Atypischer Autismus? Erfahrungen gesucht!
Verfasst: Mo 24. Jul 2017, 19:32
Hallo,
wieder mal ein paar Neuigkeiten von uns. Mein Sohn hatte jetzt entlich (nach 5 Monaten Wartezeit auf den Termin ) seine Entwicklungsdiagnostik. Ich habe einige Erwartungen reingelegt, vor allem weil die erste Entwicklungsdiagnostik vor über 3 Jahren ja ziemlich "daneben" war, um es mal milde auszudrücken: die Psychologin war eine einzige Katatstrophe, hat sogar alles verdreht, was ich ihr verbal erzählt habe, hat jede Menge Fehldiagnosen gestellt und als Therapie eine "Psychodrama"-Gruppe empfohlen, die es für seine Altersstufe gar nicht gab .
Jetzt war es wesentlich besser. Die KJP, bei der mein Sohn die Termine hatte, war mir von mehreren Seiten (andere Mutter, Schuldirektorin) wärmestens empfohlen worden. Vergangene Woche hatten wir dann das Abschlussgespräch mit ihr, zu dem sich auch mein Mann freigenommen hat.
Wie gesagt, die KJP war - rein subjektiv - wesentlich besser als die erste. Nur hat sie im Abschlussgespräch leider viel geredet und dabei wenig gesagt. Die immer wieder erwähnte kognitive Fitness ist uns bekannt - aber nicht unsere "Baustelle".
Neu war für uns die Erkenntnis, dass unser Sohn durch seine mangelnden grobmotorischen Fähigkeiten immer wieder frustriert ist und dass genau diese mangelnden Fähigkeiten auch andere Kinder dazu bringen könnten, ihn skeptisch zu betrachten oder auszuschließen. Das zu hören hat sowohl meinen Mann als auch mich ziemlich erstaunt. Wir wissen dass unser Sohn kein Spitzensportler ist und vor allem Ballspiele hasst, aber unserer Beobachtung nach ist er grobmotorisch durchschnittlich gut. Er kann radfahren seit er 4 Jahre alt ist, schwimmen seit er 6 ist, klettert ganz gut, hat aber Probleme mit Höhenangst (das hat er von mir) und ist mMn damit ziemlich durchschnittlich unterwegs. Die KJP hat mit ihm hauptsächlich Ball spielen geübt um seine Motorik zu testen, wo er natürlich nicht gut war, weil er Ball spielen eigentlich nicht mag und ihm daher auch die Übung fehlt.
Davon abgesehen meinte sie, eine Autismus-Spektrums-Störung nicht ausschließen zu können und hat uns eine Überweisung an eine Spezialistin geschrieben, wo sowohl die kognitiven Fähigkeiten klar festgestellt werden sollen und "daneben" wird die Dame auch schauen, ob er Utist sein könnte.
Was meinen älteren Sohn betrifft: er hat eine blühende Phantasie, liebt Rollenspiele über alles, kann jede Mimik in Nullkommanix deuten, ist ironisch, verwendet Metaphern,...
...und steht trotzdem oft voll daneben, wenn es darum geht, zu erkennen, was von ihm erwartet wird. Er kann ein schlechtes Gewissen haben weil er aus Versehen ein Glas umgeschüttet hat, weil er Angst hat, ich könnte mich furchtbar darüber ärgern, und ist andererseits total erstaunt, wenn ich mich tatsächlich darüber ärgere, dass er unsere Hängehöhle mit der Schere kaputt gemacht hat ("Aber Mama, das kann man ja nähen! Und ich helfe Dir dabei"). Er schafft es nicht, auf andere Kinder einfach zwanglos zuzugehen und "Darf ich mitspielen?" zu fragen. Kontaktaufnahme ist bei ihm in den meisten Fällen mit Provokationen verbunden, was es natürlich noch schwieriger macht.
Bei seinen Gefühlen kenne ich mich gar nicht aus. Einerseits ist er unglaublich sensibel, so dass er es nervlich immer noch nicht schafft, einen ganz normalen Kinderfilm (FSK ab 0 Jahre) oder eine Zeichentrickserie anzusehen, wo mal was "Schlimmes" vorkommt. Selbst ein einfaches Strichmännchen, welches in ein Loch zu fallen droht, löst bei ihm Ängste aus. Er kann sich also durchaus in Situationen reinversetzen.
