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Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Mi 23. Feb 2011, 22:33
von Irrlicht
Hallo Ihr :-)

Ich freu mich sehr, dieses Forum gefunden zu haben.
Mich beschäftigen Gedanken zur Entwicklung und möglichen Förderung unserer Tochter. Nicht sicher bin ich mir über meine Projektionen, meine eigenen Anteile.
Vielleicht könnt ihr mir helfen, mich zu sortieren?

Unsere Tochter wird im April 4. Sie ist ein fröhliches, tolles und kluges Kind.
Ich will und werde keine Schublade im IQ Bereich aufmachen. Manch einer von Euch wird Kinder haben, die klüger, weiter sind als sie. Aber nun - bemerkenswert finde ich ihren hellen Kopf durchaus.
Ich selbst bin gerne klug. Das war eigentlich immer so und mir durchaus bewusst.
Aber ich bin nie irgendwie besonders gefördert oder gefordert worden. In der Schule, ab der 8. Klasse, von einem (Deutsch-) Lehrer schon. Das hat mir gefallen. Meine Eltern hatten eher ihre Schwierigkeiten mit meiner Art des Denkens, der eine oder andere Lehrer auch. Meine Noten waren eher 2er als 1er.
Zufrieden bin ich mit mir und meinem Leben.
Bei meinem Kind aber frage ich mich, ob ich sie mehr fordern und fördern sollte, als ich es wurde.
Sie ist zufrieden und meistens fröhlich und die Welt zu verstehen macht ihr Spaß. Ich lass sie "sein", so wie sie eben spielt, mit ihren Puppen, ihren Malstiften und den Duplos und und und.
Ich glaube von mir selbst, dass ich mit mehr Anforderungen mehr hätte lernen können, mich weiter oder schneller hätte entwickeln können.
Wäre ich dadurch heute glücklicher? Hm. Es geht mir eigentlich auch so ganz gut!
Wäre ich als Kind glücklicher gewesen? Hm. Ich weiss es nicht. Vielleicht hätte das eher das eine oder andere Problemchen verschärft? Vielleicht wäre aber auch das eine oder andere gar nicht erst entstanden?
Wie ist das bei ihr?
Muss ich ein schlechtes Gewissen haben, weil ich ihr nicht erlaube, meinen Laptop zu benutzen, mich nicht mit ihr hinsetze und ihre Buchstabenverschriftungen bespreche, sie weder im Musikunterricht noch beim Tanzen anmelde (will sie seit ein paar Wochen, weil... Kinder eben so Phasen haben?) etc etc?
Ist es meine Verantwortung, sie mehr zu fordern oder ist es das nicht, weil sie eben auch so ein meistens sehr zufriedenes Kind ist, das sich selbst aussuchen kann, was sie gerne spielen will? Würde ein wirklich sehr kluges Kind nicht von selbst Anforderungen einfordern ? - aber wie soll sie etwas einfordern, wenn sie von der Existenz einer möglichen Anfordernung nichts weiß?
Verbaue ich ihr was oder dichte ich ihr nur was an, was ich gerne möchte (nach dem Motto, Mutter schickt ihr Kind zum Ballett, weil sie sich selbst das Talent gewünscht hätte)?

Habt Ihr Rat?

Lg,

Irrlicht

Re: Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Do 24. Feb 2011, 00:01
von sinus
Hm, schwierig das nur anhand deines Textes zu beurteilen. Ich glaube, es ist vor allem entscheidend, wie und OB ihr im Alltag mit ihren Interessen umgeht bzw auf sie eingeht. Wenn meine Tochter an den Computer möchte und ich Zeit habe, dann darf sie das. Es geht ja nicht darum, sie zum Mittelpunkt des Alltags zu machen, sonder darum, ihr auch zu vermitteln, dass ihre Interessen ernst genommen werden und man sie für voll nimmt. Es wär doch schade, sie auszubremsen.
Auf der anderen Seite sollte schon auch Raum für Phantasie sein, also von einem rundum-Unterhaltungs-und-Beschäftigungprogramm halte ich auch nicht viel. Ich arbeite z.B. recht oft (am Computer), während sie sich allein beschäftigen muss. Aber wir sind im gleichen Zimmer und ich bin ansprechbar und gehe auch auf sie ein, so es mir möglich ist und ich dazu bereit bin.

