mein kleiner Zwerg ist 4 und ich beantworte immer gern und ehrlich alle Fragen, mir ist eigentlich nichts zu heikel, und doch nun komme ich mal ernsthaft ins Stutzen, wie weit ich gehen kann...
Ganz zufällig kam das Thema 2. Weltkrieg/Bomben/Zerstörung ins Spiel (eigentlich von einem anderen Kind mitgebracht, welches dann aber schnell um Beendigung des Gespräches bat), doch nun hagelt es Fragen von meinem Sohn - er lässt nicht locker. Er ahnt ja - ich gebe es auch zu - das ich nicht alles erzähle, verlangt es aber. Es ist klar, dass ich einem 4Jährigen, hier nicht die ganze Wahrheit über diesen Krieg auftischen kann, aber "stop" sagen "du bist noch zu klein", verharmlosen etc. das behagt mir auch nicht. Er lässt sich auch nicht lapidar abspeisen (richtig so ) er will wissen, was da war. Und ich erkläre es so gut ich kann, ohne jedoch die menschlichen Grausamkeiten darzulegen. Ich gehe dabei aber an meine Grenzen, mit dem was ich sagen sollte oder nicht...
Hat jemand Ideen, oder Erfahrungen zu diesem Thema?
Hallo ellen-
ich war mit meinem Junior in Berlin, da war er gerade 5 geworden und auch bei uns gab es diese "unbequemen" Fragen. Ich hab das Thema 2.Weltkrieg dann geschickt in diese Richtung gelenkt und er hat sein Interesse auf die Deutsche Geschichte gelenkt. Zuerst konnte ich es auch noch ziemlich "harmlos" darstellen- das eben Familien getrennt wurden usw. Dieses Jahr waren wir in Amsterdam und haben das Anne Frank Haus besucht, denn seit dem Besuch am Chakpoint Charlie hat ihn dieses Thema nie losgelassen. Dort war es eben nicht mehr so einfach das ganze Übel und die Grausamkeit von ihm fern zu halten aber durch die Geschichte speziell von Anne lenkt er sein interesse und Mitleid besonders in diese Richtung und blendet andere Grausamkeiten aus- gerade HbKinder haben eine besondere Art damit umzugehen und du wirst es nicht vermeiden können, das die Fragen unbequemer werden. Versuche weiterhin sein Interesse vorsichtig zu lenken und schone ihn etwas, da das besondere Mitgefühl auch schwierig werden kann...
LG und alles gute Any
tja, aber er macht es irgendwie auch geschickt. Denn ich hätte fast lieber, er würde genaue Fragen stellen. Er macht es aber gern so. "Mama, bitte erzähl mir das mit dem Krieg und dem H. und den Bomben mal ganz ganz genau." Er weiß, dass ich es ihm erklären könnte. Er weiß , dass ich nicht alles erzähle. Er spürt das und will genau DAS hören. Aber so hübsch praktische altersgerechte Erklärungen habe ich auch nicht immer parat. Sicherlich sage ich ihm auch, ich lese nochmal was darüber oder das kann ich nicht beantworten... aber eher um das Gespräch etwas wegzulenken.
und dann geht es weiter ... "Wo haben die sich versteckt als die Bomben kamen?", "Was haben die gedacht, als die dann die kaputte Kirche gesehen haben?"...(Gedächtniskirche - das war übrigens der Anfang des Fragens, klar die Frage liegt ja nahe...) "Warum hat der H. das gemacht?" "Hat der gedacht das wäre lieb?", "erzähl nochmal warum haben die anderen die Bomben abgeworfen...?"
ja eine schwierige Frage, aber ich würde Sie ganz direkt beantworten. Vielleicht hilft Euch ja ein Kinerlexika weiter oder die Bibliothek wo dann nicht die verstümmelten Leute o.ä. zu sehen sind. Aber die Entstehen eines Krieges kann man sicherlich erklären. Ich würde es sagen, so wie es ist. Ich schreib einfach mal so drauflos:
Das sich eben nicht immer alle Leute vertragen und dann im schlimmsten Fall eben einen Krieg anfangen wollen und in ein anders Land einfallen. Da sich die Leute nicht mehr vertragen können und sich nicht mehr mit Worten ihre Probleme lösen können, greifen sie zu Waffen. Dabei zerstören diese das Leben von Menschen und beschädigen die Häuser und Gebäude. Viele Menschen müssen dannn flüchten, weil sie keine Wohnung mehr haben. Das war damals eine sehr schlimme Zeit, denn nicht alle Menschen wollten kämpfen, sondern reden und den Krieg beenden. Bomben zerstören Leben. Du möchtest ja auch nicht, das Dich jeamand haut sondern das man redet wenn man ein Problem hat, wenn man etwas nicht versteht, so wie wir Beide heute hier über den Krieg reden. Deswegen möchte ich auch nicht, das wir uns hauen und/oder im Kindergarten gehauen wird. Gott sei Dank haben sich dann aber viele Leute gegen diese Bomben gewehrt und haben doch noch miteinander gesprochen. Jetzt gibt es bei uns in Europa keine Kriege mehr. Heute reden wir erst miteinander. Dafür gibt es die Politiker, die reden miteinander wenn es Konflikte gibt. Wenn ich möchte das du keine Süßigkeiten heute mehr isst, dann reden wir ja auch miteinader und ich erkläre Dir warum es erst morgen wieder welche gibt.
