Wir sind auf dem Weg...

ja oder nein? Erfahrungen und Ratschläge
Lythande
Dauergast
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Re: Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von Lythande »

[quote=alibaba,17.11.2008 , 11:43]
Wunderschön gepostet. Echt, ein toller Beitrag - wirklich- , nur absolut realitätsfern. Ich wäre begeistert, wenn hier alle Kinder in diese Schule, deine Beschriebene, kämen und jeder eine/seine Chance hat/hätte.
[/quote]

Die Frage ist bloß, wie geht man damit um, dass man vom Schulsystem letztlich nicht viel erwarten kann?
Sein Kind darauf vorbereiten, sich selbst fortzubilden, und nicht allzuviel von der Schule zu erwarten, damit die Enttäuschung nicht allzu groß ist, wenn es auf die Schule kommt und merkt, dass es ein Großteil der Dinge, die beigebracht werden, schon kann und niemand gewillt ist, auf weiterführendes einzugehen? Aber eine zu ablehnende Haltung der Schule gegenüber kann auch ziemlich problematisch werden, wenn das Kind sich dann allem verweigert.
Eine Idee, die ich kürzlich hatte, ist, sich mit anderen Eltern zusammen zu tun und eine Art Schülerladen zu gründen, wo die Kids sich nach der Schule treffen können, um zusammen sich dann Themen widmen zu können, die über den aktuellen Schulstoff hinausgehen, sowie gemeinsam Strategien zu entwickeln, eine Schule zu durchstehen, die einem nicht gerecht wird. Betreuen tun das dann die beteiligten Eltern reihum.

Sabine
alibaba

Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von alibaba »

Nette Idee - klingt gut. Würde mich sofort anschließen, nur wir wohnen leider alle ziemlich weit von einander entfernt und wild durcheinander.

Nun, ob ich vom Schulsystem nicht viel zu erwaten habe, das wird sich noch zeigen. Erfahrungen habe ich damit noch keine. Nur die aussage eines Rektors, der zugab, das gerade in der 1.Klasse Grundschule viele Dinge gelernt werden, die pfiffigere eben schon können. Zugegebener Maßen stelle ich mir da die Frage, warum es dann einem so schwer gemacht wird, sein Kind eher einzuschulen. Nun, es sei drum.

Letzten Endes sind wir es, die dem Kind beibringen müssen, eben alle Kinder in einer Klasse zu akzeptieren und es nicht immer nach der Nase der Pfiffigen geht. Ist wie im Kiga.

Liebe Grüße
Neckri
Moderator
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Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von Neckri »

@Lythande: Nun, es ist ja schon mal gut, dass darüber nachgedacht wird, das Schulsystem zu ändern... Nicht so gut ist, dass dann für die Umsetzung die nötigen Mittel fehlen...

@Alibaba: Was wir brauchen, das ist eine Schule, die genau so funktioniert, wie Kindergehirne ticken. Je weiter die Schulform von diesem (logisch erscheinenden) Paradigma weg ist, umso schrieriger und schleppender verläuft der Unterricht.

Beispiel 1:
Es ist Fakt, dass die Schüler in der frühen Kindheit bis zur Pubertät nicht so gut aus Fehlern lernen können. Aber: In den Klassenarbeiten werden die Fehler gewichtet. (Das Lernen aus Fehlern kommt aus der Welt der Erwachsenen, wo dies auch funktioniert.) Besser wäre ein Bewerten des Fortschritts. So ähnlich funktionieren Computerspiele mit ihren Punktescores - mit der Folge, dass die Kinder dort sehr motiviert sind, sich zu verbessern.

Beispiel 2: Aus dem obigen Besispiel ergibt sich eine wesentliche Bedingung für Motivation: Kinder sind von Natur aus wissbegierig, ehrgeizig und gewinnstrebig. Sie brauchen eine belohnende Rückmeldung ihrer Leistung - und nebenbei eine Empfehlung zur Fehlerverbesserung... Und nicht umgekehrt! Soziale Belohnung (Belobigung oder Bescheinigung des Fortschritts) ist das Antriebsmittel für Motivation. Die öffentliche Belobigung ist aber mittlerweile verpönt, weil Neid befürchtet wird. In der Schule wird aber bedenkenlos und öffentlich die soziale Bestrafung (Schimpfen, Einträge, Strafarbeiten) bei fehlender Motivation angewandt. Das nützt aber meistens nichts, weil - siehe (1) - Kinder nicht besonders gut aus Fehlern lernen können...