Meine Tochter ist aktuell noch sehr jung, gerade erst zwei.
Aber ich halte es so/werde es so halten, dass ich ihr schon auch viele zusätzliche Angebote auf breitem Spektrum mache:
Musikkurs & Sport (machen wir jetzt schon), sicher in nicht all zu weiter Zukunft auch Sprachkurs und Tanzen, letzteres ganz sicher nicht als Ballett, eher was freieres.
(Tanzen ist für mich eine ganz andere Ebene, sich auszudrücken, das finde ich sinnvoll zu lernen/zu erleben. Grad für "Kopfmenschen".)
Ein Instrument wird sie auch lernen. Da die Kinder meines Bruders auch alle eins spielen, wird sie das sicherlich über kurz oder lang auch von sich aus wollen. (Neulich fragte ich sie aus Spaß, was sie lernen möchte. Sie meinte: Harfe! :roll: )
Momentan haben wir an 2 Nachmittagen der Woche eine Kurs, das finde ich nicht zu viel. Am Wochenende schaue ich, dass wir auch noch an einem der Tage was Besonderes unternehmen (Zoo, Spielnachmittag bei Freunden, Museum u.ä....), das brauch ich aber auch für mich, da ich zu Hause arbeite und auch mal raus will.
Die genanten Dinge werden natürlich nicht alle gleichzeitig eine Rolle spielen, ich denke mal, maximal an 2-3 Nachmittagen wird was geben, mal schaun, was Tochter dann will.

Ich durfte als Kind übrigens auch diverse Kurse machen: zeichnen, töpfern, Sport, Musikinstrument, Orchester, Chor, Christenlehre (war zu DDR-Zeiten).
Mir hat eigentlich alles Spaß gemacht, nur mit meinen Geigenlehrern hatte ich nicht so viel Glück bzw war das wohl nicht mein Instrument.
Zusätzlich waren meine Eltern sehr offen nach außen, sie nahmen uns mit zum Klettern, zum Bergwandern und zum Skifahren. Unsere Reisen gingen bis an die Grenzen des damals Machbaren.
Es wurde uns viel vorgelesen und wir haben viel gesungen, vor allem auf unseren Urlaubsreisen und Kurztrips. (Die Kletterwochenenden)
Und sie nahmen uns immer ernst, führten mit uns auch nicht altersgemäße Gespräche (besonders meine Mutter, Ärztin, quetschten wir immer aus, was uns mehrfach Probleme brachte, weil wir zu "aufgeklärt" waren und keine thematischen Tabus kannten), sie erklärten uns die Welt, so wir danach fragten.
Ich durfte immer mit dem Bibliotheksausweis meiner Mutter in die Erwachsenebibo gehen, sonst hätte ich erst 11 (?) sein müssen, um dort was ausleihen zu dürfen. Gleichzeitig machten sie kein großes Aufhebens um das alles, alles fühlte sich sehr normal an, wir fühlten uns dabei nicht besonders oder irgendwie getrietzt oder gefördert.
Meine Eltern gingen damit einfach auf unsere Bedürfnisse ein. (Meine Eltern waren aber auch beide voll berufstätig und schon deshalb ging es vermutlich durchaus auch darum, uns am Nachmittag irgendwie zu beschäftigen... Ich wäre da auch nur ungern alleine zu Hause gewesen.)
Ich reagierte immer mit Begeisterung, wenn ich was Neues ausprobieren durfte.
Meine Schwester z.B. durfte bald aufhören mit dem Klavierunterricht, weil es ihr keinen Spaß machte.
Mir machte Geige auch eher wenig Spaß, aber ich wollte nicht aufhören, weil ich dazu zu ehrgeizig war.
Mein Bruder durfte von der Musikschule ausgehend nicht wie gewünscht Akkordeon lernen, weil seine Hände angeblich zu klein dafür seien.
Er brachte sich dann bald Flöte selbst bei und meine Eltern schickten ihn dann zum Kantor, wo er auf eigenen Wunsch hin Orgelunterricht bekam.

Übrigens sind wir 3 Kinder alle keine Ausnahmetalente, auf keinem Gebiet. Es ist auch im erwachsenen Alltag nicht viel übrig geblieben von unseren "Freizeitexperimenten" in der Kindheit, also ich spiele kein Instrument mehr z.B. Habe halt herausgefunden, dass das nicht mein Talent ist. Was blieb ist eine tiefe "Liebe" zur Musik.
Mein Bruder ist sehr schlau, vermutlich hochbegabt nach heutigem Duktus; ich bin eher kreativ. (Auch beruflich.)
Was uns das breite Spektrum an Angeboten vor allem gebracht hat ist Offenheit und Toleranz, Neugier auf neue Erfahrungen, Anerkennung der Leistung anderer, Entdecken eigener Grenzen (wichtig, wenn einem z.B. in der Schule alles in den Schoß fällt!), Teamgeist ...

