Hallo, ich kann deine Bedenken gut nachvollziehen, ähnliche Gedanken hatte ich auch vor Kind zwei.
Getestet und nachgewiesen hochbegabt ist allerdings keines meiner beiden Kinder. (Fast 8 und zweieinhalb Jahre alt.)
Aber meine Große hat mich von Anfang immer wieder überrascht. Sie hat sich sehr schnell entwickelt, motorisch und geistig. Und sie war so anders, als ich erwartet hatte, dass kleine Kinder sind. Sie war so verständig, vernünftig, redete so früh so gescheit und in grammatikalisch richtigen Sätzen daher. Sie spielte ausdauernd und konzentriert alleine, kannte keine Langeweile und brauchte wenig "Betreuung" meinerseits. Die Trotzhase war nur eine kurze Phase von 4-6 Wochen rund um den 2. Geburtstag rum, davor und danach war sie immer unglaublich kooperativ. Man konnte mit ihr verhandeln und sie hielt sich an Abmachungen. Sie hat auch nie was kaputt gemacht, keine der Dummheiten angestellt, die man so von anderen Kinder hört. (Möbel angemalt, heimlich was weggenascht o.ä.) Sie kleckerte ja noch nichtmal oder verschmierte sich das Gesicht mit Tomatensoße beim Nudelessen. Und saß bei Konzerten oder ähnlichen Veranstaltungen brav und still auf meinem Schoß und störte nicht.
Das Treppenschutzgitter kam vor dem 2. Geburtstag ab, weil sie erstens schon gut Treppe steigen konnte und ich mich zweitens drauf verlassen konnte, dass sie bescheid sagt, ehe sie allein runtergeht.
Selbst die Einzäunung des Gartenteiches konnten wir noch vor dem 3. Geburtstag entfernen, weil sie einfach wusste, dass es dort für sie gefährlich ist und sie darum nicht allein an den Teich darf. Man konnte sich auf sie immer verlassen.
Damals dachte ich auch: Kann eine zweites Kind da mithalten? Ob ich nach all dem ein "normales" Kind überhaupt "aushalte"?
Würde ich nicht ständig zu viel erwarten und wäre enttäuscht oder sauer, wenn das bei Zweiten alles nicht so gut klappt?
Wenn es dann bockt, matscht, Sachen kaputt macht, nicht hört usw - wie so manche andere Kleinkinder, die ich erlebt habe. Oder wenn es schlicht nicht kapiert, was es darf und was nicht und warum etwas gefährlich/nicht erwünscht ist?
Ich habe es trotzdem gewagt und war sehr gespannt was "rauskommt".
Es war so ein bisschen wie mit dem Geschlecht. An sich wollte ich am Liebsten wieder so ein tolles Mädchen haben.
Im Verlauf der Schwangerschaft - wir hatten erst spät ein Outing - begann ich mich dann auch mit der Möglichkeit anzufreunden, noch mal das andere Geschlecht zu erleben. Und dann war ich fast sogar bisschen enttäuscht, dass es doch wieder ein Mädchen sein würde. Mal einen Junge großzuziehen wäre doch auch spannend gewesen...
Genauso würd ich das auch mit der "Begabung" sehen. Klar wäre es toll, noch mal so ein schlaues, vernünftiges Kind zu haben. Aber wäre es nicht auch spannend, es mal anders zu erleben?
Und überhaupt - der Intellekt ist doch nur EIN Aspekt. Jedes Kind bringt doch ein ganz anderes Paket an Eigenschaften mit, nicht nur die kognitiven oder sonstige besondere Fähigkeiten betreffend.
Meine große Tochter bspw war eben bei bzw vielleicht auch
durch all die Vernunft und Verstand auch als Klein- und Vorschulkind recht ernsthaft. Wenig spontan, wenig expressiv in ihren Emotionen. Also da gab es auch selten "unbändige Freude" wie bei so manchen anderen Kindern. Sie war und ist nicht unbedingt der Typ Kind, der alle Herzen öffnet.
Ein etwas unbeschwerteres Kind, nicht so arg verkopft, mit etwas mehr Sonnenschein und Spontanität - einfach etwas "kindlicher" - das wäre es doch wert, auf ein paar "Überfliegeraspekte" zu verzichten...
Soweit meine Gedankengänge damals.
