
Sohnemann hat es jedenfalls dort gefallen, was auch daran liegt, dass in den sehr breiten Gängen viele Spielmöglichkeiten sind. Die Direktorin hat etliche interessierte Eltern und Kinder durch die Schule geführt und Fragen beantwortet. Alle Klassen sind Mehrstufenklassen, wobei einige Klassen nur Schüler der 1. und 2. Klasse haben, die meisten aber Schüler der Klassen 1-4. Mit Ende des Schuljahres verlassen alle Viertklässler ihre Klassen und es rücken Erstklässler nach. So lernen die Lehrer mit Beginn des neuen Schuljahres nicht eine ganze Klasse sondern nur einige neue Schüler kennen, die sich dann in die bereits bestehende Klassengemeinschaft integrieren können.
Der Unterricht selbst ist sehr individuell und an die Voraussetzungen, die das jeweilige Kind mitbringt, angepasst. Wenn ein Kind schon etwas kann muss es das nicht bis zum umfallen wiederholen sondern es bekommt seine Aufgaben je nach aktuellem Wissensstand. Es gibt jeden Montag Hausübungen die bis zum nächsten Montag erledigt sein müssen. Idealfall wäre dass das Kind sich die Hausübungen von MO-FR einteilt und dann am Wochenende frei hat. Tatsächlich aber gibt es Kinder, die schon alles am MO und DI erledigen ebenso wie solche, die erst am Sonntag abends damit beginnen. Bin schon gespannt zu welchen mein Sohn gehören wird

Die Schule ist eine Halbtagsschule, der zwei Horte angeschlossen sind, einer im Haus und einer 700m entfernt. Interessanter Weise war eines der Hauptanliegen vieler Eltern, das eigene Kinder im Hort im Haus unterzubringen. Das ist eine Sache, die mir z.B. ziemlich egal ist. Ich traue meinem Kind jedenfalls zu, in Begleitung von Mitschülern und einem Lehrer täglich 700m in den Hort zu gehen

Beim Vortrag der Direktorin kam die Rede aufs Klassen-überspringen, was in der Schule sehr einfach sein dürfte. Wenn die Lehrer (in jeder Klasse sind 2 Lehrer für 15-20 Kinder) der Ansicht sind dass ein Kind reif fürs überspringen ist dann werden die Eltern dazu gefragt und dann liegt die endgültige Entscheidung aber beim Kind. Die Direktorin erzählte bei der Gelegenheit von einem Fall, wo sowohl die Lehrer als auch die Eltern fürs überspringen waren, der Bub aber nicht wollte, weil er seinen besten Freund in seiner Klasse hatte. Also wurde dem Wunsch des Kindes nachgegeben und er wurde einfach weiter offiziell als Drittklassler geführt, machte aber tatsächlich den Stoff der 4. Klasse mit. In der vierten Klasse bekam der dann Arbeitsmaterial aus der AHS und wechselte dann nach 4 Jahren Volksschule mit etwas Vorsprung auf die anderen aufs Gymnasium

Generell hatte ich den Eindruck dass in dieser Schule das Wohlbefinden der Kinder an erster Stelle steht und sehr individuell auf alle Kinder eingegangen wird.
Einige interessante Episoden habe ich heute noch dort erlebt. Einmal waren wir Eltern ziemlich lange im 2. Stock und hörten dem Vortrag der Direktorin zu während mein Sohn mit einem etwa gleichaltrigen Mädchen im Gang Eisenbahn spielte. Die beiden vertrugen sich recht gut und ich befürchtete, mein Sohn würde - wie es momentan häufig seine Art ist - in lauten, jammernden Protest verfallen, wenn wir wieder runtergehen. Nein, so war es nicht! Mein Sohn kam ganz ruhig und brav mit während das Mädchen in lauten, jammernden Protest verfiel.
Drunten wartete ich dann auf eine Terminvereinbarung mit der Schuldirektorin wegen der Anmeldung. Währenddessen war mein Sohn ca. 1 Stunde in einer Schulkasse "schnuppern". Ich glaube es hat ihm ganz gut gefallen. Aber gegen Ende dieser Zeit fragte er dann zwei Zweitklässler ob sie wüssten wie viel 10+10 ist. Natürlich wussten sie dass. Einer stellte dann die Gegenfrage wie viel 3x5 ist und mein Sohn bat mich, es ihm ins Ohr zu flüstern damit er die richtige Antwort geben konnte. Ich meinte er brauche das noch nicht wissen und dass es nichts bringt wenn ich es ihm sage. Das hat ihn etwas frustriert. Er dürfte vom Kindergarten gewohnt sein dass andere Kinder weniger wissen als er selbst - tja, da muss er sich in dieser Schule umgewöhnen

Zuletzt wollte er noch mitspielen als zwei andere Kinder ein Brettspiel spielten. Die Oma dieser Kinder war auch dabei. Sohnemann spielte also mit, aber das etwa gleichaltrige Mädchen wollte nach seinen eigenen Regeln spielen. Es behauptete, einmal ausgelassen worden zu sein (was anscheinend nicht gestimmt hat, aber ich habe es nicht selbst beobachtet) und daher zweimal dranzukommen. Dann hat sie meinen Sohn rausgeworfen, was der ganz cool hingenommen hat. Beim nächsten Zug hat mein Sohn das Mädchen rausgeworfen, doch das meinte er habe irgendeine Bewegung nicht gemacht die bei diesem Spiel notwendig sei und dass der Rauswurf deshalb nicht zählt. Dann stellte sie ihre eigene Spielfigur wieder hin und nahm die meines Sohnes heraus. Obwohl die Oma die ganze Zeit zu vermitteln versuchte war mit diesem Mädchen einfach kein normales Spiel möglich. Hat mich nicht sonderlich gestört, wir mussten ohnehin heim weil meine Mutter mit dem Kleinen allein war.
Aber das alles hat mir gezeigt dass bei anderen Kindern im Alter meines Sohnes auch nicht immer die perfekte, vielbeschworene "soziale Reife" da ist. Ohne mir irgendetwas schlechtes über die anderen Kinder zu denken ist das eine beruhigende Erkenntnis

Mein Sohn hat sich dann nur noch beim verabschieden von der Direktorin ausgezeichnet indem er ihr demonstrativ weit und heftig die Hand schüttelte und dabei rief "Auf Wiedersehn, auf wiedersehn und lassen Sie den Schirm nicht stehn sonst müssen Sie im Regen gehn!". Insgesamt war es aber ein gelungener Schulbesuch. Jetzt kann ich nur noch hoffen dass mein Sohn dort auch wirklich einen Platz bekommt.