Ich bewerte das insgesamt alles sehr positiv für mich als Persönlichkeit, ich habe auch nichts davon als Zwang oder FORDERUNG empfunden.
Im Gegenteil, ich hätte sogar noch mehr machen wollen, finde es z.B. im Nachhinein schade, dass ich keine Tanzkurs gemacht habe. Hab ich dann im Studium, orientalischen Tanz, aber da fiel mir das schon ziemlich schwer, mich darauf einzulassen...
Auch Sprachen kamen in meiner Kindheit zu kurz, hab ich denn ebenfalls als Halbwüchsige von mir aus nachgeholt. (Habe z.B. Esperanto gelernt)

Darum werde ich es für mich und meine Tochter ebenso halten.
Mir geht es dabei überhaupt nicht darum, sie zu Höchstleistugen zu treiben, sondern darum, ihr viel anzubieten und zu bieten, so dass sie eigenständig ihre Grenzen und Interessen entdecken kann und selbst herausfindet, was ihr liegt und was ihr besonders Spaß macht.
Und auch, dass sie mit vielen sehr verschiedenen Menschen zusammenkommt finde ich dabei ganz wichtig.
Gern darf sie auch mal einen Kurs nur ein Jahr lang machen, wenn sie dann meint, dass sie das nicht mehr machen möchte - kein Problem.
Wenn sie nach mir kommt, wird sie eher nicht vorschnell etwas aufgeben...

Also ich würde an deiner Stelle deinem Kind gut zuhören, und wenn es schon von selbst sagt, dass es dieses und jenes machen möchte, würde ich versuchen, das für es möglich zu machen.
Weiterhin würde ich die Augen offen halten, was für das Kind nach deiner Einschätzung in Frage käme.
Ich reagiere eigentlich auch immer im Alltag und jenseits von "Kursen" auf die Interessen meiner Tochter, letztes Jahr waren es Schnecken, Blumen und Dinosaurer.
Da wurden dann eben entsprechende Bücher angeschafft, die Oma hat sie viel mit in den Garten genommen usw.
Aktuell spielt sie intensiv Rollenspiele (sie ist seit rund 2 Monaten ein "Vogelbaby" und der halbe Tag dreht sich darum) - natürlich spielen wir mit!
Mir selbst macht das übrigens auch Freude, ich geh gern mit ihr in den Musikgarten, spiele gern die Vogelmama oder lerne was Neues über Flora und Fauna dazu.
Das halte ich auch für wichtig, dass man dem Kind auf diese Weise auch vorlebt, dass alles im Leben spannend genug und wert ist, sich damit zu beschäftigen und man immer noch was dazu lernen kann.

Ich finde es traurig, dass man beim Thema Förderung immer davon auszugehen scheint, dass es dabei um das Erreichen besonderer Leistungen geht.
So ist es doch meistens gar nicht...
Ich denken, jeder sensible Elternteil wird auch in der Lage sein zu erkennen, wenn das eigene Kind etwas nicht mag, überfordert ist.
Zumal jemand wie du, der sich solche Gedanken darum macht.
Ich wünsche euch, dass ihr ein gutes Gleichgewicht finden werdet...
Meine Meinung:
Wen du kein gutes Gefühl hast, sie in einen Kurs zu stecken, dann lasse es lieber und suche im Alltag nach Möglichkeiten, entsprechend auf sie und ihre Interessen einzugehen. In erster Linie sollte man sein Kind ERNST nehmen, davon profitiert es wohl am meisten und dann wird es bestimmt bald auch in der Lage sein, selbst zu formulieren, was es machen möchte. (Es wird ja immer auch mit andren Kindern zusammen sein, die dieses und jenes Hobby pflegen...)

co-sinus

Re: Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Do 24. Feb 2011, 00:27
von sinus
gelöscht. Doppelpost.

