shaja-neu hat geschrieben: Eines wäre mit der Straßenbahn ca 30 Minuten entfernt (oder ein wenig mehr), keine richtiges HB-Gymnasium, aber explizit schon einige Jahre mit viel HB-Erfahrung. DAs vierte steht bei uns zur Zeit auf Platz 1. Es liegt nah genug(Straßenbahn ca 20-25 Minuten), hat einen HB-Zug, wir waren schon beim Schulleiter(sympathisch) und gewiss trifft er dort auf ein paar bekannte Gesichter.
Bei uns ist (für den Kleinen) weit und breit keine Schule in der Nähe, die mit nur EINEM Öffi erreichbar ist. Das mindeste sind 45min pro Strecke mit mindestens 2 Öffis + Fußweg. Dafür ist es später vielleicht leichter weil ein gutes Gymnasium mit Integrationsschwerpunkt Hörschäden mit dem Fahrrad erreichbar wäre.
shaja-neu hat geschrieben:
Ja und auch das was du schilderst, liebe Rabaukenmama, könnte etwas schwieriger werden.
So wie du ihn schilderst, erinnert er mich bezüglich der kognitiven Entwicklung sehr an meinen Sohn in diesem Alter! Sieht tatsächlich nach besonderer Begabung aus!
Wir erklärst du dir die schleppende Entwicklung der Lautsprache? Wie kommuniziert er denn ohne Lautsprache? Vielleicht sieht er sie als nicht so wichtig an? Oder er hat einfach keine Lust darauf, von der -wenn auch sehr guten-Logopädin unterrichtet zu werden? Er scheint ja, so wie mein Sohn, Autodidakt zu sein. Oder es gibt gerade interessanteres für ihn als dieses Thema, nämlich rechnen und schreiben? Spürt er den Druck, der ja offensichtlich besteht? Er sollte natürlich bis tur Einschulungsdiagnostik über gewisse Kompetenzen der Lautsprache verfügen. Das ist klar. Spürt er irgendwie den Druck? Er scheint ja sehr sehr intelligent zu sein
Mein Kleiner hat große Lust auf seine Logopädiestunden, mMn liebt er diesen Unterricht sogar. In den Stunden trägt er freiwillig die Horchis und kann fast alle Buchstaben verständlich aussprechen. Die Logopädin hat u.a. so eine Methode, wo jeder Laut mit eine bestimmten Berührung im Gesicht gleichgesetzt ist. Wenn man ihm auf diese Art Wörter buchstabiert kann er sie mehr oder weniger verständlich nachsprechen. Aber er spricht diese Wörter nie aus eigenem Antrieb aus, so wie er überhaupt kaum aus eigenem Antrieb irgend etwas spricht. Fast wie ein Autist, was er aber wahrscheinlich nicht ist, weil er ja bei Gebärdensprache eine seinem Alter entsprechende Sprachentwicklung hat.
Warum er nicht sprechen mag weiß ich nicht. Ich glaube nicht dass er Druck spürt weil es im Moment eher so ist dass keiner (von meiner Familie) von ihm erwartet dass sich plötzlich was in der Sprachentwicklung verändert, weil er so lange schon stagniert. Aber er ist generell in vielen Dingen der Ansicht dass sich alles nach ihm und seinen Wünschen zu richten habe. Heute in der Früh beim Memory-spielen hat er alle Bild-Begriffe nach dem aufdecken gebärdert (Flugezeug, Vogel, Haus, Ball,..) und dann plötzlich "Auto" verständlich ausgesprochen (ohne zustäzliche Gebärde). Ich wüßte sehr gern was dabei in seinem Kopf vorgeht.
shaja-neu hat geschrieben:
Mir würde es so gehen wie dir, auch ich würde mich sorgen in deiner Lage. So geht es mir bei meinem Sohn ja, was die soziale Kompetenz betrifft. Seit Jahren sorge ich mich immer irgendwie, diese könnte sich nicht gut genug entwickeln.....
