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wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: Mi 8. Aug 2018, 20:15
von Goldstorm
Liebe ForumbenutzerInnen,

unsere Tochter ist jetzt gerade 5 Jahre alt geworden und schon vor 2-3 Jahren hat mich jemand auf eine mögliche Hochbegabung aufmerksam gemacht. Ich habe mir dabei aber nicht viel gedacht und auf der Homepage nachgelesen und mir gedacht dass wohl einiges zutrifft, aber ein Test ja jetzt nichts ändern würde.

Heute habe ich mir die Erkennungsmerkmale wieder durchgeschaut und es trifft wirklich (in jedem Alter) sehr viel zu (fast alles). Sie hat uns auch schon sehr, sehr oft wirklich verblüfft. Ich gehe seit geraumer Zeit auch in eine Erziehungsberatung, weil es auch halt immer wieder Schwierigkeiten gibt und sie auch sehr impulsiv ist.

1) Hilft uns ein Test irgendwie weiter?
2) Welchen Test könnt ihr empfehlen?
3) Wo kann man so einen Test durchführen (möglichst im Raum Oberösterreich oder Salzburg)?

Vielen Dank für eure Antworten!

Re: wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: Do 9. Aug 2018, 11:29
von Rabaukenmama
Die Frage ist, was genau ihr zu testen beabsichtigt. Geht es um einen reinen IQ-Test? Oder wollt ihr eine komplette Entwicklungsdiagnostik, wo ein Gesamtbild erstellt und auch in Richtung Wahrnehmungsstörung geschaut wird? So, wie du das beschreibst, ist der kognitive Vorsprung gegenüber Gleichaltrigen ja nur EIN Aspekt der Persönlichkeit eurer Tochter.

Für einen reinen IQ-Test würde ich einen niedergelassenen KJP kontaktieren. Vorteil ist, dass man relativ schnell einen Termin bekommt, wenn man privat bezahlt (Größenordnung je nach Umfang Euro 300,- bis 500,-). Manche KJP machen auch Entwicklungsdiagnostik - bitte vorher erkundigen, was da alles dabei ist und extra erwähnen, dass ihr den IQ auch als Zahlenwert wissen wollt.

Die preislich günstigere Alternative wäre über ein SPZ (gibt es auch in Österreich) über die KK eine Entwicklungsdiagnostik zu bekommen. Wenn eure Tochter im sozial-emotionalen Bereich Probleme hat braucht ihr dazu eine Überweisung vom Kinderarzt. Da ist aber nicht sicher, ob dabei auch der IQ als Zahlenwert ermittelt wird - also auch vorher fragen. Vorteil ist, dass es euch nichts kostet, Nachteil ist eine relativ lange Wartezeit. Aueßrdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass die KK-KJPs meistens nicht so gut sind, wie die privaten, und eher husch-pfusch arbeiten. Nach meiner bisherigen persönlichen Erfahrung würde ich davon eher abraten.

Für eine komplette Entwicklungsdiagnostik, wo nicht nur einen IQ-Test gemacht wird, sondern auch andere Bereiche wie Motorik, Sprache und Sozialverhalten angeschaut wird, kann ich die neurolinguistische Ambulanz im KH der barmherzigen Brüder in Linz sehr empfehlen. Dort kennen sie sich auch mit Wahrnehmungsstörungen aus (ADS, ADHS, ASS, AVWS).

Auf der Homepage ist alles nochmal genau erklärt und es gibt sogar ein Video, mit man das Kind auf den Besuch dort vorbereiten kann.

https://www.barmherzige-brueder.at/unit ... entrum/nla

Nachteil ist halt die relativ lange Wartezeit auf einen Termin (6-12 Monate). Bei jüngeren Kindern wird die Diagnostik meistens auf 2 Termine aufgeteilt. Vor allem beim IQ-Test macht das Sinn, weil auch beim einem gesunden 4-6jährigen Kind die Konzentrationsfähigkeit in Testsituationen nicht unendlich ist.

Vorteil ist das interdisziplinäre Team, welches sehr professionell arbeitet und wirklich gut mit Kindern umgehen kann. Außerdem wird über die KK abgerechnet, wenn es eben eine Überweisung vom Kinderarzt mit Begründung der Diagnostik gibt.