Re: Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Do 24. Feb 2011, 10:02
von alibaba
Hallo Irrlicht,

woher weißt Du denn, das Mütter ihr Kind nur zu einem Kurs schicken weil Ihnen das in ihrer eigenen Kindheit/Jugend verwehrt wurde? Das ist mir zu pauschal geurteilt. ;)

Meine Tochter hatte mit Ende 2 einen Tanzauftritt im Kiga als Ballerina. Seit dem wollte sie unbedingt zum tanzen. Sie nervte ein wenig und dann meldete ich sie an. Da war sie gerade 3 Jahre alt. Klar, sie hatte mal einen Hänger, kurz dnaanch, es war wohl doch nicht so wie ihre Vorstellungen aus dem Kiga und der dortigen Aufführung, aber sie tanzt jetzt bereits seit 1 1/2 Jahren mit viel Spaß und Freude. Was will ich damit sagen.

Meine Kinder tragen ihre Wünsche an mich heran. Dann lass ich sie in er Regel ein wenig "betteln". Damit möchte ich schauen, ob es nicht nur so eine Eintagsfliegenphase ist, weil der Nachbarsjunge das eben auch macht..... und dann, wenn sie immer noch den Wunsch äußern, schaue ich, ob ich diese Kurse zeitlich einbringen kann. Wenn mein Kind mit Buchstaben zu mir kommt, dann setze ich mich hin. Wollen sie an den Laptop, dann setzte ich mich mit ihn. Rechnet meine Tochter unter der Dusche (das scheint bei uns ein toller Rechenort zu sein) dann lasse ich das Wasser für den Dampf ein wenig länger laufen. Aber nie würde ich auf die Idee kommen, sie a) zum rechnen in der Dusche zu animieren b) zu etwas zu drängen, was sie nicht wollen und c) Ihnen etwas hinterherzutragen. Sie müssen also selber kommen, den Wunsch äußern und sich selber drum kümmern. Will ich lesen, sollte sie ein Buch dabei haben. ;)

Wenn meine Kinder kein Interesse haben machen sie nicht mit. sie drehen sich weg, sind mit ihren Gedanken woanders. Ist auch schon im Kleinkindalter so gewesen. Ich bin daher daher gar nicht so sicher, ob man Kinder überfordern kann. Eher unterfordern, wenn man nicht auf sie eingeht, hnen alles verbietet, sich nicht mit ihnen beschäftigt oder ihnen die "Welt" nicht zeigt.

Ob nur "kluge" Kinder sagen, was sie wollen? Ich weiß es nicht. Meine sagen es mir. Trotzdem müssen sie mit etwas konfrontiert werden um dann zu wissen, das könnte mich interessieren. Oder das würde mir Spaß machen. Dazu müssen sie probieren und meine Aufgabe ist es , es ihnen zu ermöglichen, zu probieren.

Bei uns beim Tanzen fangen jede Woche neue Mädchen an. Entweder sie finden Gefallen oder eben nicht. Daher gibt es bei uns für so Kleine nicht nur einmal schnuppern sondern durchaus 3 oder 4 Mal und ein sonderkündigungsrecht mit kurzer Kündigungszeit in den ersten zwei Monaten.

LG

Re: Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Do 24. Feb 2011, 23:09
von Irrlicht
Vielen Dank für Eure Antworten.

Da ist einiges bei, was mir hilft.

Koschka,
ich glaube schon, dass man auch sehr kleine Kinder schon überfordern kann.
Nicht nur real durch Anforderungen sondern noch viel mehr durch Erwartungshaltungen.
Und diese versuche ich bei mir zu durchschauen. Was erwarte ich? Wovor hab ich Angst? Wo bleibt vor lauter Ich mein Kind?

Alibaba,
mir gefällt, wie Du über Deine Kinder und Deinen Umgang damit, schreibst.
Es ist einleuchtend, dass man erstmal ein Klavier benutzen können darf, um zu sehen, obs einem gefällt - oder nicht.
Die Wertung, was sie ausprobieren darf, sollte ich nicht für meine Tochter treffen. Auf gewisse Weise nehme ich ihre Interessensäußerungen zu wenig ernst. Und das ist dann nicht ok von mir.
Andererseits ... ich schrieb nicht von den Müttern/Eltern, denen etwas selbst verwehrt wurde, sondern es graust mir vor denen, die selbst etwas nicht geschafft haben und nun hoffen, dass ihre Kinder das tun.
Diese Selbstprofilierung auf Kosten eines Kindes.... und das findet man (ich) überall.
So will ich nicht sein.
Aber ich kenne meinen Selbstprofilierungshunger nicht. Denn - Ich bin sooo stolz auf sie. Sie ist das tollste Kind, was ich je gesehen hab. Ehrlich.
....Verstehst Du?

