Was ist Intelligenz?

ganz allgemein zu Kleinkindern, ob nun aufgeweckt, klug oder hochbegabt
Bliss
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von Bliss »

Bei der sozialen Entwicklung ist es oft ja mehr ein "nicht wollen" als ein nicht "können". Ich wußte jedenfalls immer genau, was ich hätte machen müssen, dass es in der Gruppe klappt, hatte aber nicht immer Lust dazu.
Rabaukenmama
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben:Hallo Rabaukenmama, spannend, was Du aus Deiner Perspektive zu berichten hast!
In einem anderen Thread ging es gerade um das Thema soziale und emotionale Reife, dazu hattest Du folgendes geschrieben:
Und da ist bei hochbegabten Kindern oft noch die Kluft zwischen intellektuellen Fähigkeiten und emotionaler und sozialer Reife, die ihnen (und oft auch ihrer Umgebung) zu schaffen machen kann.
Wie erklärst Du Dir als selbst Betroffene dieses Phänomen? Was genau ist damit gemeint? Meine Tochter ist z.B. teilweise noch recht anhänglich und vor allem auf mich als Mama fixiert (das war von Anfang an sehr extrem, seit dem 3. Geburtstag verhält sie sich nun endlich immer selbstsicherer in fremder Umgebung). Kann ich dieses Verhalten auch darunter verstehen, oder ist mit emotionaler und sozialer Reife Deiner Meinung nach etwas ganz anderes gemeint?

LG Momo
Mit 6 Jahren (also im ganz "normalen" Alter) hätte man mir wegen "fehlender sozialer Reife" fast die Einschulung verweigert. es ist dem Bemühen meiner Eltern zu verdanken dass ich trotzdem eingeschult wurde. Bei mir war eine extreme Kluft zwischen intellektuellen Leisungen und sozialem Verhalten.

Ich habe z.B. bis zu einem Alter von 12 Jahren immer wieder mal Mitschüler gebissen und hatte praktisch IMMER eine "Betragensnote", während 95% meiner Klassenkammeraden da als "sehr zufriedenstellend" eingestuft wurden. Es gab viele Punkte, wo ich verhaltensauffällig war, nicht nur das beissen von Mitschülern. Rückblickend muss ich aber dazusagen, dass ich auch sehr oft "heimlich" von anderen Kindern provoziert wurde und damit nicht umzugehen wusste. Wenn ich leise beschimpft oder gezwickt wurde hat das niemand bemerkt, wenn ich laut geschimpft oder gebissen habe gab´s dafür immer ein Riesentheater, meine Mutter wurde ständig in die Schule zitiert und niemand hat je mehr danach gefragt wie die Situation überhaupt entstanden ist. Soll keine Rechtfertigung sein, mein Verhalten war in diesem Bereich trotzdem nicht altersgemäss, denn ein Schulkind sollte imstande sein, mit Provokationen ohne körperliche Gewalt umgehen zu können. Ich war zwar intellektuell meinen Klassenkameraden immer weit voraus aber eben in diesem Punkt total hinten nach.

Keine Ahnung ob meine sozialen Probleme mit meiner Hochbegabung zu tun hatten oder nicht - jedenfalls wurden sie durch meine intellektuellen Fähigkeiten besonders schwerwiegend bewertet. Denn ich war ja offensichtlich nicht "zu dumm" um zu wissen, was ich tue (was bei anderen Kindern häufig als "mildernder Umstand" für Gewaltakte gewertet wurde). So wurde immer wieder an meinen Verstand appeliert und ich "müsse" doch verstehen dass MAN das nicht darf...wobei aber niemand bereit war, sich anzuhören, wie viele Provokationen ich mir knirschend hatte gefallen lassen, bis es doch zur Explosion gekommen ist.

