Momo hat geschrieben:Liebe Rabaukenmama,
ich möchte Dir nicht zu nahe treten, aber gerade Du hattest doch eine besonders schwierige Schulzeit, in der Du deutlich Deine Potentiale nicht entfalten konntest (das behaupte ich jetzt einfach mal, laut Deiner Beschreibungen und wie ich Dich einschätze), stark gemobbt wurdest bis hin zum Selbstmordversuch. Wie erklärst Du das?
Ich wurde in 2 von 6 Schulen, die ich besucht habe, gemobbt, in einer davon stark, verletzend und mit Gewaltdrohung und Anwendung (gemischte Hauptschule), in einer subtil, aber nicht weniger verletzend (Mädchen-Hauptschule). Sowohl in der Volksschule als auch in der höheren Schule (HBLA), dem polytechnischen Lehrgang und der Berufsschule wurde ich nicht gemobbt.
Woran das lag? Vielleicht war es einfach eine Verkettung unglücklicher Umstände: Kinder in der Klasse, die VON ZU HAUSE Gewalt und Unterdrücken erfahren und diese "weitergegeben" haben, die Tatsache dass meine Freude aus der Volksschule in andere Klassen bzw. Schulen aufgeteilt wurden, die Tatsache, dass Kinder in dem Alter halt leider grausam sein können...
...wir haben das schon an anderer Stell ausführlich diskutiert und ich bin gerne bereit, Fragen dazu zu beantworten. Nur LÖSUNG im Sinne von "wie könnte man das, was mir damals passiert ist, heute verhindern" habe ich auch keine. Und einfach zu behaupten, in einer freien Schule würde es so was sowieso nicht geben, ist mMn realitätsfremd.
Da sind wir dann wieder bei der Frage: was mit sozial auffälligen, agressiven Kindern tun? Wegsperren in Sondereinrichtungen? Integrieren in ganz normale Schulklassen? Wie konkret mit Mobbing und Gewalt unter Schülern umgehen? Da bin ich ganz bei Bliss: das Konzept, wie mit so was umgegangen wird, hat mit der Art der Wissensvermittlung nichts zu tun. Und ich gebe ganz offen zu, keine Lösung auf diese Frage zu wissen.
Momo hat geschrieben:
Natürlich hängt auch das Elternhaus mit der Entwicklung der Kinder zusammen, aber eine wichtige und dominante Rolle nimmt die Schule ein, das lässt sich nicht leugnen. Und in meinem direkten Umfeld gibt es ganz eindeutig Kinder, die unter der Schule leiden, wie zum Beispiel mein 10- jähriger Patensohn. Er war ein super offener und fröhlicher Junge und hat sich im Laufe der Grundschulzeit zu einem Schulhasser entwickelt, jegliche Lernmotivation verloren, denkt von sich selbst, dass er nichts kann und liegt nach der Schule am liebsten lethargisch in seinem Zimmer herum. Mit 10 Jahren! Er hat einfach seine Lern,- Entdecker- und Lebensfreude verloren. Sein gleichaltriger Freund, den er schon seit Babyzeiten kennt und der immer ein "normaler" Junge war, hat im Laufe der Grundschulzeit Tics entwickelt, die mittlerweile so heftig sind, dass er kaum einen Satz ohne Zuckungen, Stottern und Grimassen hervorbringt. Ist es ein Zufall, dass sich dies erst in der Schulzeit entwickelt hat??
Ich kann absolut nicht sagen was in deinen Beispielen die Ursache ist. Es kann durchaus an "der Schule" liegen, dann aber eher nicht an den Hausaufgaben oder am Stundenplan. Ich habe ja nie behauptet dass alles im Schulsystem eitel Wonne ist.
Was ich mich aber sehr wohl frage: WENN die Schule Ursache für Lethargie und Tics sein sollte, was tun dann die Eltern? Zusehen und über das ach-so-miese Schulsystem jammern? Oder genau hinhören und rausfinden, was wirklich mit den Kindern los ist? Also nicht "die Schule" einfach mal so als Ursache der Veränderungen hinstellen sondern rauszufinden versuchen WAS GENAU dort nicht stimmt. Ist es eine wenig wertschätzende Lehrperson, Über- oder Unterforderung, Mobbing oder eine andere Ursache? Die nächste Frage: wie kann man die Situation für das Kind verbessern? Das muß - je nachdem, welche Probleme das Kind tatsächlich hat - nicht gleich als erster Schritt ein Schulwechsel sein, sollte aber sehr wohl angedacht werden, wenn die Situation sich nicht bessert oder noch weiter verschlechtert.
Dann besteht SEHR WOHL noch die Möglichkeit, dass die Veränderungen eines Kindes Ursachen haben, die NICHT im Kompetenzbereich der Schule liegen. Schließlich geht fast jedes Kind mindestens vom 7. bis zum 16. Lebensjahr in die Schule und da kann man nicht alle negativen Veränderungen und Tics dem Schulsystem anlasten.
Die Ursache für negative Veränderungen kann durchaus auch in der engeren oder weiterein Familie liegen (z.B. häufiger Streit der Eltern, schwere Krankheit oder Tod eines Familienmitgliedes,...) oder in einem Bereich, wo man gar nicht hindenkt. Als ich noch Kind war wurden mehrere Buben von einem jugendlichen Betreuer meines Hortes immer wieder unsittlich angefasst. Einige konnte sich verbal abgrenzen, anderen haben es sich gefallen lassen und psychosomatische Tics entwickelt. Es hat Jahre gedauert bis das Ganze aufgedeckt wurde

.
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)