Zur Frage, ob der Test weiter hilft, kann man meistens erst hinterher was sagen. Ich (selbst getestet HB) habe ja bei meinem älteren Sohn immer verweigert, einen reinen IQ-Test zu machen, weil die Kenntnis des Zahlenwertes wirklich NICHTS daran ändern würde, wie wir zur Zeit agieren. Entwicklungsdiagnostik dagegen hat sehr wohl was gebracht, weil wir dadurch seinen Asperger-Autismus erkannt haben und uns die Verhaltenstipps im Umgang mit Autisten wirklich oft hilfreich sind. Bei meinem Sohn war viele Jahre sein kognitiver Vorsprung so auffällig, dass seine Defizite "untergegangen" sind - obwohl rückblickend schon ab ca. 4 Jahren Auffälligkeiten im Sozialverhalten merkbar waren. Aber damals war der Fokus auch sehr auf dem jüngeren Bruder, der gehörlos geboren wurde und bei dem der Autismus schon mit 4 Jahren fest stand (im Gegensatz zum älteren Sohn mit 7 Jahren)

Alles Gute!

Re: wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: Do 9. Aug 2018, 20:15
von Goldstorm
Herzlichen Dank für die ausführliche Antwort!!! Danke!!

Re: wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: Fr 10. Aug 2018, 16:12
von sinus
Wir haben gerade (in Deutschland) an einer Uni im Fachbereich Pädagogik einen ausführlichen Test inklusive Beratung gehabt.
Den Termin gabs innerhalb von 1-2 Monaten und der Test war sogar kostenlos.
An anderer Stelle (andere Uni, räumlich zu uns etwas näher), wo ich zuerst angefragt hatte (diese Anlaufstelle hatte ich ergoogelt über »IQ-Test + Kinder + Stadt«), hätte es was gekostet, um die 100 Euro.
Die haben uns aber nach dem Erstgespräch netterweise die andere Stadt empfohlen, weil die wohl sowohl mehr Erfahrung mit Kindern haben und außerdem noch eine ausführlichere Testung machen könnten. (telefonisches Vorgespräch +Erstgespräch vor Ort mit Eltern und Kind + 3 Stunden Test nur mit Kind + eineinhalb Stunden Auswertungsgespräch + ausführliches schriftliches Gutachten)
Die Fahrt dahin (ca. eine Stunde) hat sich für uns defintiv gelohnt. (Auch wenn ich noch auf die schriftliche Auswertung warte. Das Auswertungsgespräch war diese Woche)

Re: wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: Sa 11. Aug 2018, 08:50
von Rabaukenmama
Koschka hat geschrieben:5 Jahre ist noch ein sehr zartes Alter, um einen Test zu machen. Meines Erachtens ist ein Test in diesem Alter nur bei sehr problematischen Kindern zu empfehlen, wenn man nicht mal die Richtung weiß. Du bist als Mutter dir ziemlich sicher, dass dein Kind einen significanten Entwicklungsvorspung hat, was erhoffst du mehr? Selbst wenn eine sehr frühe Einschulung in diesem Jahr noch in Frage kommt, ist woanders als beim Schulpsychologen gemachter Test kaum vom Nutzen. Der Schulpsychologe und die Schule werden mehr auf die andere Fähigkeiten des Kindes schaeun als auf IQ. Die Erzeihungsprobleme werden sich durch einen IQ-Test nicht lösen. Wenn die Impulsivität des Kindes für das Kind und die Umfeld sehr belastend sind, kann man Tests in diese Richtung betreiben und vielleicht Strategien erarbeiten, wie alle beteiligten damit am besten klar kommen. Aber die Impulsivität ist so ein Merkmal, das sich nicht einfach in der Luft auflösen wird.
Ich habe nicht herausgelesen, dass sich der/die TE erhofft, die Impulsivität würde sich in Luft auflösen. Das wird sie nicht, das ist ohnehin klar. Durch eine neutrale Diagnostik (in deren Rahmen AUCH ein IQ ermittelt wird) bekommt man als Eltern aber einen Überblick, wo genau die Stärken und Schwächen liegen. Und das ist nicht immer das, was man augenscheinlich selbst sieht.

Bezüglich Impulsivität finde ich durchaus interessant, zu wissen, ob nicht eine Wahrnehmungsstörung dahinter steckt. Wenn, dann ist impulsives Verhalten nur EIN Aspekt davon, und es gibt (unabhängig von externen Therapien und Medikation) jede Menge Verhaltenstipps für Eltern. Diese zu berücksichtigen nimmt dem Kind nicht sein impulsives Verhalten, erleichtert aber den gegenseitigen Umgang und das Zusammenleben.