Anhänglich und Mama-fixiert war ich übrigens nicht (obwohl ich immer ein gutes Verhältnis zu meiner Mutter hatte und habe) und mein Sohn ist es auch nicht. MMn stehen diese Verhaltensmuster (anhänglich oder Nestflüchter) nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einem hohen oder niedrigen IQ.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Momo
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von Momo »

Alibaba hat geschrieben:
Warum klugen Kindern gerne eine soziale Unreife attestiert wird, beschreibt meine oben zitierte Buchautorin ganz nett. Sie sagt, die hohe soziale Kompetenz wird von den Lehrern und Betreuern nicht wirklich erkannt und Verweigerungen, eben diese doofe Spiel mit xy zu spielen, werden als Unreife sich zu assimilieren, dargestellt. Dabei weiß aber das betroffene Kind sehr gut warum es das nicht will. Dumm ist nur, man findet selten Einen der das versteht und nicht falsch interpretiert oder das dann trotzdem verlangt.
Bliss hat geschrieben:
Bei der sozialen Entwicklung ist es oft ja mehr ein "nicht wollen" als ein nicht "können". Ich wußte jedenfalls immer genau, was ich hätte machen müssen, dass es in der Gruppe klappt, hatte aber nicht immer Lust dazu.
Ich glaube, dies trifft das Verhalten meiner Tochter sehr gut und es zeigt mir wieder mal, dass man als Eltern einfach auf sein Gefühl hören sollte und nicht den Erwartungsdruck von außen auf das Kind übertragen oder sich selbst unter Druck setzten darf! Ich habe es auch einfach akzeptiert (wenn ich dabei auch manchmal innerlich etwas ungeduldig bin), dass meine Tochter im Gegensatz zu vielen Gleichaltrigen noch besonders viel Nähe brauchte und immer noch braucht und freue mich nun umso mehr, sie immer selbstbewusster in Kindergruppen zu erleben.
Neulich sagte die Leiterin unserer Kinderspielgruppe zu mir, dass meine Tochter für sie immer ein Barometer ist, wie sich die Atmosphäre in der Gruppe entwickelt. Spielt sie ausgelassen und frei, ist alles in Ordnung und in Harmonie, sucht sie meine Nähe, dann ist irgend etwas im Ungleichgewicht (was uns Erwachsenen meistens noch gar nicht aufgefallen ist), die Stimmung kippt oder es passieren Unfälle. Sie hat so ein feines Gespür für Stimmungen, dass sie wahrscheinlich deshalb noch häufig meine Unterstützung braucht.
Genauso feinfühlig geht sie mit anderen Kindern um, zum Glück kommt dies bisher zurück und meine Tochter ist eine sehr beliebte Spielpartnerin. Obwohl oder gerade weil sie sich anders als Gleichaltrige verhält.
Rabaukenmama hat geschrieben:
Ich habe z.B. bis zu einem Alter von 12 Jahren immer wieder mal Mitschüler gebissen und hatte praktisch IMMER eine "Betragensnote", während 95% meiner Klassenkammeraden da als "sehr zufriedenstellend" eingestuft wurden. Es gab viele Punkte, wo ich verhaltensauffällig war, nicht nur das beissen von Mitschülern.
Rabaukenmama, kannst Du sagen, wie es zu diesen Verhaltensauffälligkeiten gekommen ist? War Dir dies als Kind bewusst? Wurdest Du vielleicht oft missverstanden und dies war Deine Reaktion darauf?

Es ist wirklich ein interessantes und äußerst wichtiges Thema, denn wenn es tatsächlich so sein sollte, dass viele Hochbegabte vermeintlicher Weise als Sozial und Emotional schwach dargestellt werden und das Gegenteil der Fall ist - dann läuft dies ganz klar auf Verhaltensauffälligkeiten des missverstandenen Kindes hinaus!

Momo
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Linasina
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von Linasina »

Danke auch für die links Heiner. Sind alle sehr interessant. ;). Sehr gutes Thema Momo. Ich lese sehr gespannt mit.
heinerprahm
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von heinerprahm »

Ich wollte noch einen Link ergänzen (der ist im Beitrag weiter oben leider der '5 Link-Regel' (die man vielleicht leicht modifizieren könnte auf z.B. 10 Links pro Beitrag) hier zum Opfer gefallen), denn einige werden ja bestimmt das Bedürfnis haben sich selbst auch einmal unverbindlich online zu testen und der Online-Test der einigermaßen verlässlich und nach bewährten Kriterien einen IQ ermittelt ist der Test von Mensa Schweden:

http://www.mensa.se/provtest
» Till testet ! (anklicken)