Beispiel 3:
Kinder wollen zwar stets beschäftigt werden, sind dabei aber recht sprunghaft und lebhaft. Aber: In der Schule werden die Themen so dargelegt, als säßen dort Erwachsene. Weder die 45-Minuten-Zyklen, noch die lineare Abarbeitung des Stoffs, noch die Art des synchronisierten Frontalunterrichts enspricht der Physiologie des Kindergehirns. Besser wären kleine Arbeitsgruppen aus ein paar ähnlich leistungsstarken Kindern an einem Tisch. Die Kinder einer Tischgruppe unterhalten sich (leise) über den Stoff und dürfen experimentieren. Alle zehn Minuten begutachtet ein Lehrer den Fortschritt und gibt neue Erklärungen und Instruktionen, die unmittelbar umgesetzt werden können.

Und so weiter... Ich weiß, ich weiß: Es gibt für manche dieser Punkte auch zuweilen eine gewisse Ideenentwicklung, weil ich ja nicht der Erste bin, dem das alles aufgefallen wäre. Aber es gibt insgesamt trotzdem eine Menge Schwachstellen des Systems, das einfach durch falsche Logistik im Umgang mit den Eigenheiten von Kindern herrührt. Man fragst sich natürlich, woher es kommen mag, dass ein fertig ausgebildeter Lehrer kaum etwas über Kindergehirne erfahren hat, obwohl er dieses wertvolle "Substrat" bearbeiten soll... Viel wichtiger wäre aber die Frage, wie man das Schulsystem so umformen kann, dass es einerseits den Kindern und andererseits dem Nervenkostüm der Lehrkräfte entgegenkommt...

Manchmal habe ich den Eindruck, als müsse man "Schule" neu erfinden...

Viele Grüße von

Neckri
keshali
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Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von keshali »

Habe gerade diese Seite gefunden:

http://www.mathe-projekt.ch/


Passt ja zum Thema hier, schau jetzt aber erst mal nach wie die aufgebaut ist.

Keshali
alibaba

Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von alibaba »

@neckri

Ja, da gebe ich Dir Recht und ich würde sofort mein Kind auf Deine Schule geben. Nur, ich frage mich, wo gibt es das?
Ich glaube eine/zwei gute Schulen gefunden zu haben. Die sind weder @heikew Privat noch stellen sie sich Schnelldenkern in den Weg. Das da sicherlich auch nicht alles so toll ist, davon gehe ich aus, aber zumindest hat sich schon mal jemand Gedanken in Richtung individuelle Förderung gemacht, auch für Schüler welche nicht so schnell mitkommen.

Um auf Dein Beispiel 3 zurückzukommen: Ist es nicht gegenüber dem leistungsschwächeren Kind nicht unfair ihn nicht mit in eine Gruppe der leistungsstärkeren zu geben? Kann nicht so ein Kind von den Klügeren lernen. Wo solle s das tun, wenn es in eine Gruppe kommt, die ganuso gut ist, wie er selber. wo ist da der Ehrgeiz, den ja, wie du selber geschrieben hast, in den Kindern noch vorhanden ist, bei positivem Feedback.

Ein Beispiel: Mein Großer traute sich nicht ins Wasser zu springen. Bis auf den Tag wo wir im Urlaub waren, mit einem kleinen hoteleigenen Bad. Da war ein Bub, gerade 5 geworden. Der schwamm und sprang wie ein "Alter" und gab mächtig damit an (zu Recht-das machte er ganz toll). Mein Großer sah dem Treiben und Necken 10 Minuten zu, er kämpfe mit sich am Beckenrand u n d SPRANG. Seit dem ist aus unserem eher zurückhaltenden Schwimmer ein Taucher und Springer geworden. Wenn der Bub nicht da gewesen wäre, würde Junior sehr wahrscheinlich immer noch etwas ängstlich im Babybecken planschen.

