Studien zur Früheinschulung

ja oder nein? Erfahrungen und Ratschläge
Linasina
Dauergast
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Registriert: Di 11. Okt 2011, 14:42

Re: Studien zur Früheinschulung

Beitrag von Linasina »

Woooow, was ist denn hier los? Ich lese schon lange Zeit mit und habe hier lange nichts mehr geschrieben. Mir ist aber schon oft aufgefallen dass immer wieder neue Personen die hier sind von den älteren Foren Mamas vertrieben und beleidigt werden wenn diese anderer Meinung sind usw. Empathie kann man nur im echten Leben erkennen und nicht in einem Forum, finde ich, manchmal ist Unverständnis da und oft versteht man im geschriebenen auch etwas falsch. Meine3 hatte sehr schöne und hilfreiche Berichte geschrieben. Ich fände es schade wenn Sie sich nun wegen so einem unnötigen Streit aus dem Forum zurück zieht. Reißt Euch alle mal zusammen und geht nicht immer auf Kontra wenn jemand Anderes die Dinge ganz anders sieht wie ihr. Ihr seid bestimmt alle intelligente Menschen. Dieses Forum hat so viele Mitglieder aber nur wenige schreiben weil man immer nur Kontra bekommt. Das macht auf Dauer keinen Spaß.
sinus
Dauergast
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Registriert: Fr 26. Nov 2010, 10:52

Re: Studien zur Früheinschulung

Beitrag von sinus »

Sehr widersprüchliche Ergebnisse zum Thema frühe Einschulung hat diese Studie ergeben:

https://www.pedocs.de/volltexte/2014/45 ... salter.pdf

Unten einige Ausschnitte. Von mir kurz zusammengefasst:

Die Ergebnisse der früh eingeschulten sind bei PISA-Tests signifikant besser, dagegen sind ihre Schulleistungen nicht besser, teilweise (vor allem in Deutsch) sogar schlechter, als zu erwarten wäre.

Zu den Gründen gibt es nur Vermutungen.
Eine ist, dass ältere Schüler eher bereit sind, konzentriert und fleißig mitzuarbeiten.
Eine zweite - wo ich Probleme habe, mir das als Ursache vorzustellen - wäre, dass der dargebotene Schulstoff für die älteren passendere ist und nicht so gut zu den Internen der jüngere Schüler passt.
Eine interessante Ausnahme ist das Fach Biologie.
Die vielfach vertretene Meinung, man solle insbesondere hochbegabte Schüler möglichst früh einschulen, wird also durch die Werte in Tabelle 9 nicht bestä-tigt. Selbst Gymnasialschüler mit hoher verbaler Intelligenz werden häufiger nicht versetzt, wenn sie vorzeitig eingeschult wurden
Im Gymnasium werden die höchsten Anforderungen gestellt. Es wäre also zu erwarten, dass die Kinder, die vorzeitig eingeschult wurden, weil sie bei den Einschulungsuntersuchungen durch hohe verbale In- telligenz aufgefallen waren, im Gymnasium besonders gute Noten im Fach Deutsch erhalten.

(...)

Die bei PISA erfassten, vorzeitig eingeschulten 9.-Klässler erhalten auch dann schlechtere Deutschzensuren als die mit 7 Jahren regulär Eingeschulten, wenn sie überdurchschnittlich gut im PISA-Textverständnistest abgeschnitten haben

(...)

Bei PISA-2000 wurden nicht nur für das Fach Deutsch, sonder auch für die Fächer Mathematik, 1. Fremdsprache, Biologie, Chemie und Physik die Zeugnis- noten erfasst. Während im Fach Deutsch die regulär eingeschulten Herbstkin- der im Gymnasium signifikant besser abschneiden als die Antragskinder (siehe oben Tabelle 12 und 13) bestehen in den Fächern 1. Fremdsprache, Mathematik, Chemie und Physik keine signifikanten Unterschiede zwischen den Noten der Antragskinder und denen der regulär eingeschulten Herbstkinder. Zu erwarten wäre, dass die Antragskinder in allen Fächern durch gute Noten auffallen, da ihr sozialer Hintergrund und ihre Testleistungen bei PISA überdurchschnittlich gut sind. Dieser Erwartung entsprechen die Antragskinder lediglich im Fach Biologie: Nur in diesem Fach sind ihre Zeugnisnoten signifikant besser sind als die der regulär eingeschulten Herbstkinder
ABER
Für alle hier betrachteten Gruppierungen haben die eingesetzten statistischen Verfahren zu dem Ergebnis geführt, dass vorzeitig eingeschulte Testteilnehmer bei PISA signifikant besser abschneiden als die regulär Eingeschulten (siehe Tabelle 14 und 15 und „Syntax und vollständige Tabellen“, 2009, Abschnitt 5.15, Teil B und C). Dies gilt nicht nur für den Textverständnis-Test, sondern auch für die Ergebnisse in den Mathematik- und Naturwissenschafts-Tests. Auf die guten Testergebnisse der früh eingeschulten Kinder wurde ja bereits in den ersten Veröffentlichungen zur PISA-Studie hingewiesen: Für die 15-Jährigen Testteilnehmern, die sich im Mai 2000 bereits in der 10. Klasse befunden hat- ten, war in allen PISA-Tests ein „erheblicher Kompetenzvorsprung“ festgestellt worden (Baumert u. a. 2001, Seite 475). – Man könnte nun einwenden, dass der Vorsprung von 2,4 bzw. 3 Prozent (in Tabelle 14 und 15), den die vorzeitig Ein- geschulten im Textverständnis-Test bei PISA im Jahr 2000 erzielt hatten, mög- licherweise zu gering ist, um bildungspolitisch von Relevanz zu sein. Falls sich zeigen sollte, dass diese Zweifel berechtigt sind, so bleibt zumindest der Wi- derspruch bestehen, dass die vorzeitig eingeschulten Testteilnehmer trotz des günstigeren sozialen Hintergrundes (siehe Tabelle 5) in der Schule weniger er- folgreich sind als die mit 7 Jahren im schulpflichtigen Alter Eingeschulten. – Bemerkenswert an diesen scheinbar widersprüchlichen Ergebnissen ist, dass der soziale Status hoch mit wichtigen Merkmalen des Schulerfolgs korreliert

(...)

