Hallo Tanja!
Das hört sich sehr anstrengend an. Aber es bestätigt mich in meiner Beobachtung dass es Kinder gibt, wo diese viel beschworenen "klaren Grenzen" nichts bringen. Jedenfalls nicht im Sinne von "wir setzen die Grenze und das Kind hält sich daran". Das schlimme daran ist, dass sich die Fronten immer mehr verhärten und es irgendwann mal gar nicht mehr um die Sache geht sondern nur noch Machtkampf ist. Dass Du das nicht willst kann ich gut verstehen.
Das Stichwort "Familienkonferenz" in deinem Beitrag ist mir aufgefallen. Kennst Du das gleichnamige Buch von Thomas Gordon? Da sind genau so Fälle beschrieben und mMn sind auch sehr konstruktive Wege zu Lösungen dabei.
Bei uns gibt´s zum Beispiel jeden Abend mal kurz lautstarken Protest und Tränen wenn´s um Zähne putzen geht. Der Große mag das nämlich überhaupt nicht. Dabei haben weder ich noch mein Mann jemals nachgegeben! Trotzdem ist seit Jahren jeden Abend dasselbe Theater. Man sollte eigentlich meinen dass Sohnemann irgendwann mal begreift dass das Geplärr nichts bringt

. Aber vielleicht hat er´s auch längst begriffen und es ist einfach Teil "seines" Abendrituals.
Mich ärgert nur etwas, dass immer, wenn wer ein Problem mit einem Kind hat, gleich mal von vorne herein angenommen wird dass das Kind zu wenig oder die "falsche Form" Aufmerksamkeit bekommt, dass die Eltern ja irgend was grob "falsch machen" müssen (oder zumindest lange Zeit falsch gemacht haben), sonst würde das Kind ja wunschgemäß funktionieren. Dabei empfinde ich es ja eher als Zeichen einer starken Persönlichkeit, sich nicht alles von den - ach so klugen - Erwachsenen aufoktroyieren zu lassen. Diejenigen, die jetzt noch davon verschont bleiben, werden spätestens dann wissen, wie sich das anfühlt, wenn die Pupertät beginnt

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Da fällt mir übrigens ein Beitrag ein, den ich vor längerer Zeit in einem anderen Elternforum gelesen habe. Da ging´s um einen 10jährigenund es gab insgesamt sehr klare Regeln in Sachen Hausaufgaben, Nintendo-Nutzung und Schlafenszeit. Tja, dann kamen die Eltern dahinter dass der Bub, der jeden Abend um 20h ins Bett musste, oft noch bis 22h heimlich unter der Bettdecke Nintendo spielte. Daraufhin wurde ihm die Spielkonsole weggenommen. Aber einige Tage später entdeckten sie ihn wieder spielend mit dem wieder ausgegrabenen Vorgängermodell der Konsole. Große Frage war: warum hält sich unser Kind nicht an die Regeln? Wir haben doch ausdrücklich mit ihm besprochen wann und wie viel er spielen darf. Er weiß doch genau, wann er schlafen gehen muss? Und vor allem: warum sagt er nicht wenn ihm etwas nicht passt sondern spielt statt dessen heimlich?`
In dem Forum kamen dann Antworten dass 20h Schlafenszeit für einen 10jährigen eher früh angesetzt ist und das Kind vielleicht einfach noch nicht müde ist. Antwort "Ja, aber ich KANN ihn doch jetzt nicht länger aufbleiben lassen, gerade jetzt, wo er doch so sträflich unserer Regeln verletzt hat!". Auf den Vorschlag, die erlaubte Spielzeit zu verlängern oder in Absprache mit dem Kind anders zu gestalten, kamen ähnliche Argumente "Der soll ja nicht glauben wir belohnen ihn noch für´s heimliche spielen!". Ehrlich gesagt verstehe ich, dass der Bub in dieser Familie gar nicht erst versucht hat, eine Diskussion über Schlafens- oder Spielzeit vom Zaun zu brechen. Es ging ja nie um seine Bedürfnisse sondern war nur ein Machtkampf. Da er ohnehin wusste dass er da unterlegen ist hat er die Regeln einfach untergraben - eine mMn sehr verständliche Reaktion.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)