Es ist aber immer zu beachten, dass ein Online-Test nicht wirklich einen Test bei einem Psychologen ersetzen kann, oder so ein schriftliches Testverfahren wie bei Mensa vor Ort simuliert, denn die Umgebung und ob man nervös ist, oder unter Druck steht, sowie der Faktor Zeit spielen bei IQ-Tests eine große Rolle, aber ich denke man kann mit so einem Test, wie dem von Mensa Schweden zumindest eine Richtung ermitteln, welche die eigene kognitive Leistungsfähigkeiten gut darstellt.

Liebe Grüße
Heiner
Momo
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von Momo »

Heiner hatte folgende Links geschrieben:
http://www.psychomeda.de/online-tests/eq-test.html
http://www.mensa.se/provtest
» Till testet ! (anklicken)
Heute habe ich den Selbstversuch gemacht: Momo testet EQ und IQ :lol:
Eine sehr interessante Erfahrung, da ich noch nie einen IQ oder EQ Test gemacht habe. Das Ergebnis hat mich zwar sehr positiv überrascht, aber spiegeln diese Zahlen wirklich meine kognitiven Fähigkeiten wieder? Dieser IQ Test fragt reines logisches Denken ab, ich dachte immer, das wäre nicht gerade meine Stärke. Meine Stärken liegen klar im kreativen, künstlerischen Bereich, die können so jedoch sehr schwer erfasst werden. Wie sind denn "richtige" IQ Test`s aufgebaut? Das ist wahrscheinlich sehr schwer zu beantworten, da es so viele unterschiedliche Varianten gibt. Übrig bleibt jedenfalls ein seltsames Gefühl und ich frage mich, ob diese Zahlen wirklich irgend etwas über das die wahren Fähigkeiten und über die "ganzheitliche" Intelligenz eines Menschen aussagen können :gruebel:???
LG Momo
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heinerprahm
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von heinerprahm »

Momo hat geschrieben:Eine sehr interessante Erfahrung, da ich noch nie einen IQ oder EQ Test gemacht habe. Das Ergebnis hat mich zwar sehr positiv überrascht, aber spiegeln diese Zahlen wirklich meine kognitiven Fähigkeiten wieder? Dieser IQ Test fragt reines logisches Denken ab, ich dachte immer, das wäre nicht gerade meine Stärke. Meine Stärken liegen klar im kreativen, künstlerischen Bereich, die können so jedoch sehr schwer erfasst werden. Wie sind denn "richtige" IQ Test`s aufgebaut? Das ist wahrscheinlich sehr schwer zu beantworten, da es so viele unterschiedliche Varianten gibt. Übrig bleibt jedenfalls ein seltsames Gefühl und ich frage mich, ob diese Zahlen wirklich irgend etwas über das die wahren Fähigkeiten und über die "ganzheitliche" Intelligenz eines Menschen aussagen können :gruebel:???
LG Momo
Hallo Momo,

... also der Mensa.se Test ist zwar verkürzt, aber es ist ein valider Test, es gibt ganz verschiedene Verfahren in der Intelligenzdiagnostik eine kleine Übersicht hier:
http://li.hamburg.de/contentblob/323309 ... nostik.pdf

es gibt im groben zwei Arten der Testungen, zum einen eindimensionale Tests, inbesonder kulturunabhängige Intelligenztest, oder auch ein Zahlenverbindungstest und zum anderen mehrdimensionale Tests bei denen mehrere Intelligenzaspekte überprüft werden wie z.B. der Hawik IV. Oft werden auf beide Verfahren kombiniert also z.B. eine ZVT (Zahlen verbinden) mit dem HAWIK IV für Kinder, oder dem HAWIE, seit 2013 neuer Name WAIS-IV für Erwachsene. Im Rahmen einer Hochbegabten-Diagnostik, aber auch bei Minderbegabungs-Diaknostik machen mehrdimensionale Test, die teurer, zeitaufwendiger sind und eine hohe Kompetenz vom Tester/in verlangen, mehr Sinn, da mit den Ergebnissen individueller und gezielter auf die Bedürfnisse von z.B. Kindern eingegangen werden kann, aber solch ein Zeitaufwand ist z.B. bei Gruppentest oft nicht möglich und dort wird dann auf Test zurück gegriffen, die schnell gehen und trotzdem valide Ergebnisse liefern, wie z.B. den ZVT.

