Rabaukenmama hat geschrieben:
Das tut mir sehr leid und es war nicht so gemeint. Außerdem war es Unsinn, denn ob man sich viele oder wenige Sorgen um die Zukunft macht hängt nicht davon ab, wie ausgelastet man im Alltag ist. Das war ganz blöd von mir geschrieben, sorry

! Wenn ich es jetzt im Nachhinein lese sehe ich das auch klar, aber ich vermute dass mich die letzten Tage irgendwie des klaren Denkens beraubt haben. Denn nach einer sehr langen, guten Phase war mein jüngere Sohn wieder einmal extrem anstrengend und fordernd und ich merke, wie ich das nicht mehr gewohnt bin und in ein schwarz/weiß-Denken verfalle, welches ich im "Normalzustand" nicht habe.
Hallo liebe Rabaukenmama,
Entschuldigung angenommen

. Ich habe auch totales Verständnis für deinen Gemütszustand. Es tut mir sehr leid, dass der Kleene grade wieder rabaukt. Hast du denn aktuell noch Unterstützung in Form von therapeutischen Sitzugen oder ähnliches? Ich finde dich sehr tapfer und kann nur zu gut verstehen, dass du nach solchen Tagen dann eher mal "ungehalten" reagierst

. Alles gut.
Hier möchte ich nochmal nachhaken: eine Diagnose bringt keinerlei Verpflichtung zur Offenlegung mit sich. Ich habe mich bewusst entschieden, offen mit den Diagnosen meiner Kinder umzugehen, aber ich kenne auch Eltern, wo "es" im persönlichen Umfeld niemand weiß. Persönlich bin ich ja der Meinung, dass eine Diagnose dann nicht wirklich notwendig ist, wenn das Kind sich meistens wohl fühlt und in einem Umfeld lebt, wo es anerkannt und wertgeschätzt wird, wie es ist. Außerdem sollte es natürlich nicht ständig wo "anecken" und Schwierigkeiten haben bzw. machen. Bei deiner Beschreibung deines Sohnes werde ich da nicht ganz schlau. Denn es kommt manchmal so rüber als hätte er durchaus auffällige soziale Defizite, andererseits ist die Schule mit dem Vorschlag des Sprunges an dich herangetreten und dort war das anscheinend (bitte korrigiere mich, wenn ich falsch liegen sollte) nie ein Thema.
Das ist eben so seltsam. Es gibt Phasen (seit ein paar Tagen sind wir wieder in so einer Phase), in denen er ausgesprochen großes soziales Geschick an den Tag legt, kooperativ und einsichtig ist. Wo er ausgeglichen und emotional gefestigt wirkt. Er ist trotzdem mit viel Energie gesegnet

, aber eben einem Ausmaß wo man sagt:" Das ist ein Junge mit viel Energie" und nicht:" das ist ein Junge, mit dem etwas nicht stimmt." Dann gibt es wieder Phasen, in denen er einfach wirklich schräg drauf ist. Er quatscht rein, hampelt, fuchtelt mit den Armen rum hat eine unglaubliche körperliche Anspannung (Muskeltonus), macht seltsame Grimassen, wenn man mit ihm schimpft, scheint sich für nichts und niemanden zu interessieren, als für sich und seine kleine Welt, ist schlecht ansprechbar (wenn man ihn anspricht, reagiert er erst nach mehrmaligem rufen und selbst dann wirkt er noch "abwesend" und in seiner Welt), hält sich an keine Regeln und hört einfach schlicht den Gong nicht. In solchen Phasen könnte ich ihn an die Wand klatschen