Aller- dings erhalten die vorzeitig eingeschulten Schülerinnen und Schüler, die im Jahr 2000 das Gymnasium besuchen, trotz besserer Ergebnisse im PISA- Textverständnistest (Tabelle 14) im Mittel schlechtere Zensuren im Fach Deutsch als die Gruppe der ein Jahr später eingeschulten 9.-Klässler an Gymna- sien (Tabelle 12 und 13). Dies verdeutlicht, dass mit den hier ausgewerteten Da- ten nur ein Teil der Varianz erfasst wird und dass für den Erfolg in der Schule neben dem bei PISA erfassten Textverständnis weitere Fertigkeiten (z. B. die Bereitschaft zu langanhaltender, kontinuierlicher Mitarbeit) von Bedeutung sind.

(...)

5.1. Ergebnisse
In der Gruppe der mit 5 oder 6 Jahren Eingeschulten
- sind Kinder aus bildungsnahen Elternhäusern überrepräsentiert (Ta- belle 4, 5 und 6) und
- die ein Jahr früher Eingeschulten erzielen bei PISA signifikant bessere Testergebnisse als die regulär eingeschulten Kinder (Tabelle 14 und 15)
Dagegen zeigen die Tabelle 7 bis 13, dass jüngere Kinder in der Regel nicht so erfolgreich in der Schule sind wie ihre etwas älteren Klassenkameraden, die in der 2. Jahreshälfte Geburtstag haben und die deshalb erst im Alter von 7 oder knapp 7 Jahren als schulpflichtige in die erste Klasse aufgenommen wurden. Die Kinder, die im Alter von 5 oder 6 Jahren eingeschult wurden
- müssen häufiger eine Klasse wiederholen (Tabelle 7, 8 und 9) und
- werden seltener für das Gymnasium empfohlen (Tabelle 10 und 11) als ihre Mitschüler, die der damals geltenden Stichtagsregelung entspre-
chend in höherem Alter eingeschult wurden.
Ferner erhalten vorzeitig eingeschulte Kinder später im Gymnasium im Mittel schlechtere Deutsch-Zensuren als die Gruppe der mit 7 oder knapp 7 Jahren als Schulpflichtige in die erste Klasse aufgenommenen Kinder (Tabelle 12 und 13).
Die bei PISA im Jahr 2000 gesammelten Daten bestätigen also, was auch ande- re Schulstatistiken ergeben haben: Die Jüngsten in einer Schulklasse sind im Mittel weniger erfolgreich als ihre älteren Mitschüler (Bellenberg 1996; Bellen- berg & Klemm 1998; Lehmann u. a. 1997, Abschnitt 5.5; Jürges & Schneider 2006; Puhani& Weber 2006; Fredriksson & Öckert 2005).

(...)

In der Gruppe der im Alter von 5 oder 6 Jahren Eingeschulten sind also nicht nur Kinder aus bildungsnahen Elternhäusern, sondern vermutlich auch Kinder mit hoher verbaler Intelligenz überrepräsentiert. Warum diese Schülergruppe trotzdem im Mittel weniger erfolgreich in der Schule ist, lässt sich mit Hilfe des vorliegenden Datenmaterials nicht beantworten, weil Längsschnittdaten über die bei PSA erfassten Schülerinnen und Schüler fehlen (z. B. aus der Schulan- fangszeit der Testteilnehmer).

Denkbar ist, dass die größere Bereitschaft älte- rer Schüler zu konzentrierter Mitarbeit für den Schulerfolg wichtiger ist, als In- telligenz. Diese Vermutung wird durch eine in den USA durchgeführte Studie mit 8-Klässlern unterstützt. Danach führen Selbstdisziplin und Fleiß verlässli- cher zu guten Zeugnisnoten als hohe Werte in IQ-Tests (Duckworth & Selig- man 2005; siehe hierzu auch: Stern 2003). –
Denkbar ist ferner, dass die Inter- essen der jüngeren Kinder in versetzungsrelevanten Fächern nicht den in ihrer Klassenstufe vorherrschenden Unterrichtsinhalten entsprechen. Diese unter- schiedlichen Interessenschwerpunkte tragen möglicherweise dazu bei, dass die 14-jährigen „Antragskinder“ in der 9. Klasse des Gymnasiums im Fach Deutsch schlechtere Noten erhalten als die bereits 15-Jährigen, regulär eingeschulten „Herbstkinder“. Dagegen passen die Unterrichtsinhalte im Fach Biologie viel- leicht eher zu den Interessen der erst 14-jährigen „Antragskinder“, weshalb sie in diesem Fach im Mittel besser abschneiden (siehe hierzu auch weiter vorne den Abschnitt 4.4).
Die Blätter sind bunt
nun bellt der Hund
nun lacht der Mund
Raureif liegt auf dem Gras.
Der Has`
friert um die Nas.

(Herbstgedicht der 6jährigen)
lalamama
Beiträge: 11
Registriert: Sa 27. Jul 2019, 13:40

Re: Studien zur Früheinschulung

Beitrag von lalamama »

@ sinus
vielen Dank für die reinkopierten Studienergebnisse/-bewertungen!
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