Auffällig ist aber, dass er sich immer wieder provoziert fühlt, ohne dass wirklich was nennenswertes vorgefallen wäre. Es reicht, wenn ein anderes Kind lacht - prompt glaubt mein Sohn er wird ausgelacht. Je nach Stimmung will er sich dann "rächen" (mit knurren oder Drohgebärden) oder ist depremiert und fühlt sich als Opfer. Mit Kleinkindern mein Sohn meistens sehr lieb um, fühlt sich aber sofort angegriffen, wenn die was tun, was er als Bedrohung auffasst. Neulich ist ein nicht mal 2-jähriger Bub auf der Hängebrücke am Spielplatz fröhlich gesprungen während mein Sohn am anderen Ende stand. Da dachte er sofort, der Bub würde das nur machen, um IHN zu ärgern! Es kann sogar vorkommen, dass er sich von einem lachenden Baby ausgelacht fühlt.
Er erkennt einfach keinen Kontext. Wenn man ihm Bilder von Gesichtern zeigt, die traurig, verärgert, fröhlich oder nachdenklich aussehen, kann er das zwar in nullkommanix erkennen und benennen, nur im echten Leben irrt er irgendwie herum ohne wirklich zu wissen, welches Verhalten in welcher Situation angemessen ist, oder eben nicht.
Andere Kinder, die ihn ganz normal freundlich ansprechen, werden oft angeschnauzt oder angeknurrt. Und dann versteht er nicht, dass manche Kinder nicht mit ihm spielen wollen. Er hatte noch nie einen fixen Freund oder ein fixe Freundin. Es gab im Kindergarten einige Kinder, mit denen er gut zurecht kam. Die gibt es auch in der Schule und im Hort, aber für eine echte Freundschaft hat es leider noch nicht gereicht. Ich mache mir deshalb keine übertriebenen Sorgen, aber es passt halt leider auch ins Bild "irgend etwas stimmt einfach nicht".
Ich habe mich lange dagegen gewehrt dass mein Sohn Autist sein könnte. Er ist eben so ganz anders als sein bereits als Autist diagnostizierter Bruder. Ihre große Gemeinsamkeit ist, dass sie beide Einzelgänger sind. Ich sage ja oft spaßhaft, ich habe zwei Einzelkinder, die zufällig in derselben Familie "gelandet" sind.
Nun suche ich Erfahrungsaustausch mit Eltern von ähnlichen Kindern. Wenn es Autismus ist, dann ziemlich sicher atypisch, weil eben so viele Sachen, die man Autisten zuschreibt, einfach nicht zutreffen. Ich bin jetzt auch offen für alle anderen "Verdachts-"Diagnosen, weil ich einfach sehe, dass sein Verhalten mit zunehmenden Alter immer auffälliger wird und ich merke, dass mein Sohn oft mit sich selbst unglücklich ist.
Neuerdings schimpft er sich immer selbst "Ich Dummkopf, ich Esel!", aber nie, wenn er wirklich einen Blödsinn gemacht hat, sondern meistens in Situationen, wo man ihm was nicht erlaubt, was er will, oder wo er was nicht bekommt. Da kann man dann immer wieder erklären dass er KEIN Dummkopf ist weil ICH nach einem langen Arbeitstag keine Lust mehr habe, um 19h30 noch mal einkaufen zu gehen um mit ihm was zu backen. Ich weiß nicht, ob er das wirklich nicht VERSTEHT oder ob er mich mit diesem Verhalten irgendwie aus der Reserve locken will.
