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Umgang mit anderen Müttern...

Verfasst: Di 12. Apr 2005, 22:06
von Rieke
Hallo,

erstmal kurz unsere Geschichte: Nachdem ich mir früher eher Sorgen um die Entwicklung meines Sohnes (im Januar zwei geworden) gemacht habe, weil er spät krabbeln (12 Mo.) und laufen (15 Mo.) konnte, wurde mir vor kurzem in der Krabbelgruppe geraten, "den mal auf Hochbegabung testen zu lassen", weil er sehr viel spricht, mit 21 Mo. alle Farben (auch hell- oder dunkelblau usw.) konnte, mittlerweile alle Buchstaben kennt und einfache Wörter liest ("A-U-T-O... Auto!!"), viele Lieder auswendig kennt (auch fremdsprachige), bis zwanzig zählt und schon ein bisschen addiert ("Zwei Tannen und noch zwei Tannen - das sind vier Tannen!" - ohne sie vor sich zu sehen), manche Spiele für Vierjährige spielt und sich Bücher für höhere Altersklassen gerne vorlesen lässt (jetzt nichts total Großartiges, Petterson und Findus, und so) usw.

Bin also (ohne ihn) zu einer Beratungsstelle gegangen und habe da zweimal mit einer Kinderpsychologin gesprochen, und zwar nicht über einen möglichen Test, sondern über die ganzen Probleme, die das ganze jetzt schon mit sich bringt (er redet sehr häufig davon, vor etwas Angst zu haben - meist ziemlich unerklärliche Dinge: Störche in der Wohnung, Hirsche auf dem Spielplatz..., er hat längst gemerkt, dass er sich "nicht normal" entwickelt (habe ihn neulich bei einem einfachen Wort gefragt "Guck mal, was steht denn da?", und er meinte grinsend:"Ich kann das doch noch nicht. Liest du mir das vor?"), er ist wahnsinnig sensibel (die Wickelunterlage ist zu kalt, die Sonne zu hell...) und mich nerven die Reaktionen anderer Mütter so sehr. Da stellt er irgendeine Frage, und statt einer Antwort kommt "Ist ja Wahnsinn, wie der spricht!" Da spricht ein anderes Kind seinen ersten Satz, und ich sage "Wow, das ist ja toll!", und gleich kommt:"Naja, aber *dein* Sohn - das ist ja gar nicht vergleichbar..." Dabei vergleiche ich es doch gar nicht. Über Dritte kriege ich Vorwürfe mit, ich würde ihm das "antrainieren". ("Er wird sich ja schließlich nicht hinsetzen und sagen:"Mama, was ist das für ein Vogel? Was ist das für ein Buchstabe?..."" - Aber genau das tut er.)

Ich wüsste gerne, wie andere Eltern damit umgehen. Es ist natürlich einfach blöd, dass in der Krabbelgruppe schon soviele von der Sache wissen, aber andererseits will ich doch auch davon erzählen, was er so kann und neu dazulernt. Ich bin ja auch stolz, ist ja mein Kind. Aber ich fange schon an, vor anderen alles runterzuspielen, was er macht, und das ist ihm gegenüber ja auch nicht richtig. :-(

Habt ihr Erfahrungen mit sowas?

Liebe Grüße,
Rieke

Re: Umgang mit anderen Müttern...

