Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

mein "kluges Kind" macht mich fertig: negative Erfahrungen und Erlebnisse
Winnie
Dauergast
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Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von Winnie »

Gestern waren wir wieder beim Kinderarzt, aber hauptsächlich, um die neue Verordnung für die Ergotherapie zu holen und um L. (A.s kleine Schwester) impfen zu lassen. Wir konnte gar nicht so viel sprechen, weil die Kinder übelst randaliert haben. Sie haben die Bauklötze und Kuscheltiere durch den Raum geschmissen usw. L. kommt jetzt in das Trotzalter und hat sich dann auch mal auf den Boden geschmissen. Da war dann keine normale Unterhaltung mehr möglich. Die Kinder waren auch müde, denn der Termin war abends um 17:45 Uhr.

Jedenfalls hat der Kinderarzt uns nur knapp gesagt, dass er das Gutachten von der Ergotherapeutin schon bekommen hat. Er hat uns davon eine Kopie gegeben. Mein Mann hat es gleich gelesen und sofort schlechte Laune bekommen. Ich habe dann derweil das Zimmer aufgeräumt und die Kinder wieder angezogen.

Zuhause habe ich es dann gelesen und danach war der Tag auch für mich gelaufen. :(

Ich möchte euch zwei Kernsätze zitieren:
1. Stand der Therapie (blablabla)... Auffällig ist jedoch ihr teilweise häufiges Nachsprechen von mir gesagten Sätzen (z. B. "A., ich möchte das nicht.") und ausgiebigem Lachen dabei.

2. (am besten den ganze Absatz) Nach Rücksprache mit der Erzieherin im Kindergarten ist A. im Kindergarten sehr auffällig. Dort mache A. häufig nicht bei Gruppenangeboten mit. Sie versteckt sich dann meist in einer Ecke. Sie müsse regelrecht ergriffen und an den Tisch gesetzt werden. A. sei im sozio.emotionalen Bereich deutlich entwicklungsverzögert. Zudem könne sie selbst einfache Aufgaben nicht bewältigen.

Wir kriegen jetzt eine andere Form von Ergotherapie, die da heißt: "Sensomotorisch-perzeptive Ergotherapie mit Beratung zur Intergration ins soziale Umfeld. "

Ich bin definitiv am Überlegen, ob A. nicht doch den Kindergarten wechseln sollte. Zumindest hätten die nach so langer Zeit mal darauf kommen können, dass sie die einfachen Aufgaben gar nicht bewältigen will. Meine Güte, was wir uns schon alles anhören mussten. Ich werde das nie vergessen, dass das Elterngespräch damit anfing, dass es sich um einen versteckten sexuellen Missbrauch handeln könnte. Naja, wenn es das nicht ist, dann ist sie vielleicht autistisch. Nein, autistisch ist sie auch nicht? Dann ist sie eben entwicklungsverzögert. :evil:
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)
heinerprahm
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

Winnie hat geschrieben:Gestern waren wir wieder beim Kinderarzt, aber hauptsächlich, um die neue Verordnung für die Ergotherapie zu holen und um Lena (Amelies kleine Schwester) impfen zu lassen. Wir konnte gar nicht so viel sprechen, weil die Kinder übelst randaliert haben. Sie haben die Bauklötze und Kuscheltiere durch den Raum geschmissen usw. Lena kommt jetzt in das Trotzalter und hat sich dann auch mal auf den Boden geschmissen. Da war dann keine normale Unterhaltung mehr möglich. Die Kinder waren auch müde, denn der Termin war abends um 17:45 Uhr.
2. (am besten den ganze Absatz) Nach Rücksprache mit der Erzieherin im Kindergarten ist Amelie im Kindergarten sehr auffällig. Dort mache Amelie häufig nicht bei Gruppenangeboten mit. Sie versteckt sich dann meist in einer Ecke. Sie müsse regelrecht ergriffen und an den Tisch gesetzt werden. Amelie sei im sozio.emotionalen Bereich deutlich entwicklungsverzögert. Zudem könne sie selbst einfache Aufgaben nicht bewältigen.
Ich bin definitiv am Überlegen, ob Amelie nicht doch den Kindergarten wechseln sollte. Zumindest hätten die nach so langer Zeit mal darauf kommen können, dass sie die einfachen Aufgaben gar nicht bewältigen will. Meine Güte, was wir uns schon alles anhören mussten. Ich werde das nie vergessen, dass das Elterngespräch damit anfing, dass es sich um einen versteckten sexuellen Missbrauch handeln könnte. Naja, wenn es das nicht ist, dann ist sie vielleicht autistisch. Nein, autistisch ist sie auch nicht? Dann ist sie eben entwicklungsverzögert. :evil:
Hallo Winnie,

