Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

ganz allgemein zu Kleinkindern, ob nun aufgeweckt, klug oder hochbegabt
Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben: Mich würde es sehr interessieren, was andere Mütter/Väter für Erfahrungen mit ihren Kindern gemacht haben. Meint Ihr auch, bzw. habt Ihr auch erlebt, dass Vorschulkinder dazu in der Lage sind, die negativen Auswirkungen des übermäßigen Fernsehens selbst zu erkennen und weniger zu schauen??? Ganz ohne Hilfestellung und Anleitung???
Stopp, da ist jetzt einiges durcheinandergekommen. Ich habe nie behauptet dass Vorschulkinder die NEGATIVEN Auswirkungen von ÜBERMÄSSIGEN Fernsehen selbst erkennen. Sehr wohl halte ich aber den Grossteil der Kinder für durchaus imstande, festzestellen, wann sie von etwas GENUG haben.

Wann ist der Fernsehkonsum eiges Kindes eigentlich ÜBERmässig? Wer bestimmt das? Und wer stellt fest, welche etwaigen negativen Verhaltensmuster eines Kindes durch Fernsehkonsum ausgelöst sind?

Tatsächlich handeln fast alle limitierenden Eltern "nach Gefühl". Während ein Kind, welches stundenlang in ein spannendes Buch vertieft war, und danach aufgekratzt und durcheinander ist, für viele Eltern keinerlei Anlass zum limitieren ist, reicht es beim fernsehen oft schon, wenn Kinder von dem, was sie im fernsehen sehen, einfach sehr fasziniert sind.

Daher mein Gegenfragen: Was ist Euer Massstab für normalen, überhöhten oder ÜBERmässigen Fernsehkonsum? Was sind die so oft beschworenen, negativen Folgen? Wie reagiert ihr, wenn ihr Euren Kindern beim fernsehen zuschaut (mit schlechtem Gewissen weil es das ja "eigentlich" gar nicht tun sollte?)? Glaubt ihr nicht, dass ihr Eure EIGENEN Ängste in Bezug auf fernsehen auf die Kinder übertragt, und gerade DADURCH das fernsehen einen höheren Stellenwert für sie bekommt, als es eigentlich hat?

Gebe ich meinem Kind Hilfestellung und Anleitung damit es feststellen kann, wann es genug gegessen oder getrunken hat? Braucht es Hilfestellung und Anleitung um zu wissen wann genug Lego gespielt wurde ("Deine heutigen 15 Minuten sind vorbei, jetzt wird alles wieder weggeräumt!")? Muss ich ihm sagen wann es genug mit dem Fahrrad im Hof herumgefahren ist? Meiner Meinung nach grundsätzlich NICHT, in Sonderfällen aber schon.

Wenn mein Kind vor Müdigkeit schon 3x vom Rad gekippt ist, aber immer noch nicht reingehen will, über ich sehr wohl sanften Druck aus (auch auf die Gefahr hin, dass ein paar Trotztränen fliessen). Wenn mein Kind gerade einen Magen-Darm-Virus hat lasse ich es keint Speckbrot essen. Und wenn mein Kind sich mal nicht vom Fernseher loseisen will obwohl es schon eindeutig übermüdet ist, greife ich ebenso ein.

Aber das ist eine Reaktion auf die momentane Situation und mit einem generellen ZEITlimit nicht zu vergleichen. Mit "Hilfestellung und Anleitung" hat so ein Limit meiner Meinung nach gar nichts zu tun. Oder liegt für Dich die Hilfestellung darin, dem Kind zu erklären, wie schädlich fernsehen ist und wie negativ es seine Persönlichkeit verändern wird wenn Du als Mutter nicht durch ein Limit eingreifst?

Und wie oft soll ich es noch sagen: ich bin NICHT dafür Kinder etliche Stunden täglich vor dem Fernseher zu "parken". Aber ich traue den meisten Kindern trotzdem zu, zu bemerken, wann es FÜR SIE genug ist (nicht für die Vorstellung der Eltern) - sofern man ihnen die Gelegeheit dazu gibt, es auszutesten.