Co - Sinus (a),
Du schreibst so vieles, was ja schon meine/unsere Realität ist. Und mein "schlechtes Gewissen" ist ein wenig weniger.
Ich nehme sie in unseren Gesprächen sehr ernst und beantworte ihr jede Frage, die sie stellt. Wenn ich es kann *g (woher kommen die Sterne? öhm.)
Und sie geht in die Kita mit offenem Konzept, d.h. sie kann mit Kindern jeglicher Altersgruppe spielen und Inhalte relativ frei wählen.
Ich glaube, ich hätte mir -aus intellektueller Sicht- eine Mutter gewünscht, die mehr wie Deine auf meine Fragen und Weltsichten eingehen konnte. Hätte gerne mehr gewusst, warum und wie die Welt zusammenhält, wie Menschen sind und wie ich bin.
Da kann ich wiederum anders mit meiner Tochter leben.
Vielleicht braucht es nicht viel mehr.

Erstes Fazit: Ein wenig mehr erlauben, ein wenig mehr anbieten, ein wenig mehr: ich mach das schon richtig so ;)


Lg,

Irrlicht

Re: Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Fr 25. Feb 2011, 10:30
von alibaba
Irrlicht hat geschrieben: Erstes Fazit: Ein wenig mehr erlauben, ein wenig mehr anbieten, ein wenig mehr: ich mach das schon richtig so ;)
Genau - anbieten. Wenn es meinen gefällt, fragen sie sehr schnell nach: "Mama, wann dürfen wir denn mal wieder zum Bibliothekskurs?" :lol:

Mein Großer hat sich jetzt ein zweites Musikinstrument ausgesucht. Erst gestern hatte ich ein kurzes Gespräch mit der Musiklehrerin, die sagte, ach das lassen wir mal so laufen. Bevor sie etwas kaufen müssen, gebe ich Ihnen Bescheid. Lassen sie ihn doch noch etwas ausprobieren. Mal sehen ob er dran bleibt. Hätte ich ihm den Zugang verweigert, Nein, du spielst doch schon ein Instrument, dann kann er nie probieren ob er das a) zeitlich stemmen kann zwei Sachen zu machen und b) ob ihm auch noch dieses Instrument Spaß macht. In den Augen Anderer heißt es bestimmt, das ich eine Eislaufmutter bin, die ihrem armen Kind zwei Instrumente aufnötigt. 8-)

VG

Re: Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Di 1. Mär 2011, 15:17
von Carolin
Das Thema Förderung begleitet mich jetzt schon seit 5 Jahren also seit ich mit Stella schwanger war. Und es überrascht mich jetzt sehr, hier in diesem Forum positive Stimmen zu hören.
Bis jetzt war es immer so, sobald ich die Hobbys meiner Tochter erwähnt habe, schüttelten andere Eltern ihren Kopf und schauten mein Kind mitleidig an. Ich verstehe bis heute nicht, warum das Thema so negativ behaftet ist und in den Medien kritisiert wird. Ich empfinde Förderung als etwas ganz positives und ich bin froh, meinem Kind so etwas bieten zu können. Natürlich kann ich jeden Tag mit Stella zum Spielplatz gehen, aber sie möchte mehr sehen als nur Spielgeräte und ein paar Wiesen.
Ich denke, dass eine Überforderung stattfinden kann, aber nur wenn man als Elternteil nicht genau hinschaut und das Kind als eigenes Individuum betrachtet. Bis jetzt habe ich Stella nur Angebote gemacht und sie war schon mit 3 sehr deutlich. Für sie abwechslungsreiche Kurse haben wir beibehalten, Kurse die sie nicht mochte, haben wir sofort abgebrochen. Ballett und Geige fand sie von vornherein toll, hingegen war Klavier oder Malen nichts für sie.
Ich bin zwar zugegebenerweise Psychologin, aber das sehe ich noch lange nicht als Voraussetzung an um zu erkennen, ob ein Kind glücklich ist oder nicht. Das einzige was man braucht ist Herz und Verstand.
Stella hat zwar einige Hobbys, aber das schließt einen Freiraum nicht aus.
Förderung finde ich wichtig, da sich dadurch die Horizonte erweitern und sich das Kind ganzheitlich entwickelt und vor allem neugierig gemacht wird. Es muss kein Genie in einer bestimmten Richtung werden, aber es sollte später offen für vieles sein und auch lernen, mit Schicksal (sei es eine schlechte Klausur oder eine Absage später bei der Uni) umzugehen zu können.

