Völlig heterogenes Testergebnis - Woran könnte es liegen?
Verfasst: Mi 16. Apr 2014, 10:34
Hallo!
An anderer Stelle hatte ich kürzlich ja schon mal geschrieben, dass mein Sohn wegen auffälligen Sozialverhaltens im Kindergarten (kaum Interaktion) getestet wurde. Das Ganze lief über den der Kita angeschlossenen psychologisch-pädagogischen Dienst. Heute hatten wir das Elterngespräch, in dem die Ergebnisse sowie das weitere Vorgehen besprochen wurden.
Es wurden verschiedene Tests durchgeführt, unter anderem der K-ABC. Dort war das Bild völlig heterogen. Im einzelheitlichen Denken liegt er im überdurchschnittlichen Bereich, im ganzheitlichen Denken deutlich unterdurchschnittlich, bei intellektuellen Fertigkeiten und bei der Fertigkeitenskala im durchschnittlichen Bereich. Insgesamt liegt sein IQ damit im durchschnittlichen Bereich, also nicht hochbegabt.
Da SED und SGD soweit auseinander klaffen (Wertebereich SED: 105-127, Wertebereich SGD: 66-88), wurde zunächst vermutet, dass eine Störung der visuellen Wahrnehmungsverarbeitung vorliegt. Deshalb wurde der Frostigs Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung-2 (FEW-2) nachgeschoben. Dort erzielte er jedoch durchschnittliche bis überdurchschnittliche Ergebnisse (überdurchschnittlich v.a. bei der motorikreduzierten Wahrnehmung).
Die Deutung der Psycholgin ist, dass er eine Reizfilterschwäche hat, weshalb er v.a. Details wahrnimmt, diese aber nicht zu einem Gesamtbild zusammenfügen kann. Deutliche Schwächen hat er auch im motorischen Bereich.
Das weitere Vorgehen sieht jetzt so aus, dass wir einen Antrag auf Einzelintegration stellen werden. Wird der genehmigt, kommt eine der Kita angeschlossene Sozialpädagogin zwei Mal pro Woche in den Kindergarten und wird ihn in einer Kleingruppe von 2-3 Kindern gezielt fördern. Sie wird versuchen Motorik mit kognitiven Aufgaben zu verknüpfen und ihn dazu bringen, mit den anderen Kindern gemeinsam etwas zu tun/spielen. Außerdem wird seine Kindergartengruppe mit 20 Kindern bei dieser Zahl gedeckelt. Es werden also nicht mehr Kinder dazu kommen, was ihm, dem es schnell zuviel wird, ja entgegen kommt. Es wurde ausdrücklich gesagt, dass es bei den Maßnahmen nicht darum geht, ihn irgendwie zu verbiegen, sondern ihm v.a. sozial ein bisschen auf die Sprünge zu helfen.
Beim Gespräch waren eine seine Erzieherinnen, die Kindergartenleiterin, die Sozialpädagogin sowie die Psychologin anwesend. V.a. im Hinblick auf sein logisch-mathematisches Denken fielen immer wieder Begriffe wie "außerordentlich begabt", "herausragende Fähigkeiten", "erstaunliche Leistungen" und sogar "Leistungen im Bereich der Hochbegabung". Allerdings spiegelt sich das in den Testergebnissen ja überhaupt nicht wider.
Eine richtige Erklärung für dieses heterogene Bild hatte keiner, auch nicht die Psychologin. Da er ja soziale Schwierigkeiten und motorische Schwächen hat, sowie im Wiener Entwicklungstest bei der Aufgabe "Fotoalbum" (Deutung von Gesichtsausdrücken) komplett versagt hat, hab ich natürlich nochmal das Thema Asperger angesprochen. Ich hatte ja schon länger vermutet, dass es in diese Richtung gehen könnte. Die Psychologin meinte aber, dass sie dies nicht für wahrscheinlich halte. Zunächst hatte sie auch in diese Richtung vermutet, aber vom Gesamteindruck her passe er doch nicht in dieses Bild.
Was ist aber dann die Ursache für seine Probleme? Reizfilterschwäche??? Das liegt bei Asperger doch auch vor, ebenso wie bei Hochsensiblen und manchen Hochbegabten. Gut, die Hochbegabung können wir ja jetzt ausschließen, aber auch zwischen hochsensibel und Asperger sind die Grenzen ja irgendwo fließend.
Die Sozialpädagogin, die auf sensorische Integration spezialisiert ist, meint, er habe ein Problem mit der Körperwahrnehmung. Ein Männchen konnte er nämlich auch nicht zeichnen. Sie meinte, dass sein Körperschema im Gehirn noch nicht ausreichend entwickelt sein könnte.
