mavita hat geschrieben:Hallo,
ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin,... Vielleicht habe ich mich auch einfach nur in etwas verrannt,.. oder die Lehrer haben mich beim letzten Elterngespräch auf die falsche Fährte geführt,..
Tochter, bald 10 Jahre, besucht die 4VS-Klasse. Sie war immer schon ein sehr aufgewecktes Mädchen, das immer unendlich viele Fragen hatte, konnte sehr früh fehlerfrei und flüssig lesen. Hat ganz normal Freunde und fühlt sich auch in der Schule wohl. Sie beherrscht die Rechtschreibung, macht so gut wie keine Fehler, rechnet ebenso fehlerfrei. Hausarbeiten sind immer in kürzester Zeit erledigt. In ihrer Freizeit, spielt sie 2 Instrumente, liest Unmengen an Büchern und ist sehr sportlich - auch im Verein.
Es mag sich wie ein Luxusproblem anhören, aber vielleicht findet sich jemand wieder oder kann mir einen Rat geben.
Sie war immer schon sehr verträumt, sie verzettelt sich in Kleinigkeiten. Ihr Kopf ist kaum bei nur einer Sache - deswegen wundert mich es ja auch, wie sie es schafft schulische Aufgabenstellungen so gut zu lösen. Sie macht ihre Übungen in der Schule super schnell fertig, damit sie dann ihren kreativen Geist ausleben kann. Sie malt dann besonders schön aus, sie bastelt sehr gerne und detailverliebt oder liest zusätzlich Bücher aus der Bibliothek. Sie vergisst liebend gern auf Dinge, die sie mitnehmen soll, hat ihr Zeitmanagement überhaupt nicht im Griff. Wenn ich sie auf etwas hinweise, das sie vielleicht anders machen sollte, hat sie es im nächsten Moment schon vergessen. Beim über die Straße Gehen vergisst sie auch jetzt noch auf das Links und Rechts schauen.
Beim letzten Elterngespräche haben mich die Lehrer gefragt, ob ich damit einverstanden wäre, wenn sie ihr zusätzliche und vom Schwierigkeitsgrad andere Arbeitsblätter geben würden. Das lehnt sie ab - weil ihr eben das Gekritzel und Gebastel wichtiger ist. Aber soll ich in so einer Situation überhaupt meine Tochter fragen?
Kann dieses "mit den Gedanken immer woanders sein" auf Hochbegabung hinweisen? Hat es einen Sinn sie testen zu lassen- oder würde das sowieso keinen Unterschied bei der Förderung machen? Soll ich sie überhaupt fördern? Sie möchte z.B. nicht einmal aufs Gymnasium weil alle ihre Freunde eine andere Schule besuchen (die ist näher unserem Wohnort - wir wohnen auf dem Land) - obwohl sie bis jetzt jede Schularbeit fehlerfrei gelöst hat. Aber irgendwann muss ja auch die Schule für sie wichtig werden und nicht nur als "Nebenfach" in ihrem Leben gelten? Und würde mit mehr Augenmerk auf wesentliche Dinge ihre Verträumtheit und Gedankenverlorenheit ein wenig zurückgehen?
Ich freue mich auf eure Einschätzungen und bin schon sehr neugierig auf euer Antworten.
Vielen Dank
Susanne
Hallo Susanne,
es gibt so eine schöne Redewendung von Programmierern:" never change a running system!". Nach diesem Prinzip würde ich vorgehen.