Gerade bei schwierigen Kindern mit kognitiven Vorsprung erhoffen sich ja manche Eltern eine "Erklärung" des auffälligen Verhaltens durch eine Hochbegabung. Tatsächlich ist kein Kind AUF GRUND eines hohen (oder durchschnittlichen, oder niedrigen) IQs schwierig. Es muss auch keine Wahnehmungsstörung dahinter stecken, sondern kann einfach nur Teil der menschlichen Persönlichkeit sein ( wobei Wahrnehmungsstörungen das auch sind).

Und genau HIER macht es einen Unterschied für Eltern, zu wissen, was dahinter steckt, und wie man damit umgehen kann.

Mein älterer Sohn ist nicht auffällig impulsiv, hat aber Verhaltensmuster, die für sein Alter und seine kognitive Fitness einfach auffällig sind. So ist es ihm z.B. unmöglich, sich bei einer Warteschlange einfach hinten anzustellen. Dreijährige Kinder schaffen das, mein vermutlich hochbegabter Achtjähriger nicht! Erst mal wirft er sich auf den Boden, kreischt kurz, aber intensiv, und dann beklagt er sich lauthals, wie furchtbar ungerecht es ist, hier warten zu müssen. Nach 1-2 Minuten hat er sich wieder "gefangen" und stellt sich doch korrekt in die Reihe. Es ist immer dasselbe, unabhängig davon, ob ich es ignoriere, schimpfe, erkläre oder wütend werde!

Aber seit ich weiß, dass mein Sohn hochfunktionaler Asperger Autist ist, tue ich mir leichter, dieses Verhalten einfach anzunehmen. Er reagiert nicht so, weil er falsch erzogen wurde, sondern weil er auf Grund seiner Wahrnehmungsstörung in manchen sozial-emotionalen Bereichen deutlich "hintennach" ist. Ihn deswegen zu beschimpfen und vor Augen zu führen, dass alle anderen das viel besser hinkriegen als er (untergraben des Selbstwertes) würde keine Änderung bringen und allen mehr schaden als nützen. Es wäre dasselbe, einem lernbehinderten Kind, welches mit 8 Jahren die Buchstaben noch nicht unterscheiden kann, ständig zu sagen, wie blöd es ist. Nur ist "niedermachen" von Kindern auf Grund sozialer Defizite immer noch gängige Praxis und wird unter dem Deckmantel "Erziehung" nicht nur toleriert, sondern teilweise sogar empfohlen (vor allem von Leuten, die keine Ahnung von Wahrnehmungsstörungen haben).

Bei meinem jüngeren Sohn ist es nochmal um einiges schwieriger. Durch seineGehörlosigkeit war die Diagnose des Autismus schon mal schwieriger. Und im Gegensatz zum Bruder, der bis auf seine sozial-emotionalen Defizite ein gesundes Kind ist, bringt uns unser jüngerer Sohn mehrmals pro Woche an unsere persönliche Belastungsgrenze. Die zwei schwersten Herausforfeungen sind einerseits absichtlich herausforderndes Verhalten und andererseits furchtbare Wutanfälle. Mit Kenntnis der Diagnose (Autismus) hat mein Mann z. B. Ein Seminar zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Autisten besucht, wo er andere Eltern kennengelernt und einige Praxis-tipps erhalten hat. Bezüglich Wutanfälle bin ich in einem spezifischem Autismus-forum auf den Begriff "Meltdown" gestoßen und konnte das Verhalten endlich zuordnen. Es gab auch einige Tipps, wie man als Eltern Meltdowns vorbeugen kann, uns es funktioniert wirklich! Die Wutanfälle hat unser Sohn immer noch, aber merkbar seltener als früher, wo wir die Hintergründe und die Möglichkeit zu Prävention noch nicht kannten.

Beim jüngeren Sohn war auch der erste ermittelte IQ-Wert eine echte Überraschung für uns. Da ich in erster Linie den klugen Bruder ans Vergleich hatte, vermutete ich etwas zwischen leichter geistiger Behinderung und Lernbehinderung. Tatsächlich war das Entwicklungsprofil eine Berg- und Talbahn, aber letztendlich kam zu meiner Verwunderung ein durchschnittlicher IQ raus. Eigentlich nicht ganz "offiziell", weil ein Test mit 70 Punkten Unterschied zwischen bestem und schlechtestem Unter Wert als "nicht auswertbar" gilt!