Mein 4jähriger Sohn hat KEINE Sendungen, die er täglich "schauen darf". Wenn er mal meint "jetzt will ich fernsehen" wird (sofern wir nichts anderes vorhaben oder gerade beim Aufbruch sind) der Fernseher eingeschaltet und wir schauen nach, was gerade auf den Kindersendern läuft. Wenn etwas dabei ist, was ihn interessiert, schaut er so lange er will. Abgedreht wird entweder, wenn mein Sohn daraum bittet (weil er etwas sieht, was ihm Angst macht) oder wenn ich bemerke, dass er bereits das Interesse verloren hat. Die Zeitspannen, in denen FÜR IHN der Fernseher läuft, sind sehr verschieden. Meistens sind es ca. 15 Minuten. Es waren aber auch schon einzelne Tage dabei, wo er 3 Stunden durchgehend geschaut hat. Dann wieder ganze Wochen, wo der Kasten gar nicht gelaufen ist. Nach meiner Beobachtung wechseln sich bei ihm die Phasen, wo fernsehen interessant ist, mit anderen Interessensphasen immer wieder ab. Mal ein paar Tage intensiver fernsehen, dann ein paar Tage intensiv zeichnen, dann die ganze Zeit Kinderlieder-CD hören, dann wieder Lego spielen,...und irgendwann geht das ganze wieder von vorne los.

Weniger Kreativität (in Summe) habe ich absolut nicht beobachtet. Natürlich, WÄHREND des fernsehens ist mein Sohn nicht kreativ, aber während eines Kartenspieles oder eines Spazierganges ist er es auch nicht. Mich wundert aber, dass es Eltern gibt, die WISSEN dass ihr Kind DURCH DAS FERNSEHEN an Kreativität verloren hat. Recht objektiv kommen mir so Aussagen nicht vor.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)
Momo
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von Momo »

Sorry Rabaukenmama, mir fehlt bei dieser Diskussion die Grundlage. Google doch bitte mal "Fernsehkonsum Kinder", dann wirst Du seitenweise auch wissenschaftlich fundierte Berichte finden, in denen übereinstimmende negative Folgen des Fernsehkonsums beschrieben werden. Sowie der klare Hinweis, dass natürlich die Eltern in der Verantwortung stehen, durch klare Regeln die Dauer des Fernsehens zu bestimmen.
"Unser Leben ist das, wozu unser Denken es macht." Mark Aurel (121-180)
Bliss
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von Bliss »

Um auf eine natürliche Regulierung zu bauen, sollte es schon auch etwas natürliches sein. Dazu zählen für mich Fernsehen, Computerspiele, mit diversen Zusatzstoffen versetzte Lebensmittel nicht wirklich.

Ob jemand auf es schafft diese Dinge trotzdem von selbst zu regeln würde ich deshalb eher als Typfrage sehen. Bei meinen beiden älteren Kindern mußte ich was Fernsehen und Süßigkeiten angeht nie was regeln, weil sie wohl einfach nicht anfällig dafür sind süchtig danach zu werden, es gab auch bei beiden keine Anfangsübertreibung. Bei meinem Kleinen hab ich gleich gemerkt, dass er da anders ist. Irgendjemand hat ja schon dieses unrund werden beschrieben, das trifft es gut. Es war einfach ganz offensichtlich, dass es ihm nicht gut tut. Wir haben dann erstmal komplett wieder aufgehört und es ein halbes Jahr später noch mal probiert. Aber auch da war absehbar, dass wir da Grenzen setzen müssen und es nicht komplett ihm überlassen können.
Rabaukenmama hat geschrieben: Mich wundert aber, dass es Eltern gibt, die WISSEN dass ihr Kind DURCH DAS FERNSEHEN an Kreativität verloren hat. Recht objektiv kommen mir so Aussagen nicht vor.
Naja, wenn dein Kind außer Fernsehen, Computer spielen nichts mit sich anzufangen weiss finde ich den Schluß, dass es am Fernsehen liegen könnte jetzt nicht weit hergeholt. Und solche Kinder gibt es eben. Die sogar wenn Besuch da ist nur ans Fernsehen denken können. Und speziell, wenn das Kind bevor es mit Fernsehen angefangen hat anders war, ist es doch mehr als naheliegend, dass es daran liegt :?:

Dein Sohn gehört der Beschreibung nach eben nicht dazu. Daraus kannst du aber nicht schließen, dass es sowas generell nicht gibt, oder dass es nur daran liegt, dass du nicht limitierst.
sogesehen
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von sogesehen »

