Ihr Erklärung dazu - durchgängig vom 2 Lebensjahr bis zum heutigen Tage war: Ich wüsste nicht, warum. Oder aktuell ausgedrückt: Wenn mir nicht danach ist, den Leuten zu sagen, dass ich es begrüße, sie zu sehen, dann grüße ich auch nicht.
Zweitens: Häufige Erklärung für das Nichtgrüßen ist ihre Begründung "Es hat mich keiner gefragt, ob ich herkommen wollte. Ich wurde gezwungen."
Sie betont indes auch sehr deutlich, dass sie ohne Schulpflicht freiwillig ganz bestimmt nicht zur Schule gehen würde. Deswegen begrüßt sie auch die Lehrer nicht. Auf die Erläuterung, dass dies auch mit Respekt zu tun habe, sagte sie offen: Ich habe auch keinen Respekt vor den Lehrern. Wiederum zur Erklärung: Die reden viel dummes Zeug und machen viele Fehler und sind ungerecht zu manchen Schülern.
Es geht auch vor allem darum, dass es stark beziehungsabhängig ist, ob sie grüßt. Mich begrüßt sie, meine Mutter begrüßt sie, unsere Nachbarin von gegenüber begrüßt sie IMMER. Sie begrüßt auch den Hund von der Nachbarin von schräg gegenüber, sogar wenn der auf der anderen Straßenseite ist.
Ich weiß nicht, vielleicht ist das bei meiner Tochter auch in sich besonders, aber die Psychologin sagte ja auch, dass es krass ist für ein Kind von diesem jungen Alter von 8 Jahren, dass sie so gar nicht mehr die Anerkennung sucht, sondern mit allen Konsequenzen auch in Kauf nimmt, dass sie sich unbeliebt macht.
Achso, alibaba, natürlich kannst auch du jeden Tag aufs Neue entscheiden, nicht zu grüßen. Du musst nur bereit sein, die Konsequenzen dafür zu tragen. Du musst dich überhaupt nicht zwingen, sondern du bist da völlig frei in deiner Entscheidung.
Du setzt anscheinend viele Dinge als gegeben voraus, aber bei einem Aspergerkind merkst du dann ganz schnell: Die Dinge sind nicht gegeben, die sind anerzogen und kulturell geprägt. Du kannst so einem Kind 1000 Mal sagen: Mit Freundlichkeit kommst du im Leben oft weiter. Und dann hört das Kind: Es ist EINE Möglichkeit, durchs Leben zu kommen, aber eben nicht die einzige. Und dann kannst du auch mal das Pech haben als Mutter, dass dein Kind sagt: Ich lehne Freundlichkeit ab und sage direkt, was ich will.
Heute war ich mit meinen Kindern zum Brunchen eingeladen. Meine Große war mit dabei und da kein Kind in ihrem Alter dabei war, hat sie ihr Buch mitgenommen. Sie saß dann mit am Frühstückstisch und hatte die Nase im Buch. Plötzlich meldete sie sich und wurde von meiner Freundin quasi aufgerufen. Und sie fragte "freundlich", ob es uns was ausmachen würde, unsere sinnlosen Tischgespräche einzustellen, damit sie in Ruhe und ungestört ihr Buch weiterlesen kann.

Zum Glück hatte meine Freundin Humor. Wir haben echt herzlich gelacht. Wir haben ihr dann gesagt, dass wir uns beim Reden vom Anblick ihres Buches gestört fühlen. Da stand die Große dann da mit wirrem Haar und hat das Problem gelöst, indem sie uns als Alternative vorgeschlagen hat, sie könnte auch fernsehen, damit wir in Ruhe weiterquatschen können. Also, sie war schon um die Auflösung des Konfliktes bemüht. Aber es war für sie absolut nicht denkbar, dass sie ihre Bedürfnisse unter unsere Erwachsenenbedürfnisse unterordnen soll und sich anpassen soll. Wenn sowas von ihr erwartet wird, dann muss man ihr das einzeln buchstabieren. Sie kommt sonst einfach nicht auf den Gedanken. Und das hat auch nichts damit zu tun, dass ihr zuhause keine Grenzen gesetzt werden, wie mir oft vorgeworfen wird. Frühstück bei Freunden ist für sie eine neue und andere Situation. Sie versteht die Regeln da nicht. "sich so zu benehmen, wie MAN sich benimmt" - genau das können Aspergerkinder nicht, weil es gerade in modernen Zeiten auch höchst unterschiedliche Ansichten darüber gibt, wie man sich benimmt.
Ich will damit sagen: Manche Dinge werden Aspergerkinder nie lernen können.
>>Menschen ohne solche Diagnose könenn das ja auch nicht. << Und das verstehe ich beim besten Willen nicht... willst du ernsthaft behaupten, man könnte diese Störung damit auflösen, in dem man dem Kind erklärt, die Menschen ohne Asperger können das doch auch?!?

Das ist doch der Kern des Asperger-Syndroms: Dass die Betroffenen den Sinn des sich-benehmens nicht verstehen. Für dich ist das eine Selbstverständlichkeit, für meine Tochter mit Sicherheit ein böhmisches Dorf.