Verfasst: Mi 13. Apr 2005, 01:57
von f33L!ng
Hallo Rieke,
ich denke dieses Problem haben alle Muttis deren Kinder einen "Entwicklungsvorsprung" haben.Bei meinem Großen bald 14Jahre alten Sohn habe ich auch versucht immer alles herunterzuspielen.Habe mich teilweise auch geschämt dass er "irgendwie anders" war.Das hat ihm auch geschadet .Er selber fing dann an sich so geben zu wollen wie die anderen.Das ging natürlich nicht immer und als er mit 6 Jahren dann im 3.Schuljahr war ,war er für alle nur noch das Wunderkind.(Er spielte dazu auch noch sehr gut Geige und Klavier)Heute arbeitet er weit unter seinen Möglichkeiten und ist trotzt Höchstbegabung ein recht schlechter Schüler.Er hat sich selber "normalisiert",hat mit Klavier aufgehört und nimmt seine Geige auch recht selten zu Hand.Er hockt den ganzen Tag nur noch vorm PC.Hausaufgaben werden sporatisch erledigt.
Mein 2.Sohn jetzt 3,1/3 Jahre alt ist mit großer Sicherheit auf einem ähnlichen Level wie sein großer Bruder.Er kann schon seit er 1,1/2 Jahre alt ist Buchstaben erkennen,spielt seit er 2J und 2Mon. alt ist Geige ,erfindet schon kleine Stücke selber, konnte mit 2,3/4 J. die Uhr richtig und Schleifen binden,rechnet über den 10er Bereich. Liest jetzt sinnverstehend und recht flüssig ganze Sätze und 4Stellige Zahlen,versteht Brüche wie1/2,1/3,1/8 ,1/4 u.s.w.Und vieles nicht alterstypische mehr.Bei ihm verhalte ich mich aber so ,als wäre es das Normalste der Welt .Es hat sehr lange gedauert damit ich dieses Selbstbewußtsein entwickeln konnte.Es ist nun mal so ,er ist so und das ist ganz normal so ,nach diesem Konzept reagiere ich jetzt.
Andere Mütter mit normalbegabten Kinder können sich einfach nicht vorstellen ,dass manch 1Jähriger nach der Bedeutung von Symbolen fragt oder sich mit der Antwort Vogel sich nicht zufriedenstellt.Das müßen wir auch verstehen,da sie es nicht erleben.

LG

Re: Umgang mit anderen Müttern...

Verfasst: Do 14. Apr 2005, 21:30
von sylvia
Mit der Zeit wird es einfacher - finde ich. Wenn dei Kinder klein sind, wird noch gerne von der Eislaufmutter geredet, irgendwann aber stehen die Kinder fuer sich selbst und es ist einfach wie es ist. Und bis dahin hat man dann schon rausgefunden, dass manche Freunde keine Freunde sind und andere eben doch.
Ich habe am Anfang furchtbar mit mir selbst gegen das "aber" zu kaempfen - so wie ja, er kann lesen, *aber* er macht noch in die Hosen. Da wird dann eine Staerke mit einer Schwaeche ausgeglichen. Das tut weder mir noch dem Kind gut.
Ja, andere koennen oft nicht verstehen, was diese Rueben einfordern, auf der anderen Seite gibt es nur wenige, mit denen ich diskutiere, was welches Kind jetzt macht und wie es welchem Kind geht.

Gruesse von Sylvia

Re: Umgang mit anderen Müttern...

Verfasst: Fr 15. Apr 2005, 00:39
von f33L!ng
Ist es in der USA nicht "einfacher " ein hbchen zu haben.Bei euch dachte ich wird hb auch mehr gefördert als in Deutschland oder Österreich oder?

Re: Umgang mit anderen Müttern...

Verfasst: Fr 29. Apr 2005, 17:05
von sylvia
Nunja, ich habe bis unser Aeltester 6 war in D. gelebt (und werde auch wieder dorthin mziehen...)
Ja, es gibt mehr Foerderung, verglichen mit der Grundschule in die mein Aeltester gegangen ist, ist unsere Privatschule fuer HBs ein Paradies. Aber: nicht jeder kann sich das leisten (einer dieser Vorteile, wenn man von der Firma geschickt wird... die zahlen Schulgeld)
Die generelle Akzeptanz ist ein wenig hoeher, aber eben auch nur in den Vororten wo eine Menge solcher Kinder zu finden sind. Ich moechte nicht auf Chicago-DownTown uebertragen hier... Trotzdem hat Illinois vor ueber einem Jahr den Begriff "gifted" aus dem Schulgesetz gestrichen - diese Kinder gibt es formal hier nicht mehr...
Wir sind jedes Jahr einen Monat in D. und ich fuehle mich schon etwas unabhaengiger von den Kommentaren der Nachbarn in unserem 5000 Seelen Ort. Ich musste halt hinter G. stehen, als er als weitaus kleinstes Kind in die Schule marschiert ist und die Kommentare teils von voellig Fremden kamen ("Irgendwo hier wohnt doch das Wunderkind"...)
Drei unserer Nachbarn sind gute Freunde geblieben, und der Rest hat sich seine Meinung gebildet (und ich mir)

