Womit hängt das von Dir beschriebene "Niveau" einer Schule zusammen? Und wie kommst du zu dem Schluss, dass es "noch weiter sinken" würde, wenn diejenigen Kinder, die dann auf die Realschule wechseln, bleiben würden?laurina hat geschrieben: Mein Sohn hat in der fünften Klasse durchschnittlich eine halbe Stunde für die täglichen Hausaufgaben gebraucht und außer in Englisch für keine Prüfung groß lernen müssen, trotzdem hat er hauptsächlich Einsen und Zweien geschafft. Jetzt in der sechsten muss er für Latein schon ein wenig mehr tun (was ihm nicht gefällt, weil er es nicht gewohnt ist); an Nachmittagsunterricht hat er zwei Stunden am Montag; alles andere (Instrument, Sport) ist freiwillig. Er hat genug Freizeit, und ich finde den schulischen Druck absolut angemessen für ein Gymnasium.
Andere Eltern regen sich auf, dass die Schule angeblich so "gnadenlos aussiebt" - ich bin der Meinung, dass es toll ist, wenn ein Gymnasium durch Aufnahme aller angemeldeten Kinder jedem eine Chance gibt, aber wer es nicht schafft, muss eben gehen, ansonsten würde das Niveau noch weiter sinken. Sehr viele Kinder haben eine katastrophale Rechtschreibung - dennoch werden Deutschlehrer, die auf Rechtschreibung und äußere Form Wert legen, als "zu streng" kritisiert.
Es kommt mMN sehr viel darauf an, ob und vor allem in welchem Ausmaß die Lehrer bereit sind, INNERHALB DER KLASSEN zu differenzieren. Viel Unterrichtsstoff in flottem Tempo, davon auch viel, von dem man bereits weiß, dass die Schüler es bald wieder vergessen haben, kommt MANCHEN Schülern zugute - deiner Beschreibung nach ist Dein Sohn einer davon. Dass DU daher nicht zu denen gehörst, die sich über das "gnadenlose aussieben" beschweren, ist kein Wunder - Deinen Sohn betrifft es ja nicht.
Ich vertrete die (vielleicht ketzerische) Ansicht, dass das Niveau einer Schule nicht unter den "schlechteren" Schülern leidet, sondern unter unfähigen Lehrern, die nicht imstande oder bereit sind, zu differenzieren.
Denn einem Schüler, der ein langsameres Lerntempo hat als der Durchschnitt, der aber ansonsten genauso leistungsfähig ist, werden durch das sture durchboxen eines gewissen Lerntempos Chancen genommen, die ein Schüler, dem das Tempo zufällig passt, erhalten bleiben. Sitzenbleiben macht die Sache nicht besser weil ja gerade bei dem Schulstoff, den man lernt, um ihn gleich wieder zu vergessen, der Aufwand so groß ist wie vorher und sich am Unterrichtstempo ein Schuljahr später auch nichts ändert.
Genau bei dem von Dir hier beschriebenen Problem würden mit klassenübergreifende Interessensgruppen wesentlich mehr zusagen als das momentan meistens praktizierte System. Was sprich dagegen, wenn in einer Gruppe z.B. Mathematik, Chemie oder auch französisch auf höherem Niveau durchgenommen wird als in einer anderen? Was spricht dagegen, dass Kinder in dem Tempo lernen DÜRFEN, das ihnen am ehesten entspricht? Inwiefern würde es das allgemeine Niveau senken, wenn z.B. einem Kind mit Dyskalkolie in Mathe die komplizierteren Rechnungsarten erspart bleiben und man sich statt dessen darauf beschränkt, dass die Basics bestmöglich erlernt (und auch behalten) werden, während genau dieses Kind z.B. die Englischgruppe mit dem höchsten Lerntempo- und Niveau besucht?laurina hat geschrieben: Was ich an der Schule unmöglich finde, ist die Ausgrenzung und Anfeindung von guten, interessierten Schülern durch andere, die leistungsmäßig schlecht dastehen. Was derzeit in der Klasse gegen meinen Sohn läuft, ist regelrechte Hetze, und die Lehrer stehen da und tun nichts. Oder sie raten mir, ihn in einem ihm verhassten Mannschaftssport zu drillen, damit er damit punkten kann (siehe anderer Thread von mir). Ich habe ihn gestern zur Vertrauenslehrerin geschickt, nachdem er zum wiederholten Mal heulend nach Hause kam. Wer in die Schule geht, um etwas zu lernen, ist bei den anderen Kindern unten durch, und das finde ich für ein Gymnasium mehr als beschämend ...
In so einer Schule wäre auch Ausgrenzung auf Grund von Leistung (hervorgerufen oft durch Neid) sicher viel seltener, weil man von der korrekten Annahme ausgeht, dass nicht jeder in allen Gebieten (gleich) gut sein. Und keiner müsste befürchten, auf Grund von manglender Leistung in einem oder zwei Gegenständen gleich auf eine andere Schule geschickt zu werden, wo er/sie dann seine Stärken gar nicht mehr ausbauen kann weil der Lehrplan dort das nicht vorsieht. Kein Druck mehr auf "schwächere" Schüler von ehrgeizigen Eltern, die eifersüchtig auf diejenigen schauen, welche die Anforderungen besser erfüllen, keine Null-Bock-Einstellung mehr! Keine Notwendigkeit für interessierte Schüler, sich entweder nach unten anzupassen oder ein Außenseiter-Dasein mit Streber-Ruf führen zu müssen. Und das ganz ohne irgenwelche Schüler "aussieben" zu müssen...