Ich denke daher, das alle Kinder die gelichen Chancen bekommen sollten, aber, um beim Thema zu bleiben, unsere leistungstarken Kids natürlich auch.

Wie hat mal eine Mama aus einem anderne Forum geschrieben. Ich mache die Förderung meiner Kinder selber und bin stolz darauf. Ich denke, etwas anderes wird uns nicht übrig bleiben. aber es ist auch schön über Utopia zu schreiben.

Liebe Grüße
Neckri
Moderator
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Re: Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von Neckri »

[quote=alibaba,18.11.2008 , 08:24]
Um auf Dein Beispiel 3 zurückzukommen: Ist es nicht gegenüber dem leistungsschwächeren Kind nicht unfair ihn nicht mit in eine Gruppe der leistungsstärkeren zu geben? Kann nicht so ein Kind von den Klügeren lernen. Wo solle s das tun, wenn es in eine Gruppe kommt, die ganuso gut ist, wie er selber. wo ist da der Ehrgeiz, den ja, wie du selber geschrieben hast, in den Kindern noch vorhanden ist, bei positivem Feedback. [/quote]

In meiner idealisierten Schulrealität würde es so aussehen, dass die Kinder nachgucken gehen, was am Nachbartisch gewerkelt wird... Das wäre auch so gewünscht und wäre das natürlichste Verhaltensmuster von neugierigen Kindern. Oder kannst du dir vorstellen, dass ein Kind freiwillig eine Dreiviertelstunde ruhig auf einem Stuhl sitzen bleibt...? - Wer würde so etwas denn von einem jüngeren Kind verlangen wollen?! - Das wäre doch so etwas von realitätsfern! - Oder...?!

Zur Zeit verbringt ein Lehrer einen Großteil seiner Energie mit dem Durchsetzen von Verhaltensweisen, die weder dem Lernstil, noch dem natürlichen Verhaltensmustern von Kindern entspricht...

Grüße von

Neckri

PS: @Heike - Nö, ich bin kein Sportreporter. Aber ich lasse zuweilen gerne meiner Fantasie freien Lauf. Auf neudeutsch könnte man auch "kreatives Denken" dazu sagen. Erstaunlicherweise hat das bei mir die Schulzeit überlebt...
keshali
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Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von keshali »

Hallo Neckri,

Ja, dass ist ein schönes Beispiel...aber (sorry) Kinderhirne lassen sich nicht so leicht einteilen wie Sprunghöhen und Körpergrößen.

Kinder ticken recht unterschiedlich und so kann es sein dass ein Kind in Mathe lauter Einser hat und vom Stoff eigentlich nichts kapiert hat.

Wie soll dass ein Lehrer bei all seinen Schülern wirklich herausfinden (ausser wenn es zu spät ist).

Oder der andere Schüler hat ständig "falsche" Ergebniss, aber nur weil er seiner eigenen Logik folgt....den Sinn der Mathematik hat er aber begriffen.

Hier die Sensoren der Lehrer schulen, oder brauchen Lehrer da nicht schon eine einzigartige Begabung?
Neckri
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Re: Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von Neckri »

[quote=keshali,18.11.2008 , 16:55]
Ja, dass ist ein schönes Beispiel...aber (sorry) Kinderhirne lassen sich nicht so leicht einteilen wie Sprunghöhen und Körpergrößen.[/quote]

Diese Simplifizierung besticht aber durch die leichtere Imaginierbarkeit dieser Analogie...

Als unsere Tochter so wie Claudias Wirbelwind früher zur Schule ging, hatte sie eine Lehrerin, die bemüht war, so eine Einteilung zu machen. Gemäß meiner Analogie war die Körpergröße das vorhandene Können und die Sprunghöhe der Einstiegspunkt im Stoff, der durchaus unterschiedlich für verschiedene Kinder war. Leider war das Konzept nicht durchgängig verfolgt worden, weil die Lehrkraft irgendwann wechselte. Aber der daraus folgende Unterschied in der seelischen Gesundheit von Töchterlein hatte mich sehr stark bewegt und zum Grübeln gebracht...

