ich schreibe heute hier das erste mal.
Es geht um unseren Sohn Paul. Er ist mittlerweile sechs Jahre alt und ist seit knapp vier Wochen in der Schule. So wie andere hier, kann ich nicht beschreiben was Paul als Säugling bzw. Baby konnte. (Hab ja kein Buch geführt und mir damals Gedanken gemacht, ob mein Kind hochbegabt ist.

Mit drei Jahren sollte Paul in den Kindergarten gehen. Leider klappte es gar nicht. Paul weinte extrem und daraus, aber auch aus der mangelhaften pädagogischen Arbeit, ergaben sich Probleme und wir haben Paul wieder abgemeldet. Mittlerweile war uns schon aufgefallen das Paul nicht so wie andere Kinder in seinem Alter war. Seine Interessen waren differenzierter und grundsätzlich eher alters untypisch, aber über eine Hochbegabung haben wir uns keine Gedanken machen. Selbst wenn, wären wir sicher genauso dem Irrglauben verfallen, das er ein "Genie" sein müsste und er etwas ganz außergewöhnliches können müsste.
Ich kann es nicht genau sagen, aber es muss auch so um seinen dritten Geburtstag gewesen sein, das Paul anfing zu diskutieren, Regeln zu hinterfragen und uns rhetorisch (fast) auszuspielen. Er hat ein Talent dafür alles auf die Goldwaage zu legen bzw uns das Wort im Mund umzudrehen oder sich an Dinge zu erinnern, die wir selbst schon längst vergessen haben bzw wahrscheinlich nicht mal wirklich abgespeichert hatten.
Sein Gerechtigkeitssinn ist sehr ausgeprägt, will alles wissen und immer im Mittelpunkt stehen. Eine "Strafe" ist es für ihn, wenn er gesagt bekommt "Das geht dich nichts an!" oder "Das muss dich als Kind noch nicht interessieren!"
Ich erinnere mich an eine Situation da war Paul drei Jahre alt. Er durfte Kika sehen und als es dann "Logo! - Kindernachrichten" geben sollte, haben wir ihn gebeten den Fernseher aus zu machen. Er war natürlich nicht begeistert und fragte nach dem "Warum?". Wir haben ihm dann gesagt, das es jetzt eine Sendung gibt für große Kinder und das dort Dinge besprochen werden, von denen wir der Meinung sind, das er dafür noch zu klein ist. Autsch!, das hat ihn getroffen und ehe wir uns versahen, haben wir mit unserem Sohn über Krieg, Frieden und Religion philosophiert. Im Nachhinein betrachtet haben ich damals gedacht, das kann doch nicht wahr sein. Er ist doch erst drei Jahre und ein paar Monate alt.
Es war auch die Zeit, in der Paul anfing zu rechnen. Einfach so! Ohne unser Zutun. Er konnte es einfach. Paul hat auch nie einfach so gespielt. Es musste immer einen Sinn geben. Ich hoffe ihr versteht was ich meine. Auch Fahrrad fahren konnte er. Drauf gesetzt und losgefahren. Defizite hatte er eher im Bereich "Freundschaften knüpfen". Gleichaltrige Kinder haben ihn nicht interessiert und die älteren Kinder wollten nichts mit ihm zu tun haben. Er hat es von daher eher vorgezogen, alleine zu sein. Nicht das er sich gelangweilt hat, im Gegenteil, so konnte er eben genau das machen was er wollte.
Im Alter von 3,5 Jahren an, wurde es immer schlimmer mit Paul. Er lies sich fast nichts mehr sagen. Hat unsere Regeln nicht befolgen können und ich habe angefangen, wirklich an mir und meinen Eltern-Pflichten zu zweifeln. Es war auch die Zeit, in der ich, vor allem mit meinen Eltern sehr viel diskutiert habe. Paul ist verzogen, er kennt keine Regeln, ich hab zu viel Geduld, wir überfordern ihn, typisch Lehrer (mein Mann) und Erzieherin ( ich), und so weiter...
Mit vier Jahren ist Paul dann in einen anderen Kindergarten gekommen und es klappte vom ersten Moment an. Knapp vier bis fünf Wochen nach Kindergartenbeginn sind wir das erste Mal darauf angesprochen worden, das Paul sehr gut mit "Sprache" umgehen kann. Es folgten dann Gespräche über seine mathematischen Fähigkeiten und seine Kreativität, besonders das Malen. Er findet wenig Anschluss in der Gruppe, hat aber ein ausgeprägten Sinn für das soziale Gefüge. Im ersten "offiziellen" Gespräch haben wir diese Dinge genauer besprochen und uns ist das erste mal (ungefähr nach drei Monaten Kindergarten) das Wörtchen "Hochbegabung" über den Weg gelaufen. Wir waren ehrlich gesagt, ziemlich von der Rolle. Sicher es gab "Merkmale" die auf eine Hochbegabung hindeuten könnten, aber trotzdem. So recht konnten wir uns das nicht vorstellen.