Gibt es irgendeine Ursache dass du deinem Sohn in der Hinsicht so wenig zutraust? So, wie du ihn beschreibst, dürfte er doch nicht nur ein kluges sondern durchaus auch soziales Kind sein (die Unterforderung ist ja eine ganz andere "Baustelle". Was macht es Dir so schwer, einfach darauf zu vertrauen dass dein Sohn seine sozialen Kompetenzen - wie andere Kinder auch - schon dann erwerben wird, wenn er dafür reif ist?
shaja-neu hat geschrieben:
Mein Mann allerdings sagte vor ein paar Tagen:" Vielleicht braucht unser Sohn auch im sozialen nicht soooo viel Übung (also ständiges spielen mit anderen Kindern) wie er ja auch sonst kaum Übung benötigt. Vielleicht spielt er ja deswegen nicht jeden Nachmittag mit anderen Kindern, sondern sucht eher öfter seine Ruhe..."Naja, wer weiß...
Ist denn deine Erwartungshaltung, dass dein Sohn täglich viel mit anderen Kindern spielen sollte um die soziale Kompetenz zu erwerben, von der du fürchtest dass er sie nicht ausreichend hat? Tut mir echt leid wenn ich so blöd nachfrage denn ich will nicht provokant klingen (so ist die Frage gar nicht gemeint) sondern nur verstehen was dahinter steckt.
Hier hole ich ein bißchen weiter aus um meine Gedanken dazu rüberzubringen:
Ich habe drei wirklich gute Freundinnen mit denen ich über alles reden kann und etwa 10 weitere Personen (großteils, aber nicht nur, Frauen) die mir sehr nahe stehen und wichtig sind. Die Pflege dieser Freunschaften (durch Telefonate und Besuche) ist mir sehr wichtig. In den Zeiten, wo ich keine oder nur oberflächliche Freundschaften hatte (den Großteil meiner Kindheit), habe ich sehr gelitten, weil mir Freunde extrem wichtig sind.
Mein Mann war schon in der Schulzeit ein Einzelgänger. Er war in seinen Klassengemeinschaften generell anerkannt, hatte aber nur sehr wenige echte Freunde (und diese Freundschaften begannen erst mit ca. 12 Jahren). Im krassen Gegensatz zu mir hat ihn das nie sonderlich gestört, er war sich einfach selbst genug (hat eben stundenlang gezeichnet oder gelesen). Heute ist es noch genau dasselbe. Er ist der totale Familienmensch und liebt mich und unsere Kinder sehr. Seine Freundschaften "pflegt" er kaum. Aber er hat zwei oder drei Menschen in seinem Leben zu denen er großes Vertrauen hat und von denen er weiß, dass er jederzeit alles, was ihn belastet, mit ihnen besprechen kann. Das genügt ihm und er ist damit zufrieden.
Meine Eltern waren und sind sozial sehr interessiert und gut integriert. Sie hatten und haben viele oberflächliche Freunde und Bekannte. Meine Mutter hat außerdem 3 wirklich gute Freundinnen (mit denen sie die Freundschaft pflegt), mein Vater aber leider gar keine tiefergehenden Freundschaften mehr. Sein einziger echter Freund war 20 Jahre älter als er und ist seit über 10 Jahren tot.
Mein Vater ist nach außen hin der Lebenmann der überall jemanden kennt und mit Gott und der Welt befreundet scheint. Tatsächlich aber ist er verschlossen und einsam und kann sich auch meiner Mutter gegenüber nicht öffnen. Dagegen ist mein Mann mir gegenüber sehr offen und zeigt mir immer wieder wie wichtig ihm unsere Liebe und unsere Beziehung ist.
Was ich damit sagen will: Menschen sind einfach verschieden. Nicht jeder, der offensichtlich keine Freunde hat, leidet darunter. Jeder hat ein unterschiedlich starkes Bedürfnis nach Austausch und sozialen Kontakten. Mein Mann wird nie ein Salonlöwe (wie mein Vater) werden und ist trotzdem mMn sozial kompetent.
Vielleicht kann Dir ja helfen das Verhalten deines Sohnes (in Sachen Freundschaften) einfach anzunehmen und erst dann als Problem zu sehen wenn es offensichtlich auch FÜR IHN eines ist

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shaja-neu hat geschrieben:Wenn dein Sohn hochbegabt ist ( wovon ich ausgehe

), dann die Frage: Kann die Logopädin damit adäquat umgehen?Sie ist zwar sehr gut schreibst du, aber ist sie auch sehr gut für speziell die Art und weise, wie sich dein Sohn Wissen aneignet?