Momo hat geschrieben:Das stimmt, natürlich hat ein gutes Vorbild der Eltern und ein Angebot an schönem Spielmaterial Einfluss auf die Dauer des Fernsehens. Doch gerade bei dem Punkt "attraktives Konkurrenzangebot an Aktivitäten" möchte ich anmerken, dass meiner Erfahrung nach die Fähigkeit sich selbst mit ganz einfachen Dingen zu beschäftigen gerade durch geringen Fernsehkonsum entwickelt wird. Die Kinder BRAUCHEN dann gar kein attraktives Angebot an tollen Aktivitäten, sie sind aus sich selbst heraus absolut kreativ. Und diese Fähigkeit wird durch übermäßigen Fernsehkonsum meiner Meinung nach stark eingeschränkt. Eine Folge kann dann sein, dass von den Kindern auch in der fernsehfreien Zeit überwiegend Entertainment gefordert wird.
Jeder hat halt so seine Klischee-Bilder im Kopf. Bei sozialen Brennpunkten sehe ich vor mir vernachlässigte Kinder, die zu Hause nicht zu laut sein dürfen, keine Materialien zum Basteln, geschweige denn Anleitungen bekommen und die Eltern hauptsächlich mit anderen Dingen beschäftigt sind, sofern sie zu Hause sein können. Da ist Kind allein deshalb gern vor dem Fernseher, weil es so am leichtesten Ärger mit den Eltern vermeidet.
Wie dort das Fersehverhalten (der Kinder) tatsächlich ist, kann ich überhaupt nicht beurteilen. Zu meinem Klischee gehört auch, dass ich diese Kinder für besonders kreativ halte und sie meist mehr an der frischen Luft sind als die "behüteten" und mehr Lebenserfahrung in jungen Jahren haben - leider oft zu ihrem Leidwesen.

Ich denke, es ist falsch, das Medium Fernsehen so partout verantwortlich zu machen für z.B. Fähigkeit für Kreativität. Man kann Fernsehen sehr verschieden nutzen, sich berieseln lassen, oder sich inspirieren lassen, sich bilden. Vieles kann man mit dem Fernseher leichter lernen als ohne. Anders als im Buch kann die Mimik benutzt werden um Gefühle in den Geschichten und Konflikten auszudrücken.
Wir machen doch sehr vieles mit unseren Kindern, nur weil sie Spaß machen. Welchen Mehr-Wert hat das 60. mal Vorlesen des gleichen Buches, das stundenlange Schaukeln auf dem Spielplatz, verschiedenste Hobbies die wir auch als Erwachsene noch haben können die eigentlich nur Zeit fressen - und Spaß machen... und so macht Fernsehen oft Spaß und wenn man gut auswählt kann das Kind dabei noch viel lernen. Die Auswahl macht es, (absolutes Tabu neben vielem anderem ist für mich übrigens Werbung)
Es ist doch schön, wenn mein Großer im Auto plötzlich losprustet und sich kringelig lacht, weil er sich an lustige Szenen aus einem Film erinnert.

Ich halte auch bei den Experten viel für Spekulation. Das Argument, was immer übrig bleibt ist, dass in der Zeit kein Sport oder anderes sinnvolles passiert.

LG
Rabaukenmama
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von Rabaukenmama »

Momo hat geschrieben:Sorry Rabaukenmama, mir fehlt bei dieser Diskussion die Grundlage. Google doch bitte mal "Fernsehkonsum Kinder", dann wirst Du seitenweise auch wissenschaftlich fundierte Berichte finden, in denen übereinstimmende negative Folgen des Fernsehkonsums beschrieben werden. Sowie der klare Hinweis, dass natürlich die Eltern in der Verantwortung stehen, durch klare Regeln die Dauer des Fernsehens zu bestimmen.
Ich halte google nicht für allwissend. Hab erst im Standard (Zeitung) gelesen dass jeder 4. Österreicher täglich mehr als 4 Stunden im Netz ist. Dazu gehöre ich nicht. Und schon gar nicht zu denen, die stundenlang googeln was gut oder schlecht für ihre Kinder sein könnte und den Fernsehkonsum auf genausoviele Minuten limitieren wie Dr. Google empfiehlt.