Besteht nicht die Möglichkeit, das ihr mal einfach ein paar Videoaufnahmen von eurem Alltag macht, also wie sich eure Amelie in vertrauter Umgebung verhält, was sie kann und was sie sonst zu Hause so macht und diese dann einfach mal eurem Kinderarzt und der Ergotherapeutin und all jenen zeigt, die solche Diagnosen stellen und solche Verdächtigungen in den Raum stellen, damit diese ein anderes Bild bekommen und vielleicht beginnen sich selbst zu hinterfragen. Wenn Du das Gefühl hast das die Diagnosen und Einschätzungen falsch sind, dann frage ich mich was weitergehende Therapien bringen sollen, denn dort werden ja dann Maßnahmen vorgenommen, die in eine völlig falsche Richtungen gehen.

Liebe Grüße
Heiner
alibaba

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von alibaba »

Hallo Winnie,

auch wenn Du das nicht hören willst, aber ich schreibe hier noch einmal, was ich schon einmal geschrieben habe.

Egal wie begabt ein Kind ist, es muss sich an Regeln halten. Wenn z.b. alle essen, kann ich nicht alleine spielen, nur weil ich nicht essen will. ich muss klar nicht essen, aber am Tisch sitzen und z.B. trinken. Der Kiga hat also Recht, es gibt massive Defizite im sozialen Bereich. Ich will auch nicht immer zu Hause putzen, muss es aber trotzdem machen. An bestimmte Regeln kommt man nicht vorbei. Meine Kleine 4,1 jährige sagt im Kiga was sie will und was nicht. Dank ihrer sehr guten Sprache kann sie das auch relativ genau formulieren. Das ist die Vorrausstzung für den Besuch einer Schule. Was passiert denn, wenn sie dort dann mal nicht will, weil es ihr zu einfach ist, oder sie einen schlechten Tag hatte, was passiert, wenn 25 kinder mal einfach nicht wollen. Selbst wenn sie zu Hause immer alles mitmacht, die Welt dadraußen ist eben nicht so.

Ich glaube, Eure Tochter hat Euch ganz gut im Griff. Das Benehmen deiner Tochter mit einem hohen IQ zu entschuldigen, ist meines Erachtens nach nicht richtig. Und ich glaube ihr hättet es einfacher, wenn ihr mal mit liebevoller Autorität Grenzen setzen würdet. Ich weiß das es nicht immer einfach ist mit 2 Kindern, die habe ich auch. Aber eine klare Ansage, das einer im Auto sitzt, reicht bei meinen Kindern um Arztbesuche oder Einkäufe relativ konfliktlos zu überstehen. Da meine Kinder auch noch wissen, das ich das tatsächlich auch so mache was ich generell ankündige, hat bei uns in 6 Jahren genau einmal mein Großer im Auto gesessen. Mittlerweile reicht die Ankündigung dessen, bwz. einfach eine Erinnerung.

Nehmt es daher als Chance. Wenn Ihr denkt es ist dem hohen IQ geschuldet, dann solltet ihr Euch an eine Beratungsstelle wenden.