Es steht also ganz viel im Raum, aber alles sind nur Ansätze und Vermutungen, keine wirklichen Erklärungen. Leider bin ich ein Typ, der aber genau solche Erklärungen braucht und alles ganz genau wissen will.
Zunächst einmal bin ich aber ganz froh, dass er gezielte Förderung erhält. Zwar muss der Antrag erst genehmigt werden, was u. U. gar nicht so leicht wird, denn normalerweise erhalten nur unterdurchschnittlich begabte Kinder Förderung. Sie meinten auch, er sei zu intelligent, deshalb müsse der Antrag entsprechend formuliert werden. (Mit welchem Recht eigentlich? Haben klügere Kinder bzw. Kinder mit speziellen Begabungen etwa kein Recht auf Förderung?) Ich bin da sehr froh, dass der Kindergarten sich so engagiert. Allerdings weiß ich nicht, ob das Ganze wirklich was bringt. Mir scheint es nämlich so, dass er gar nicht "will". Er ist zufrieden mit seiner Einzelgängerrolle.
Hinsichtlich seiner sozialen Kompetenzen hab ich in den letzten Wochen deutliche Fortschritte festgestellt, v.a. was das Verhalten seinem kleinen Bruder (20 Monate) gegenüber angeht. Er spielt jetzt richtig schön mit ihm, sogar "Rollenspiele", was er früher nie gemacht hat. Auch andere Kinder im Kindergarten spricht er jetzt mit Namen an, interagiert aber noch nicht mit ihnen (Ich bemerke das bloß beim Abholen). In der Kindergartengruppe verhält er sich aber genau gegensätzlich. Dort zieht er sich in letzter Zeit noch mehr zurück, reagiert äußerst gereizt bei Abweichungen vom gewohnten Ablauf (auch dies ist zuhause wesentlich besser geworden).
Entschuldigt bitte, dass dies nun so lang geworden ist, aber ich kann mir einfach keinen rechten Reim auf die Sache machen. Es tat einfach gut, das alles mal aufzuschreiben.
Hat vielleicht jemand von Euch schon mal von einem ähnlich heterogenen Bild gehört? Wenn ja, was steckte da dahinter?
Viele liebe Grüße
MajoMam
An anderer Stelle hatte ich kürzlich ja schon mal geschrieben, dass mein Sohn wegen auffälligen Sozialverhaltens im Kindergarten (kaum Interaktion) getestet wurde. Das Ganze lief über den der Kita angeschlossenen psychologisch-pädagogischen Dienst. Heute hatten wir das Elterngespräch, in dem die Ergebnisse sowie das weitere Vorgehen besprochen wurden.
Es wurden verschiedene Tests durchgeführt, unter anderem der K-ABC. Dort war das Bild völlig heterogen. Im einzelheitlichen Denken liegt er im überdurchschnittlichen Bereich, im ganzheitlichen Denken deutlich unterdurchschnittlich, bei intellektuellen Fertigkeiten und bei der Fertigkeitenskala im durchschnittlichen Bereich. Insgesamt liegt sein IQ damit im durchschnittlichen Bereich, also nicht hochbegabt.
Da SED und SGD soweit auseinander klaffen (Wertebereich SED: 105-127, Wertebereich SGD: 66-88), wurde zunächst vermutet, dass eine Störung der visuellen Wahrnehmungsverarbeitung vorliegt. Deshalb wurde der Frostigs Entwicklungstest der visuellen Wahrnehmung-2 (FEW-2) nachgeschoben. Dort erzielte er jedoch durchschnittliche bis überdurchschnittliche Ergebnisse (überdurchschnittlich v.a. bei der motorikreduzierten Wahrnehmung).
Die Deutung der Psycholgin ist, dass er eine Reizfilterschwäche hat, weshalb er v.a. Details wahrnimmt, diese aber nicht zu einem Gesamtbild zusammenfügen kann. Deutliche Schwächen hat er auch im motorischen Bereich.
Das weitere Vorgehen sieht jetzt so aus, dass wir einen Antrag auf Einzelintegration stellen werden. Wird der genehmigt, kommt eine der Kita angeschlossene Sozialpädagogin zwei Mal pro Woche in den Kindergarten und wird ihn in einer Kleingruppe von 2-3 Kindern gezielt fördern. Sie wird versuchen Motorik mit kognitiven Aufgaben zu verknüpfen und ihn dazu bringen, mit den anderen Kindern gemeinsam etwas zu tun/spielen. Außerdem wird seine Kindergartengruppe mit 20 Kindern bei dieser Zahl gedeckelt. Es werden also nicht mehr Kinder dazu kommen, was ihm, dem es schnell zuviel wird, ja entgegen kommt. Es wurde ausdrücklich gesagt, dass es bei den Maßnahmen nicht darum geht, ihn irgendwie zu verbiegen, sondern ihm v.a. sozial ein bisschen auf die Sprünge zu helfen.
