Hmm, irgendwie ist alles, was du beschreibst, in dem Alter zwar etwas auffällig, aber noch nicht unbedingt besorgniserregend. Das mit dem getragen-werden-wollen hatte mein älterer Sohn bis er ca. 4 war. Kleinsohn ging in der Phase, wo er gehen gelernt hat (also ab 18 Monaten) sehr gerne, hat aber JETZT manchmal die Mama-soll-mich-tragen - Phase. Wenn das aus irgendwelchen Gründen nicht geht kann er aber durchaus selbst gehen - wenn auch unter lautem Protest. So ist das z.B. wenn er Logopädie hat und ich vorher seinen großen Bruder in den Kiga bringe. Dann sitzt der Kleine erst mal (bestenfalls) im Rad-Anhänger, will aber oft nachher bei weiterfahren zur Badner Bahn nicht in den Anhänger einsteigen. Grundsätzlich kein Problem, wir können ja auch gehen - ABER - ER will getragen werden.
Und da ich nicht gleichzeitig ein Kind tragen und ein Fahrrad samt Anhänger schieben kann, wir aber zur Logopädin müssen (ansonsten verfällt eine Euro 75,- teure Stunde) bleibt mir nichts übrig als langsam mit dem Anhänger wegzugehen und zu warten und zu hoffen, dass er nachläuft

. Keine ideale Lösung, aber bisher hat sie immer geklappt. Er brüllt dann zwar während des nachlaufens vor Wut und achtet darauf dass zwischen und mindestens 10m Abstand sind, aber immerhin läuft er nach. Für mich ist das natürlich Streß pur weil ich einerseits nach vorne schauen und mich cool stellen muss, andererseits bin ich aber sprungbereit falls er auf die Straße laufen sollte (hat er bisher nie getan, aber man kann ja nie wissen

).
Das ausrasten und alles auf den Boden schmeißen kenne ich (leider) nur zu gut. Bei meinem Sohn ist das aber definitiv nicht durch eine Wahrnehmungsstörung ausgelöst, sondern es ist reiner Machtkampf. Nur konnte ich das früher nicht so deuten weil ich nie gewusst habe, wie viel von dem, was ich ihm sage oder gebärde, er wirklich versteht. Denn er hat immer so getan als würde er nichts mitbekommen.
Die Frühförderin und die Logopädin haben mich immer ermutigt, Blickkontakt herzustellen, wenn ich ihm was sagen oder gebärden will. Nur mein Sohn wollte keinen Blickkontakt und hat den Kopf absichtlich weggedreht. Selbst wenn ihm wer anderer den Kopf in die richtige Richtung gedreht hat war sein Blick demonstrativ ganz woanders. Und ich war ratlos ob er überhaupt mitbekommt was ich von ihm will. Heute weiß ich: er hat viel mehr mitbekommen, als ich dachte. Nur war er halt schon damals so ein Trotzkopferl und wollte partout nie das machen was ich gerade von ihm wollte.
Auch heute ist es noch oft so, aber mittlerweile weiß ich worum es geht und kann mich in der Situation entscheiden ob mir die jeweilige Sache einen Machtkampf wert ist (bei dem ich längst nicht immer gewinne) oder ob ich mir selbst sage "nicht so wichtig" und ihm seinen Willen lasse. Das ist jetzt wahrscheinlich kein pädagogisch wertvoller Tipp, aber ich muss mir von vorne herein klar sein dass so ein Machtkampf bis zu einer Stunde dauern kann und von sehr lautem Geschrei, um-sich-schlagen und Gegenstände-werfen untermauert wird. Und ich muss damit rechnen dass z.B. meine Brille oder Teile vom Mobilar dabei in Brüche gehen.
Früher war meine Hauptangst aber dass sich mein Sohn bei seinen Wutausbrüchen selbst verletzt. Da bin ich aber mittlerweile dahinter gekommen dass er das nicht tut (wenn doch ist es ein Unfall). Bedingung: ich greife nicht ein! Das musste ich sehr schwer lernen. Aber ich habe gemerkt dass die Selbstverletzungsgefahr bei meinem Eingreifen viel größer ist weil das seine Wut noch steigert und seine Bewegungen dann komplett unkontrolliert werden.
Wenn mein kleiner Sohn z.B. im Trotzanfall seinen Schnuller will gebärdet er mittlerweile "Schnuller", ist aber nicht bereit, ihn aus meiner Hand zu nehmen. Statt dessen wirft er ihn demonstrativ durchs Zimmer. Aber wenn ich ihm den Schnuller NICHT gebe sondern nur in seiner Reichweite hinlege holt er ihn sich nach einiger Warte- und Machkampf-Zeit. Ebenso ist es mit dem anziehen. Kleinsohn kann sich mittlerweile fast alleine anziehen, wenn ich aber von ihm erwarte dass er es tut dann macht er es justamend nicht. Wenn schon der Bus vor der Tür wartet um ihn in den Kindergarten zu bringen bleibt mir nichts übrig als ihn gegen seinen Willen anzuziehen. Für das, was sich dann abspielt, müsste ich eigentlich die goldene Nahkampfspange bekommen

. Und ein anderes Mal,wo kein Zeitdruck besteht, zieht sich Kleinsohn mit minimaler Hilfestellung in 5 Minuten komplett an.
Ich kann von deiner Schilderung nicht sagen ob es bei deinem Sohn eine Wahrnehmungsstörung ist oder - wie bei meinem Sohn - einfach nur extremer Trotz. Ich hoffe der Termin im ATZ sorgt für etwas mehr Klarheit, fürchte aber, dass sich erst in den nächsten Monaten herausstellen wird, was wirklich Sache ist.