Ich meins echt net bös Winnie, aber meine eigene Erfahrung lehrt mich, je klüger umso klarer der Umgang.

VLG
heinerprahm
Dauergast
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

alibaba hat geschrieben: Aber eine klare Ansage, das einer im Auto sitzt, reicht bei meinen Kindern um Arztbesuche oder Einkäufe relativ konfliktlos zu überstehen. Da meine Kinder auch noch wissen, das ich das tatsächlich auch so mache was ich generell ankündige, hat bei uns in 6 Jahren genau einmal mein Großer im Auto gesessen. Mittlerweile reicht die Ankündigung dessen, bwz. einfach eine Erinnerung.
Mentale Kontrolle bei Lob und Tadel
Quelle: Journal of Neuroscience 2008, 28, S. 9495.
Die Psychologin Eveline Crone (Universität Leiden) zeigte in Untersuchungen mittels Magnetresonanztomographie (MRT), dass die Gehirnregionen im Stirnhirn und im Schläfenlappen, die für die mentale Kontrolle zuständig sind, bei acht- und neunjährigen Kindern stark auf positives und kaum auf negatives Feedback reagieren. Bei Zwölf- bis Dreizehnjährigen und bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren ist genau das Gegenteil der Fall: Die Kontrollregionen sind bei negativem Feedback besonders aktiv und reagieren bei einer positiven Rückmeldung wenig. Vermutlich ist es für jüngere Kinder leichter zu begreifen, dass sie etwas richtig gemacht haben, während es wesentlich komplizierter ist zu erkennen, dass man etwas falsch gemacht und dann noch aus diesem Fehler lernt. Dieser Unterschied zwischen jüngeren und älteren Kindern kommt vermutlich durch eine Kombination von Gehirnreifung und durch Lernerfahrungen zustande.

Angst in der Erziehung
Erziehung und Schule haben ein merkwürdig ambivalentes Verhältnis zu Angst. Auf der einen Seite wird Angst kaum positiv bewertet, auf der andern Seite sind völlig angstfreie Schüler nicht eben beliebt; denn mit Angst wird - leider - sehr viel Erziehung, Verhaltenssteuerung und Motivation betrieben. Ein Schüler, der sich von Schelte, Strafaufgaben oder schlechten Noten wenig beeindrucken lässt, gilt bald einmal als schwierig oder gar schwer erziehbar. Bei genauer Untersuchung müssen wir feststellen, dass ein grosser Teil unserer institutionalisierten und unserer traditionellen Erziehung auf Angsterzeugung beruht. Strafe wirkt nur, wo sie abschreckt, d.h. Angst macht. Konkurrenz und Wettbewerb (Noten) wirken bei vielen nur „motivierend“,weil sie Angst haben vor dem Verlieren oder Unterliegen, Angst vor Blamage oder gar Angst vor der Einschränkung ihrer existentiellen Möglichkeiten (Zukunftsangst).
So ist unsere Kultur durchsetzt von Angstmachern und Ausbeutung dieses Affektes. Diese Ausbeutung wird dadurch ermöglicht, dass Erziehung oft Angst von ihrer ursprünglichen Wahrnehmungsfunktion trennt (entfremdet) und damit nicht mehr sinnvoller Teil unserer Wahrnehmung ist: Oft löst sich eine Angst auf, wenn ich der Spur zurückgehe: Was ist wirklich gefährlich dabei? Was kann mir passieren? Ist es tatsächlich so schlimm, wenn eintrifft, was ich fürchte? Und welche eigenen Möglichkeiten stehen mir dann noch zur Verfügung,?