Vielleicht so. Auf diese vielen Nachfragen würde ich ganz realsitisch anworten. Es gab spezielle Keller, da haben die Leute Schutz gesucht. Was haben die gedacht als sie die kaputte Kirche sahen: Gegenfrage von Mama, wie würdest Du Dich denn fühlen wenn ein Bub auf dem Spielplatz Deine Sandburg zertritt? Ich würde mit Gegenfragen ihn auf seine eigene Art und Weise etwas erzählen lassen, so kannst Du dich gezielter auf seine Ebene begeben.
Wir reden auch über den Tod, auch schon mit 4 hat mein Junior gefragt. Aber Kinder begreifen erst viel später das es sich beim Tod um einen realen nicht wiedergutzumachenden Verlust handelt. Ihr Tod sieht anders aus als unser Wissen vom Tod. Neulich mein Großer: Wenn ich in einer Rakete fliege dann müsste ich ja den UrOpa sehen können wenn der im Himmel wohnt, gell Mama?
ich glaube, das ist gerade für Jungs ein ganz interessantes Thema.
Auch unser spitzt immer die Ohren, wenn es um Weltkriege oder Adolf Hitler geht. Gar nicht bei Panzern, Gewehren oder PC-Spielen (kennt er noch nicht).
Komisch, hatte er auch schon mit knapp 5 Jahren. Zufällig waren wir da in Buchenwald. Dort haben wir ein wenig erzählt (und ihm natürlich die Gräueltaten vorenthalten). Aber wie es zur Trennung von Deutschland kam und so, daß haben wir schon mehrfach erzählt. Ebenso die beiden WEltkriege mit einigen Bildern aus Büchern.
Weiter zurück in der Geschichte sind wir noch nicht.
Kinderbücher zu dem Thema haben wir aber auch nicht extra besorgt, wie zum Thema "Aufklärung" oder "Erdkunde" oder "Körper". Dort haben wir also "Anschauungsmaterial" zur Verfügung gestellt. Beim Thema Krieg nur auf ausdrückliche Nachfrage.
Ich würde trotzdem versuchen, möglichst konkret, realistisch und verständlich zu antworten.
Ich selbst hatte als Kind mal was von den "Roten Khmer" in Kambodscha gehört und habe alle Leute, in erster Linie natürlich meine Eltern, mit Fragen gelöchert. Es war allen unangenehm, und beantworten konnte (oder wollte) mir meine Fragen auch niemand ("Das ist kein Thema, mit dem sich ein Kind in deinem Alter befassen sollte!"). Das machte es erst richtig interessant. Ich habe mir dann über Jahre hinweg aus anderen Quellen alle Informationen dazu geholt, die ich nur kriegen konnte - heimlich, weil ich immer wieder mit dem o.g. Zitat abgespeist wurde.
Mir als Mutter würde nicht so sehr gefallen, wenn ich nicht weiß, wo mein Kind seine Informationen herholt und dann doch lieber wahrheitsgemäß antworten, auch wenn mir selber das Thema nicht unbedingt angenehm ist.
Wir kamen auch ein bisschen auf das Thema zu sprechen; durch die Sendung mit der Maus die letzte Woche lief.
Da wurde eine Synagoge computeranimiert geziegt, danach haben die erklärt, dass diese Synagoge heute nicht mehr steht, weil die Nazis sie niedergebrannt haben und die Feuerwehr nichts getan hat, außer aufzupassen dass das Feuer nicht auf andere Häuser übergeht. Außerdem ging es noch um die Reichskristallnacht.
Zugegeben bin ich auf diesem Gebiet überhaupt nicht bewandert. Aber ich hab ihm halt erklärt, dass die Juden damals einen anderen Glauben hatten, andere Bräuche und Sitten wie wir Deutschen. Und die Nazis fanden das komisch, die kamen da nicht so mit klar und wollten deshalb die Juden aus Deutschland raus haben. Das ist auch schon so lange her; damals wussten die Leute noch nicht, dass Gewalt keine Lösung ist. Die haben geglaubt es ist richtig was sie tun, aber das war es natürlich nicht. Gottseidank haben sie aber irgendwann herausgefunden, dass die Juden uns gar nichts böses wollen und dass man Konflikte auch ruhig lösen kann. Deshalb leben heute eben viele verschiedene Kulturen hier in Deutschland......