Interessant wären da vor allem die Bereiche, wo auch mein jüngerer Sohn an der Hochbegabung kratzt. Das ist z.B. räumliches Vorstellungsvermögen und Orientierungssinn, beides Bereiche, die vor allem bei einem nonverbalen Kind nicht gleich auffallen. Unter anderem durch diese Testergebnisse bestärkt habe ich mich getraut, mit meinem Sohn (damals 5 Jahre alt) Treffpunkte zu vereinbaren, und ihn auch mal kurz (scheinbar) unbeaufsichtigt zu lassen. Und es hat gut geklappt. Ohne das Wissen über seinen guten Orientierungssinn hätte ich das gar nicht ausprobiert.

Deshalb meinte ich: ob eine Entwicklungsdiagnostik "was bringt" (was einem das Leben erleichtert) weiß man erst hinterher. Ein reiner IQ-Test vor Schuleintritt bringt mMn nur dann was, wenn es um etwas geht, wo man das Ergebnis braucht. Also vorzeitige Einschulung (oder Rückstellung), Aufnahme in einen Kurs für ältere Kinder, spezielle (Begabungs-)Förderung,...

Mein älterer Sohn ist mittlerweile 8 1/2 Jahre alt und ich kenne seinen IQ als Zahlenwert immer noch nicht.

Beim jüngeren Sohn hingegen war die Kenntnis des IQ-Wertes durchaus wichtig, um bei der Einschulung darauf zu bestehen, dass er nicht gleich in eine reine Sonderschulklasse gesteckt wird. Wie es dann in der (Schul-)Praxis aussehen wird, wird sich noch zeigen.

Re: wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: Sa 11. Aug 2018, 13:11
von Rabaukenmama
Koschka hat geschrieben:@Rabaukenmama

Das ist alles richtig, Aber man kann nicht jedes Kind voller Entwicklungsdiagnostik unterziehen. Auch nicht jedes vermuttlich hochbegabtes. Das funktioniert einfach nicht, weil nicht genug Kapazität vorhanden ist. Wir sind uns schon einig, dass ein reiner IQ-Test wenig bringt. Für die ganze Entwicklungsdiagnostik muss man sich an eine kompetente Stelle wenden, in Deutschland SPZ, die eine ganze Reihe Tests aus allen Bereichen mit dem Kind durchführt und ihre Ergebnisse vorstellt. Weil sie wenig Erfahrung mit Begabung haben, sind die Diagnosestellung/Ausschluss nicht unbedingt richtig. Wartezeit für so einen Termin beträgt bis zu einem halben Jahr, dabei wird dieser Platz in dem Terminkalender vielleicht einem Kind weggenommen, das es viel nötiger hat.
Warum KANN man nicht jedes Kinder einer vollen Entwicklungsdiagnostik unterziehen? Klar, es macht nicht bei jedem Kind Sinn, aber Goldstorms Tochter dürfte nach der Beschreibung abgesehen von einer etwaigen Hochbegabung auch einige Schwierigkeiten haben. Und Goldstorm wohnt in Österreich, wo es anders läuft, als in Deutschland. Meine Empfehlung, das KH für barmherzige Brüder in Linz, macht ausgezeichnete, professionelle Entwicklungsdiagnostik mit einem multidisziplinärem Team und ist außerdem auf Wahrnehmungsstörungen spezialisiert. Das kann man nicht mit einem beliebigen SPZ-Arzt (der auf Grund der Bandbreite der Kinder zwangsläufig eher oberflächlich arbeitet) vergleichen!

Meine Jungs hatten beide mit 4 Jahren erstmals eine Entwicklungsdiagnostik, und BEIDE Male war es nicht auf mein Betreiben hin, sondern beim älteren Sohn aufgrund einer Empfehlung vom Kindergarten (wegen Auffälligkeiten im Verhalten) bzw. beim jüngeren Sohn von der Frühförderin (wegen konkretem Verdacht auf Autismus). Gerade bei meinem älteren Sohn hätte man damals sagen können "Lassen wir mal, so toll sind die Auffälligkeiten auch wieder nicht, vielleicht nimmt er ja einem Kind dann den Platz weg, welches die Diagnostik nötiger braucht...". Tatsächlich war diese erste Diagnostik der totale Reinfall und hat nichts gebracht, vor allem, weil die Psychologin die unfähigste Person ihres Berufszweiges war, die ich je erlebt habe (und mittlerweile sind das einige). Aber das ändert nichts am Hintergrund der Untersuchung. Hätten wir damals mehr Glück gehabt, wären wir mit den extremen Verhaltensmustern im folgenden Jahr vermutlich anders umgegangen und hätten uns vielleicht einiges an Streß und Nerven erspart...

