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klug, aber unorganisiert.

Verfasst: Mo 5. Sep 2011, 19:26
von senib
Hallo,

ich bin 31, verheiratet, Mama von 2 Jungs und komme aus NRW.
Meine beiden Jungs sind mein ein und alles, aber sie treiben mich teilweise in den Wahnsinn.

Ich fang einfach mal mit meinem Großen an.
Er ist nicht so wie einige Kinder, die schon im Kindergarten lesen , schreiben und das große Einmaleins können.
Dennoch hat er schon im Kindergarten gerne mit Zahlen jongliert und sich eigene Lösungswege für kleine Rechenaufgaben ausgedacht.
Das kleine Einmaleins hat er spielend leicht in der ersten Klasse drauf gehabt, da er auf dem Heimweg von der Schule nur gezählt und gerechnet hat.
Deutsch war anfangs ein Problem, hat sich aber gut entwickelt.
Seine Zeugnisnoten in Mathe sind immer Einser und er gilt als Klassenbester. In Englisch hat er jetzt, mit 9 Jahren, am Ende der 3. Klasse auch eine 1. Das Fach interessiert ihn erst seit es anspruchsvoller geworden ist. Kunst und Sport 3, der Rest 2.
Neuerdings geht er in den Schachverein.
Seit Beginn der 3. Klasse liest er sehr gerne und SEHR VIEL. Er schafft gerne mal ein Buch mit 200 Seiten in 3 Stunden und kann dann aber auch den Inhalt wiedergeben.
Hört sich alles super an. Alle sagen dass ich froh sein soll, dass er so klug ist. Die andere Seite ist aber seine völlige Unorganisiertheit. Wenn er mehr als 3 Teile wegräumen soll, dann weiß er nicht wo er anfangen soll. Er braucht in der Schule Hilfe, wenn er seine Tasche einräumen soll und mehrere Teile auf dem Tisch liegen. Er weiß einfach nicht was zuerst kommt. Dabei ist er sehr sensibel und ruhig und bricht sofort in Tränen aus, wenn er Dinge in der Schule nicht sofort findet oder er sich mit Dingen wie einräumen der Tasche, wegräumen von Arbeitsmaterialien, Anziehen von Jacke, Schal und Mütze im Winter, usw. überfordert fühlt.
Er ist so ein liebenswerter Kerl, aber ich weiß nicht was ich machen soll.

Der kleine ist jetzt 3 1/2.
Er ist sehr aufgeweckt, ein draussen-Kind. Wenn er jedoch in der Wohnung sein muss und nichts zum Entdecken und erforschen hat wird er aggressiv.
In diesem Punkt ist er das genaue Gegenteil seines Bruders.
Er muss ständig etwas zu tun haben. Aus lauter Verzweiflung habe ich ihn mit dem Nintendo von dem Großen rumprobieren lassen. Mittlerweile spielt er die Spiele schon flüssig. Auch Problemlösungen findet er dabei sehr schnell.

Für meine beiden Jungs ist es wichtig, dass ein Spiel oder eine Aktivität ein Ziel haben. Der Große muss auf etwas hin arbeiten, sonst lohnt es sich nicht die Zeit zu investieren. Dann sitzt er lieber in der Ecke, denkt sich Rechenaufgaben aus oder liest das xte Buch. Der kleine bewegt sich sehr gerne, möchte aber mittlerweile von seinem Bruder die Buchstaben und Zahlen erklärt bekommen.

Ich denke über einen IQ-Test bei meinem Großen nach, aber ich frage mich was es mir bringt wenn ich Gewissheit habe. Außer dem weiß ich nicht wie ich die Kinderärztin danach fragen soll.

Ich bin verzweifelt.
Danke für's Lesen.

LG senib

Re: klug, aber unorganisiert.