Das war übrigens auch heute im Standard:
http://derstandard.at/1392687493988/Ein ... ht-googeln

Im übrigen habe ich im Rahmen dieser Diskussion schon mehrmals eindeutig geschrieben dass ich stundenlanges, exzessives Fernsehen ÜBER EINEN LÄNGEREN ZEITRAUM HINWEG nicht befürworte und IN DIESEM FALL sehr wohl eine Limitierung sinnvoll ist.

Ansonsten halte ich es wie Charles Dickens das treffend zitiert:

Ich brauche INFORMATIONEN. Eine MEINUNG bilde ich mir selbst.
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Rabaukenmama
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von Rabaukenmama »

Bliss hat geschrieben: Ob jemand auf es schafft diese Dinge trotzdem von selbst zu regeln würde ich deshalb eher als Typfrage sehen. Bei meinen beiden älteren Kindern mußte ich was Fernsehen und Süßigkeiten angeht nie was regeln, weil sie wohl einfach nicht anfällig dafür sind süchtig danach zu werden, es gab auch bei beiden keine Anfangsübertreibung. Bei meinem Kleinen hab ich gleich gemerkt, dass er da anders ist. Irgendjemand hat ja schon dieses unrund werden beschrieben, das trifft es gut. Es war einfach ganz offensichtlich, dass es ihm nicht gut tut. Wir haben dann erstmal komplett wieder aufgehört und es ein halbes Jahr später noch mal probiert. Aber auch da war absehbar, dass wir da Grenzen setzen müssen und es nicht komplett ihm überlassen können.
Da stimmen wir sehr gut überein. Ich halte es auch für eine Typfrage ob man auf gewisse Dinge, die auch Suchtpotential haben, anfällig ist, oder nicht. Nur gehe ich so weit, in den Raum zu stellen, dass gerade durch VORSCHNELLES limitieren, aus der Angst heraus, das Kind könnte sonst "nur noch fernsehen wollen" den Drang zu genau DIESEM Medium eher verstärkt als abschwächt.

Bei mir selbst selbst war als Kind das naschen die Suchtfalle. Ich hätte auf alle Mahlzeiten verzichtet und ausschliesslich genascht. Meine Eltern haben dann einen meiner Meinung nach sehr guten Weg gefunden: nachdem alle Versuche, mein Naschverhalten zu limitieren (nur eine Rippe Schokolade) oder zu steuern (ein Tag in der Woche ist "Naschtag") nicht funktioniert haben wurde einfach nichts mehr zu naschen eingekauft. Natürlich habe ich trotzdem viel genascht, habe mein Taschengeld dafür ausgegeben, bei anderen Kindern Naschlade oder Christbaum leergeräumt, die Omas um Schoki angebettelt, das Milchgeld für die Schule in Kaugummi investiert...

...trotzdem ist rückblickend der Weg meiner Eltern der richtige gewesen. All das, was ich mir selbst "besorgt" habe zu verbieten oder wegzunehmen wäre ohnehin nicht machbar gewesen.
Rabaukenmama hat geschrieben: Mich wundert aber, dass es Eltern gibt, die WISSEN dass ihr Kind DURCH DAS FERNSEHEN an Kreativität verloren hat. Recht objektiv kommen mir so Aussagen nicht vor.
Bliss hat geschrieben: Naja, wenn dein Kind außer Fernsehen, Computer spielen nichts mit sich anzufangen weiss finde ich den Schluß, dass es am Fernsehen liegen könnte jetzt nicht weit hergeholt. Und solche Kinder gibt es eben. Die sogar wenn Besuch da ist nur ans Fernsehen denken können. Und speziell, wenn das Kind bevor es mit Fernsehen angefangen hat anders war, ist es doch mehr als naheliegend, dass es daran liegt :?:

Dein Sohn gehört der Beschreibung nach eben nicht dazu. Daraus kannst du aber nicht schließen, dass es sowas generell nicht gibt, oder dass es nur daran liegt, dass du nicht limitierst.
Nein, ich habe NIE behauptet dass es generell keine fernseh- oder mediensuchtanfälligen Kinder gibt. Es ging mir tatsächlich um das vorschnelle limitieren in der Angst, dem Kind durch ein paar Kindersendungen nicht wieder gutzumachenden Schaden zuzufügen.

