Ich hoffe ich darf hier ganz offen schreiben, wie es wirklich war, ohne dass ich gesteinigt werde: Mein erstes Kind war nicht geplant, ich war mit meinen Gedanken ganz woanders und plötzlich wurde ich eine Mutter. ich fand mein Kind von Anfang an sehr anstrengend, vielleicht aber auch, weil die Schwangerschaft und die Geburt so anstrengend waren. Nach der Geburt wollte ich eigentlich nur noch schlafen, aber mein Kind wollte nicht so richtig.
Im Nachhinein kann ich vieles nachvollziehen. Sie hat schon früh immer nur geschlafen, wenn es gar nicht anders ging. Ich musste irgendwann auf die harte Tour lernen, dass man 6 Stunden ununterbrochenen Nachtschlaf schon als Durchschlafen bezeichnet, aber meine Tochter hat es das erste halbe Jahr im Schnitt auf 5 Stunden gebracht, danach hatte sie Hunger und war hellwach. Ich habe mich natürlich bei anderen Müttern nach diversen Tipps und Tricks erkundigt, aber ich merkte, dass ich mit dieser Situation ziemlich alleine dastand, vor allem als es nach 5 Monaten immer noch so war. Das war so das erste Mal, dass ich mich sehr einsam und unverstanden gefühlt habe. Da habe ich noch gedacht: Vielleicht bist du als Mutter nicht geeignet.
Da ich meine Tochter aber auch sehr geliebt habe, haben wir in Absprache mit der Kinderärztin ein Schlaftraining praktiziert, aber nichts mit Schreien lassen, sondern morgens immer ein wenig früher wecken und die Mahlzeiten verschieben. Am Ende des Jahres haben wir es geschafft, dass sie in 24 Stunden 10 Stunden insgesamt (tagsüber 2 und nachts 8) geschlafen hat. Man hatte immer gesagt, wenn die Beikost kommt, wenn du abgestillt hast, ... dann pendelt sich das von selber ein. Mit 1 1/2 Jahren hat sie dann entschieden, dass sie dann auch den Tagesschlaf nicht mehr braucht und hat nur noch 8 Stunden geschlafen und war den ganzen Tag wach. Und sie war so wild, hat zwar lange gekrabbelt, aber ist schon ganz früh überall hochgeklettert und hat alle möglichen Schränke und Schubladen ausgeräumt. Sie wirkte alles in allen so rastlos, als wenn sie auf der Suche ist und sie hat mich ständig so in Anspruch genommen, dass ich kaum noch Luft zum Atmen hatte. Ich war irgendwann so verzweifelt, mein Mann und ich hatten kaum noch Zeit zusammen ohne unser Kind. Ab und zu hatte meine Mutter sie bei sich und dann sind wir direkt beide vor dem Fernseher eingeschlafen, weil wir einfach so erschöpft waren. Und das Schlimmste war für mich: Ich konnte mit keinem darüber reden, weil alle gesagt haben: "Die übertreibt, die soll sich nicht so anstellen." Ich war total übernächtigt, habe aber alles mögliche gemacht, um sie abends müde zu kriegen: Kinderturnen, Baby- und Kleinkindschwimmen, Tanzen mit Kind, jeden Tag spazieren gehen, Fahrradausflüge, Spielplatz, Halligalli. Eines Tages, als meine Tochter so 20 Monate alt war, hatte ich einen Weinkrampf und abends bin ich zu meinem Mann gegangen und habe gesagt:"Ich kann nicht mehr, ich halte das nicht mehr aus! Es muss was passieren, so kann das nicht weitergehen." Mein Mann war selbst Berufspendler, fuhr morgens in aller Hergottsfrühe los und kam abends spät, um die Kleine noch ins Bett zu bringen. (Vergesse nie die Vorwürfe, die uns andere gemacht haben, dass wir die Kleine extra "wachhalten", damit der Papa sie noch sehen kann. Er hätte es manchmal auch gerne gehabt, dass sie schon schläft, wenn er abends kaputt von der Arbeit kommt. Aber es ging nicht anders, sie wollte ja nie so früh ins Bett.)