Verfasst: Di 6. Sep 2011, 12:28
von alibaba
Hallo senib,

wer sagt, das Kindererziehung einfach ist.......und gelernt haben wir sie ja auch nicht. Für mich hört sich das ein wenig nach Mamaüberforderung an. Was bist du für ein Typ, eher ruhig oder magst sie gerne, oder eher wie ein Jungem wild, bewegungsfreudig, ständig suchend, immer Neues probierend.....ich sag Dir, Töchter können da doch anders sein....... :mrgreen:

Such für deine Kids Möglichkeiten die Dich entlasten....Kurse fallen mir da ein. Da gibt es bestimmt welche...aktuell ist mein Großer gerade in der VHS. Sportverein? Malschule, Fußball, Karate, Musikschule........

Ob ein Test nötig ist oder nicht, das wirst nur Du wissen. Wichtig dabei ist, was man sich erhofft, welchen Nutzen der Test erfüllt. Würde sich etwas ändern, wenn Du um den IQ wüsstest? Meine beiden Kinder sind getestet....es hatte aber immer einen handfesten Grund. Beim Großen waren es dann Schulprobleme....da saß ich recht schnell beim Schulpsychologen. Du wirst das also abwägen müssen...vielleicht suchst Du ja auch mal ein Gespräch mit der Klassenlehrerin, erzählst ihr von deinen Bedenken........wenn es welche gibt.

Ansonsten meine Frage, gibt es Probleme, die du konkret benennen kannst?

VLG

Re: klug, aber unorganisiert.

Verfasst: Di 6. Sep 2011, 17:32
von senib
Was genau lässt für dich auf eine Überforderung schliessen?

Ich denke eigentlich, dass ich mit meinen Kindern gut klarkomme.
ICh bevorzuge weder ruhige Kinder noch lebendige. Ich bin große Schwester von 4 Geschwistern und ich kann nur sagen, dass wir ruhige und total lebedige dabei haben. Die eine ist zwar ganz Mädchen wenn es um Glitzer und rosa geht, aber genau so wild wie ein Junge. Da gibt es grad in dem Alter meiner Meinung nach keinen Unterschied.

Der Grund für den Test sind bei uns im weiteren Sinne ja auch Schulprobleme.
Die Lehrerin macht sich halt Sorgen, dass er durch seine Unorganisiertheit nicht auf dem Gymnasium klar kommt. Ich aber denke, dass er auf jeder anderen Schule unterfordert sein wird. Ich weiß, dass Kinder mit einem hohen IQ oft diese Symptome zeigen. Die Klassenlehrerin weiß nicht warum unser Sohn so ist und will ihn wieder zur Ergo schicken, aber wir haben sie nach einer Erkrankung unseres Sohnes grad abgeschlossen. Es wurde ein Jahr auch auf dieses Problem eingegangen, aber dort wurde mir gesagt, dass mit seiner hohen Intelligenz im Bereich Naturwissenschaften zu tun haben kann. Er weiß nicht wo er anfangen soll wenn es ums aufräumen oder solche Dinge geht. In AUfgaben aus dem Bereich Mathe oder Sachunterricht weiß er sofort welche Schritte in welcher Reihenfolge kommen.

senib

Re: klug, aber unorganisiert.

Verfasst: Mi 7. Sep 2011, 10:38
von alibaba
Hallo senib,

ein IQ-Test wird diese Dinge die du bemängelst nicht ändern. Auch mein Sohn schnitt im Bilder in die richtige Reihenfolge bringen eher unterdurchschnttlich ab. Nun, verwundert hat nich das nicht, dennn organisieren und aufräumen war schon immer eine Schwäche bei ihm. Was mache ich danach, da war doch noch was, was viel interessanter war, da hatte ich doch noch etwas gesehen. Und so sieht mein Sohn den Wald vor lauter Bäumen nicht. Die Lehrerin betittelte meinen Sohn mit "wie ein zerstreuter Professor". Ich kann hier nur sehen, das ich wie so ein steter Tropefn hölt den Stein immer weier klare Ansagen zur Selbstorganisation anbringe und dicht bei ihm dran bin. Lockere Hand geht da nicht.