Grundsätzlich macht eine Untersuchung bei einem Kind dann Sinn, wenn was auffällig ist. Hochbegabung allein ist noch nicht auffällig und auch nicht die Ursache von Problemen. Goldstorm besucht seit geraumer Zeit eine Erziehungsberatung und ich gehe davon aus, dass das nicht geschieht, weil das Kind so pflegeleicht und "einfach" ist. Und im Gegensatz zu anderen (medizinischen) Untersuchungen gibt es bei einer Entwicklungsdiagnostik keine Risiken (außer vielleicht, eine unfähige Psychologin zu "erwischen" :P ). Wenn es danach heißt "Alles bestens, ihr Kind ist gesund und außerdem noch klug!" ist auch kein Schaden passiert.

Koschka hat geschrieben:Ich war mit einem meiner Kinder bei einer Erziehungsberatungsstelle. Sie haben mit ihm einen IQ-Test gemacht, dessen Ergebnisse nicht auswertbar waren, sie haben mir eine Menge unbrauchbare Tipps aus den Erziehungsratgebern gegeben. Mir wurde es auch vorgeschlagen, das Kind bei SPZ vorzustellen. Da ich wegen des Geschwisterkindes weiß, mit was für Problemen sie sich dort beschäftigen und was für Wartezeiten dort anfallen, habe ich mich bewusst dagegen entschieden. Mein Kind ist alles andere als typisch oder einfach. Es ist auch schon viel älter als 5, ich kenne den IQ nicht und will es nicht wissen. Nicht weil ich Angst vor der Zahl oder nicht Zahl habe, sondern weil es nicht weiter hilft und ich auch nicht die Zahl vor Augen, sondern das Kind sehen möchte. Aber auch weil ich weiß, dass ich nicht der Psychotherapie (nett ausgedruckt heißt es Verhaltenstherapie) noch der medikamentösen Therapie der Impulsivität zustimmen würde.
Koschka, das sind DEINE Erfahrungen und DEINE Entscheidungen! Bitte gesteh anderen Menschen zu, ihre eigenen Erfahrungen zu machen und Entscheidungen zu treffen! Was die Zahl (IQ) betrifft ist sie mir auch nicht wichtig, wenn aber mal bei meinem älteren Sohn ein IQ festgestellt werden sollte, wird das bei mir definitiv nichts daran ändern, wie ich ihn sehe. Aber gerade im Bereich Wahrnehmungsstörung definiert oft die Gesellschaft, was noch "normal" und was schon "auffällig" ist. Nur, weil eine Diagnose da ist, muss ich als Mutter noch lange keiner Psychotherapie oder medikamentösen Behandlung zustimmen. Und ich bestimme immer noch selbst, wem ich von der Diagnose erzähle und wem nicht. Was den Unterschied macht ist, dass es den meisten Menschen (mir eingeschlossen) leichter fällt, bestimmte Verhaltensweisen zu aktzeptieren, wenn eine Diagnose da ist. Der zweite Unterschied ist, dass man die Umgebung dem Kind besser anpassen kann, wenn die Diagnose (einem selbst) bekannt ist. Es mag Menschen geben, die dafür keine Diagnose brauchen und das alles auch so hinbekommen. Aber andere Dinge gibt es einfach nur mit Diagnose, z.B. (wenn nötig) Schulbegleitung oder, im Fall meines älteren Sohnes, ein spezieller Hort, wo er so angenommen wird, wie er ist.