Ich erscheine vielen als die ehrgeizige Mutter, die ihre Kinder von einer AG zur nächsten schleppt. Mir geht es aber gar nicht darum, dass aus den Kindern Genies werden, sondern vielmehr dass sie vieles kennen lernen, an sich arbeiten, aus sich herauswachsen und Erfolge sowie Misserfolge erleben.

Re: Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Di 1. Mär 2011, 23:57
von sinus
Den Schaden habe eher die armen Zuhörer :roll:
Also ich möchte nicht das erleiden, was meine Familie erleiden musste, als ich 6 Jahre lang mehr schlecht als recht versuchte, Geige zu spielen :mrgreen:
Ich hoffe ja, meine Tochter begeistert sich mal nicht ausgerechnet für ein Streichinstrument...

Re: Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Mi 2. Mär 2011, 09:25
von Carolin
Stella übt maximal 20 min in der Woche mit der Lehrerin und in der Freizeit 20 min verteilt in der Woche. Also kann man bei weitem nicht von Überforderung reden.
Ehrlich gesagt kann Stella die ersten kleinen Stücke fehlerfrei spielen ohne groß auf der Geige rumzuquietschen. Blockflöte finde ich da um einiges schlimmer!!! Letztendlich quietscht man auf jedem Instrument anfangs rum, Übung macht halt den Meister :-) Und je früher man erkennt, welches Instrument zu einem passt, desto früher kann man Erfolge verbuchen :D
Noch gefällt Stella das Klavier nicht, aber ich hoffe, dass sie auch irgendwann darauf spielen möchte, da Klavier für mich neben der Geige das klassischste instrument ist :-)

Re: Fordern - Fördern - Kind sein lassen

Verfasst: Mi 2. Mär 2011, 09:29
von alibaba
Hallo,

also grundsätzlich bin ich der Meinung, man braucht Kinder nicht in diverse Kurse zu schicken, damit sie schlau werden. Schlau werden sie, indem man auf ihre vielen Fragen eingeht. Und eine andere Perspektive gebe ich Ihnen, indem ich eben das Thema "Vulkane" mit einem Workshop mal vertiefe bzw. einfach anders beleuchte. Früher wurden die Kinder ja auch nicht gefördert (in dem heutigen Sinne) und waren nicht dümmer. :mrgreen: Kluge gab es zu jeder Zeit. Ich denke, im Zeitalter der Einzelfamilien, Mama und Papa arbeiten Beide, keiner hat mehr Zeit, Globalisierung, keine ungezwungenen Spiele mehr auf der Strasse oder im Wald......diese vielen veilen Dinge die sich im Laufe des Lebens co verändern - lassen den Markt an "Spieldingen" wachsen. Da gibt es Spielkurse, Bastelkurse, Nähkurse, Gesteinskurse........das hat man früher von den Großeltern gelernt.

Nur, meine Großeltern wohnen mal eben schlappe 500 km entfernt, die Strasse ist zubetoniert und der Nachbar beschwert sich über den Lärm, weil die Kinder zu laut sind. Was mache ich also, ich fahre von Kurs zu Kurs. Glückselig sei der, der das nicht muss, sondern eben noch die etwas andere Welt vor der Haustür hat.

Krativität entwickelt man klar in einem Bastelkurs, auch in einer Malschule, aber genauso gut auf dem Spielplatz mit anderen Kindern. Da werden Bäume zu Burgen, Stöcke zu Schwertern, Gras zum Lagerfeuer. Es muss also kein Malkurs sein. Nur,. wer geht schon auf den Spielplatz? Sonntags, im Sommerkleidchen, was nicht dreckig werden darf.

Ich habe manchmal das Gefühl, meine Umwelt gibt mir auch die Kurse vor. Unter der Woche ist bei uns keiner auf dem Spielplatz, also suche ich dann auch einen Kurs, immer alleine auf dem Spielplatz fetzt einfach nicht. Und so dreht man sich im Kreis.

Im übrigen besuchen meine Kinder nur Kurse wo nicht zu Hause geübt werden muss. Einzig die Instrumente, da muss man üben - aber wenn die Kinder mal schupflichtig werden und die erste Euphorie über "Hurra, wir haben HA auf", verflogen ist, dann sieht man ein Instrument üben auch noch mal mit anderen Augen.

LG