Ach, es ist so viel und mir kommt im Moment vor, es wird immer schwieriger statt leichter. Sohnemann kommt ja jetzt demnächst aus dem Hort raus, weil wir im August 3 Wochen Urlaub haben und ich ab September meine Arbeitszeit verändert habe. Und genau JETZT, in der letzten Woche, gefällt es ihm dort auf einmal total gut. Da werde mal wer schlau draus . Naja, ich hoffe dass ihm der Monat, wo er nur bei uns oder vereinzelt mal ein paar Tage bei Oma und Opa ist, gut tun wird. Wir werden sehen...
wieder mal ein paar Neuigkeiten von uns. Mein Sohn hatte jetzt entlich (nach 5 Monaten Wartezeit auf den Termin ) seine Entwicklungsdiagnostik. Ich habe einige Erwartungen reingelegt, vor allem weil die erste Entwicklungsdiagnostik vor über 3 Jahren ja ziemlich "daneben" war, um es mal milde auszudrücken: die Psychologin war eine einzige Katatstrophe, hat sogar alles verdreht, was ich ihr verbal erzählt habe, hat jede Menge Fehldiagnosen gestellt und als Therapie eine "Psychodrama"-Gruppe empfohlen, die es für seine Altersstufe gar nicht gab .
Jetzt war es wesentlich besser. Die KJP, bei der mein Sohn die Termine hatte, war mir von mehreren Seiten (andere Mutter, Schuldirektorin) wärmestens empfohlen worden. Vergangene Woche hatten wir dann das Abschlussgespräch mit ihr, zu dem sich auch mein Mann freigenommen hat.
Wie gesagt, die KJP war - rein subjektiv - wesentlich besser als die erste. Nur hat sie im Abschlussgespräch leider viel geredet und dabei wenig gesagt. Die immer wieder erwähnte kognitive Fitness ist uns bekannt - aber nicht unsere "Baustelle".
Neu war für uns die Erkenntnis, dass unser Sohn durch seine mangelnden grobmotorischen Fähigkeiten immer wieder frustriert ist und dass genau diese mangelnden Fähigkeiten auch andere Kinder dazu bringen könnten, ihn skeptisch zu betrachten oder auszuschließen. Das zu hören hat sowohl meinen Mann als auch mich ziemlich erstaunt. Wir wissen dass unser Sohn kein Spitzensportler ist und vor allem Ballspiele hasst, aber unserer Beobachtung nach ist er grobmotorisch durchschnittlich gut. Er kann radfahren seit er 4 Jahre alt ist, schwimmen seit er 6 ist, klettert ganz gut, hat aber Probleme mit Höhenangst (das hat er von mir) und ist mMn damit ziemlich durchschnittlich unterwegs. Die KJP hat mit ihm hauptsächlich Ball spielen geübt um seine Motorik zu testen, wo er natürlich nicht gut war, weil er Ball spielen eigentlich nicht mag und ihm daher auch die Übung fehlt.
Davon abgesehen meinte sie, eine Autismus-Spektrums-Störung nicht ausschließen zu können und hat uns eine Überweisung an eine Spezialistin geschrieben, wo sowohl die kognitiven Fähigkeiten klar festgestellt werden sollen und "daneben" wird die Dame auch schauen, ob er Utist sein könnte.
Was meinen älteren Sohn betrifft: er hat eine blühende Phantasie, liebt Rollenspiele über alles, kann jede Mimik in Nullkommanix deuten, ist ironisch, verwendet Metaphern,...
...und steht trotzdem oft voll daneben, wenn es darum geht, zu erkennen, was von ihm erwartet wird. Er kann ein schlechtes Gewissen haben weil er aus Versehen ein Glas umgeschüttet hat, weil er Angst hat, ich könnte mich furchtbar darüber ärgern, und ist andererseits total erstaunt, wenn ich mich tatsächlich darüber ärgere, dass er unsere Hängehöhle mit der Schere kaputt gemacht hat ("Aber Mama, das kann man ja nähen! Und ich helfe Dir dabei"). Er schafft es nicht, auf andere Kinder einfach zwanglos zuzugehen und "Darf ich mitspielen?" zu fragen. Kontaktaufnahme ist bei ihm in den meisten Fällen mit Provokationen verbunden, was es natürlich noch schwieriger macht.
Bei seinen Gefühlen kenne ich mich gar nicht aus. Einerseits ist er unglaublich sensibel, so dass er es nervlich immer noch nicht schafft, einen ganz normalen Kinderfilm (FSK ab 0 Jahre) oder eine Zeichentrickserie anzusehen, wo mal was "Schlimmes" vorkommt. Selbst ein einfaches Strichmännchen, welches in ein Loch zu fallen droht, löst bei ihm Ängste aus. Er kann sich also durchaus in Situationen reinversetzen.
