Puh, ich habe eben ausführlich geantwortet und dann wars weg. Neuer Versuch. Etwas kürzer sicher jetzt.
Wir haben das selbe Problem hier. (5. Klasse MINT-Gymnasium)
Dabei ist Tochter getestet und im Bereich Logik bei einem Prozentrang >99 gelandet.
Im Kängurutest (logiklastig) war sie auch immer gut, bei der Matheolympiade kam sie nie über die Vorrunde hinaus.
Gemocht hat sie Mathe auch nie.
Ich dachte nach dem Test, es müsse an kollossaler Unterforderung beim Grundschulmathe liegen.
Jetzt ist sie aber in einem MINT-Gymnasium mit anspruchsvollem Matheunterricht und sie kommt immer öfters heim und sagt: "Ich verstehe gar nichts!"
Mathe ist übrigens das einzige Fach, in dem sie solche Probleme hat, bei allen anderen Fächern fliegt ihr nach wie vor alles zu und sie verbringt die Schulstunden immer noch mit Malen und bekommt trotzdem mehrheitlich gute Noten.
Bei Mathe bekommt sie derzeit maximal 3en. Obwohl sie, wie sie sagt, aufpasst und versucht, mitzukommen.
Meist versteht sie die Herangehensweise an die Aufgaben schon nicht. Leider unterrichtet der Lehrer nicht nach Buch, sondern nach eigenem Plan und es gibt jeweils nur Tafelbilder zu den Aufgaben. Die helfen nicht viel weiter. Auch mir nicht.
Dann sitzen wir hier gemeinsam und googeln oder schauen YouTube zum gefragten Problem an.
Danach sind wir schlauer und meist ist es auch gar kein "Hexenwerk", sondern dröges Abarbeiten von Rechenregeln ist gefragt.
Da kommt dann aber direkt Fallstrick Nr. 2 nach:
Kind verhaspelt sich. Nicht nur, dass sie schlecht kopfrechnet, sie verwechselt auch 1er, 10er und 100er mitunter.
Und sie geht im Kopf "Nebenwege", auf die ich selbst nie kommen würde. Manchmal sind die in der Tat sehr schlau und sinnvoll, oft aber verliert sie "unterwegs" das Hauptziel aus den Augen und weiss dann nicht mehr, wo sie gerade war und welchen nötigen Zwischenschritt sie damit abgearbeitet hat.
Sie denkt oft sehr viel zu kompliziert, wo eigentlich nur dröges Abarbeiten von Regeln gefragt wäre.
Hat man sie dann schließlich soweit, dass sie sich (sicherheitshalber) ausschließlich auf dieses Abarbeiten einlässt, vergisst sie den Rechenweg aber auch schnell wieder, verwechselt Plus und Mal, weiß nicht mehr, was man in welcher Reihenfolge machen musste etc.pp. und hat garantiert spätestens nach 2 Tagen den kompletten Rechenweg wieder vergessen.
Also muss es unbedingt noch automatisiert werden, d.h. ich muss ihr zahlreiche Übungsaufgaben raussuchen - vom Lehrer gibts sowas nicht und da er sich nicht nach dem Buch richtet, hilft das da auch nicht weiter.
Man kann sich sicher gut vorstellen, wie gern Tochter solche Übungsaufgaben macht... zumal, wenn sie von mir, statt vom Lehrer aufgegeben werden.
Ich glaube, es liegt ihr auch einfach nicht, sich auf vorgegebene Wege einzulassen (wohl nicht untypisch für Hochbegabte) und sie denkt zu sehr "verquer". Sie kann womöglich im Kopf schlecht strukturieren - vielleicht weil sie das bisher nicht gelernt hat, weil sie es nie musste.
Und weil sie in viel zu viele Richtungen gleichzeitig denkt.
Was ich mit diesen Erkenntnissen aber jetzt anfange, weiß ich auch noch nicht.
Ich selbst hab weder Lust, noch Zeit noch Nerven, hier die Mathenachhilfe zu machen. Zumal es dabei auch immer kracht, wie du es ja auch beschreibst.
Ich denke auch, dass bei ihrem Verstand und einem guten Lehrer doch möglich sein müsste, dass es auch so geht.
Tochter mag den Lehrer (wie alle anderen Lehrer an der Schule!) übrigens sehr gern.
Und sie sagt, alle anderen scheinen es zu verstehen, nur sie kapiert wohl immer nix.
(Ok, ganz so wird's nicht sein, aber ich glaube ihr schon, dass sie es da evtl besonders schwer hat)
Ich warte derzeit noch ab, habe aber auch Sorge, dass sie den Anschluss verpasst, wenn sie bestimmte Sachen nicht richtig verinnerlicht hat. (Wie das Kopfrechnen bspw, die Rechenwege bei mathematischen Grundlagenproblemen)
Ihr Freund - gleiche Klasse - hat übrigens keinerlei Probleme mit Mathe. Aber sie würde sich nie von ihm helfen lassen wollen.
Wenn das so weitergeht, werde ich als erstes das Gespräch mit dem Lehrer suchen.
(Habt ihr das schon getan?)
Wie ich das genau angehe, weiß ich aber noch nicht so recht, denn auf das Testergebnis möchte ich mich lieber nicht berufen. Aber irgendwie finde ich es anderseits auch nicht unwichtig zu vermitteln, dass es nicht an fehlender Intelligenz liegen kann... und dass es wirklich an zu komplexem Denken liegen könnte.
Wenn Nachhilfe nötig wäre (was ich allein aus Kostengründen gern vermeiden mag), wäre es mir wichtig, dass es wirklich ein motivierter Fachmann macht, der bereit ist, sich auf ihre Denkweise einzulassen und nicht nur auf Einhaltung von "Schema F" pocht.
Dann sehe ich nämlich genau die Gefahr, wie du es von Beginn des Grundschulmathe bei deinem Kind beschreibst - dass die Fähigkeit (und die Motivation) verloren geht, sich wirklich auf das eigentliche mathematische Problem einzulassen und mögliche Lösungsansätze tatsächlich zu ergründen, statt nur Algorithmen abzuarbeiten, ohne mitzudenken.
Wie man so jemanden aber findet, weiß ich leider auch nicht.
Mein Bruder hat Mathematik studiert und konnte mir früher mitunter gut helfen, wenn ich was nicht verstand.
Aber der kommt aus Zeitgründen und wegen des räumlichen Abstands auch nicht in Frage.
Und es müsste hier bei dem Mathepensum dieser Schule ja mindestens 2x wöchentlich nachgearbeitet werden...
Also insofern: ich bin da grad auch etwas ratlos.
Erster Schritt wäre bzw wird sein der Gang zum Lehrer und die Hoffnung, dass es sich evtl noch"zurechtruckelt".
(mit einer Mathe 4 über 4 Halbjahre muss man die Schule übrigens verlassen.. also total entspannt zurücklehnen mag ich mich da auch nicht.)
PS: Ein anderes Kind im Bekanntenkreis - sehr wahrscheinlich auch hochbegabt - schwankt in Mathe und Physik leistungsmäßig übrigens auch seit Jahren zwischen 1 und 5. Also das Problem scheint nicht ganz ungewöhnlich zu sein.