Aber selbst an einer Schule fuer HBs - wie wir sie jetzt besuchen, gibt es das staendige Vergleichen und Wollen dass das eigene Kind "besser" ist. Da werden wir dann gerne auch angesprochen, weil unsere Jungs recht extrem sind, wie wir es denn geschafft haetten, dass G. die naechste Stufe besucht usw. Es gibt echt nur ganz wenige Menschen, die verstehen, wie einzigartig jedes (hb oder nicht hb) Kind ist und dass das ganze Vergleichen niemandem guttut, nicht den Kindern, nicht den Eltern, die vergleichen und nicht den Eltern der Kinder, mit denen verglichen wird.

Und jetzt fange ich an zu traeumen: wenn wir eine Schule haetten, die jedes Kind dort einsammelt und foerdert, wo es steht, dann waere das ganze Vergleichen auch nicht noetig und moeglich.

Liebe Gruesse von Sylvia

Re: Umgang mit anderen Müttern...

Verfasst: Mo 2. Mai 2005, 00:51
von f33L!ng
Hallo,
dass mit dem Wunderkind sein haben wir auch schon hinter uns .Mein Großer war mit gerade mal 6 Jahren im 3.Schuljahr und schrieb am Anfang nur einsen.(Hat dann absichtlich schlechter geschrieben ,um bei den anderen Kindern beliebter zu werden.)Spielte zudem auch noch toll Geige und Klavier.Jetzt ist er gerade 14 Jahre alt geworden und hat überhaupt keine Motivation mehr.
Das Gleiche mache ich jetzt nochmals mit meinem 3 ,1/3 Jahre alten Sohn mit .Er spielt seit er 2J.2Mon.alt ist Geige ,kann lesen ,schreiben ,rechnen ,Uhr lesen e.t.c und hat ein großes Allgemeinwissen.
Da meine Kinder auch in der Gruppe der Hochbegabten sehr extrem sind,spüre ich auch hier(meine nicht im Forum ,sondern in Vereinen und hb treffen) manchmal Anfeindungen ,da jeder möchte dass das eigene Kind das "schlauste "ist .Also wie bei euch .Auch ich hasse immer diese Vergleiche.Wenn die Eltern dann merken ,dass z.B.meiner noch weiter als ihr Kind ist ,ziehen sie sich zurück und melden sich nicht mehr.Ich nehme an, dass deine Kinder auch zu den Höchstbegabten zählen oder?


LG aus Hessen

Re: Re: Umgang mit anderen Müttern...

Verfasst: Di 31. Mai 2005, 15:32
von Carola
Hallo Sylvia,

>Und jetzt fange ich an zu traeumen: wenn wir eine Schule haetten, die jedes Kind dort einsammelt und foerdert, wo es steht, dann waere das ganze Vergleichen auch nicht noetig und moeglich.<

Warum träumst Du da? Das gibt es - wenngleich gerade im deutschsprachigen Raum noch sehr am Anfang. Summerhill (in GB) oder Sydbury sind da mögliche Alternativen, die die Kinder allerdings nicht "einsammeln", sondern ihnen und ihren Interessen den nötigen Freiraum geben.

Da ich selbst die "übliche" Laufbahn (tödliche Langeweile, Klassenclown, mit minimalem Aufwand maximales Ergebnis) hinter mich gebracht habe, will ich meiner Tochter mit allen mir irgendwie zur Verfügung stehenden Mitteln ersparen, Jahre ihres Lebens / ihrer Kindheit so "sinnlos" zu verschwenden.

LG Carola