Wieviel Sicherheit brauche ich denn wirklich? Wer würde mich unterstützen? An wen könnte ich mich wenden? (Oder warum nicht?) Selbstsicherheit gegen fremde Ver(un)sicherung Angst ist nichts objektives. Angst ist eine biologisch sinnvolle Reaktion und ein subjektives Wahrnehmungsorgan. Je mehr ich meine Wahrnehmungen durchspüren, durchschauen und in ihren Feinheiten erleben kann, desto mehr tragen sie zur Selbstsicherheit bei, sogar wenn es sich um Ängste handelt. Der Verlust oder die starke Einschränkung dieses Organismus hat weitreichende Folgen. Kinder können sich nicht mehr auf sich und ihr Gespür verlassen, sie finden den Halt nicht mehr in sich und werden dadurch manipulierbar und verführbar; in gewissen Sinne müssen wir leider auch sagen, erziehbar.
Mit der Abstumpfung der Empfindungen und einer Erziehung (Bildung), die der Lehre (dem Wissen der anderen) - nur zu oft wenig hinterfragt - einen höheren Wahrheitsgehalt attestiert als dem eigenen Gespür, wird Selbstsicherheit und Selbstvertrauen unterhöhlt. Damit wird eine Bastion gegen aufgepfropfte Ängste geschleift. Dann kann Angst auch gezielt geschürt und Menschen „mit Hilfe ihrer Angst“ ausgebeutet werden. Wir schützen unsere Kinder am Besten, wenn wir diesen Wahrnehmungsapparat, ihren Körper mit seinem Gespür und Empfinden, als Seismographen der Atmosphäre und der herrschenden Stimmungen unterstützen.

Dr. Rudolf Buchmann, Psychotherapeut SPV/ASP www. praxis-buchmann.ch
http://www.praxis-buchmann.ch/linkbase/file.php?id=40
Zuletzt geändert von heinerprahm am Mi 29. Sep 2010, 10:59, insgesamt 1-mal geändert.
meph
Dauergast
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von meph »

Ich schleiche seit gestern um diesen Thread rum und weiss nicht genau, wie ich was sagen soll ohne Dir auf die Füße zu treten....

Findest Du das Verhalten Deiner Kinder beim kia wirklich alterstypisch normal? Ist es bei Euch evtl. Erziehungsansatz die Kinder machen lassen was sie wollen?
Meine Kinder dürften sich das nicht erlauben- von Anfang an nicht! Da setze ich sehr konsequente Grenzen- mit Mensche, Tieren und Dingen hat man respektvoll umzugehen! Dinge, die einem nicht gehören werden NICHT geworfen, fremde Regale sind tabu! Klar, auch meine Kinder haben versucht und versuchen es noch ihre Grenzen zu erweitern- bei Freya war die Konsequenz, dass sie in den Wagen kam wenn sie nicht hörte, Ragna kommt ins Tuch- Ende Gelände!

Was den Kindergarten betrifft: ganz ehrlich, ich verstehe dein problem nicht! Deine Tochter hat ganz offensichtliche Probleme mit der Integration und der Kiga sucht nach Möglichkeiten ihr zu helfen! Sie haben Ideen (keine Diagnosen!) und du schmetterst grundlegend ALLES ab!
Es ist doch kein Drama, wenn das Kind Defizite hat- ALLE Kinder haben irgendwo ein Defizit!

Wir waren ja auch im SPZ weil Freya so auffällig wurde- und was ist? WIr haben gehandelt und heute hat sie ALLE Defizite im emotionalen Bereich aufgearbeitet! Im Motorischen holt sie auch gerade rasant auf!
Und nein, das kommt nicht von alleine, das war ein Jahr knochenharte Arbeit für uns!
Umso stolzer bin ich jetzt auf sie und ich könnte heulen vor Freude, dass sie aktuell selbstbewusst und selbstvertraut in die Welt schaut!

Wurde die Verdachtsdiagnose Autismus eigentlich je ausgeschlossen? Autismus und HB sind ja eng aneinander verknüpft. Auch bei Freya gibt es manchmal momente wo ich denke: na das könnte auch ein leichter autistischer Zug sein....