. Es gibt auch Tage da ist es so mittel. In der Schule ist er durchaus aufgefallen sozial. Im Halbjahresgespräch war das ein großes Thema ( ständiges reinrufen, sich zu schnell persönlich angegriffen fühlen von Mitschülern, sich nicht an Regeln halten können, bzw. sich schwer damit tun, die Grenzen von anderen im Spiel schwer oder zu spät erkennen). Die Lehrerin hat ihn aber nicht einfach als "anstrengend" abgestempelt sondern klar differenziert und zu verstehen gegeben, dass sich sehr gute Tage mit "solchen" Tagen abwechseln, dass er nicht reinruft, um zu stören, sondern etwas zum Unterricht beizutragen, dass seine wilde Art nicht aggressiv ist sondern ungestüm, etcpp). Der Rektor war da "strenger". Der kannte ihn bis dahin nur aus dem Sportunterricht. Da hieß es, soziale Auffälligkeiten, fehlende Selbstregulierung, bzw. geringe Impulskontrolle. Auf der anderen Seite sprachen und sprechen ihm alle eine relativ hohe Frustrationsschwelle zu und beteuern, dass er im Einzelgespräch durchaus verständig ist und auch gut reflektiert und sich oft sehr "bemüht"... Als ich meinen ADHS Verdacht äußerte, haben auch die Lehrkräfte dazu den Kopf geschüttelt. Aber auffällig sei er trotzdem. Tja. So ist es eben auch zu Hause. Und beim Fachmann heißt es, seine Verhaltensweisen seien nicht auffällig genug für eine Diagnose. Wenn er grade eine gute Phase hat, wie jetzt, dann lebe ich auch grade in dem Moment und sage mir:" komm, da ist doch alles okay mit dem Kind. Er ist eben nur von allem einen Ticken zu viel." Und wenn er eine schlechte Phase hat, dann sehe ich nur, dass er einfach nicht neurotypisch sein KANN, mit dem Verhalten. Das hört sich gaga an, aber so ist es. Und vielleicht hat er ja auch was, was wir noch so garnicht auf dem Schirm hatten oder es ist schlicht und einfach sein Charakter. Dazu kommt, dass er gesichtsblind ist (bist du das nicht auch?). Mein Mann ist gesichtsblind (nicht extrem ausgeprägt, aber es reicht um aufzufallen

) und bei Sohnemann haben wir das im letzten halben Jahr auch festgestellt und viele seiner Probleme, die er sozial hat, wenn er NEU in eine Gruppe kommt, erklären sich auch dadruch. Dass er sich zum Beispeil in einer neuen Situation erst einmal eher an Gegenständen orientiert als an "Menschen", dass er lange braucht, um den Gesichtern Namen zuzuordnen, wo er doch sonst so ein tolles Gedächtnis hat, dass er Kinder auf der Straße nicht wieder erkennt und dadurch unhöflich wirkt, wenn sie nicht das typische Kleidungsstück tragen oder die Frisur sich geändert hat. Was aber bei meinem Sohn immer der Fall war ist, dass er auch sehr charmant und zuvorkommend, extrem mitfühlend und verständig sein kann (wenn er grade eine gute Phase hat). Er findet auch schnell FReunde und hatte immer mindestens einen guten Freund, meist hat er 2-3 gute Freunde. So war es im alten Kindergarten und so ist es jetzt in der Schule. Er hat lediglich Probleme in neuen Sozialgefügen und braucht einfach länger, um seinen Platz zu finden, sich einzufügen und anzupassen.
Tatsächlich ist es anders. Ich mag dich und finde schade, wenn du "unnötig" Kopfkino hast. Das berechtigt mich natürlich nicht dazu, dich in meinem Übereifer mit Worten zu bevormunden. Selbst habe ich in einem ganz anderen Zusammenhang in vielen Jahren gelernt "im heute" zu leben und es geht mir damit wesentlich besser als früher, wo ich noch der Überzeugung war, durch "nachdenken", "vorbeugen" und "richtige Entscheidungen" die Dinge verändern zu können.
Ich mag dich auch und danke, dass du dir Gedanken um mich machst. Du hast Recht. Theoretisch ist mir das bewusst, dass es oft keinen Sinn macht vorbeugen zu wollen. Jeder hat seine Schwächen. Meine ist es, dass ich mir um alles zu viele Gedanken mache und das auch schwer über den Verstand regulieren kann. Denn ich weiß sehr wohl, dass es manchmal komplett unsinnig ist, die Kontrolle behalten zu wollen oder sich einen Plan zurecht zulegen, von dem man garnicht weiß, ob er überhaupt nötig sein wird. Es gibt Dinge, die müssen einfach geschehen und dann muss man reagieren. Aber das fällt mir schwer. Bei manchen Dingen auch nicht, aber bei solchen Dingen, wo ich die Möglichkeit sehe, etwas im Vorfeld zu tun um mögliche Probleme abzuwenden, kann ich schlecht "entspannen" und alle Viere grade sein lassen.
Ich hoffe, dein Sohn reguliert sich wieder ein wenig und du findest Momente zum verschnaufen und durchatmen. Im Moment ist es glaube ich für alle Eltern schwer, diese Momente zu finden. Für die, bei denen es auch ohne Corona und Co. schwer ist, eben nochmal einen Ticken mehr...Ganz liebe Grüße
Meine3
Es kann sein, dass nicht alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält, denn er kann irren, aber in allem, was er sagt, muss er wahrhaftig sein.