Koschka hat geschrieben:Geht man zu einem KJP mit einem Kind, das vielleicht erziehungstechnisch schwierig aber ansonsten glücklich und zufrieden ist, läuft man das Risiko, eine Diagnose zu bekommen, die man nicht erwärtet hat. Das kann das Leben ordentlich beeinflussen, und nicht nur im positivem Sinne. Hat man wirkliche Probleme, die weit über reine Neugier und anstrengende Erziehung hinaus gehen, soll man wirklich eine geeignete Stelle suchen. Hofft man durch eine nette Ferststellung "ihr Kind ist begabt" und Extraförderung Probleme zu lösen, soll man es lieber sein lassen. Ich kenne kein einziges Kind bei dem Extraförderung irgenein Verhaltensproblem gelöst hat.
Geht man zu einem Augenarzt mit einem Kind, wo bisher noch keine Fehlsichtigkeit aufgefallen ist, kann auch sein, dass man aus allen Wolken fällt, wenn es plötzlich heißt "Ihr Kind ist kurzsichtig und braucht eine Brille!". Klar kann man dann immer noch sagen "Ach nein, nicht nötig, bisher ist mein Kind auch gut ohne Brille ausgekommen!" - aber wer macht das schon? Egal, worum es geht: durch eine Diagnose werden natürlich keine Probleme gelöst, es wird maximal eine Ursache herausgefunden. Mit diesem Wissen kann man dann anders an den bestehenden Problemen arbeiten bzw. damit umgehen, als ohne Diagnose.

Im Prinzip geht es aber auch nur darum, für mich (als Mutter) eine Art "Gerüst" zu finden, auf dessen Basis ich mit den Besonderheiten meiner Kinder umgehen kann. Ich kann sagen "Ich agiere soundso weil mein Kind ein autonomes Kind ist" oder "Ich agiere sonundso weil mein Kind Autist ist" oder auch "Ich agiere soundso (ohne Begründung)".

Zumindest mir als Mutter fällt es leichter, die Hintergründe zu kennen. Was ich kenne kann mir nicht so viel Angst machen. Mittlerweile habe ich Eltern kennengelernt, die ständig Gründe suchen, bei ihren verhaltensauffälligen Kindern NICHT in Richtung Wahrnehmungsstörung schauen zu müssen, weil sie Angst vor einer Diagnose haben. Das erspare ich mir. Ich kenne die Diagnosen und habe gelernt, sie als Diagnosen und nicht als Urteile zu sehen. Ehrlich gesagt fällt es mir mit dem Wissen, dass auch mein älterer Sohn Autist ist, leichter, zu akzeptieren, wenn er sich wieder mal unangemessen verhält. Natürlich werde ich trotzdem immer wieder als "unfähig, ein Kind zu erziehen" gesehen. Ich muß das aber weder aufklären noch mich rechtfertigen. Auch diese Phasen habe ich schon hinter mir. Mittlerweile reicht es, selbst zu wissen, was dahinter steckt, dass meine Jungs so sind, wie sie sind.

Gerade beim älteren Sohn, der ja augenscheinlich in ganz vielen Bereichen sehr schlau ist, fällt mir Toleranz jetzt leichter. Ich selbst hatte als Kind ähnliche Begabungen und ähnliche Probleme. Und bei mir hieß es immer "Die xxx ist so gescheit, die müsste ja wissen, dass man dasundjenes nicht macht!". Unsinn, IQ und sozial-emotionale Fähigkeiten sind voneinander unabängig! Wenn mein 8jähriger kognitiv auf dem Stand eines 11jährigen und sozial-emotional auf dem Stand eines 5jährigen steht, kann ich daran verzweifeln oder es akzeptieren.

Re: wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: Sa 11. Aug 2018, 13:42
von Rabaukenmama
Koschka hat geschrieben:@Goldstrom

Kennst du das Konzept des autonomes Kindes von Juul? Kann das auf deine Tochter zutreffen?

https://www.tinapichler.com/8-tipps-wil ... ke-kinder/

LG
Koschka
Autonomie und Wahrnehmungsstörung schließen sich nicht aus. Mein jüngerer Sohn ist so ein autonomes Kind, das ändert aber nichts an seinem Autismus. Es gibt kein entweder-oder. Beides, (ob das Kind autonom ist und ob eine Wahrnehmungsstörung vorliegt) kann man nur getrennt beurteilen.

Re: wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: So 12. Aug 2018, 08:27
von Rabaukenmama
@koschka: Natürlich weiß ich das Ausmaß der Verhaltensauffälligkeiten des Kindes nicht. Ich habe nur aus der Aussage, dass Golstorm nach eigener Aussage seit geraumer Zeit eine Erziehungsberatung in Anspruch nimmt darauf geschlossen, dass da mehr dahinter sein KÖNNTE, während du davon ausgehst, dass das Kind hält einfach im normalen Rahmen impulsiv ist. Was wirklich Sache ist, und wie weiter vorgegangen wird, kann Goldstorm selbst am besten beurteilen.