Es GIBT fernsehsüchtige Kinder (sicher nicht wenige), das ist mir durchaus bewusst. Aber viele davon stammen (wie sogesehen schön beschreibt) aus Familien, wo es den Eltern sogar bequem ist, wenn die Kinder "keinen Ärger machen" und statt dessen vor der Glotze hängen. Und dann sind auf der anderen Extremseite die Fernsehgegner oder Streng-limitierer, die, weil sie das Gefühl haben, es KÖNNTE den Kindern schaden, von vorne herein glauben, an allen Ecken und Enden "aufpassen" zu müssen. Und bei DENEN bin ich eben der Ansicht, dass sie damit eher das Bedürfnis nach fernsehen VERSTÄRKEN als verringern.

Das sind übrigens keine reinen Theorien sondern ich habe es in meinem Bekanntenkreis schon mehrmals beobachtet.
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Rabaukenmama
Dauergast
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von Rabaukenmama »

sogesehen hat geschrieben:
Momo hat geschrieben:Das stimmt, natürlich hat ein gutes Vorbild der Eltern und ein Angebot an schönem Spielmaterial Einfluss auf die Dauer des Fernsehens. Doch gerade bei dem Punkt "attraktives Konkurrenzangebot an Aktivitäten" möchte ich anmerken, dass meiner Erfahrung nach die Fähigkeit sich selbst mit ganz einfachen Dingen zu beschäftigen gerade durch geringen Fernsehkonsum entwickelt wird. Die Kinder BRAUCHEN dann gar kein attraktives Angebot an tollen Aktivitäten, sie sind aus sich selbst heraus absolut kreativ. Und diese Fähigkeit wird durch übermäßigen Fernsehkonsum meiner Meinung nach stark eingeschränkt. Eine Folge kann dann sein, dass von den Kindern auch in der fernsehfreien Zeit überwiegend Entertainment gefordert wird.
Genau DEM widerspreche ich und zwar deswegen, weil IN MEINEN AUGEN der Fernseher längst nicht so attraktiv ist, dass ich mir als Mutter ständig den Kopf über gleichwertige oder bessere Alternativen zerbrechen muss. Das ist so ähnlich wie mit einer Lieblingsspeise: wenn man sich mal dran sattgegessen hat schmecken die anderen Sachen plötzlich wieder viel besser als wenn man nur hie und da einen kleinen Happen davon bekommt, aber gern mehr haben würde.

sogesehen hat geschrieben:
Wir machen doch sehr vieles mit unseren Kindern, nur weil sie Spaß machen. Welchen Mehr-Wert hat das 60. mal Vorlesen des gleichen Buches, das stundenlange Schaukeln auf dem Spielplatz, verschiedenste Hobbies die wir auch als Erwachsene noch haben können die eigentlich nur Zeit fressen - und Spaß machen... und so macht Fernsehen oft Spaß und wenn man gut auswählt kann das Kind dabei noch viel lernen. Die Auswahl macht es, (absolutes Tabu neben vielem anderem ist für mich übrigens Werbung)
Es ist doch schön, wenn mein Großer im Auto plötzlich losprustet und sich kringelig lacht, weil er sich an lustige Szenen aus einem Film erinnert.

Ich halte auch bei den Experten viel für Spekulation. Das Argument, was immer übrig bleibt ist, dass in der Zeit kein Sport oder anderes sinnvolles passiert.
LG
Das Zeit-Argument finde ich ebenfalls etwas befremdlich. Schon alleine deswegen, weil Kinder einen sehr unterschiedlichen Schlafbedarf haben. Mein 4jähriger kommt mit 9,5 Stunden aus - andere in seinem Alter schlafen 11 oder 12 Stunden.

Was ich sehr wichtig finde ist die Zeit für "freies Spiel" - auch wenn das eigentlich nach gar nichts aussieht und Sohnemann nur ein Auto hin- und herschiebend auf dem Teppich herumkugelt und nebenbei ein selbsterfundenes Lied mit viel "Gaga" im Text trällert.

Die Sinnhaftigkeit von Beschäftigungen ist für Kinder und Erwachesene einfach nicht die Gleiche. Ich kapiere absolut nicht, warum ich ein- und dasselbe Buch 5x hintereinander vorlesen muss obwohl mein Sohn dieses Buch ohnehin schon längst auswendig kann. Tja, manche Kinder lieben eben Wiederholungen und mein Sohn gehört da eindeutig dazu.

