Re: ...wieder das Thema Klassensprung
Verfasst: Sa 11. Jul 2020, 10:31
...ich kann deine Bedenken nachvollziehen, total. Ich habe mein Nummer zwei ja auch aus lauter Bedenken dann nicht vorzeitig eingeschult, weil sie "nur" knapp über 120 lag und laut Beratungsstelle damit bei einer vorzeitigen Einschulung eventuell später ihren Vorsprung einbüßen würde, wenn es ans Gymnasium geht und sie dann eben 1-1,5 Jahre jünger wäre.
Die Beratungsstelle meinte, für einen erfolgreichen Gymnasium wäre ein IQ von ca. 115 gut, das wäre da so der Durchschnitt.
Ich hab dann sogar noch alle möglichen Studien recherchiert, wie erfolgreich vorzeitige Einschulungen sich langfristig (gesamte Schullaufbahn) bewähren. (Ergebnis: nicht eindeutig vorherzusagen. Es gibt Studien, die eher auf Probleme deuten, mehr Abbrüche, Rückstellungen, schlechtere Noten. Es gibt aber auch Studien, die sagen, dass es oft erfolgreich war/ist. Oft wird aber dabei nicht eindeutig unterschieden, ob es ich um wirklich Hochbegabte handelte oder es um Hochstufungen auch nur aufgrund von guten Leistungen ging.)
Wie man hier inzwischen wohl auch gemerkt hat, bin ich eine Zweifelerin, die am liebsten immer auf Nummer sicher gehen will und alles möglichst vorhersagbar hätte. Also glaub mir, ich verstehe dich.
Aber ich bleibe aus meiner Erfahrung heraus, eben oft NICHT mutig genug gewesen zu sein, bei meiner Meinung, dass ihr es probieren solltet.
Was ich dabei besonders schwer wiegend finde ist, dass die Lehrerin und Schule dahinterzustehen scheinen. Du musst dich nicht gegen sie durchsetzen, nichts durchrücken, da keine Widerstände überwinden. Du kannst dich sogar ein bisschen auf deren Empfehlung ausruhen und musst die Verantwortung nicht allein schultern.
Ansonsten: Es kommt eh IMMER anders, als gedacht.
Bei meiner Kleinen war es FÜR DIESES JAHR wohl richtig sie nicht einzuschulen. Das war aber eher den völlig umvorgesehen Umständen zu verdanken: durch Corona musste sie nicht in den ungeliebten Kindergarten. (Sie geht sie jetzt seit 1 Woche wieder, hat sich zuletzt sogar drauf gefreut, allerdings unter der Prämisse, nur bis mittags hin zu müssen. Nach einer Woche jetzt mag sie schon wieder nicht mehr hin...)
Wie es in der Grundschule aussieht - mal sehen. NOCH ist sie sehr motiviert, auch bereit Dinge zu üben und einzuüben, sehr gut an der Geige zu sehen.
Sie ist auch von Typ her anders, als die Schwester. Und wird auf eine andere, forderndere Grundschule gehen.
Trotzdem werde ich das im Auge behalten und halte die Gefahr, dass die Lernbereitschaft bei zu niedrigen Anforderungen dauerhaft leidet, auch bei ihr für ziemlich real.
Wie gesagt - ich hab das alles erlebt an der Großen.
Die letzten Wochen übrigens scheint sie die richtigen Schlüsse für sich gezogen zu haben. Ich hoffe, da bewegt sich jetzt was.
Sie hat bspw diesmal für Mathe sehr fleißig und strukturiert gelernt und es war von Erfolg gekrönt, sie hat einige Schulprojekte und Aufgaben gehabt, auf die sie eigentlich null Bock hatte, hat sie dann doch ganz gut gemacht und auch wenn sie es noch nicht zugeben würde - ich habe deutlich gesehen, dass sie daran sogar ein kleines bisschen Freude gefunden hat. Es geht um das Gefühl, wirklich etwas geleistet zu haben.
Ein Plakat zur Geschichte unsere Stadt hat sie sich beispielsweise an die Wand gehängt; Mathe hat sie ohne Aufforderung und Drängen meinerseits gelernt und zu "Lehrer Schmidt" sogar gesagt, das wäre so ja fast interessant; mein Hinweis, dass sie mit so chaotischen Heftern und Schrift, wie sie es zuletzt hatte, in Teufels Küche kommen wird, hat dazu geführt, dass sie sich die letzten Tage und Wochen erkennbar um mehr Ordnung bemüht etc pp.
Die letzte Mitschrift in Mathe hab ich erst für eine Seite eines Klassenkameraden gehalten, denn sie war unglaublich übersichtlich und ordentlich geführt und nicht vergleichbar mit dem Gekrakel und Geschmiere vorher.
In der Grundschule wurden ihre Schrift und die chaotischen Niederschriften NIE bemängelt, weil die Leistungen ja trotzdem stimmten!
