Bliss hat geschrieben:Maca hat geschrieben:Sorry, hier muß ich mal reingrätschen, weil ich nicht glaube, dass die existenzielle Sinnsuche mehr mit hoher Gesamtintelligenz korreliert als mit individuellen Charaktereigenschaften und dem jeweiligen sozialen Kontext.
Das wäre auch meine Beobachtung.
Ich finde hier keine Aussage, wonach die existenzielle Sinnsuche mehr mit hoher Gesamtintelligenz korriliert als mit individuellen Charaktereigenschaften und dem jeweiligen sozialen Kontext.
Meine eigene Beobachtung dazu aus der Sicht eine HB-Kindes unter verschiedenen sozialen Kontexten ist aber trotzdem folgende: obwohl auch in dem halben Jahr, wo ich die höhere Schule besucht habe, keine meiner Mitschülerinnen (wir waren eine reine Mädchenklasse) auch nur annähernd ähnliche Hobbys hatte wie ich, habe ich mich dort wohl und angenommen gefühlt. Das war davor an der Hauptschule und danach im polytechnischen Lehrgang und in der Berufsschule nicht der Fall. Denn in der höheren Schule wurde mein Interesse für Astronomie und Lyrik nie belächelt oder "runtergemacht", weil andere Kinder auch nicht ganz "gewöhnliche" Interessen hatten (z.B. Anatomie, Psychologie oder Mythologie). In den anderen Schulformen war ich alleine durch die Bücher, die ich las, schon eine Außenseiterin. In der Hauptschule war ich die letzten 1 1/2 Schuljahre im Internat. Da wurde es SEHR seltsam aufgenommen, dass meine Literatur damals unter anderem aus Gedichtbänden von Erich Kästner und Berthold Brecht, einem Sternenkunde-Altas und einer Napoleon-Biografie (für Erwachsene) bestand.
Dann, bei meinem kurzen Gastspiel in der höheren Schule, waren - wie schon beschrieben - meine speziellen Interessen kein Problem. Auch wenn sie niemand genau geteilt hat, wurden sie anerkannt, und ich hatte nie das Gefühl, was von meinen Gedanken oder Gefühlen in dieser Klasse NICHT sagen zu dürfen.
Danach, im polytechnischen Lehrgang (kein Internat) habe ich hingegen nie über meine Interessen gesprochen - mir war klar, dass ich damit gar nicht anzufangen brauche. Ich habe sogar beim Buch-Referat in der Klasse ein unverfängliches Kinderbuch (das mich nicht mal sonderlich interessier hat) besprochen, um nicht unangenehm aufzufallen. Da war ich schon alt genug, die soziale Erwartungshaltung zu verstehen, und mich anzupassen.
In der höheren Schule wäre meine Wahl sicher auf ein ganz anderes Buch gefallen. In der Berufsschule, wo ich wieder im Internat untergebracht war, war es wieder schwieriger, denn ich konnte meine Bücher dort ja schlecht verstecken oder heimlich lesen (8-Bett-Zimmer). Da habe ich sogar mal mitbekommen, wie sich meine Zimmerkameradinnen, als sie dachten, ich würde schon schlafen, gemeinsam über meine "komischen" Bücher mokiert haben...
Man kann jetzt sagen es ist reiner Zufall, dass die soziale Akzeptanz und Toleranz an jener Schule, die sich eher an die begabteren Kinder richtet, deutlich höher war als an den Schulformen für eher durchschnittlich begabte Kinder. Das glaube ich aber nicht.
Dabei geht es gar nicht um den Freund oder die Freundin, mit der man die eigenen Interessen besprechen kann. Diese habe ich heute, als Erwachsene, auch nicht! Aber ich habe ein tolerantes Umfeld, welches mich so nimmt, wie ich bin, und wo ich nicht ständig aufzupassen brauche, dass ich nicht in ein Fettnäpfchen trete, wenn ich doch mal was von meinen Interessen erwähne. Ich sammle z.B. sein 40 Jahren Briefmarken. Obwohl in meinem Freundeskreis niemand dieses Hobby teilt, wird es nicht lächerlich gemacht. Und wenn ich mal eine besondere Marke für meine Sammlung ergattere freuen sich meine Freundinnen mit mir, obwohl sie keine Ahnung von Briefmarken haben. Genauso freue ich mich mit einer Freundin, die jetzt eine gute Therapeutin für eine "Körpertherapie" gefunden hat, und sehr zufrieden damit ist. Ich habe zwar keine Ahnung wozu man eine Körpertherapie braucht (obwohl ich meiner Freundin gut zuhöre, wenn sie mir was davon erzählt), aber ich merke, dass es IHR wichtig ist und gut tut, und daher freut es mich für sie.
DIESE Form der Toleranz hat - zumindest meiner Beobachtung nach - sehr wohl mit Intelligenz zu tun. Nicht, dass nur begabte oder hochbegabte Personen so eine Haltung einnehmen - aber sie ist unter intelligenten Menschen eben häufiger anzutreffen als unter weniger intelligenten Menschen.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)