Ich weiss übrigens von einem dreijährigen autistischen Mädchen (ssehr offensichtlich), die generell stark entwicklungsverzögert ist und jeder Tag eine neue Herausforderung für die Familie bedeutet. Bis vor Kurzem war es ihr nicht möglich sich mitzuteilen.
Jetzt schreibt sie! Ich freu mich so für diese Familie, dass die Kleine einen Weg gefunden hat!


Ganz ab von allem: Es ist supersupersuperwichtig, dass Deine Tochter lernt sich in einer Gemeinschaft aufzuhalten- mit Respekt und Rücksichtsnahme ihr gegenüber- aber auch mit Respekt und Rücksichtsnahme von ihr!

Ob da ein Kindergartenwechsel was bringt? ICH denke, ich würde sie in genau dieser Einrichtung üben lassen- die Erzieherinnen scheinen sehr bemüht!

LG Meph
Neckri
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von Neckri »

@ Alibaba: Ich würde niemals auf die Idee kommen, ein Vorschulkind über Trennungs- und Einsamkeitsängste "gefügig" zu machen. Zum einen spricht jenes Argument aus der Hirnforschung dagegen, das Heiner schon erwähnt hat. Zum anderen wird die erzielte Verhaltensänderung über eine Vermeidungshaltung gegenüber drohenden Sanktionen herbeigeführt, aber nicht über eine veränderte Sichtweise zum eigentlich problematisierten Gegenstand. Der Unterschied wird nach außen nicht sichtbar, so dass du zunächst den Eindruck gewinnen könntest, das Ziel der Erziehung erreicht zu haben. Doch du konstruierst damit eine soziale Konfrontation, die nichts mit der Sache zu tun hat. Ab einem gewissen Alter könnte die daraus entstehende Oppositionshaltung zum Bummerang werden.

Andererseits ist es die normalste Sache der Welt, dass Kinder ihre Grenzen wissen wollen. Schwierig wird eine Erläuterung der Grenzen dann, wenn die Grenzüberschreitung andernorts vielfach beobachtet wird (im Kindergarten? auf dem Spielplatz?). Dennoch empfiehlt sich die Vorgehensweise, das zugrundeliegende ethische Prinzip auf die Erfahrungswelt des Kindes zu projezieren. Wenn mein Töchterlein seinerzeit angefangen hätte, Gegenständen aus dem Besitz anderer zweckfremd zu verwenden, hätte ich ein Szenario entworfen, in dem fremde Kinder im heimischen Kinderzimmer Töchterleins Spielsachen strapazieren - gefolgt von der Frage, ob sie dies wohl gutheißen würde... Meines Erachtens ist es immer besser, ein problematisches Verhalten dicht am Problem zu klären, anstatt eine zweite Frontlinie der persönlichen Konfrontation aufzumachen. Wenn das Fehlverhalten aus dem Drang entsteht, den Eltern/Erziehern bloß auf den Wecker zu gehen, würde ich das als Anzeichen eines kindlichen "Hilferufs" hinsichtlich eines versteckten Problems halten. Auch Trotzverhalten resultiert auf der unzureichenden Verarbeitungsleistung einer Erkenntnis über die eigene Person und deren Beziehungen im sozialen Gefüge. Das ist dann ein Hilferuf zum Verstehen dieser Welt, den man nicht mit Gewalt unterdrücken sollte.

@ Winnie: Deine Tochter versteckt sich also im Kiga und wird "regelrecht ergriffen"... Das hört sich nicht besser an, als ein Kind alleine im Auto einzusperren. Ich hege die Befürchtung, dass solch eine psychische Gewaltanwendung auch durch eine noch so gut gemeinte Therapie nicht wettgemacht werden kann. Andererseits scheint das Widersetzen (genau deswegen?) ein übliches Verhaltensmuster geworden zu sein, da sich die Therapeutin ebenfalls damit auseinandersetzen muss. Auch du selbst beobachtest (ohne sofort zu intervenieren?) ein Widersetzen gegen die Regeln. Die Frage, die wohl in den Raum gestellt worden ist, bedeutet ja, inwieweit Amelie eine Regel denn verstehen kann, um sie nachher aus eigenem Antrieb zu verfolgen. Wie führst du denn eine Regel ein?