Es gibt viele begabte und auch hochbegabte Kinder, die mit unserem Schulsystem gut klar kommen und nicht mal als besonders begabt auffallen. Sie geben sich mit dem Stoff in der Schule zufrieden und füllen den kognitiven Leerlauf mit Hobbies. So wie dein Kind. WEnn dein Kind garkein Interesse an weiterführenden Aufgaben hat, dann sollte man es ihr, finde ich zumindest, auch nicht auf"zwingen". Den wenigsten Kindern ist Schule insofern "wichtig", dass sie sich des Sinnes gute/sehr gute Noten zu schreiben um JEDEN Preis (weniger Freizeit für Hobbies und Freunde) ergeben und immer fleißíg lernen. Vor allem, wenn sie es nicht MÜSSEN, da im Unterricht vor sich hinträumen reicht, um gute bis sehr gute Leistungen zu bringen
. Natürlich gibts diese ehrgeizigen, fleißigen Kinder. Aber das müssen a) nicht zwangsläufig die hochbegabten Kinder sein und b) ist das echt die Minderheit und c) stecken dahinter meist überehrgeizige Eltern.
Mein Neffe ist so ein nachweislich höchstbegabtes (wurde durch Zufall entdeckt, da er an einer Studie teilnahm)Kind, das nie Probleme in der Schule hatte (und hat) und dem auch Noten immer wichtig waren, er aber nie viel dafür tun musste und einfach gut durchgerutscht ist. Er hat nie eine Klasse übersprungen und ist in der Schule auch nie sozial unangenehm aufgefallen. Er hat, seltenst auf Tests gelernt. Anfangs hat sein Vater auch noch dazu motiviert und der Sohn meinte immer wieder:2 Papa, ich kann das doch alles, für was soll ich denn lernen?" Und er hatte Recht. Hector-Akademien wurden ihm vom Lehrer "aufgeschwatzt", Neffe fand die Kinder dort aber doof und wollte nicht mehr hin. Er spielt Schach, fechtet, und schauspielert, ist sehr gut sozial intergriert, sehr ausgeglichen und wird wohl ein 1,0-er Abi haben (dieses Jahr).
Und dann gibt es so Kinder wie meins
: intellektuell heterogen begabt (sprich: in Teilbereichen ist er so hochbegabt, dass er die Tests deckelt (er ist oben an der Testskala angekommen, weiter kann nicht gemessen werden, da Vergleichswerte zu gering) und in anderen (wenigen) Bereichen ist der Durchschnitt, wieder in anderen Bereichen ist er deutlich überdurchschnittlich aber nicht hochbegabt))...Mein Sohn schlug im Kindergarten im Vorschulalter das erste Mal "quer" und ist sozial, wie kognitiv auffällig. Hier musste von unserer Seite aus gehandelt werden. Daher waren wir bei der Diagnostik, das erste Mal vorletztes Jahr, das zweite Mal vor 2 Wochen (Verhalten wurde schlimmer seit Schulbeginn) und er wurde getestet.
"Ohne Grund", nur um zu wissen, ob oder ob nicht, hätten wir die Diagnostik und den Intelligenztest nicht gemacht. Man sollte sich, bevor man sich entscheidet, das Kind testen zu lassen, klar darüber werden, was man sich davon erhofft, wozu man es wissen möchte. Wenn es NUR Neugierde ist, dann würde ich es lassen. Mögliche Gründe für eine Testung sind: Schulwahl, Verhaltensauffälligkeiten bei offensichtlich kognitiv weit entwickeltem Kind, Herausfinden der Stärken und Schwächen des Kindes (Beschulung, Schulübertritt, Ausbildung?!), etc.pp.
Rein aus deinen Beschreibungen handelt es sich bei deiner Tochter in jedem Fall um ein begabtes Kind. Ob tatsächlich die magische Grenze von 130IQ-Punkten geknackt würde, das zeigt eben nur ein Test. Aber ist das relevant?
Die Frage ist doch immer: was wünsche ich mir für mein Kind? Im Grunde wünschen sich alle Eltern doch das eine: das Kind soll glücklich und zufrieden sein. Und dein Kind ist, nach deiner Beschreibung zu urteilen beides. Dass sie ein wenig verbummelt und verträumt ist, so what! Jedes Kind hat seine Macken, ganz unabhängig von der Begabung
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Liebe Grüße,
Meine3
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.