Schlafanzug ins Bett bringen, Zahnbürste wegräumen, Lego wieder nach unten schaffen, Federmäppchen wieder ordenlich einräumen....das ist kräftezehrend für Mama und auch fürs Kind, aber ich erhoffe mir damit, das es zu einer Art Automatismus wird. Was dann mal an den weiterführenden Schulen wird...ich denke die Kinder werden schnell merken, wenn ihnen etwas fehlt, weil die Selbstorganisation noch nicht so klappt.

Was meinem Großen auch hilft das sind seine Nachmittagsaktivitäten. Zum Beispiel im Schachklub, selber Schachsachen holen, selber aufräumen. Immer wieder...so ist es bestimmt auch bei Euch.

Akzeptiere das es länger dauert, bleib dran, nerve, sei beharrlich. Auch unsere Söhne werden es lernen, halt nur eben etwas später....im übrigen ist das kein Thema bei meirn Tochter, trotz gleichem IQ, gell. 8-)

LG

Re: klug, aber unorganisiert.

Verfasst: Mi 7. Sep 2011, 11:16
von Moppelbär
Hallo Senib,

ich mußte beim Lesen ein bissl an meine Tochter denken. Sie hatte ein prima Zeugnis und ist jetzt aufs Gymnasium gewechselt. Aber Chaos in ihrem Kopf kommt häufiger mal vor, wie bei einem verwirrten Professor. Als Beispiel will sie Sportsachen aus ihrem Zimmer holen und wenn sie dann dort ist, weiß sie nicht mehr was sie holen sollte. Mit Ranzen packen und in der Schule Notizen machen ist sie im Moment sehr überfordert. Sie ist halt nicht die ganze Zeit "bei der Sache" und teils sehr unkonzentriert . Sie kann aber auch die dicksten Bücher an einem Tag durchlesen.Sie kam mit Supernoten durch die Grundschule, ob das jetzt so weitergeht ist auch unsere große Frage. Wenn meine Tochter merkt, dass sie nicht zurechtkommt, explodiert sie. Sie hatte dadurch auch sozial einige Schwierigkeiten und wurde ausgeschlossen.
Wir hatten eine ADS Diagnostik gemacht, weil sie tendiert in diese Richtung. Dabei wird auch ein IQ Test gemacht, bei dem wir aber keine Endergenis bekommen haben, nur eine Leistungskurve in den versch. Testbereichen. Das ADS Thema ist nicht bestätigt , aber auch noch nicht ausgeschlossen. Wir sind noch dabei und machen eine Art "Verhaltenstrainung und Lerntherapie" Sich zu organisieren könnte auch in so einem Training erlernt werden, denke ich. Unser Ziel ist es bestimmte Verhaltensmuster, die sich ja im Laufe der Jahre schon festgeprägt haben, wieder herauszukriegen.
Da hört sich bei euch ähnlich an, also z.B. die Tasche packen ohne Heulanfall, o.ä...
Versuche mal mit ihm eine Schultaschenordnung festzulegen und aufzuschreiben: Ganz hinten die Blöcke, dann die Mappen dann Bücher ...oder : in eine Federmappe die Buntstifte, eine andere für Filzstifte, eine Schlamperrolle für Radiergummies und Anspitzer und Bleistifte. Denkt euch ein System aus, wo er klare Regeln hat, die er einhalten soll und kontrolliere das bis es sich gefestigt hat. Evtl. auch mit Belohnungssytem. Habt ihr sowas schon bei der Ergo gemacht?
Ich habe eine Checkliste für meine Tochter gemacht, die sie morgens abarbeiten muß: Habe ich meine Bücher und Mappen für die Fächer? Habe ich die Blöcke und Federtaschen? Habe ich die Hausaufgaben eingesteckt? Brauche ich Sportsachen?
Habe ich meine Brotdose und Trinkflasche? So in etwa habe ich das aufgeschrieben und ihr groß ins Zimmer gehängt.
Das hat den Vorteil, dass ich nicht jeden morgen alles einzeln abfragen und nachgucken muß, was ja irgendwann auch nervt ! Sondern ich frage: Hast du die Liste abgearbeitet?