Sie hat sich dort sogar, wie ich erst jetzt im Homeschooling bemerkt habe, eine falsche Stifthaltung angewöhnt, obwohl ich sicher weiß, dass sie den Stift vor der Schule schon ewig lang richtig gehalten hat!
Da wurde in der Grundschule nicht drauf geachtet, ich selbst habs nie mitbekommen, weil die HAs ja erst im Hort, später von ihr komplett allein gemacht wurden...
Das meisten davon führe ich drauf zurück, dass es alles nur so vor sich hinplätscherte in der GS und es trotzdem immer einfach so lief. Sie brauchte für schulische Aufgaben keine Aufmerksamkeit von niemandem und hat auch keine bekommen. Lief ja alles von allein... und ich hab mich noch drüber gefreut.
Das Ergebnis bekommen wir jetzt zu spüren:
Sie hat weder das Lernen, noch ordentliche und strukturierte Heftführung gelernt. Sie musste sich nie anstrengen, um gute Leistungen zu erbringen und kann darum nicht damit umgehen, wenn sie mal nicht was gleich versteht. Sie kommt gar nicht auf die Idee, dass man dagegen was unternehmen kann, nein sie denkt, entweder man kann etwas nahezu gleich oder man ist dafür schlicht zu dumm.
Und das Schlimmste - sie hat auch bisher nicht erlebt, dass Lernen auch Freude machen kann. Zwar erlebt sie das in der Freizeit, aber eben nur anhand der Themen, die sie selbst begeistern.
Aber auch das Lernen bzw Erarbeiteten von Stoff, der einen gerade mal nicht sooo interessiert, kann befriedigend sein. Oft entdeckt man dann ja erst im Prozess, dass das Ganze ja doch ganz interessant sein kann.
Zwar kann sie das alles jetzt sicherlich nachholen, aber es ist ein "schmerzhafter" Prozess, wie wir gerade erleben.
Das letzte Schuljahr hat da meine Perspektive etwas geändert - weg von Hauptsache ist "erste Hilfe gegen die Unterforderung", um ein Kind aus einem Tief zu holen, hin zu "langfristig negativen Folgen vorbeugen".
Und genau da sehe ich das dicke fette PRO für eure aktuelle Entscheidung.
Auch wenn es JETZT gerade ganz gut läuft, würde ich diese Chance genau aus dem letzen Grund nicht vertun!
(Ich fand übrigens beim Kind auch lange, dass es doch an sich, bis auf das bisschen Schulunlust, eigentlich ganz gut läuft. Die Leistungen stimmten, ist doch alles gut.
Aber die Folgen ständiger Unterforderungen treten zeitversetzt auf. Das macht sich erst nach einer ganzen Weile bemerkbar.
Und wie gesagt - vergiss nicht, dass dein Sohn jetzt lange gar keinen normalen Schulalltag hatte!
Die Beratungsstelle meinte, für einen erfolgreichen Gymnasium wäre ein IQ von ca. 115 gut, das wäre da so der Durchschnitt.
Ich hab dann sogar noch alle möglichen Studien recherchiert, wie erfolgreich vorzeitige Einschulungen sich langfristig (gesamte Schullaufbahn) bewähren. (Ergebnis: nicht eindeutig vorherzusagen. Es gibt Studien, die eher auf Probleme deuten, mehr Abbrüche, Rückstellungen, schlechtere Noten. Es gibt aber auch Studien, die sagen, dass es oft erfolgreich war/ist. Oft wird aber dabei nicht eindeutig unterschieden, ob es ich um wirklich Hochbegabte handelte oder es um Hochstufungen auch nur aufgrund von guten Leistungen ging.)
Wie man hier inzwischen wohl auch gemerkt hat, bin ich eine Zweifelerin, die am liebsten immer auf Nummer sicher gehen will und alles möglichst vorhersagbar hätte. Also glaub mir, ich verstehe dich.
Aber ich bleibe aus meiner Erfahrung heraus, eben oft NICHT mutig genug gewesen zu sein, bei meiner Meinung, dass ihr es probieren solltet.
Was ich dabei besonders schwer wiegend finde ist, dass die Lehrerin und Schule dahinterzustehen scheinen. Du musst dich nicht gegen sie durchsetzen, nichts durchrücken, da keine Widerstände überwinden. Du kannst dich sogar ein bisschen auf deren Empfehlung ausruhen und musst die Verantwortung nicht allein schultern.
Ansonsten: Es kommt eh IMMER anders, als gedacht.
Bei meiner Kleinen war es FÜR DIESES JAHR wohl richtig sie nicht einzuschulen. Das war aber eher den völlig umvorgesehen Umständen zu verdanken: durch Corona musste sie nicht in den ungeliebten Kindergarten. (Sie geht sie jetzt seit 1 Woche wieder, hat sich zuletzt sogar drauf gefreut, allerdings unter der Prämisse, nur bis mittags hin zu müssen. Nach einer Woche jetzt mag sie schon wieder nicht mehr hin...)