Beim der Marburger Hochbegabten Studie, bei der 7023 Drittklässler getestet wurden http://goo.gl/sE0WVW ,kamen z.B. drei Test zum Einsatz (CFT 20, ZVT, und ein Sprachtest ANA) und dort zeigte sich, dass jeder Test für sich schon ausreicht um eine Hochbegabung zu diagnostizieren, denn alle korrelieren untereinander und haben somit für sich alleine schon ein hohe Reliabilität.

Als Regel kann man sich merken, das man bei einem IQ-Test immer zu niedrige Werte erreichen kann (schlechter Tag, Nervosität, schlechte Prüfungsbedingungen usw.), aber man schneidet nie zu hoch ab. Mit zu hoch ist nicht gemeint, dass jemand mit einem IQ 100 nicht auch einen Test mit IQ 110 erreichen kann, aber es ist ausgeschlossen, das jemand mit IQ von 100 z.B. einen IQ von 135 in einem solchen Test erreicht. Man kann sagen das eine Varianz in eine IQ Test von 15 Punkten als normal angesehen werden kann (das entspricht einer Standardabweichung SD (für standard deviation), für den IQ - IQ145 3SD, IQ130 2SD, IQ115 1SD, IQ100 0SD, IQ85 1SD, IQ70 2SD, IQ55 3SD), aber eben nicht in beide Richtungen 15 Punkte (das gibt es, ist aber selten), sondern vereinfacht gesagt ist eine Abweichung von 7,5 Punkten nach oben und 7,5 Punkten nach unten möglich und in diesem Bereich bewegt sich dann der IQ, wobei Ausreißer nach oben wesentlich seltener vorkommen als solche nach unten.

Aber wie Du an den Standardabweichungen sehen kannst, jemand mit einem IQ145 ist, was seine kognitiven Fähigkeiten angeht, von einem normbegabten mit IQ100 genauso weit entfernt, wie dieser von schwer Lernbehinderten mit IQ55 und völlig wertfrei betrachtet muss das ja Auswirkungen auf das Miteinander und die Passung haben.

Liebe Grüße
Heiner
Momo
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von Momo »

Hallo Heiner,
Dein Link ist ja wunderbar:
http://li.hamburg.de/contentblob/323309 ... nostik.pdf,
hier werden genau die Fragen angesprochen, die sich mir gestellt haben. Damit werde ich mich nachher genauer auseinandersetzen. Mir hat dieser Test jedenfalls gezeigt, dass scheinbar noch ganz andere Begabungen in mir schlummern als mir bewusst war (ich habe mich nie für einen besonders logisch denkenden Menschen gehalten)- sehr interessant, doch was fange ich nun damit an?
Vielleicht wird es helfen, das Verhalten und die Entwicklung meiner Tochter noch besser zu verstehen und zu unterstützen :)

Liebe Grüße von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
heinerprahm
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von heinerprahm »

Momo hat geschrieben: doch was fange ich nun damit an?
Hallo Momo,

lies mal hier http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft ... 48-p4.html (der Artikel ist grundsätzlich ganz gut über alle 4 Seiten) und hier, http://www.jb-schnittstelle.de/wer/cons ... e_0408.pdf so als Einstieg ins Thema.

Liebe Grüße
Heiner
Momo
Dauergast
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Re: Was ist Intelligenz?

Beitrag von Momo »

Lieben Dank Heiner für die spannenden Berichte!
Es stimmt, irgendwann bringt einen die Beobachtung des eigenen Kindes und dessen Auffälligkeiten zu dem Punkt, über sich selbst und seine eigene Entwicklung nachzudenken und nach Antworten zu suchen. Interessanter Weise ergeben sich umso mehr Fragen, je mehr Antworten man erhält :)

Liebe Grüße von Momo
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
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