Nun ist Nummer zwei inzwischen 2einhalb Jahre alt. Und sie ist der Großen recht ähnlich. Sie ist auch sehr verständig und kooperativ, hat sich auch sehr schnell entwickelt und wirkt mit ihren zweieinhalb wie ein Jahr älter. Sie ist auch noch körperlich recht groß, tags und nachts sauber und kann schon ganz viel alleine.
Soweit so gut schonmal.
Der Altersabstand ist übrigens reichlich 5 Jahre und allein dadurch ist es mir im Alltag auch nicht mehr ganz so präsent, wie die Große im exakt gleichen Alter nun drauf war.
Ich habe allerdings viel aufgeschrieben und auf Video, so dass ich durchaus sogar recht konkret vergleichen kann.
Das mache ich auch manchmal.
Ich könnte drum jetzt auch sagen, dass die Nummer zwei wohl geringfügig "langsamer" ist. Also so weit sie jetzt ist (mit 2,5), war die Große in vielen Bereichen mit etwas über zwei schon.
Die Große hat in dem Alter schon besser gemalt und schwierigere Puzzles gemacht, sich besser ausgedrückt und konnte mit zwei schon mehrere Strophen von Kinderliedern in Wortlaut und Melodie richtig singen.
Allerdings hatte sie ja auch keine Schwester als Spielgefährtin und darum andere Entwicklungsanreize daheim. Die Große hatte dann eben "nur" die Puzzles und Malstifte zum Spielen, wo die Kleine nun eine lebende Spielgefährtin hat.
(Daher ist sie, was Selbstständigkeit betrifft, wohl dafür nun etwas fixer - sie hat da ja die ältere Schwester als Vorbild.)
Aber weißt du - das alles ist mir an sich sowas von egal. Ich registriere das, wenn ich mal zufällig drüber nachdenke, aber ich werte das nicht und vergleiche auch nicht ständig.
Gerade da die Mädels sich wirklich so verdammt ähnlich sind (auch optisch), freue ich mich eher über jeden kleinen merkbaren Unterschied. Wer will schon 2x exakt das gleiche Kind haben?
Und ich bin als Mutter in meiner Rolle auch "gereift". Ich schaue ganz anders auf die Kleine, als damals auf die Große.
Klar freue ich mich über Meilensteine und "Erfolge", aber sie stehen bei Weitem nicht mehr so im Mittelpunkt, wie bei der Großen. Bei der Großen waren es halt alles noch
echte "Premieren" für mich.
Die Große stand so viel mehr im Focus... Was sicher nicht immer nur gut für sie war. Die Große "musste" immer ganz toll und lieb sein: mein erstes Kind, das absolute Wunschkind (böse Zungen nennen sowas mitunter ja auch "Projektkind"), bei dem ich mir und anderen ja auch unbedingt beweisen musste, dass ich das gut hinbekomme.
Bei der Kleinen muss ich da nichts mehr erst beweisen, gerade weil die Große so gut "gelungen" scheint, darf die Kleine jetzt wahrscheinlich viel mehr "sie selbst" sein und kann sich sicher um einiges freier bzw unbeobachteter entwickeln.
Sprich: meine Erwartungen an sie sind eher geringer, als zu groß.
Das heißt im im konkreten Fall z.B., dass ich mir das Konzert vielleicht doch spare oder eben früher gehe, statt das Kind dazu anzuhalten, doch bitte weiterhin geduldig und "lieb" zu sein.
UND: einfach aus den Anforderungen des Alltags heraus ist es mir jetzt bei zwei Kindern auch sehr viel wichtiger, dass das Zusammenleben gut funktioniert, es nicht ständig Streit und Konkurrenz gibt, keiner das Gefühl hat, zu kurz zu kommen, dass Konflikte auf sozialverträgliche Weise gelöst werden etc pp.
Die Prioritäten sind also auch jetzt woanders, als bei den "sichtbaren Leistungen" des einzelnen Kindes.
Und das ist gut so - für alle Beteiligten!
Alles Gute für euch und ich finde, ein zweites Kind war eine sehr gute Entscheidung.
(Auch und
gerade für die Große! Das war nämlich auch so eine Frage, die mich beschäftigt hat - ob ich der Großen das "antun" sollte, ihr ein Geschwisterkind vor die Nase zu setzen... )