Beim Gespräch waren eine seine Erzieherinnen, die Kindergartenleiterin, die Sozialpädagogin sowie die Psychologin anwesend. V.a. im Hinblick auf sein logisch-mathematisches Denken fielen immer wieder Begriffe wie "außerordentlich begabt", "herausragende Fähigkeiten", "erstaunliche Leistungen" und sogar "Leistungen im Bereich der Hochbegabung". Allerdings spiegelt sich das in den Testergebnissen ja überhaupt nicht wider.
Eine richtige Erklärung für dieses heterogene Bild hatte keiner, auch nicht die Psychologin. Da er ja soziale Schwierigkeiten und motorische Schwächen hat, sowie im Wiener Entwicklungstest bei der Aufgabe "Fotoalbum" (Deutung von Gesichtsausdrücken) komplett versagt hat, hab ich natürlich nochmal das Thema Asperger angesprochen. Ich hatte ja schon länger vermutet, dass es in diese Richtung gehen könnte. Die Psychologin meinte aber, dass sie dies nicht für wahrscheinlich halte. Zunächst hatte sie auch in diese Richtung vermutet, aber vom Gesamteindruck her passe er doch nicht in dieses Bild.
Was ist aber dann die Ursache für seine Probleme? Reizfilterschwäche??? Das liegt bei Asperger doch auch vor, ebenso wie bei Hochsensiblen und manchen Hochbegabten. Gut, die Hochbegabung können wir ja jetzt ausschließen, aber auch zwischen hochsensibel und Asperger sind die Grenzen ja irgendwo fließend.
Die Sozialpädagogin, die auf sensorische Integration spezialisiert ist, meint, er habe ein Problem mit der Körperwahrnehmung. Ein Männchen konnte er nämlich auch nicht zeichnen. Sie meinte, dass sein Körperschema im Gehirn noch nicht ausreichend entwickelt sein könnte.
Es steht also ganz viel im Raum, aber alles sind nur Ansätze und Vermutungen, keine wirklichen Erklärungen. Leider bin ich ein Typ, der aber genau solche Erklärungen braucht und alles ganz genau wissen will.
Zunächst einmal bin ich aber ganz froh, dass er gezielte Förderung erhält. Zwar muss der Antrag erst genehmigt werden, was u. U. gar nicht so leicht wird, denn normalerweise erhalten nur unterdurchschnittlich begabte Kinder Förderung. Sie meinten auch, er sei zu intelligent, deshalb müsse der Antrag entsprechend formuliert werden. (Mit welchem Recht eigentlich? Haben klügere Kinder bzw. Kinder mit speziellen Begabungen etwa kein Recht auf Förderung?) Ich bin da sehr froh, dass der Kindergarten sich so engagiert. Allerdings weiß ich nicht, ob das Ganze wirklich was bringt. Mir scheint es nämlich so, dass er gar nicht "will". Er ist zufrieden mit seiner Einzelgängerrolle.
Hinsichtlich seiner sozialen Kompetenzen hab ich in den letzten Wochen deutliche Fortschritte festgestellt, v.a. was das Verhalten seinem kleinen Bruder (20 Monate) gegenüber angeht. Er spielt jetzt richtig schön mit ihm, sogar "Rollenspiele", was er früher nie gemacht hat. Auch andere Kinder im Kindergarten spricht er jetzt mit Namen an, interagiert aber noch nicht mit ihnen (Ich bemerke das bloß beim Abholen). In der Kindergartengruppe verhält er sich aber genau gegensätzlich. Dort zieht er sich in letzter Zeit noch mehr zurück, reagiert äußerst gereizt bei Abweichungen vom gewohnten Ablauf (auch dies ist zuhause wesentlich besser geworden).
Entschuldigt bitte, dass dies nun so lang geworden ist, aber ich kann mir einfach keinen rechten Reim auf die Sache machen. Es tat einfach gut, das alles mal aufzuschreiben.
Hat vielleicht jemand von Euch schon mal von einem ähnlich heterogenen Bild gehört? Wenn ja, was steckte da dahinter?
Viele liebe Grüße
MajoMam