Ja, die Logopädin stellt sich voll und ganz auf meinen Sohn ein. Das merkt man daran wie aufmerksam und interessiert er in ihren Stunden ist. Sie macht andere Dinge mit ihm als mit gleichaltrigen Kindern (hat sie auch mir gegenüber gesagt). Dazu gehört das einbeziehen seiner Vorliebe für Zahlen, Buchstaben und Puzzles. Mein Sohn merkt sich auch sehr viel von dem, was die Logopädin mit ihm gemacht hat, über 1-2 Wochen bis zur nächsten Stunde - was sie natürlich schon bemerkt hat und was die Arbeit mit ihm erleichtert.
shaja-neu hat geschrieben:Was mir gerade einfällt: Habt ihr eigentlich privaten kontakt und Verabredungen mit Kindern, die die Gebärdensprache schon können und nutzen? Weiß nicht, ob das was bringen würde, ist nur so eine spontane Idee...
Privat haben wir leider noch nicht viel Kontakt mit Kinder, welche Gebärdensprache verwenden. Das liegt hauptsächlich daran dass fast alle gehörlosen Kinder von hörenden Eltern CIs implantiert bekommen und dann (fast) ausschließlich am Lautspracherwerb gearbeitet wird. Diesen Eltern ist sehr wichtig dass ihre Kinder in "normale" Kindergärten gehen, sich "normal" integrieren und natürlich dass sie möglichst "normal" sprechen lernen. Die Verantwortung für eine funtkionierende Kommunikation liegt dann ganz beim Kind, die Eltern unterstützen es nur insofern dass sie alles tun dass es möglichst nicht als "behindert" auffällt. Dadurch lernen weder die Eltern Gebärdensprache noch haben die Kinder die Möglichkeit. Meiner Meinung nach schade, denn durch lernen der Gebärdensprache könnten die Eltern ihrem Kind einen großen Schritt entgegenkommen und sich ein Stück weit SEINEN Bedürfnissen anpassen. Es kann ja trotzdem auf Lautspracherwerb Wert gelegt werden - so, wie es auch bei uns der Fall ist.
Kinder, die Gebärdensprache nutzen, sind daher fast ausschließlich hörende oder gehörlose Kinder von gehörlosen Eltern - und da gibt es nicht so viele. Mein kleiner Sohn hat im Kindergarten einen gleichaltrigen, ebenfalls gehörlosen Freund (den er auch als Freund bezeichnet) zu dessen Geburtstagsfeier er eingeladen war. Aber diese Familie (Mutter und Vater auch gehörlos) wohnt viel zu weit weg für regelmäßige Treffen. Ich bin mit einer gehörlosen Frau in der Nähe befreundet, die einen hörenden Sohn hat, der 1/2 Jahr jünger ist als mein Sohn und natürlich Gebärdensprache kann. Aber durch Arbeit, Termine und 5 Tage in der Woche Kindergarten sehen wir uns leider nur etwa alle 2-3 Monate.
shaja-neu hat geschrieben:
Auch wir sehen das so, wenn auch ich mir ein normales Leben mit einem normalen Kind in einer normalen Schule immer gewünscht habe-aber das ist wahrscheinlich naiv, denn jeder trägt ja sein "Päckchen" mit seinen Eigenheiten mit sich....
Das sehe ich anders. "Normal" zu sein oder normale Kinder zu haben ist für mich keine Wunschvorstellung (mehr). Kleinsohn gilt ja als 80% bedhindert und daher kann er gratis im Fahrtendienst-Bus zum Kindergarten fahren. Dort sehe ich dann Kinder, die mir Demut beibringen, sollte ich mal in Versuchung kommen, mich nach Normalität zu sehnen. Ein Mädchen ist nach 3 Schuljahren im Alter von 9 Jahren an seinem angeborenen Lungenleiden verstorben - dieses Kind saß außerdem noch mit einer spastischen Lähmung im Rollstuhl. Ein anderes Kind hat dann seinen 13. Geburtstag gefeiert, was etwas ganz besonderes war, weil die Eltern von mehreren Ärzten schriftlich hatten dass es nicht älter als 12 Jahre werden würde.
Wenn ich damit meine Probleme und die meiner Kinder vergleiche werde ich sehr demütig. Was macht es schon aus wenn mein Großer einnässt und der Kleine nicht sprechen kann oder will? Beide sind gesund, haben Eltern, die glücklich verheiratet sind, sie lieben und an ihrem Wohlergehen echtes Interesse haben. Außerdem haben sie liebevolle Großeltern (wenn auch leider nicht ganz gesund) und fühlen sich im Großen und Ganzen recht wohl im Abenteuer Leben. Daher habe ich keinerlei Bedürfnis mir ein noch "normaleres" Leben zu wünschen, als wir führen.