Aber auch hier halte ich den Anspruch, das Kind muss immer was machen, was in den Augen der Eltern "sinnvoll" ist, übertrieben. Es soll dem Kind einfach Spass machen - da bin ich ganz bei Dir! Mein Sohn liebt z.B. Ausflüge zum Altglas-Container. Es macht ihm Spass wenn er die Babygläschen einwerfen darf und sie im Container scheppernd zerbrechen. Nicht unbedingt eine "sinnvolle" Beschäftigung (für mich zumindest ein Muskeltraining, denn ich muss meinen Sohn bei jedem Gläschen hochheben) - aber es macht einfach nur Spass!
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Momo
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von Momo »

Noch mal zurück auf null:

Ausgangssituation:
- Ein Dreijähriges Kind, welches sehr kreativ mit seiner freien Spielzeit umzugehen weiß. Es kann sich über lange Zeiträume sehr gut alleine und kreativ beschäftigen und verhält sich im Alltag kooperativ und ausgeglichen

Situation 1:
- Die Eltern geben dem Kind die Möglichkeit, das Medium "Fernsehen" kennenzulernen, doch nur ausgewählte Sendungen für einen kurzen Zeitraum, zu einer festen Tageszeit und in Begleitung eines Erwachsenen
- Es ist keinerlei Verhaltensänderung beim Kind festzustellen

Situation 2:
- Die Eltern erlauben dem Kind länger fern zu sehen, immer noch ausgewählte Sendungen, aber Sendungen wesentlich längerer Dauer und über den Tag verteilt
- Das Kind ist nach dem Fernsehkonsum quengelig und unzufrieden
- Dem Kind fällt es schwer, sich von dem Bedürfnis wieder fernsehen zu wollen, zu lösen und ins eigenständige, kreative Spiel zu finden
- Das Kind fragt über den Tag verteilt immer wieder nach, ob es noch einen Film schauen darf

Situation 3:
- Die Eltern führen wieder eine klare Regelung wie in Situation 1 beschrieben ein
- Nach anfänglicher Unzufriedenheit wird diese Regelung akzeptiert und das Thema Fernsehen verliert an Bedeutung
- Das freie, kreative Spielen des Kindes gewinnt wieder an Wichtigkeit und eine daraus resultierende Qualität
- Das Kind wirkt insgesamt viel ausgeglichener, die ständigen Diskussionen zum Thema Fernsehen erübrigen sich

Diese Erfahrung habe ich gerade mit meiner Tochter gemacht und daran wollte ich Euch gerne teilhaben lassen. Vielleicht kommt dem einen oder anderen dieses Szenario bekannt vor, oder Ihr könnt etwas für Euch mitnehmen ;)
LG Momo
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von Bliss »

Rabaukenmama hat geschrieben:
Da stimmen wir sehr gut überein. Ich halte es auch für eine Typfrage ob man auf gewisse Dinge, die auch Suchtpotential haben, anfällig ist, oder nicht. Nur gehe ich so weit, in den Raum zu stellen, dass gerade durch VORSCHNELLES limitieren, aus der Angst heraus, das Kind könnte sonst "nur noch fernsehen wollen" den Drang zu genau DIESEM Medium eher verstärkt als abschwächt.

Bei mir selbst selbst war als Kind das naschen die Suchtfalle. Ich hätte auf alle Mahlzeiten verzichtet und ausschliesslich genascht. Meine Eltern haben dann einen meiner Meinung nach sehr guten Weg gefunden: nachdem alle Versuche, mein Naschverhalten zu limitieren (nur eine Rippe Schokolade) oder zu steuern (ein Tag in der Woche ist "Naschtag") nicht funktioniert haben wurde einfach nichts mehr zu naschen eingekauft. Natürlich habe ich trotzdem viel genascht, habe mein Taschengeld dafür ausgegeben, bei anderen Kindern Naschlade oder Christbaum leergeräumt, die Omas um Schoki angebettelt, das Milchgeld für die Schule in Kaugummi investiert...