Wie es in der Grundschule aussieht - mal sehen. NOCH ist sie sehr motiviert, auch bereit Dinge zu üben und einzuüben, sehr gut an der Geige zu sehen.
Sie ist auch von Typ her anders, als die Schwester. Und wird auf eine andere, forderndere Grundschule gehen.
Trotzdem werde ich das im Auge behalten und halte die Gefahr, dass die Lernbereitschaft bei zu niedrigen Anforderungen dauerhaft leidet, auch bei ihr für ziemlich real.
Wie gesagt - ich hab das alles erlebt an der Großen.
Die letzten Wochen übrigens scheint sie die richtigen Schlüsse für sich gezogen zu haben. Ich hoffe, da bewegt sich jetzt was.
Sie hat bspw diesmal für Mathe sehr fleißig und strukturiert gelernt und es war von Erfolg gekrönt, sie hat einige Schulprojekte und Aufgaben gehabt, auf die sie eigentlich null Bock hatte, hat sie dann doch ganz gut gemacht und auch wenn sie es noch nicht zugeben würde - ich habe deutlich gesehen, dass sie daran sogar ein kleines bisschen Freude gefunden hat. Es geht um das Gefühl, wirklich etwas geleistet zu haben.
Ein Plakat zur Geschichte unsere Stadt hat sie sich beispielsweise an die Wand gehängt; Mathe hat sie ohne Aufforderung und Drängen meinerseits gelernt und zu "Lehrer Schmidt" sogar gesagt, das wäre so ja fast interessant; mein Hinweis, dass sie mit so chaotischen Heftern und Schrift, wie sie es zuletzt hatte, in Teufels Küche kommen wird, hat dazu geführt, dass sie sich die letzten Tage und Wochen erkennbar um mehr Ordnung bemüht etc pp.
Die letzte Mitschrift in Mathe hab ich erst für eine Seite eines Klassenkameraden gehalten, denn sie war unglaublich übersichtlich und ordentlich geführt und nicht vergleichbar mit dem Gekrakel und Geschmiere vorher.
In der Grundschule wurden ihre Schrift und die chaotischen Niederschriften NIE bemängelt, weil die Leistungen ja trotzdem stimmten!
Sie hat sich dort sogar, wie ich erst jetzt im Homeschooling bemerkt habe, eine falsche Stifthaltung angewöhnt, obwohl ich sicher weiß, dass sie den Stift vor der Schule schon ewig lang richtig gehalten hat!
Da wurde in der Grundschule nicht drauf geachtet, ich selbst habs nie mitbekommen, weil die HAs ja erst im Hort, später von ihr komplett allein gemacht wurden...
Das meisten davon führe ich drauf zurück, dass es alles nur so vor sich hinplätscherte in der GS und es trotzdem immer einfach so lief. Sie brauchte für schulische Aufgaben keine Aufmerksamkeit von niemandem und hat auch keine bekommen. Lief ja alles von allein... und ich hab mich noch drüber gefreut.
Das Ergebnis bekommen wir jetzt zu spüren:
Sie hat weder das Lernen, noch ordentliche und strukturierte Heftführung gelernt. Sie musste sich nie anstrengen, um gute Leistungen zu erbringen und kann darum nicht damit umgehen, wenn sie mal nicht was gleich versteht. Sie kommt gar nicht auf die Idee, dass man dagegen was unternehmen kann, nein sie denkt, entweder man kann etwas nahezu gleich oder man ist dafür schlicht zu dumm.
Und das Schlimmste - sie hat auch bisher nicht erlebt, dass Lernen auch Freude machen kann. Zwar erlebt sie das in der Freizeit, aber eben nur anhand der Themen, die sie selbst begeistern.
Aber auch das Lernen bzw Erarbeiteten von Stoff, der einen gerade mal nicht sooo interessiert, kann befriedigend sein. Oft entdeckt man dann ja erst im Prozess, dass das Ganze ja doch ganz interessant sein kann.
Zwar kann sie das alles jetzt sicherlich nachholen, aber es ist ein "schmerzhafter" Prozess, wie wir gerade erleben.
Das letzte Schuljahr hat da meine Perspektive etwas geändert - weg von Hauptsache ist "erste Hilfe gegen die Unterforderung", um ein Kind aus einem Tief zu holen, hin zu "langfristig negativen Folgen vorbeugen".
Und genau da sehe ich das dicke fette PRO für eure aktuelle Entscheidung.
Auch wenn es JETZT gerade ganz gut läuft, würde ich diese Chance genau aus dem letzen Grund nicht vertun!
(Ich fand übrigens beim Kind auch lange, dass es doch an sich, bis auf das bisschen Schulunlust, eigentlich ganz gut läuft. Die Leistungen stimmten, ist doch alles gut.
Aber die Folgen ständiger Unterforderungen treten zeitversetzt auf. Das macht sich erst nach einer ganzen Weile bemerkbar.
Und wie gesagt - vergiss nicht, dass dein Sohn jetzt lange gar keinen normalen Schulalltag hatte!