Viele Grüße von

Neckri
face-off
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Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von face-off »

Hey,das ist ja ne heiße Diskussion hier ;-)
So eine Lehrerin, die Neckris Tochter anfangs hatte,ist ein Traum. Jedes Kind da abzuholen,wo es grade steht,das wünschen sich wohl alle Eltern! Ich frage mich, ob die Lehrer so ausgebildet werden und es dann einfach aus Bequemlichkeit nicht umsetzen, oder ob sie nicht so ausgebildet werden und so ein Lehrer dann ein Glücksgriff ist.....

Ich habe mich bei unserer künftigen Schulleitung übrigens ganz unverfänglich informiert, wie den Kinder gehändelt werden,die außerhalb der Norm liegen. Die Infobroschüre über die NRW-Grundschulen,die man mir in die Hand drückte,sagt nämlich aus,dass klassenübergreifender Unterricht möglich sei.
Ja und tatsächlich gibt es in unserer zukünftigen Grundschule ein Kind, dass in der 2.Klasse im Fach Mathematik unterfordert ist und deshalb am Matheunterricht der 3. Klasse teilnehmen darf! Ich war darüber hoch erfreut und fühle mich nun wirklich gut aufgehoben dort.
Keine Schule, in der "nur" die Schwachen aufgefangen werden! Super! Also: es geht doch!!

Liebe Grüße Claudia
keshali
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Re: Re: Wir sind auf dem Weg...

Beitrag von keshali »

[quote=heikew,18.11.2008 , 17:41]

es entzieht sich meiner Kenntnis, wie ein Kind gerade in Mathe, lauter Einser haben kann und doch nichts verstanden haben soll. Für mich ist das ein Widerspruch in sich, da Mathe ja etwas mit Logik zu tun hat. Wer die nicht verstanden hat, kann glaube ich auch keine guten Noten bringen.

[/quote]


Ich lese mich gerade in dieses Thema ein, und dass waren Beispiele von sog. Experten (Leute die die Lehrer ausbilden).


Beispiel ein Mädchen (war es 1. Klasse oder 2. Klasse...weiß nicht mehr) hatte die Aufgabe 76 + 5 zu rechnen. Sie sucht sich eine Tabelle mit allen Zahlen drauf, sucht sich die Zahl die wie die 76 ausschaut und fährt mit den Finger 5 weiter....richtiges Ergebniss aber dass Prinzip Mathematik überhaupt nicht verstanden (kein Mengenverständniss).

Beispiel ein Junge (mit 4 Jahren glaube ich)....er zählt und geht dabei seine Schritte,....eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sie - ben,...er stutzt und geht weiter mit drei - zehn, vier - zehn, fünf - zehn usw..

Falsch gezählt? Nein, er hat für die zweisilbigen Zahlen zwei Schritte benutzt und weil zwischen 7 - 13 wieder einsilbige Zahlen sind hat er diese Zahlen ausgelassen, damit sein Rhythmus mit den Schritten nicht durcheinanderkommt.

Er hat das Prinzip der Mathematik erfasst.


Und eigentlich sollten Lehrer in der Beobachtung solcher Sachen geschult sein,...sollten.



@Neckri

Ich verstehe dich, aber wenn ich z.B. versuche die Fähigkeiten meiner Tochter zu verstehen, stehe ich im Moment auch wie ein Ochs vor dem verschlossenen Tor.
Aber das ist eine andere Geschichte, ich versuchte mir dann nur noch vorzustellen dass jetzt 20 Kinder da sind mit lauter verschiedenen Vorzügen, Stärken und Schwächen und die sind oft nicht so offensichtlich ausgeprägt.
Manchmal muß man mühsam hinter die Kulissen schauen,...einiges ist so groß dass man nur den Ausschnitt erkennt.
Lehrer sein ist nicht leicht. :)
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