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Ich finde erst mal schade dass du deine IQ als problembeladen empfindest. Ich bin selbst getestete HB (IQ 143) und hatte in meinem Leben auch schon jede Menge Probleme, die sich rückblickend aber nicht durch meine Intelligenz sondern durch meine sozialen Schwierigkeiten ergeben haben.
Mein älterer Sohn ist mir in jeder Hinsicht sehr ähnlich. Ich habe zwar keinen IQ als Zahlenwert, bin mir aber ziemlich sicher, dass er auch HB ist. An seinem 2. Geburtstag konnte er perfekt buchstabieren, mit 3,9 Jahren hat er begonnen, frei nach Gehör zu schreiben (Speisekarte, Brief ans Christkind,...) mit 4,6 Jahren konnte er sinnerfassend lesen,....und in etwa das, was er kognitiv vorne ist (ich schätze 2-3 Jahre) ist er sozial "hintennach".
Da wir einen Super-Kindergarten hatten, in dem sich mein Sohn bis zum letzten Tag wohl gefühlt hat, und weil ich mir seiner sozialen Schwierigkeiten durchaus bewusst war, haben wir und für eine reguläre Einschulung mit 6,6 Jahren entschieden. Rückblickend in unserem Fall goldrichtig, denn mein Sohn ist in der Schule sozial leider immer noch auffällig. Das wäre er vor einem Jahr genauso gewesen, aber jetzt kann es niemand auf die "zu frühe" Einschulung schieben

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In der Schule läuft es halbwegs gut, nur Hausübung-machen freut meinen Sohn so gar nicht. Er besucht eine Mehrstufen-Klasse, wo er auf seinem Niveau lernen kann. Vor allem in Deutsch ist er deutlich voraus. In der Freizeit liest er neben Donald Duck Wissensbücher für Jugendliche ("ab 14 Jahre") und hat ein immenses Allgemeinwissen. Gestern abends hat er mir den Aufbau von Atomen erklärt und ich habe bei der Gelegenheit bemerkt, dass er zumindest Teile des Periodensystems auswendig kann

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Unser Umfeld war und ist Gott sei Dank toleranter als du das beschreibst. Es gab schon vereinzelt Personen, die meinten man dürfe einem Kind keine Buchstaben oder Zahlen beibringen. Die haben mir auch nicht geglaubt dass mein Sohn das immer eingefordert hat, weil "ein normales Kind interessiert sich im dem Alter nicht dafür". Aber das waren immer Ausnahmen und nie Personen, deren Meinung mir wichtig war. Alle, die uns besser kennen, haben gesehen, was für ein schlaues und vielseitig interessiertes Kerlchen mein Sohn ist, und die Reaktionen auf seine Interessen und Kenntnisse waren durchwegs positiv.
Ich verstehe durchaus, dass du nicht testen willst, denn Tests in dem Alter sind nicht sehr aussagekräftig und teuer. Mein älterer Sohn ist mittlerweile 7 Jahre alt und immer noch nicht getestet. Aber den Beweggrund "es würde noch mehr Ausgrenzung im Kindergarten bringen" verstehe ich nicht. Schließlich bist du ja nicht verpflichtet, dem Kindergarten das Testergebnis mitzuteilen.
Ehrlich gesagt finde ich das, was du von deinem Sohn schreibst, nicht sonderlich auffällig. Im Kindergarten meines älteren Sohnes gab es etliche Kinder, die mit 4 Jahren ihren Namen schreiben, bis 30 zählen und ein paar Worte englisch konnten. Dass ein Kind deswegen ausgegrenzt wird empfinde ich schlichtweg als traurig

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Mein jüngerer Sohn ist gehörlos und autistisch. Bei einer Entwicklungsdiagnostik vor einem halben Jahr wurde ein IQ von 101 festgestellt. Trotzdem konnte mein jüngerer Sohn mit 3 Jahren perfekt buchstabieren, mit 3,6 Jahren aus dem Gedächtnis seinen Namen schreiben (9 Buchstaben) und er erkennt etliche Wörter "als Ganzes". Seine große Liebe waren und sind aber Zahlen. Er hat einen echten Zahlenbegriff von mindestens 1000, kann auf einem 5-Meter-Maßstab jede Zahl auf Wunsch zeigen (z.B. 273cm), Zahlenreihen logisch fortsetzen (nach Hausnummer 325, 323 und 321 muss 319 kommen) und kann die Uhr lesen. Im Juli wird er 5 Jahre alt. Interessante Weise ist er durch seinen Autismus trotz dieser Begabungen sprachlich deutlich "hintennach" und zwar auch in seiner Erstsprache ÖGS (österreichische Gebärdensprache). Er hat auch viele Defizite, daher sein Gesamt-IQ von 101 - sein Entwicklungsprofil hat alles drin, von Minderbegabung bis Hochbegabung

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Was deinen Sohn betrifft: bitte mach dir im Vorhinein keine Sorgen, wo er (z.B. in der Schule) vielleicht mal Probleme kriegen KÖNNTE, weil er schon einiges kann. Es kommt IMMER auf die jeweiligen Personen an. Dein Kind kann an ein- und derselben Schule überglücklich oder todunglücklich sein, je nachdem, welche Lehrperson es "erwischt". Das ist kein Blabla, sondern ein Erfahrungswert! Wenn es deinem Sohn im Kindergarten schlecht geht und er Leidensdruck hat, ist diese AKUTE Situation etwas, was du - wenn möglich - ändern solltest. Was eine eventuelle vorzeitige Einschulung bei Deinem Sohn betrifft, so würde ich das nicht von dem abhängig machen, was die Kindergartenpädagogen sagen, sondern von Deinem eigenen Gefühl (auch was seine sozialen Fähigkeiten, seine Frusttoleranz und seine Anpassungsfähigkeit betrifft!) sowie von dem, was er selbst will.
Ich würde ihm Schule auch nicht als erstrebenswerten Ort, wo man alles Wissen der Welt bekommen kann, präsentieren. Dann ist Enttäuschung vorprogrammiert. Natürlich heißt das nicht alles schwarz darstellen, aber dein Sohn darf und soll durchaus wissen, dass man in der Schule halt auch manchmal Dinge tun MUSS, die man gerade nicht tun WILL. In dem meisten Schulen wird erwartet dass das Kind Aufgaben nach Vorgabe erfüllt. Man hat Glück, wenn man jemanden findet, der genauer hinschaut, ob etwas auf Faulheit, Unterforderung, Überforderung, Versagensangst oder Perfektionsmus verweigert wird! Und es ist eine andere Voraussetzung, ob ein regulär oder ein vorzeitig eingeschultes Kind Aufgaben verweigert. Unabhängig davon, was wirklich dahinter steckt, wird es bei vorzeitig eingeschulten Kindern leider oft auf die "fehlende Reife" geschoben. Da muss man ALS ELTERN gewappnet sein.
Aber wenn ihr Glück habt (so wie wir) dann findet ihr ganz großartige Lehrer, die jedes Kind so annehmen, wie es ist. Die Sorgen, die Du Dir im Vorhinein machst, müssen so gar nicht eintreffen! Stell Dich den Schwierigkeiten IN DER SITUATION und versuch nicht, sie durch nachdenken und abwägen vorweg zu nehmen. Das klappt meistens nicht. Es kommt ganz anders, als man denkt!
Ich hoffe ihr findet eine gute Entscheidung und freue mich, zu lesen, wie es weiter geht

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Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)