...trotzdem ist rückblickend der Weg meiner Eltern der richtige gewesen. All das, was ich mir selbst "besorgt" habe zu verbieten oder wegzunehmen wäre ohnehin nicht machbar gewesen.
Willst du jetzt damit sagen, dass deine Eltern durch ihr vorschnelles limitieren für deine Süßigkeitensucht verantwortlich waren :gruebel: Süßigkeiten für dich also uninteressant geworden wären, wenn du von Anfang an unbegrenzten Zugang gehabt hättest? Glaube ich nicht. Ich denke eher es gibt eben Kinder, die lieben Süßes. Da hat man als Eltern dann nur die Möglichkeit den Konsum in Grenzen zu halten (am besten möglichst unauffällig, wie etwa durch keine einkaufen) und ihnen auch andere Speisen nahezubringen und eben hoffen, dass sie in dem Alter, wo sie selber bestimmen könne schon vernünftiger sind. Sollten sie dann trotzdem später ungehemmt Süßes essen hat man wenigstens ein paar Jahre gewonnen, wo sie sich eben nicht ausschließlich mit Süßem vollstopfen und die entsprechenden Gesundheitsgefahren herausgezögert.

Klar gibts auch Kinder die nach anfänglichem Überfressen vielleicht von selbst drauf gekommen wären, dass es so nicht optimal ist. Aber diejenigen, die als Erwachsene ihre Süßigkeitensucht darauf schieben, dass sie als Kind keine Essen durften machen sich da glaub ich was vor. Denn wenn sie eben nicht suchtanfällig wären, dann hätten sie es als Erwachsene nachgeholt und dann hätte es sich eben da von selbst wieder reguliert. Diejenigen die das als Erwachsene nicht schaffen, hätten es als Kind auch nicht geschafft.

Es GIBT fernsehsüchtige Kinder (sicher nicht wenige), das ist mir durchaus bewusst. Aber viele davon stammen (wie sogesehen schön beschreibt) aus Familien, wo es den Eltern sogar bequem ist, wenn die Kinder "keinen Ärger machen" und statt dessen vor der Glotze hängen. Und dann sind auf der anderen Extremseite die Fernsehgegner oder Streng-limitierer, die, weil sie das Gefühl haben, es KÖNNTE den Kindern schaden, von vorne herein glauben, an allen Ecken und Enden "aufpassen" zu müssen. Und bei DENEN bin ich eben der Ansicht, dass sie damit eher das Bedürfnis nach fernsehen VERSTÄRKEN als verringern.

Das sind übrigens keine reinen Theorien sondern ich habe es in meinem Bekanntenkreis schon mehrmals beobachtet.
Strenglimitieren macht Fernsehen sicher interessanter, aber ob das Interesse suchtmäßig ausfällt ist dann wieder Typsache. Also ein Kind das ohnehin nicht suchtanfällig gewesen wäre wird irgendwann vielleicht eine Phase des Nachholbedarfs haben, aber nicht aufgrund der Limitierung süchtig werden. Und ein Suchttyp wird nicht nur deshalb, weil ihm nie Limits gesetzt wurden nicht süchtig.
Momo
Dauergast
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Re: Medien/Filmkonsum bei Kleinkind

Beitrag von Momo »

Rabaukenmama hat geschrieben:
Ich halte google nicht für allwissend. Hab erst im Standard (Zeitung) gelesen dass jeder 4. Österreicher täglich mehr als 4 Stunden im Netz ist. Dazu gehöre ich nicht. Und schon gar nicht zu denen, die stundenlang googeln was gut oder schlecht für ihre Kinder sein könnte und den Fernsehkonsum auf genausoviele Minuten limitieren wie Dr. Google empfiehlt.

Das war übrigens auch heute im Standard:
http://derstandard.at/1392687493988/Ein ... ht-googeln
Liebe Rabaukenmama, in diesem Forum geht es doch um einen konstruktiven Erfahrungsaustausch, oder?
Es geht bei diesem Thema nicht um das Thema "Google", sondern darum, dass es unzählige übereinstimmende Wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem Thema "Fernsehkonsum" bei Kindern gibt. Darauf bezog sich meine Aussage. Natürlich kannst Du Dir diese Schriften auch in Buchform ansehen- das macht für mich keinen Unterschied.

Wenn wir uns konstruktiv austauschen wollen, unsere eigenen Ansätze (die sicherlich oft auch gegensätzlich sind, was ja auch sehr gut sein kann) weitergeben und von anderen Beschreibungen profitieren möchten, müssen wir bei den grundsätzlichen Aussagen und Fakten bleiben. Ansonsten drehen wir uns im Kreis, müssen uns immer wiederholen und haben das Gefühl, trotzdem missverstanden zu werden.

Momo
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