koala27 hat geschrieben:Hallo Rabaukenmama,
schön wieder von Euch zu lesen

Es klingt so, als würde die Schule sich wirklich richtig kümmern um deinem Sohn das Einleben zu erleichtern. Dann hatte euer ganzer Hick hack zumindest etwas Gutes im Nachinein.
Kann dein Sohn schon sagen, ob es Stunden gibt, die ihm Spaß machen? Oder ob er neue Fächer interessant findet? Ist die Klasse sehr groß?
Das mit der Schulbegleiterin finde ich super-- beim Kurzen ( gerade eingeschult) ist eine FÖJlerin in der Klasse, die wohl auch einen Jungen extra unterstützen soll- sich aber auch ganz lieb um die anderen Kids kümmert, sobald sie die Möglichkeit hat--- scheinbar haben sie hier eben keine Schulbegleiterin für den Jungen gefunden und es nun so gelöst.
Ich weiß aber auch nicht, warum der Junge eine bekommen hat- durch Corona bekommt man ja weniger mit als sonst- und bei der Einschulung ist mir nur ein Kind aufgefallen, was sehr extrem unruhig und laut war-- aber ob der Junge das ist, der Hilfe braucht- keine Ahnung.
Ich drücke euch die Daumen, dass Dein Sohn sich wieterhin immer mehr einleben kann

Hallo koala27!
Ja, ich habe auch das Gefühl, dass von Seiten der Schule insgesamt sehr großes Interesse da ist, meinen Sohn bestmöglich in seine Klasse zu integrieren. Ich bin auch froh, dass er zumindest zeitweise eine Schulbegleitung hat und hoffe, dass ICH mich noch besser an sie gewöhnen kann. Mein Sohn mag sie recht gern. Mir kommt sie - rein subjektiv - ziemlich unsicher und auch nicht unbedingt empathisch vor. Aber vielleicht ist es gerade das, was mein Sohn braucht. Bisher hatte er ja immer das Glück, an Lehrer oder Hortbetreuer zu geraten, die ihn ehrlich von Herzen gemocht haben. Dieses Gefühl habe ich bei dieser Schulbegleiterin nicht - er scheint für sie ein "Fall" zu sein, mehr nicht. Aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert und ich bin froh, dass mein Sohn in diesem Ausmaß Unterstützung bekommt und werde erst mal abwarten, wie es weiter geht.
Wegen "welcher Junge braucht in dieser Klasse Hilfe" - das ist nicht immer das auffälligste Kind der Klasse. Gerade bei Autismus gibt es viele Kinder, die sich in der Klasse vorbildlich benehmen, extrem kompensieren und dann zu Hause sprichwörtlich "die Sau rauslassen". Auch bei Autismus-Diagnostik wird leider sehr oft der Fehler gemacht, die "Schwere" des Autismus an der Auffälligkeit des Kindes zu messen. Demnach wäre ein sehr auffälliges Kind (unruhig, laut, störend) von Autismus schwer betroffen, während bei einem angepassten Kind - wenn überhaupt - nur eine "leichte" Form vorliegen kann. Aber tatsächlich ist es oft ganz anders.
Bei Autismus gibt es viele Missverständnisse sozial-emotionaler Art. Beispiel: Ein anderes Kind im Hort sagt zu meinem Sohn "Heute gibt es Spaghetti zum Mittagessen!" - und mein Sohn knurrt dieses Kind an "Hör auf, mich zu provozieren". Nachgefragt, warum er sich provoziert fühlt, meint mein Sohn "Warum sagt mir der, dass es heute Spaghetti gibt? Hier hängt doch der Speiseplan! Ich kann selbst lesen, das weiß der xxx! Der sagt das bestimmt, weil er mich ärgern will!". So schaut ein typisch autistisches Missverständnis aus. Mein Sohn knurrt als Reaktion das andere Kind an, das ist zwar unfreundlich, aber nicht extrem auffällig. Ein anderes Kind, welches sich in ähnlicher Weise missverstanden fühlt, schlägt vielleicht zu, das ist natürlich auffälliger. Ein drittes Kind dreht sich beim gleich Missverständnis wortlos um und denkt stundenlang darüber nach, warum das andere Kind es provozieren wollte...das ist sehr unauffällig und niemand würde als Außenstehender auf die Idee kommen, dass dieses Kind genauso dringend Hilfe braucht wie das Kind, welches zuschlägt.
Ich hoffe, das verständlich erklärt zu haben. Bei Autismus ist das, was man nach außen hin sieht, meistens nur die Spitze des Eisberges. So hat sich mein Sohn z.B. am 2. Schultag am schlimmsten "aufgeführt" und Hauptursache war, dass er sich durch das vor ihm auf dem Tisch stehende Namensschild bloßgestellt gefühlt hat. Ohne Gespräch wäre niemand darauf gekommen, aber dann konnte ich die Sache mit ihm besprechen und er war - wie immer, wenn man im Nachhinein was bespricht - sehr offen und einsichtig. Wenn mal klar ist, was dahinter steckt, ist es bei meinem Sohn einfach, Missverständnisse aufzuklären. Und wenn das auch den Lehrern und Betreuern klar ist kann man vieles im Vorfeld vermeiden. In der Grundschule war mein Sohn die letzten beiden Jahre auch ohne Schulbegleitung nicht besonders auffällig. Auch im Hort ist er sehr gut zurecht gekommen. Und wider meinem Erwarten hat es auch in der Ferienbetreuung (wo er im Sommer 2 Wochen war) erstaunlich gut geklappt. Ich habe nicht damit gerechnet, dass der Schulwechsel völlig problemlos über die Bühne geht, war aber dann doch von Ausmaß der Schwierigkeiten schockiert, weil man so was eben nicht vorhersehen kann.
Es sind ganz viele Punkte, die meinen Sohn stören. So ist er z.B. in seiner alten Klasse in der Pausen immer auf seinem Platz sitzen geblieben, während die anderen Kinder in den Gängen und im Hof waren, und hat in Ruhe seine Comics gelesen. In der neuen Klasse müssen wegen Corona ALLE Kinder in ALLEN Pausen raus in den Hof - und mein Sohn hat dadurch seine Relax-Zeit verloren - um nur eine Sache zu nennen.
Stunden, die meinem Sohn Spaß machen, gibt es noch nicht. In Englisch hat er z.B. komplett verweigert. Seine Lehrerin meinte, er hätte das komplette erste Kapitel verpasst. Als ich nachgefragt habe, was das gewesen sein, war die Antwort "Die Zahlen, die Farben und Vorstellungsfloskeln" - naja, da war mir klar, warum mein Sohn da nicht mitmachen wollte (das hat er schon mit 4 Jahren gekonnt). Aber die Lehrerin war offen und meinte, wenn er wirklich so gut in Englisch sei, würde er zukünftig "Expertenaufgaben" bekommen - ein tolles Entgegenkommen, mit dem ich gar nicht gerechnet hatte

. Vor allem muss er nicht VORHER allen langweiligen, längst bekannten Stoff durchmachen sondern bekommt die Expertenaufgaben STATT den Farben und den Zahlen

. Da bin ich echt gespannt, ob ihm das dann doch gefallen wird!
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)