Also damit hat er sich jedenfalls zufrieden gegeben.
Das Thema Tod hatten wir letztes Jahr als meine Schwiegermutter gestorben ist (da war er auch gerade 4). Ich hab ihm erklärt dass die Oma lange krank war, viele Schmerzen hatte und es jetzt für sie besser ist wenn sie stirbt, denn dann hat sie ja keine Schmerzen mehr. Er durfte sie dann auch noch oft besuchen und hat auch mitbekommen wie es ihr immer schlechter ging. Mir war das damals wichtig, damit er die Sache besser begreifen kann und ich bereue es heute auch nicht. Auf die Beerdigung wollte er auf eigenen Wunsch mit, um zu sehen, wie die Oma dann auch unter die Erde kommt und ihre letzte Ruhe findet. Übrigens habe ich ihm NIE erzählt, dass Leute sterben und dann in den Himmel kommen. Ich hab ihm immer gesagt, dass die Leute ein schönes Grab bekommen, damit man auch nach ihrem Tod quasi bei ihnen sein kann.
Ich versuche auch immer möglichst realistisch zu bleiben. Kinder bekommen so viel mit und wie du es schon beschrieben hast, spüren sie es ja auch, wenn man ihnen nicht die ganze Wahrheit sagt. Ich glaube auch, dass viele Kinder realistischer denken können als man glaubt. Außerdem nehmen sie viele Dinge erstaunlich gut auf.
"Das kann ich dir nicht sagen weil du noch zu klein bist." Könnte ich auch nie sagen. Ich glaube, das würde sowohl mich als auch meinen Sohn innerlich zerreißen.....
Hm, ich kann nur sagen, dass wir diese ganze Thema schon im Zusammenhang mit den Wikingern und den Piraten hatten. Außerdem gibt es da ja noch diverse Märchen, in denen direkt oder indirekt davon gesprochen wird, dass Menschen und Tiere getötet werden. Auch am Tisch musste wir schon darüber sprechen, warum Menschen und Tiere andere Tiere essen und warum Menschen sich nicht gegenseitig aufessen.
Da kommt man unweigerlich irgendwann in die Verlegenheit, wie man dem Kind die Grausamkeit unseres Lebens erklären soll. Also, ich habe damit angefangen, das erstmal auf der Gefühlsebene zu erklären.
Mit der Judenverfolgung würde ich das etwa so erklären: Jedes Kind weiß ja, was streiten ist und wie es dazu kommen kann, dass zwei nicht mehr miteinander reden. Und wie es dazu kommen kann, dass sich nicht nur blöd finden, sondern sich sogar richtig hassen. Und wenn man jemanden hasst, findet man plötzlich alles doof, was der macht. Und man vergisst dabei, dass jeder Mensch gute und schlechte Eigenschaften hat. Und so kann es kommen, dass man denkt, man kann mit den anderen nicht mehr zusammenleben, weil sie nur doof sind. Und vor Doofies möchte man sich gerne in Sicherheit bringen, denn sonst könnten sie einen ja hauen, die Sachen klauen usw. (denn das sind ja die Sachen, die doofe Menschen nun mal so machen.) Und ein paar von den Menschen haben sich dann überlegt, dass sie die anderen doofen Menschen (die ja auch genauso doof und gleichzeitig lieb sind wie wir alle) zur Sicherheit einsperren könnten, bevor sie etwas Böses anstellen können. Und zum Schluss war da einer, der konnte nachts nicht mehr einschlafen, weil er Angst hatte, dass die Doofen ihm irgendwas tun könnten. Also hat er seine Freunde überredet, die eingesperrten Menschen alle zu töten, damit er keine Angst mehr haben muss. Und dann habe die ganzen Frauen und Kinder, Schwestern und Brüder von den Getöteten Menschen ganz doll geweint.
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)
Also ich hatte dieses Thema auch schon und habe ziemlich offen erzählt, natürlich auch ohne die grausamen Details. Was mir persönlich allerdings am wichtigsten war, ist die moralische Seite. Zumal das sowieso das ist, was meinen Junior am meisten beschäftigt. Ich habe also ganz klar Position bezogen, von Machtwahn und Ungerechtigkeiten seiten
Also ich hatte dieses Thema auch schon und habe ziemlich offen erzählt, natürlich auch ohne die grausamen Details. Was mir persönlich allerdings am wichtigsten war, ist die moralische Seite. Zumal das sowieso das ist, was meinen Junior am meisten beschäftigt. Ich habe also ganz klar Position bezogen, von Machtwahn und Ungerechtigkeiten seitens der NS erzählt. Ich nutze das Nachfragen der "Fakten" also auch ganz klar, um meinen Jungs eine moralische Botschaft zu vermitteln.