Shaja, auch dein Sohn hat Eltern, die ihn lieben und einige Bedürfnisse, die andere Kinder vielleicht nicht (in dem Ausmaß) haben. Er wird die Auseinandersetzungen, Kämpfe und Schmerzen, die er für seine (Weiter-) Entwicklung braucht, haben dürfen und hat trotzdem den Rückhalt in seiner Familie spüren. Es geht nicht darum, welche Vorstellung man irgendwann einmal, als die eigenen Kinder noch nicht einmal geboren waren, von "Familie" und "normal" gehabt hat. Wichtig ist die eigenen Kinder so anzunehmen wie sie sind und vor allem darauf zu vertrauen, dass sie ihren Weg schon gehen werden. Sie sind nämlich gar nicht so arm und hilflos und auf unseren ständigen Rückhalt angewiesen, wie wir oft befürchten

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shaja-neu hat geschrieben:
Wir waren ja vor zwei Wochen bei der Beratung in zwei Gymnasien mit hb-Zug bei den Direktoren und es klang sehr passend. Wir werden auch noch andere Gymnasien anschauen, aber-kannst du das verstehen? ich bin einfach müde davon, dass mein Sohn immer und stets auffällt-vielleicht im Gymnasium nicht mehr kognitiv, sondern eher durch sein junges Alter und die damit verbundene emotionale Entwicklung...
Hier will ich mal klarstellen dass ich überhaupt nicht gegen eine HB-Klasse oder -Schule bin. Mir kam nur so vor als wären euch die von Dir erwähnten 3 bzw. 4 Möglichkeiten zu wenig und ich wollte aufzeigen, dass es keinen Grund gibt, sich auf diese Möglichkeiten zu beschränken, nur weil es die Lehrerin so sieht.
Die perfekte Klasse, wo niemand drin ist, der deinen Sohn vielleicht nicht mag und wo nur interessanter Unterricht geboten wird, der ihn im richtigen Ausmaß fordert, wird es sowieso nicht geben. Braucht es aber auch nicht, denn dein Sohn ist resilient genug um mit den kleineren bis mittelgroßen Widrigkeiten des Lebens allein zurechtzukommen und wenn wirklich mal etwas kommen sollte, was ihn sehr belastet, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen dass ihr tatenlos zuseht. Soll heißen: ihr sucht einfach mal die Schule aus, die euch am passendsten erscheint, schickt eure Sorgen in einem (gedachen) Packerl zum Himmel und traut eurem Sohn zu, mit der Situation zurecht zu kommen

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Ich verstehe nicht, warum sich so viele Eltern für ihre Kinder Wege wünschen, wo es diese "ganz leicht" haben. Von mir selbst kann ich sagen, dass ich gerade in den Phasen meines Lebens am meisten gelernt habe, wo es schwierig war und ich zwar mit ein bißchen Hilfe, aber großteils eigener Kraft, Wege für mich finden durfte (ich schreibe bewusst nicht "musste"). Ein gesundes Kind aus bzw. in einer gesunden Familie zerbricht nicht an Kleinigkeiten, im Gegenteil, es wächst daran, sie selbst zu bewältigen. Wollen wir unseren Kindern diese Chancen wirklich nehmen indem wir uns selbst zur Auflage machen, ihnen das Leben möglichst immer leicht zu machen? Ich jedenfalls nicht, und du

?
Und dass das, was wir mit unseren Kindern an Sorgen haben, tatsächlich Kleinigkeiten sind, sehe ich (abgesehen von den Bus-Mitfahrern meines Kleinen) täglich in den Nachrichten, wo Babys, Kleinkinder und Schulkinder nach einer abenteuerlichen Flucht und oft schwer traumatisiert mit ebenso traumatisierten Eltern, vor den NICHTS stehen. Was ist dagegen eine nasse Hose, ein Lieblingsfeind im Kindergarten oder ein verweigertes Hörgerät?
Der liebe Gott schenkt uns die Nüsse, aber er knackt sie nicht (Johann Wolfgang von Goethe)