Ein paar Wochen später bin ich von der Kindergartenleitung darauf angesprochen worden. Auch sie ist der Meinung, das Paul eine Hochbegabung, zumindest in Teilbereichen, haben könnte. Das war so die erste Zeit in der wir uns mit dem Thema mehr auseinander gesetzt und festgestellt haben, das es durchaus Schnittpunkte geben könnte.
Auslöser zu einem Gespräch mit einer befreundeten Grundschullehrerin, die privat und beruflich mit dem Thema Hochbegabung und Förderung zu tun hat, war als Paul zu mir in einem Gespräch sagte: "Mama, warum bin ich so anders als die anderen?" . Ich hab ihm dann gesagt, das wir ja alle anders sind als andere, wohl wissend, das er das so nicht meinte. "Nein, Mama, das meine ich nicht! Ich weiß, das wir alle nicht gleich sind. Ich bin aber noch anders als die anderen!" Dies war der Punkt für mich mit ihm ganz klar darüber zu sprechen. Das es total richtig ist wie er ist. Das es toll ist, das er Dinge weiß bzw ihn interessieren und so weiter.
Das Gespräch mit S. (Grundschullehrerin, betroffene Mutter eines hochbegabten Kindes, mittlerweile leitet sie ein Lernzentrum für Hochbegabte) hat unsere Gedanken bestärkt, das es durchaus so sein kann das Paul eine Hochbegabung haben könnte. Sie hat einen Beobachtungsbogen für Eltern mit uns durchgearbeitet und hat sich in diesem Zuge auch mit Paul unterhalten. Ich weiß noch, ich war total irritiert, denn Paul hat Dinge gesagt, von denen ich in dem Moment echt dachte "Kind was redest du da?!", aber S. hat uns dann im Nachhinein erklärt, das es nicht so sehr darauf angekommen ist was er sagt, sondern wie er es sagt.
Das ganze war natürlich nicht zu vergleichen, wie ein Test bei einer Psychologin, aber auch sie ist der Meinung, das wir Paul testen lassen sollten, da sie eine Hochbegabung im mathematischen, rhetorischen sowie im künstlerischen Bereich vermutet.
Sie hat uns Dr. Karin Joder in Kiel empfohlen, die sich auf Hochbegabung spezialisiert hat. Das Gespräch haben wir mit S. geführt da war Paul noch fünf Jahre alt. Damals haben wir uns gegen eine Testung entschieden, da wir Paul nicht noch mehr das Gefühl geben wollten "anders" zu sein als eh schon. Wir wollten erstmal die Schule abwarten. Nun geht er seit vier Wochen in die Schule und es zeichnen sich die ersten "Problemchen" ab.
Das seitenlange Schreiben von Zahlen zum Beispiel langweilt Paul enorm. Ich frage mich sowieso, was sie Paul noch beibringen wollen, wenn im ersten Schuljahr im Bereich bis Zwanzig gerechnet wird. Das kann er schon lange. Dennoch wartet er darauf das es endlich Rechenaufgaben gibt. Momentan üben sie noch die Acht. In einem ersten Gespräch (über ein völlig anderen Thema) mit der Klassenlehrerin, kamen wir natürlich auch auf Paul. In diesem Zusammenhang habe ich ihr von der Vermutung erzählt. Sie hat es aufgenommen, hat sich aber weder positiv noch negativ dazu geäußert. Fragte nur, ob wir ihn testen lassen wollen.
Da Paul seine Mathe-Lehrerin schon gefragt hat, ob er nicht schon Rechen-Aufgaben bekommen kann und von ihr ziemlich barsch abgewiesen worden ist, haben mein Mann und ich die Mathe-Lehrerin auf dem Elternabend angesprochen, wie lange es denn noch dauern würde, bis sie den Zahlen-Schreiblehrgang abgeschlossen haben, wurde sie leicht ungehalten, erst als die Klassenlehrerin ihr zugeflüstert hat, das es sich um Paul handelt, wurde sie etwas gnädiger. Sie wollte uns die CD-Rom mitgeben,die die Kinder mit Erhalt ihrer Mathebücher bekommen sollten, damit Paul schon etwas vorarbeiten könne. Leider hat sie in diesem Zusammenhang festgestellt, das die Schule die Bücher ohne CD-Rom bestellt hat, so das wir sie uns jetzt privat anschaffen werden.
Wir haben so leicht das Gefühl, das wir als "übereifrige Eltern" abgestempelt werden und tendieren jetzt dazu, Paul wohl doch testen zu lassen.
So, puh, das war viel und ich bedanke mich bei allen die bis hier her gelesen haben und uns aus eigener Erfahrung berichten können, evtl Tipps haben oder mein Posting irgendwie kommentieren möchten!
Liebe Grüße,
cassidy