Und dann kam noch der Trotz dazu. Das hat jeglichen Rahmen gesprengt, sie hatte so einen starken Willen, man kann das gar nicht in Wort fassen. Ich dachte natürlich, dass ich als Mutter was falsch gemacht habe. Ich habe mich dann entschieden, dass ich für sie einen Krippenplatz suche, um dann wieder stundenweise arbeiten zu gehen. So fies das auch klingt, ich brauchte Abstand. Ich hatte so eine innige Beziehung zu meiner Tochter, aber irgendwann gings nicht mehr weiter. Sie war knapp 2 Jahre alt, als sie in der Krippe anfing. Sie kam in der Krippe an und war sofort in den Katakomben verschwunden. Ich unterhielt mich dann mit der Erzieherin und irgendwann sollte und wollte ich dann wieder gehen (nach 2 Stunden). Und dann rastetet meine Tochter aus, schlug um sich, trat mich und kreischte wie ein abgestochenes Schwein.
ich konnte sie nicht beruhigen. Ich habe auch gar nicht verstanden, warum sie jetzt so ausflippt. Die ganze Woche ging das so weiter, keine Tränen beim Abschied, kein Winken nichts. Aber Terror beim Abholen. Ich bin mit dem Auto zur nächsten Seitenstraße gefahren und habe erstmal geheult - ICH, nicht meine Tochter.
Die Einführung in die Krippe hat eine Woche gedauert, dann war sie schon komplett angekommen.
Beim ersten Elterngespräch erfuhr ich, dass meine Tochter sehr eigenwillig ist und sich gut durchsetzen kann. Jedes Mal, wenn ich meine Tochter abholen kam, sah sie mich und haute ab. Sie wollte nicht abgeholt werden. Einmal ist sie mir beim Auto abgehauen und ohne Übertreibung einen halben Kilometer weit den Bürgersteig entlanggelaufen. (Mein Mann hats abgemessen, weil es so unglaublich war.) Alles, bloß nicht wieder nach Hause zur langweiligen Mama!
Ich hatte darüber auch nochmal ein Gespräch mit den Erzieherinnen: Warum will meine Tochter unbedingt weg von mir? Warum flippt sie immer so aus beim Abholen? Da wurde mir zum ersten Mal gesagt, dass meine Tochter viel selbstständiger ist als andere Kinder in dem Alter. Ich erfuhr dann, dass sie sich komplett allein umziehen kann, inklusive Strumphose. Mit 2 1/2 sagte mir die Erzieherin plötzlich, dass ich die Windel weglassen kann, weil meine Tochter trocken ist.
Ich wurde öfter auch von anderen Eltern angesprochen, dass sie sich ganz aufmerksam um andere kleinere Kinder kümmert und schon ganz toll erzählen kann. Und die Erzieherin hat es dann zum ersten Mal auf den Punkt gebracht: Meine Tochter will unbedingt zeigen, was sie schon kann, aber ich habe sie nicht gelassen, weil ich sie wie eine normale Zweijährige behandelt habe. Ich habe sie total unterfordert.
In der Krippe durfte sie noch alles machen, was sie sich selber zugetraut hat (ziemlich tolles pädagogisches Konzept), aber die haben da keine große Sache draus gemacht. Ich wusste ganz lange gar nicht, was sie alles kann. Dann sind wir umgezogen und sie kam mit 3 in einen normalen Regelkindergarten. Da artete es dann ganz aus, bis man uns nach ein paar Monaten bat, sie bitte aus dem Kindergarten wieder rauszunehmen. Lange Geschichte, jedenfalls führte es zu einer Entwicklungsdiagnostik und im Zuge dessen verdichteten sich die Anzeichen nach einer Hochbegabung. Inzwischen ist sie vorzeitig eingeschult.
Meine zweite Tochter ist nun auch wieder 2 1/2 und ebenfalls in der Krippe, seitdem sie ein Jahr alt ist. Sie hat dort die Möglichkeiten, dass sie alles mal ausprobieren darf, und dadurch zeigen sich natürlich die Talente schon wesentlich früher. Meine zweite war ein Schreikind, hat mit 3 Monaten angefangen zu schreien und mit knapp 6 Monaten wieder aufgehört. Körperliche Ursachen gab es nicht. Wir waren dann in der Beratung und dort wurde auch gesagt: Es ist, als ob sie panische Angst hätte, was zu verpassen. Sie ist den ganzen Tag wach und abends kommt sie nicht zur Ruhe. Also schreit sie, bis sie vor Erschöpfung einschläft. Mit kompletter Reizabschirmung und Schlafzeiten nach Plan haben wir das in den Griff gekriegt. Aber sie hat eben auch noch nie in der Krippe geschlafen. Sie schläft nur zuhause in ihrem Bett.
Das sind alles so Merkmale, woran man einfach merkt, dass diese Kinder beide sehr speziell sind. Ich hatte nur nie eine richtige Erklärung dafür. Zusammengefasst: Sie waren schon als Babys und Kleinkinder auffällig.
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)