Besprech das doch mal mit dem Kinderarzt, ein IQ-Testergebnis (wie hoch auch immer) würde euer Problem ja auch nicht aus der Welt schaffen. Wär höchstens dafür gut, dass ihr sicher sein könnt, auf welcher Schule er richtig ist in Zukunft.

Vielleicht kannst du ja was mit meinem Geschreibsel anfangen,

Viele Grüße
Moppelbär

Re: klug, aber unorganisiert.

Verfasst: Mi 7. Sep 2011, 12:49
von Winnie
Den Kinderarzt fragst du am besten geradeheraus.Nicht lang rumeiern, sondern einfach fragen, unter welchen Bedingungen eine Entwicklungsdiagnostik Sinn macht. Dann schilderst du ihm dein Beobachtungen und dann wirst du ja sehen, was er dazu sagt. Vielleicht kommt er auf Ideen oder Lösungen, die dir bis jetzt nicht einfallen.

Mit Struktur ist es oft so, dass man das wirklich üben muss. Man muss manchmal vieles ritualisieren, damit es klappt. Ich kenne das selber von mir auch, wenn ich mir vornehme, mal ein bisschen für Ordnung zu sorgen. Ich weiß dann nicht, wo ich anfangen soll, kann mich nicht entscheiden, entwickle dann eine tiefe innere Abneigung und verschiebe es dann am Ende auf später. Meistens fällt mir dann irgendwas anderes "Dringendes" ein, was ich dann machen wollte. Sowas wie Kochrezepte lesen oder so einen Quatsch.
Dann habe ich nach den Ferien angefangen, mir wieder vorzunehmen, dass ich gleich morgens, wenn ich die Kinder weggebracht habe, erstmal 1 Stunde lang was im Haushalt mache. Das kann völlig unterschiedlich sein, aber die Zeit ist begrenzt und ich weiß, danach ist Kaffeepause! Danach habe ich in der Regel irgendwelche Termine oder muss Besorgungen machen. Und zum Schluss räume ich die Spülmaschine aus und bereite das Mittagessen vor. Und dann hole ich die Kinder. Ich bin immer froh, wenn ich dann weiß, dass ich auf jeden Fall was geschafft habe, auch wenn ich putzen, staubsaugen usw. wirklich hasse.

Bei meiner Tochter ist es genauso. Ewig und drei Tage habe ich gebettelt: Los, räum doch mal dein Zimmer auf, mach mal den Fußboden frei! Nach ca. 1 Minute sitzt sie wieder gedankenversunken auf ihrem Teppich. Jetzt haben wir das Ritual: Immer abends, wenn sie den Schlafanzug schon anhat, räumen wir gemeinsam auf, d. h. ich sage, was sie aufheben soll und wo sie es hinräumen soll. In 10 Minuten kann man eine Menge schaffen, wenn man will. :mrgreen: Mein Hauptaufgabe ist aber, immer wieder zu sagen:"Nicht angucken, nur wegräumen!" Ich merke, dass sich schon was tut, sie denkt wirklich nicht mehr über jedes einzelne Teil nach und sie muss selbst keine Entscheidungen mehr treffen, wo dieser oder jener Gegenstand zu einzuordnen ist.

Ein Test ist noch keine Therapie, wenn es nicht von selber läuft, braucht er wohl doch noch ein bisschen Hilfe. Macht ja nichts, ich bin schon groß und ich bräuchte auch noch manchmal den einen oder anderen Tritt in die richtige Richtung. ;)