieren aber andererseits von den Älteren. Wenn die Dynamik von kooperativen und kompetitiven Verhaltensmustern zwischen den Geschwistern letztlich auch das Elternverhalten beeinflusst, steigt aber wiederum die Wahrscheinlichkeit einer Asymmetrie der Eltern-Kind-Beziehung. Laut Lehrbuch sollte deine Nummer drei rein statistisch eine größere Sozialkompetenz aufweisen. "In Untersuchungen zur Entwicklung des Verständnisses von Gefühlen und Handlungen anderer bei jüngeren Kindern erwiesen sich sowohl Kinder mit einem älteren Geschwister, noch mehr aber Kinder mit mehreren älteren Geschwistern als weiter entwickelt als Kinder ohne ältere Geschwister. Von jüngeren Geschwistern ging kein entwicklungsfördernder Effekt aus (Ruffman u. a., 1998)." (Link) Merkst du denn etwas davon?

Viele Grüße von Neckri
srndm
Beiträge: 37
Registriert: Di 8. Mai 2007, 15:57

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von srndm »

Hm,in der Theorie kann unser 3.Kind sehr gut einschätzen,welches Verhalten bei welchen Situationen erwünscht ist und wie sich sein Gegenüber fühlt-aber in der Praxis(bei der der jeweiligern Situation angepaßten Reaktion) kann er schon mal weit danebenliegen.Und dann eine komplizierte Erklärung bringen,warum er sich falsch verhalten hat...Daran ist dann aber meist der Andere Schuld,der nicht kompetent genug war,die sensiblen Gefühle unseres Kindes nicht zu verletzen.
Unser Erstgeborener dagegen kann die Situationen einschätzen UND sich regelgerecht verhalten-wir scheinen also nicht die Standart-Lehrbuch -Konstellation aufzuweisen ;-)
Bedeutet "weiter entwickelt" nur altersbezogen eher oder haben die 2.und folgenden Kinder ein Lebenlang eine größere Sozialkompetenz.
Dann ist ja eh klar,warum ich als Einzelkind mein 3.Kind zu "ruppig" erziehe ;-)
Lg
Steff
Neckri
Moderator
Beiträge: 463
Registriert: Di 14. Feb 2006, 11:51

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von Neckri »

srndm hat geschrieben:wir scheinen also nicht die Standart-Lehrbuch -Konstellation aufzuweisen ;-)
Alibabas Räuberbande scheint ja dafür den statistischen Ausrutscher wieder auszugleichen... ;)

Die Tatsache, dass jüngere Kinder nur eingeschränkt die Fähigkeit zum Erkennen der eigenen Fehler aufbringen - ungeachtet der hervorragenden Beurteilung von Fehlern anderer ;) - ist ja längst Teil der Rechtsprechung. Kinder unter 8 Jahren gelten zwar als nicht deliktsfähig, aber grundsätzlich zur Zeugenaussage befähigt.
alibaba hat geschrieben:Wir setzen Grenzen gemeinsam, am Abendbrottisch.
Das hört sich tatsächlich sehr "einvernehmlich" an. Jetzt brauchst du nur noch einen Kalender, auf den jeden Abend, an dem festgestellt wird, dass die gemeinsam beschlossenen Regeln eingehalten wurden, pro Nase (deine natürlich auch) feierlich ein bunter Klebepunkt (jede Nase bekommt eine andere Farbe) angeheftet wird. In der gemeinsamen Runde könnt ihr dann ja aushandeln, wieviele Punkte pro Nase mindestens zusammenkommen müssen, um einen gemeinsamen Kinobesuch zu rechtfertigen... Bei üppigem Kontostand bleiben dann womöglich sogar Punkte für Popcorn übrig... ;)

Ich möchte mal darauf wetten, dass es so herum besser funktioniert, die Grenzen durchzusetzen, wenngleich Sohnemann natürlich darauf pochen könnte, dass er die Übertretung der Grenzen noch nicht verantworten kann, weil er noch nicht 8 ist... :P

Viele Grüße von Neckri
Antworten