Weißt du, viel schlimmer ist es, wenn du dir die ganze Zeit keine Gedanken machst, weil du deine Kinder für normal hältst. Und dann kommen auf einmal Leute auf dich zu und wollen dir einreden, dass mit deinem Kind dies nicht stimmt und das nicht stimmt. Und auf einmal siehst du dich mit einer Vielzahl von angeblichen "Problemen" und Diagnosen konfrontiert, die dich aus allen Wolken fallen lassen. Man fragt sich: WOHER kommen diese Häufungen an - na, ich will mal sagen "Unterstellungen"? Mir wurde schon vorgeworfen, dass A. z. B. gar nicht erzogen wird, weil ich überfordert sei oder mein anderes Kind viel lieber haben soll. Einmal heißt es, die Kinder seien verwöhnt und hätten es nicht gelernt, dass sie auch mal ein Nein hören. Dann heißt es wieder, ich würde mich gar nicht um meine Kinder kümmern und sie einfach machen lassen und dass sie deshalb so schlecht hören bzw. gehorchen. Dann heißt es auch schon mal, dass ich nur am Jammern wäre, dass meine Kinder so anstrengend sind. Warum ich die Kinder denn überhaupt bekommen habe? Wenn ich dann noch sage, dass A. gar nicht geplant war, dann geht es richtig los. Da kommen die Hobbypsychologen aus den Löchern gekrochen und mutmaßen, dass A. unterschwellige dagegen rebelliert, dass sie nicht erwünscht sei und dass sie so viel Blödsinn machen würde, um sich damit meine Liebe zu erkämpfen. Schön finde ich auch den Satz:"Jeder bekommt die Kinder, die er verdient!"
Ich habe so viel durch: Depressionen, angeblicher sexueller Missbrauch, Autismus, Asperger Syndrom, auditive Wahrnehmungsstörung, ADHS, Trauma durch die Geburt der Schwester und der Tatsache, dass L. ein Schreikind war, wahlweise Trauma durch den Umzug. Dann wurde sie ja vom Kindergarten schon als entwicklungsverzögert bezeichnet. Die einzigen beiden, die mir gesagt haben, dass A. ein ganz tolles Kind ist, waren der Kinderarzt und die Ergotherapeutin. Ja, und dann später auch die Leute, die sie dann selbst direkt als hochintelligent erkannt haben, weil sie über entsprechende Erfahrung verfügen.
Es gab wirklich Zeiten, in denen ich mich gefragt habe, ob ich als Mutter alles falsch gemacht habe.

Und wenn dann jemand kommt, dass dir jemand sagt, dass dein Kind außergewöhnlich intelligent ist, dann fühlst du dich im ersten Moment wirklich verarscht. Sorry für den Ausdruck!
Es hat lange gedauert, bis ich das so wirklich annehmen und auch erkennen konnte. Aber auch heute noch schwanke ich sehr in meiner Einstellung, denn auch ich habe ja immer noch das gängige Klischee im Kopf und ich bin jedesmal wieder überrascht, dass die Wirklichkeit anders aussieht. Ich hatte vorher ganz viel Ehrfurcht, aber das relativiert sich immer mehr, zumal ich ja immer mehr den Eindruck bekomme, dass es dabei nicht nur um meine Tochter geht, sondern auch um mich. Sich selber für klug zu halten, ist eine Sache, aber wenn man sich mit Leuten unterhält, die erwiesenermaßen Mensa-Mitglied sind, und die sich dann vorstellen können, dass ich auch hochbegabt sein könnte, das machte einen dann schon nachdenklich. Sagen die das jetzt nur, weil sie nett sein wollen?
Jedenfalls ist es schon mal eine großartige Erfahrung, mit so hochintelligenten Leuten an einem Tisch zu sitzen und wenigstens das Gefühl zu haben, dass man intellektuell mithalten kann und sogar die Witze versteht.

Auf der Uni hatte ich das ganz oft nicht, ich bin nämlich voll auf den Uni-Bluff reingefallen.
Also, nach allem, was ich jetzt bisher live und in Farbe von den hochbegabten Kindern im Spielkreis mitbekommen habe: Die sind alle nicht normal!

Nicht, dass mich das stören würde, ich finde sie alle klasse. Allein schon, wie die dich anschauen, wenn du zum ersten Mal als Fremder in den Raum reinkommst. Einige schauen dich mit einem abschätzigen Blick an, da möchte man sich gleich für die Störung entschudligen. Die anderen gehen ohne Umwege auf dich zu und fragen dich direkt, wer du bist und was du da willst. Du hast nur wenige Minuten Zeit, um deren Herz zu erobern und musst dabei so authentisch wie möglich sein, sonst drehen die Kinder sich weg und du bist unten durch. Ich hatte ein Kind an mir kleben, das nicht wieder wegging und da meinte ihre Mutter: Du hast alles richtig gemacht!

Ich habe einfach alle ihre Fragen beantwortet wie bei A. auch. Macht der Gewohnheit! Für mich wars normal, aber den Kindern merkte man einfach an, dass sie selten jemanden finden, der ihre Fragen beantworten will.
"Entschuldigung, ich habe nur kurz fantasiert." meine große Tochter, 4 Jahre alt (inzwischen 9 geworden)