Zwischen dem Verstehen von Regeln und deren Verfolgen liegt das Wollen... Der Befund "im sozio-emotionalen Bereich deutlich entwicklungsverzögert" ruft in mir so ein böses Déja-vu hervor, weil ich genau diese Wortwahl noch sehr deutlich im Ohr habe... Die spannende Frage ist nun, wie du Amelies Abwehrhaltung gegen die auf sie einwirkenden Erziehungsversuche in eine selbstgewollte Verhaltenssteuerung überführen könntest. Mit noch mehr Druck von allen Seiten wirst du das eher nicht schaffen. Könntest du bitte mal erläutern, welche Alternativen in deiner Nähe zum aktuellen Kindergarten noch verfügbar wären?

Viele Grüße von Neckri
heinerprahm
Dauergast
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

Neckri hat geschrieben:…. Andererseits ist es die normalste Sache der Welt, dass Kinder ihre Grenzen wissen wollen. Schwierig wird eine Erläuterung der Grenzen dann, wenn die Grenzüberschreitung andernorts vielfach beobachtet wird (im Kindergarten? auf dem Spielplatz?). Dennoch empfiehlt sich die Vorgehensweise, das zugrundeliegende ethische Prinzip auf die Erfahrungswelt des Kindes zu projezieren. Wenn mein Töchterlein seinerzeit angefangen hätte, Gegenständen aus dem Besitz anderer zweckfremd zu verwenden, hätte ich ein Szenario entworfen, in dem fremde Kinder im heimischen Kinderzimmer Töchterleins Spielsachen strapazieren - gefolgt von der Frage, ob sie dies wohl gutheißen würde …
…erstmal 100% Zustimmung, aber es bliebt die Frage nach der Strategie in solchen Fällen, die dann im Notfall (Kaufhaus, Kindergarten, Spielplatz) auch funktioniert? … bei uns ist es das "WIR", also wir sagen ihr (in der jeweiligen Sprache, da sie ja zweisprachig und zweikulturell aufwächst (was auch noch mal eine Schippe drauf ist)) …"Das gehört nicht UNS"… und es ist wirklich kein Problem, alles wandert in das Regal zurück, vielleicht mit Bedauern, aber ohne Druck und ohne jeden Protest. Wir haben mit diesem kooperativem "Wir Gefühl" von Anfang an "gearbeitet", also ich kann deshalb nicht sagen, ob so eine "Strategie" (eigentlich ist es ein Lebensüberzeugung) auch später noch angewandt werden kann, aber wir gehen völlig stressfrei durch die Welt ohne Zwang und ohne Drohungen, auch wenn es vielleicht mal 2 Minuten (aber auch wirklich nicht mehr) länger dauert und dadurch kennt sie auch sonst im Leben "ihre" Grenzen genau, weil wir diese auch nicht übertreten.

Liebe Grüße
Heiner
heinerprahm
Dauergast
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von heinerprahm »

meph hat geschrieben:Ich schleiche seit gestern um diesen Thread rum und weiss nicht genau, wie ich was sagen soll ohne Dir auf die Füße zu treten....

Wurde die Verdachtsdiagnose Autismus eigentlich je ausgeschlossen? Autismus und HB sind ja eng aneinander verknüpft. Auch bei Freya gibt es manchmal momente wo ich denke: na das könnte auch ein leichter autistischer Zug sein....

