Hallo Alibaba,alibaba hat geschrieben:Also wenn du ihn fragt, was passiert, wenn du nicht 8+5 rechnest, dann bekomme ich keine schwereren Aufgaben, die Lehrerin ist böse, der Schulweg wird versaut...aber ist mir egal.
Und nun meine Frage: WARUM?
vor nicht zu langer Zeit las sich deine Devise im Umgang mit so einer Situation folgendermaßen:
Jetzt fragst du dich, warum es nicht funktioniert. Es kann deswegen nicht funktionieren, weil Kinderköpfe so nicht funktionieren. Es gibt im Prinzip zwei Arten des Lernens: eine unbewusste (implizite) Version, die auf den diversen Wiederholungen zielführender Verhaltensweisen beruht - und eine schulische (explizite) Version, die bewusst die Aufmerksamkeit auf den Lerninhalt lenkt. Vor der Schule verwenden Kinder fast ausschließlich die implizite Version, die über positive Rückmeldungen (Konditionierung) enorm gut im Kinderkopf funktioniert. Die Durchhaltekraft, die du beim bewussten Hocharbeiten am Lernstoff gerne sehen würdest, setzt eine perspektivische Denkweise voraus, die das zu erreichende Benefit vorausschauend zum Antrieb verwendet. Es ist sicherlich von Vorteil, wenn du das Erarbeiten solcher Perspektiven förderst, aber im Moment lebt (und fühlt) dein kleiner Mann fast ausschließlich in der Gegenwart. Zwang und Stress fördern darüber hinaus nur Gegenwehr, aber verhindern geradezu das Lernen. Die Aussicht auf negative Rückmeldungen ("die Lehrerin ist böse") bewirkt erst so ab der Pubertät eine Leistungssteigerung.Und es ist, so halte ich es mit meinen Kindern, eben meine Aufgabe ihnen beizubringen, sich trotzdem Meter für Meter hochzuarbeiten, auch wenn sie 10 auf einmal schaffen könnten. Sie müssen eine gewisse Art der Durchhaltekraft aufbringen, auch wenn sie fähig sind zu beschleunigen.
Er kann keine "Durchhaltekraft" aufbringen und du kannst diese Durchhaltekraft nicht über sozialen Druck erhöhen. Nicht in diesem Alter. Man kann noch so sehr davon überzeugt sein, die Kindererziehung in der Hand zu haben, aber die Schule lehrt jedem ganz rasch das Fürchten...! Das kommt wohl daher, dass die Lehrer während ihrer Ausbildung lernen, ein beständig funktionierender "Sender" zu sein. Sie lernen über die zu sendenden Inhalte und sie lernen die Mechanismen des "Sendens" (Didaktik). Sie lernen aber niemals, wie die "Empfänger" tatsächlich funktionieren, geschweige denn wie das Optimum dieser Schnittstelle zu erreichen wäre... Ob also letztlich die Wellenlängen übereinstimmen, wird dem Zufall überlassen. Und so wird versucht, über Disziplinierungsmaßnahmen und Wiederholungen des Sendeprotokolls das Defizit auszugleichen... (Ich stelle mir analog einen Fernsehgucker vor, der versucht, mit der Fernbedienung der Stereoanlage den Guckkasten anzuknipsen; er drückt und drückt den Knopf, haut auf den Fernseher und grummelt unwirsch seinen Unmut gegen die streikende Mattscheibe...)Ich glaube auch Druck ist das letzte was er gebrauchen könnte. Er macht ja jetzt schon dicht.
Du versuchst nun in derselben Weise, deinen Kurzen dazu zu zwingen, 8+5 zu rechnen. Noch ein Meter. Und noch ein Meter. Das wird nur am Ende auf deine Kapitulation hinauslaufen. Du hast da einen Weg eingeschlagen, den du nur mit ganz viel Fantasie wieder verlassen kannst, weil die negativen Emotionen nun schon gelernt sind. Ob das mit einer anderen Schule oder einer anderen Lehrkraft dann besser wird, ist - wie schon gesagt - ein Würfelspiel.
Vordergründig wäre es besser, wenn du ihn wieder den Spaßfaktor entdecken lassen würdest. Besonders den Spaß am schulischen Erfolg... Das Selberwollen zu erwürgen ist Teil der (preußischen) Schulkultur (da sollten halt aufopferungsbereite Staatsdiener herangezogen werden). Daher solltest du dieses Pflänzchen nicht auch noch zu Hause vergiften. Kinder in diesem Alter suchen in geschützter Umgebung neue Herausforderungen und wollen ansonsten das bislang erreichte Können gerne gegenüber wohlwollenden Zuschauern demonstrieren. Daran solltest du anknüpfen. Je mehr Widerwillen gegen Hausaufgaben jedoch aufgebaut wird, umso schwerer wird der Weg da wieder raus. Mach lieber ein Spiel oder ein Wettbewerb aus den geforderten Übungen, so wie meine Vorschreiber dies auch argumentiert hatten. Wenn dein Sohnemann schließlich lernt, dass das zu Papier gebrachte Werk ihm selber zur Ehre gereicht, wird der Knoten geplatzt sein.
Kopfwiegen von Neckri