Auffällig ist aber, dass er sich immer wieder provoziert fühlt, ohne dass wirklich was nennenswertes vorgefallen wäre. Es reicht, wenn ein anderes Kind lacht - prompt glaubt mein Sohn er wird ausgelacht. Je nach Stimmung will er sich dann "rächen" (mit knurren oder Drohgebärden) oder ist depremiert und fühlt sich als Opfer. Mit Kleinkindern mein Sohn meistens sehr lieb um, fühlt sich aber sofort angegriffen, wenn die was tun, was er als Bedrohung auffasst. Neulich ist ein nicht mal 2-jähriger Bub auf der Hängebrücke am Spielplatz fröhlich gesprungen während mein Sohn am anderen Ende stand. Da dachte er sofort, der Bub würde das nur machen, um IHN zu ärgern! Es kann sogar vorkommen, dass er sich von einem lachenden Baby ausgelacht fühlt.
Er erkennt einfach keinen Kontext. Wenn man ihm Bilder von Gesichtern zeigt, die traurig, verärgert, fröhlich oder nachdenklich aussehen, kann er das zwar in nullkommanix erkennen und benennen, nur im echten Leben irrt er irgendwie herum ohne wirklich zu wissen, welches Verhalten in welcher Situation angemessen ist, oder eben nicht.
Andere Kinder, die ihn ganz normal freundlich ansprechen, werden oft angeschnauzt oder angeknurrt. Und dann versteht er nicht, dass manche Kinder nicht mit ihm spielen wollen. Er hatte noch nie einen fixen Freund oder ein fixe Freundin. Es gab im Kindergarten einige Kinder, mit denen er gut zurecht kam. Die gibt es auch in der Schule und im Hort, aber für eine echte Freundschaft hat es leider noch nicht gereicht. Ich mache mir deshalb keine übertriebenen Sorgen, aber es passt halt leider auch ins Bild "irgend etwas stimmt einfach nicht".
Ich habe mich lange dagegen gewehrt dass mein Sohn Autist sein könnte. Er ist eben so ganz anders als sein bereits als Autist diagnostizierter Bruder. Ihre große Gemeinsamkeit ist, dass sie beide Einzelgänger sind. Ich sage ja oft spaßhaft, ich habe zwei Einzelkinder, die zufällig in derselben Familie "gelandet" sind.
Nun suche ich Erfahrungsaustausch mit Eltern von ähnlichen Kindern. Wenn es Autismus ist, dann ziemlich sicher atypisch, weil eben so viele Sachen, die man Autisten zuschreibt, einfach nicht zutreffen. Ich bin jetzt auch offen für alle anderen "Verdachts-"Diagnosen, weil ich einfach sehe, dass sein Verhalten mit zunehmenden Alter immer auffälliger wird und ich merke, dass mein Sohn oft mit sich selbst unglücklich ist.
Neuerdings schimpft er sich immer selbst "Ich Dummkopf, ich Esel!", aber nie, wenn er wirklich einen Blödsinn gemacht hat, sondern meistens in Situationen, wo man ihm was nicht erlaubt, was er will, oder wo er was nicht bekommt. Da kann man dann immer wieder erklären dass er KEIN Dummkopf ist weil ICH nach einem langen Arbeitstag keine Lust mehr habe, um 19h30 noch mal einkaufen zu gehen um mit ihm was zu backen. Ich weiß nicht, ob er das wirklich nicht VERSTEHT oder ob er mich mit diesem Verhalten irgendwie aus der Reserve locken will.
Ach, es ist so viel und mir kommt im Moment vor, es wird immer schwieriger statt leichter. Sohnemann kommt ja jetzt demnächst aus dem Hort raus, weil wir im August 3 Wochen Urlaub haben und ich ab September meine Arbeitszeit verändert habe. Und genau JETZT, in der letzten Woche, gefällt es ihm dort auf einmal total gut. Da werde mal wer schlau draus . Naja, ich hoffe dass ihm der Monat, wo er nur bei uns oder vereinzelt mal ein paar Tage bei Oma und Opa ist, gut tun wird. Wir werden sehen...