Hallo kaddi,
deine Beschriebeung trifft auch sehr genau auf meinen Sohn zu. Er kannte mit 2 Jahren alle Zahlen und Buchstaben und konnte perfekt buchstabieren. Ebenso begann schon damals seine Ausnahmebegabung in Sachen auswendig-lernen auffällig zu werden (diese Ausnahmebegabung habe ich auch). Mit Deinem Sohn hat er auch die Liebe zu Rollenspielen gemeinsam sowie den Spass am bauen (Bausteine, Duplo, mittlerweile auch Lego und Matador).
Beim Sehteist verblüffte er im Alter von zwei Jahren als er sagen sollte, was für ein Symbol er sieht. Die Antwort: das kann ein Kreis sein, eine Null oder ein O.
Ich bin selbst auch hochbegabt und meine Eltern wussten davon seit meinem Einschulungstest. Sie haben mich aber nie in irgendeiner Weise gefördert und ich bin auch nach der Volksschule nicht ins Gymnasium gekommen sondern nur in die Hauptschule. Da ich da immer extrem unterfordert war und sowieso nie lernen musste habe ich auch nicht gewusst, WIE man lernt, und bin mit 14, beim Versuch eine höhere Schule zu besuchen, komplett gescheitert (Ausstieg im Halbjahr mit 4 "nicht genügend" im Zeugnis). Später habe ich dann trotzdem noch meinen Weg gemacht und habe jetzt trotz "nur-Lehre" einen relativ gut bezahlten Beruf in einer Männerdomäne, wo ich voll anderkannt bin.
Im Gegensatz zu Dir macht mir die Hochbegabung meines Sohnes (zwar noch nicht diagnostiziert, aber ich bin mir ziemlich sicher) keine Angst. Im Prinzip macht man mit einem hochbagabten Kind dieselben Dinge, die man mit einem durchschnittlich begabtem Kind auch macht - nur eben zwei, drei, vier Jahre früher

. Wichtig ist auch, an die emotionale Reife und die Empathie des Kindes keine zu hohen Ansprüche zu stellen. Auch, wenn mein mittlerweile fast 4jähriger sinnerfassend lesen und im Zahlenbereich bis 100 rechnen kann, versteht er nicht immer, dass es einfach weh tut, in den Bauch getreten zu werden oder dass sein kleiner Bruder für ein bisschen "schlimm-sein" (z. B. was umwerfen) nicht gleich mit Umklammerungsgriff gestraft werden muss.
Es ist für Eltern hochbegabter Kinder mMn ein wichtiger Lernprozess, zu erkennen, dass sie trotz ihrer ausergewöhnlichen Fertig- und Fähigkeiten in ganz vielen Punkten einfach nur Kinder sind, die sich in ganz vielen anderen Dingen altersgemäss verhalten.
So, wie sich Dein Sohn verhält (Mama-Nähe verteidigen, viel Input fordern) verhalten sich viele Kinder seines Alters - Hochbegabung hin oder her. Und das stur-sein kenne ich von meinem Kind auch sehr gut. Da haben sich bei und Kompromisse sehr gut bewährt.
Beispiel: wir kaufen süssen Schmuck für den Weihnachtsbaum und Sohnemann darf sich aussuchen was. Er entscheidet sich für Schokoschirmchen in seiner Lieblingsfarbe rosa. Nach der Kasse fängt er an zu jammern und zu brülllen, dass er die Schokoschirmchen schon jetzt essen will und nicht bis Heiligabend warten. Nach kurzer Diskussion haben wir uns darauf geeinigt dass er jetzt EIN Schokoschirmchen essen darf und wenn wir zu Hause ankommen noch EINES - dann werden sie bis zu Heiligabend von mir versteckt. Dieser Kompromiss hat super geklappt.
Heute wollte er sich unbedingt noch vor dem Kindergarten ein sehr langes Bilderbuch vorlesen lassen. Da sich das zeitlich nicht mehr ausgegangen wäre habe ich ihm alternativ einige kürzere Bilderbücher vorgeschlagen, wo er sich eines aussuchen durfte, das noch vorgelesen wurde. Mit der Auflage, danach sofort in den Kindergarten aufzubrechen. Auch das hat super geklappt.
Seit ich erkannt habe dass es für alle Beteiligten wesentlich stressfreier ist, Kompromisse zu finden, wende ich diese Methode sehr erfolgreich an. Es kostet in Summe sogar weniger Zeit und vor allem entfällt dadurch ein Grossteil der Machtkämpfe.
Dir kann ich nur raten: trau deinem Sohn zu, seinen eigenen Weg zu finden. Ermögliche ihm die Dinge, die ihm Spass machen und die ihm wichtig sind. Wenn Du neben ihm über ihn sprichst achte gut auf Deine Worte - so Sachen wie "mein Sohn ist ja so wahnsinnig schwierig" kann er als Prophezeiung deuten, die er erfüllen muss (so war das bei meinem Sohn). Misch Dich nicht zu sehr in seine Angelegenheiten und Kontakte ein, wenn es so weit ist wird er selbst lernen wie man Freundschaften knüpft und pflegt (mit allen aufs und abs die dazugehören) und er wird genau wissen, mit wem er wie viel zu tun haben will.
Und daran, sich vielleicht irgendwann einmal seine "Zukunft zu verbauen", kannst Du ihn sowieso nicht hindern. Nur: jetzt ist er noch nicht mal 3 Jahre alt! Geniese das hier und jetzt mit deinem Kind und gesteh ihm zu, später einmal selbst seinen Weg zu finden, so wie Du Deinen gefunden hast.
Wir begleiten unsere Kinder nur, für das, was sie als Erwachsene einmal tun, werden sie genauso selbst verantwortlich sein wie wir das sind. Und natürlich werden sie ihre Fehler machen, genauso wie wir unsere Fehler gemacht haben und immer noch machen

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Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)