Ich weiss übrigens von einem dreijährigen autistischen Mädchen (ssehr offensichtlich), die generell stark entwicklungsverzögert ist und jeder Tag eine neue Herausforderung für die Familie bedeutet. Bis vor Kurzem war es ihr nicht möglich sich mitzuteilen.
Ach und noch was (Thema Autismus und HB von wegen "zusammen liegen", was absoluter Unsinn ist !!!!!!!!), also es gab damals in 2006 eine Sendung bei Quarks & Co zum Thema Autismus, die hatten dann auch einen Selbsttest:

http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbei ... tismus.jsp

Ich habe dort 55 Punkte "erreicht" (normal sind 17) , mit der "Diagnose" …SIE SIND AUTIST" …

Diesen Test habe ich dann in meiner MENSA Group von anderen eindeutig Hochbegabten "überprüfen" lassen (die habe einfach den Online-Test gemacht) du siehe da, ALLE hatten Werte (35 - 110) im Autismusbereich !!! Also ich weiß ich bin kein Autist, die Mitglieder meiner MENSA Group ebenfalls nicht, daher ist es alleine eine diagnostische Fehlinterpretation und die Gefahr einer solchen, ist bei Hochbegabten nun mal sehr, sehr hoch!

Liebe Grüße
Heiner
Neckri
Moderator
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Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von Neckri »

Zu Autismus und IQ: Etwa 1/4 der Autisten entwickeln einen normalen IQ. Die große Mehrheit bleibt darunter. Autismus mit normalem IQ und normaler Sprachentwicklung wird auch als "Asperger-Syndrom" bezeichnet. Dabei ist der verbale IQ zumeist viel höher als der Handlungs-IQ, so dass in der Summe ein IQ von 130 oder darüber eher selten erreicht wird.
alibaba

Re: Das Gutachen der Ergotherapeutin - es ist so frustrierend!!

Beitrag von alibaba »

Na dann stöbert mal in der GEO. Da gab es letztens einen Artikel über einen hochbegabten Autisten. Und ein wenig Autist trägt wohl jeder mit sich herum. ;)

@Neckri: Wieviel Kinder hast Du? Hast Du auch einen Buben? Bist du mal mit zwei lebhaften einkaufen gegangen. Da reicht leider kein Kannst Du mal bitte eventuell machen. Und - unser ganzes Leben besteht aus der Vermittlung von "Ängsten". Lernst du nicht, bekommst du eine schlechte Note. Ißt du nicht, ergeht es Dir wie dem Suppenkasper. Läufst du auf die Strasse, wirst du überfahren und bist tot. Kannst du nicht schwimmen, gehst du unter. Beginnt, wenn wir ganz klein sind und endet erst wenn wir sterben. Ab dem Zeitpunkt wo man Grenzen vermitteln muss, weil sie in Frage gestellt werden, wird mit Ängsten gearbeitet- Wobei eigentlich schon eher. Ein säugling weint, weil er Angst hat das Mama ihn verlassen kann - da er es noch nicht versteht. Angst gibt es im Märchen, im Arbeitsleben, ÜBERALL.

Als mein Sohn damals 18 Monate alt war und ich in eine Krabbelgruppe ging, waren auch ältere Kinder dabei. Diese bekamen "Sanktionen" bei überschreiten von Grenzen. Ich schmunzelte damals und verstand die ganze Aufregung nicht. Dabei vergaß ich aber, das mein Kind noch gar nicht so weit war. Und das alle Kinder in ihrem Wesen ganz unterschiedlich sind. Das eine hört auf Bitte laß das doch Schatzi, das andere eben nicht. Eine Bekannte von mir, mit ebenfalls einem klugen Kind gab zu, das sie, wenn es ihr nicht haargenau so ergehen würde mit ihrem gleichaltrigen Buben, sie mich für erziehungsunkompetent halten würde. Nun, da wären wir schon mal Zwei. 8-)

Die Annahme das man angstfrei etwas vermitteln kann, ist meines Erachtens nach, Utopie. Ein Buch ist immer eine so wunderbare Theorie, willkommen in der Praxis.

LG
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