Und Diagnose bleibt Diagnose, egal worum es geht. Klar, nicht alle Diagnosen sind eindeutig und es gibt auch Fehldiagnosen. Aber darum sucht man (als Eltern) ja GUTE Diagnostiker. Zumindest ich hatte auch ohne psychologischen Background immer ein klares Gefühl zur Qualität der Diagnostik meiner Kinder. Ich brauche nur das, was die Person mir da erzählt, mit meinen Erfahrungen und Beobachtungen vergleichen. Wie viel stimmt überein? Wie plausibel ist das, was mir da im Abschlussgespräch erzählt wird (unabhängig davon, ob ich es hören will, oder nicht)?

Die erste Entwicklungsdiagnostik meines älteren Sohnes war für den Müll, das war mir schon damals glasklar. Mein Fehler war damals, daraus zu schließen, dass nur, weil die Psychologin überall voll daneben lag, schon alles in Ordnung sein wird. ADHS und ASS hat die Frau ja schon nach 5min kategorisch ausgeschlossen. Rückblickend frage ich mich, warum ich da nicht auch skeptischer war, wo doch sonst so gar nichts gestimmt hat. Wahrscheinlich, weil es das war (kein ADHS, kein ASS), was ich instinktiv hören wollte...

Um beim Augenarzt-Vergleich zu bleiben: manche Diagnosen (Kurzsichtigkeit) lassen sich einfach beheben, manche schwerer (schielen) und bei manchen sind Medis zeitbegrenzt (Bindehautentzündung) oder dauerhaft (zu wenig Tränenflüssigkeit) nötig. Es gibt auch nicht heilbare Augenerkrankungen. Es schadet nie, wenn nur der VERDACHT einer Augenerkrankung besteht, dem nachzugehen. Wer hat schon was gegen das Wissen, dass alles ok ist ;) ?

Re: wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: Mo 13. Aug 2018, 20:29
von Goldstorm
Hallo nochmal,

vielen Dank für die zahlreichen Antworten!
Nein, ich hatte nicht im geringsten die Hoffnung, dass sich unsere Probleme durch einen Test in Luft auflösen. Es mag zwar sein, dass ich nicht so intelligent bin, wie unsere Tochter, aber so weit fehlts dann auch wieder nicht ;) .

Aber was ich so rausgelesen habe, wird ein Test eh nicht viel bringen, das Ergebnis würde ja auch nicht viel ändern, ich möchte sie nicht früher einschulen lassen, möchte ihr jedenfalls noch ein Jahr Spielen im Kindergarten geben! Wenn es in der Schule dann so auffällig werden sollte, werden sich die LehrerInnen schon melden!

Was die autonomen Kinder betrifft, trifft natürlich schon einiges zu, wobei mir da auch die Erziehungsberatung sehr viel bringt und schon einiges etwas leichter geworden ist, auch wenn die Schritte immer klein sind und lange brauchen (man muss ja selber auch erst lernen und üben). Ich weiß jedenfalls, dass wir uns um unsere Tochter keine Sorgen machen zu brauchen im Leben, eher müssen wir jetzt schauen, wie wir klar kommen, dass es für uns Eltern kein Niedergang wird :D .

Danke nochmal!

Re: wer kennt gute Testmöglichkeiten

Verfasst: Di 14. Aug 2018, 16:10
von Goldstorm
Unsere Probleme halten sich in Grenzen und sind vermutlich noch im Normalbereich (Geschwister!!!). Kindergarten ist ok, sie liebt ihn zwar nicht, geht aber normal schon gerne hin, sie hat auch eine gute Freundin und spielt auch mit anderen, also im Sozialverhalten bis auf die Ausbrüche eher normal! Vermutlich gibt es auch genug andere Kinder, die mit 4 oder 5 etwas Lesen, Schreiben und Rechnen können und auf die die angeführten Merkmale zutreffen.
Ich lasse jetzt mal alles weitere auf uns zukommen und gehe weiterhin in die Erziehungsberatung (was ich generell allen Eltern empfehlen würde).
Viele Grüße!